Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

Das war in der Tat wieder ein Beitrag, der deutlich machte: Oppositionsbeschimpfungen sind der Stil dieser Regierung.

(Manfred Pentz (CDU): Er war wirklich zurückhaltend!)

Frau Kollegin Müller, ich schätze Sie nun wirklich sehr wegen Ihrer sachlichen Art und Weise. Sie haben auch zutreffend darauf hingewiesen, der Minister habe ein Problem gelöst, das es ohne ihn gar nicht gegeben hätte.

Herr Minister, das Problem, das wir in der Tat haben, ist – das mögen Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen –: Sie haben das Problem nicht abschließend gelöst. Sie haben einen Teilaspekt gelöst. Ich habe vorhin darauf hingewiesen: In Ihrem neuen Erlass auf der Grundlage des § 6 Abs. 1 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes – ich bin durchaus in der Lage, so etwas zu lesen – haben Sie einen Bestandsschutz für bereits bestehende und bestellte Anlagen und deren Betrieb eingeräumt. Aber das ist nicht alles. Es geht um die Frage: Wie wird das dauerhaft gesichert, sodass es nicht abschmilzt?

Sie haben schon eine Pressemeldung zitiert. Diese Pressemeldung hat Herr Dr. Ackermann auch an die verschiedenen Feuerwehren, die Wehrführer usw. geschickt:

Anbei übersenden wir die heutige Presseerklärung zu unserer vielfältigen, nun erfolgreichen Aktion zur Sicherung unserer Einsatzkräfte sowie des Verkehrs.

Meine Damen und Herren, das ist wichtig und richtig aus der Sicht des Landesfeuerwehrverbandes. In der Tat ist das akute Problem, dass bei direkt vorhandenen Anlagen der Einsatz nicht mehr möglich war, gelöst. Das Problem ist aber nicht zukunftsfähig gelöst. Das ist der Punkt, um den es geht.

(Beifall bei der FDP)

Entsprechend gab es sofort eine Antwort von einer Feuerwehr, die das Thema von vornherein auf den Tisch gebracht hat, nämlich von der Feuerwehr in Seligenstadt. Ich darf kurz daraus zitieren, weil man das eigentlich nicht besser auf den Punkt bringen kann. Der dortige Wehrführer hat das sehr genau beschrieben:

Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass die nun im Erlass genehmigten Absicherungssysteme nicht denen entsprechen, welche in Seligenstadt seit mehr als 16 Jahren mit großem Erfolg zur

Absicherung unserer Einsatzstellen eingesetzt werden. Unsere Anlagen fallen im neuen Erlass nur noch unter einen Bestandsschutz, der für die Restlaufzeit bis zu einer Ersatzbeschaffung der Fahrzeuge gilt.

Weiter heißt es:

Für Seligenstadt bedeutet diese Regelung aktuell, dass die erste Anlage auf dem Fahrzeug in Seligenstadt bereits im ersten Quartal 2017 außer Dienst genommen werden muss, da danach das momentan in der Ersatzbeschaffung befindliche Fahrzeug in Dienst geht. Ursprünglich sollte die bestehende Anlage auf das neue Fahrzeug übernommen werden. Dies ist nun aufgrund des neuen Erlasses nicht mehr möglich.

Das ist der Punkt, um den es geht. Ich weiß nicht, ob Kollege Lortz da ist. Den wird das sicherlich interessieren. Vielleicht kann er innerhalb der Union und innerhalb der Koalition noch einmal darauf hinarbeiten.

Dort heißt es sehr zutreffend weiter:

Diese Regelung betrifft auch das Fahrzeug im Stadtteil Froschhausen, wenn dieses in ca. vier Jahren zur Ersatzbeschaffung ansteht. Somit gewährt der neue Erlass für das bestehende Sicherungskonzept der Feuerwehren der Stadt keine dauerhafte Lösung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darum geht es. Es geht um eine zukunftsfähige und dauerhafte Lösung. Da hat der Minister das Problem, das er selbst geschaffen hat, nicht gelöst.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Greilich. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Ich lasse zuerst über die Beschlussempfehlung, Drucks. 19/4416 zu Drucks. 19/4361, abstimmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD, DIE LINKE und FDP. Wer enthält sich? – Frau Kollegin Öztürk. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenommen worden.

Dann lasse ich abstimmen über die Beschlussempfehlung, Drucks. 19/4425 zu 19/4376. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD und FDP.

(Mürvet Öztürk (fraktionslos): Ich habe zugestimmt!)

Sie haben zugestimmt? – Dann hat Frau Kollegin Öztürk zugestimmt. Wer enthält sich? – Die Fraktion DIE LINKE. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Wiederbelebung der Vermögensteuer als Teil einer gerechten Steuerpolitik – Drucks. 19/4497 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Mir liegt eine Wortmeldung von Herrn van Ooyen vor. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben die Presseerklärung dazu heute Morgen schon gelesen. Während einige die Vermögensteuer ganz ausschließen und einige noch davon reden, große Vermögen höher zu besteuern, während andere die Vermögensteuer als Kampfbegriff oder gar als verfassungswidrig bezeichnen, wie ich es der heutigen Presseerklärung entnommen habe, und ablehnen, ist für uns klar: Wer mehr soziale Gerechtigkeit und die gesellschaftliche Kluft zwischen Arm und Reich nicht größer machen will, der muss sich für die Vermögensteuer einsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ergibt sich eigentlich schon aus der Hessischen Verfassung, dass wir unserer Einnahmeverantwortung nachkommen müssen und die in Art. 47 der Hessischen Verfassung vorgeschriebene progressive Besteuerung von Vermögen als Gesetzgeber umsetzen müssen. Etwas zugespitzt kann man sogar sagen, dass die Forderung nach der Vermögensteuer und ihre aktive Umsetzung letztlich aktiver Verfassungsschutz sind. Nicht nur die Hessische Verfassung erwähnt die Besteuerung von Vermögen, sondern auch das Grundgesetz sieht die Vermögensteuer explizit vor und weist sie den Ländern zu.

