Protokoll der Sitzung vom 23.02.2017

(Beifall bei der FDP)

Schauen wir uns einmal an, was der Aufsichtsrat diskutiert hat. Anhand des Gap to Target, also anhand dessen, was Opel erfüllen muss, um die CO2-Vorgaben und die Feinstaubvorgaben ab 2020 zu erfüllen, die nicht an den produzierten, sondern an den verkauften Autos gemessen werden, wird deutlich, dass Opel noch einen weiten Weg vor sich hat.

Man kann zwei Konsequenzen daraus ziehen, Herr Kollege Wagner. Man kann sagen: Opel hat in den letzten Jahren eine Entwicklung verschlafen. – Das sagen Sie. Man kann aber auch sagen – und das ist meine Meinung –, dass die Vorgaben in Europa, die wir in diesem Bereich machen, an vielen Stellen überzogen sind.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben gerade das Beispiel China gebracht. Wenn ich die chinesische Diskussion über das Thema Automobil verfolge, dann stelle ich fest, dass wir eine Binnendiskussion über Nanopartikel führen. Das finde ich völlig in Ordnung. Die Verhältnismäßigkeit und der gesunde Menschenverstand müssen an dieser Stelle aber ein Stück weit beachtet werden.

Deshalb kann ich nur sagen: Wenn die Antwort der europäischen Industriepolitik nur ist, den Verbrennungsmotor aus Europa zu vertreiben, dann kann ich dazu nur sagen, dass die Freien Demokraten alles dafür tun werden, dass das nicht passiert,

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

weil – und da sind wir uns ja einig – die Wertschöpfungskette – – Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn das beabsichtigt war.

Ich glaube, das war beabsichtigt, Herr Rentsch. Sie gestatten die Zwischenfrage offenbar.

Herr Kollege Rentsch, ich habe Ihre Einlassung nicht ganz verstanden. Ich habe auf zwei Punkte hingewiesen. Ich habe erstens auf die Frage des Übergangs vom Verbrennungsmotor zum Hybridantrieb hingewiesen. Meine Frage ist, ob Sie meine Einschätzung teilen, dass das eine mögliche Lösung ist.

Zweitens. Sind Sie wirklich der Überzeugung, dass die Argumentation von GM trägt und ehrlich gemeint ist, wenn GM gleichzeitig plant, ein Projekt zum Thema Wasserstoffmotor bis zum Jahr 2020 gemeinsam mit Honda umzusetzen? Glauben Sie insofern, dass das wirklich die Hauptbegründung für Opel ist?

Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. Ich will gerne darauf eingehen. Ich glaube, dass wir weder bei der ersten noch bei der zweiten Frage in der Einschätzung auseinanderliegen. Ich muss aber auch feststellen, dass ich das nicht einschätzen kann; denn ich bin Jurist. Ich habe nicht die Kompetenz, einzuschätzen – das scheint bei einigen in diesem Raum anders zu sein –, welche Technologien in Zukunft dazu führen werden, dass wir sowohl umweltpolitisch als auch ökonomisch gute Fahrzeuge herstellen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb möchte ich an dieser Stelle das großartige Interview mit Katrin Göring-Eckardt vom vergangenen Wochenende zum Thema „Martin Schulz“ erwähnen. In diesem Interview sagt Katrin Göring-Eckardt, Martin Schulz sei nicht die Zukunft, sondern die Vergangenheit. Da äußert sich Frau Göring-Eckardt, eine grüne Automobilexpertin, auch zum Thema Opel. Sie sagt, der Autokonzern habe eine Mitschuld an einer möglichen Übernahme durch Peugeot:

Die merken erst jetzt, wo es für Opel fast zu spät ist, dass sie grundlegend umsteuern müssen, …

Frau Göring-Eckardt ist anscheinend eine Technologieexpertin und weiß genau, was Opel zu produzieren hat. Ähnlich hat sich Herr Al-Wazir in seiner alten Funktion hier geäußert nach dem Motto: Die müssen ökologischere Autos bauen. – Meine Damen und Herren, es kann doch nicht die Aufgabe der hessischen Landespolitik sein, Opel zu sagen, wie Opel seine Autos bauen soll. Wo sind wir denn mittlerweile angekommen?