Wir haben ein Bundesgesetz, das mittlerweile für verfassungswidrig erklärt worden ist. Aus formalen Gründen dürfen die Länder diese Steuer nicht mehr erheben. Insofern ist es nun an der Zeit, die Debatte über die Vermögensteuer wieder deutlich aus den Ländern herauszuführen. Es ist zwar schön, dass das Land Hessen im Jahr 2016 einen Überschuss erwirtschaftet hat. Das haben wir heute Morgen besprochen. Es besteht jedoch nach wie vor enormer Bedarf an Investitionen und öffentlichen Leistungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sei es, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, Schulen und Krankenhäuser zu sanieren oder um den Kitaausbau zu fördern. Jahrelange Unterfinanzierung der Kommunen, eine ungenügende Personalausstattung im öffentlichen Dienst und Wohnungsmangel stellen die hessische Haushaltspolitik vor große Herausforderungen. Gleichzeitig besteht ein hoher Investitionsbedarf in vielen Bereichen, z. B. im öffentlichen Personennahverkehr, bei der Energiewende, beim Ausbau der Kinderbetreuung oder beim Erhalt und Ausbau öffentlicher Infrastruktur.

Eine einseitig auf die Ausgaben fokussierte Sparpolitik kann nicht einmal kurzeitig als Wohltat wirken. Investitionen in die notwendigen Strukturveränderungen haben auf lange Sicht ein nachhaltiges und dynamisches Entwicklungspotenzial. Um die Handlungsfähigkeit des Landeshaushalts aber dauerhaft sichern zu können, muss er in seiner ganzen Komplexität betrachtet werden. Dazu gehören eben auch die Einnahmen und hier speziell die Steuereinnahmen des Landes.

Die Vermögensteuer als Landessteuer ist ein hervorragendes Mittel, um die notwendigen zusätzlichen Ausgaben zu finanzieren und gleichzeitig genau die Menschen an den

Kosten zu beteiligen, die mehr für das Gemeinwohl leisten können als andere.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin sehr froh darüber, dass die GRÜNEN hierzu bereits einen Beschluss auf ihrer letzten Bundesdelegiertenkonferenz gefasst haben, in dem es heißt – ich zitiere –:

Und wir wollen der starken Vermögensungleichheit und damit einer sozialen Spaltung mit einer verfassungsfesten, ergiebigen und umsetzbaren Vermögensteuer für Superreiche entgegenwirken.

Jürgen Trittin schrieb in einem Gastbeitrag für die „FAZ“:

Wenn die Gewinne aus schnell wachsenden Vermögen nicht mehr investiert werden, wir aber mehr investieren müssen, spricht alles für eine Vermögensteuer. Die trifft nach den Vorschlägen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung nicht einmal 1 % der Bevölkerung. Sie ist eine Superreichensteuer. Werden die daraus resultierenden 9 bis 18 Milliarden € in Infrastruktur, Bildung und Klima investiert, dann ist das gut für Mittelstand und Mittelschicht. Sie bekommen mehr Bildungsgerechtigkeit, mehr Aufträge, mehr Arbeit.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Da klatsche ich sogar bei Jürgen Trittin! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Kein Beifall bei den GRÜNEN!)

Es mag sein, dass der Kanzlerkandidat der SPD die Vermögensteuer für einen Kampfbegriff hält. Im Kern ist sie aber ein wesentliches und wirksames Steuerungsinstrument, um für eine Umverteilung von Vermögen zu sorgen und gleichzeitig für wichtige Aufgaben des Staates aufkommen zu können.

Deshalb ist es an der Zeit, dass die Länder endlich die Initiative ergreifen und gemeinsam für die Wiedereinführung der Vermögensteuer sorgen. Wer soziale Gerechtigkeit will, der kommt um die Vermögensteuer nicht herum. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Kollege van Ooyen. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Erfurth von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege van Ooyen, trotz Ihres längeren Zitats von Jürgen Trittin werde ich den Verdacht nicht los, dass dieser Antrag Teil einer eher politisch-privaten Auseinandersetzung zwischen den LINKEN und der SPD ist,

(Zurufe von der SPD und von den LINKEN: Nö!)

weil der Fraktionsvorsitzende der SPD neulich erklärt hat, man habe eine Weile lang geprüft, ob die Vermögensteuer ein gangbarer Weg sei. Dann sind sie zu dem Ergebnis gekommen, dass das nicht der Fall ist. Man müsse eher an die Erbschaftsteuer ran.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Fairerweise muss man sagen, ich bin zu dem Ergebnis gekommen! Aber das klären wir auf dem Parteitag!)

So ähnlich läuft der Prozess auch bei uns, und das finde ich ganz schön.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): In demokratischen Parteien ist das so!)