(Beifall bei der FDP)

Deshalb müssen wir aufpassen, Herr Al-Wazir. Herr Boddenberg hat recht, wenn er sagt, dass 50 % der Wirtschaftspolitik nach Ludwig Erhard Psychologie seien. Die anderen 50 % dürfen nicht durch grüne Ideologie ersetzt werden nach dem Motto:

(Beifall bei der FDP)

In diesem Land gibt es eine Partei, die weiß, was passiert. – Der Kampf der GRÜNEN gegen den Verbrennungsmotor ist an vielen Stellen offensichtlich. Es gibt eine Institution, die Sie immer wieder vorschicken und die eng mit Ihnen verbunden ist. Das ist die Deutsche Umwelthilfe, die an jeder Stelle versucht, einen Kampf gegen Opel zu führen. Das ist sehr spannend. Der grüne Staatssekretär Baake ist einer der Gründerväter. Einer seiner Ziehsöhne ist Herr Samson, der derzeit Staatssekretär im hessischen Wirtschaftsministerium ist. Schauen wir uns einmal die Pressemitteilungen an, die die Deutsche Umwelthilfe verfasst hat und die sich gegen Opel richten.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dann darf ich doch einmal die Frage stellen: Ist das gut für Opel, oder ist es ein Imageschaden, wenn eine deutsche Organisation so einen Kampf gegen ein wichtiges Automobilunternehmen in Deutschland führt? Das ist doch völlig abstrus, was wir hier machen.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte heute hier über die Frage diskutieren, was wir tun können, damit die Automobilindustrie in Deutschland eine Zukunft hat und damit nicht diese Debatte der Anfang

vom Ende der Industrie in Deutschland ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, wir haben doch nicht ohne Grund hier schon dreimal über Kali + Salz diskutieren müssen, nämlich weil Ihre Landesregierung nicht in der Lage ist, ordentliche Rahmenbedingungen für ein wichtiges Unternehmen in Hessen zu schaffen. Das ist doch eindeutig.

(Beifall bei der FDP)

Das Gleiche gilt – damit will ich den Ministerpräsidenten wieder in die aktuelle Diskussion zurückholen – auch für diese Landesregierung bei einer aktuellen Frage. Herr Ministerpräsident, ist es denn richtig, dass wir hier eine Sonntagsrede nach der anderen hören, dass wir etwas für den Automobilbau in Deutschland tun müssen, während Sie im kommenden Monat mit Ihrer Landesregierung einen Klimaschutz-Aktionsplan vorlegen, der die deutsche und die hessische Industrie massiv belasten wird? Ist das richtig?

(Beifall bei der FDP – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie das gelesen? – Weitere Zurufe)

Da müssen Sie sich keine Sorgen machen. Bei Ihnen sickert alles heraus. Es ist nicht so, dass das bei Ihnen bleibt, sondern wir haben die Vorlagen wahrscheinlich eher als Sie.

(Beifall bei der FDP)

Ich will ein Beispiel hinzufügen. Mir liegt eine Vorlage der nordrhein-westfälischen Landesregierung vor, und zwar des grünen Umweltministers Remmel. Diese ist im Januar 2017 dort im Kabinett beraten worden: „Weg freimachen für E-Mobilität: Einführung einer verbindlichen Quote für Neufahrzeuge im Markt“.

Ein Vorschlag zur Einführung einer verbindlichen Quote für Neufahrzeuge im Markt ist dem Kabinett von Herrn Remmel vorgelegt worden. Ich bin gespannt, ob das dort beschlossen wird oder ob das einen anderen Weg finden wird. Wenn das grüne Politik ist, wenn man den Automobilstandort Deutschland so voranbringen will, dann wird mir angst und bange um die Industrie in Deutschland.

(Beifall bei der FDP)

Herr Ministerpräsident, deshalb kommen Sie bei dieser Frage ins Spiel. Wenn der Klimaschutz-Aktionsplan in Hessen ähnlich unsinnige Geschichten vorsieht, wie Herr Remmel sie in Nordrhein-Westfalen vorantreibt, dann brauchen wir hier keine Sonntagsreden zum Thema Automobilstandort, sondern wir brauchen Taten, die so etwas nicht ermöglichen, sondern verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb kann man lange Debatten darüber führen, wie schlimm das alles ist oder welche Chancen sich ergeben. Meine Damen und Herren, GM würde Opel nicht verkaufen, wenn – –

Herr Kollege Rentsch, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Nein. Herr Boddenberg kann ja gleich noch nachlegen. Ich freue mich, wenn die Debatte noch etwas anhält; denn das ist schließlich ein wichtiges Thema.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir aufpassen müssen, dass wir bei der Frage der Industriepolitik nicht völlig falsche Zeichen setzen. Ich bin gerne bereit – Frau Kollegin Dorn hat sich vorhin ganz engagiert eingebracht –, über die Frage zu diskutieren, ob die Umweltvorgaben, die wir in Deutschland und in Europa haben, nicht teilweise überzogen sind. Ich möchte diese Debatte führen.

(Beifall bei der FDP)

Sie können das gerne kritisieren. Das finde ich völlig in Ordnung. Ich glaube, dass an vielen Stellen diese Fragen nicht richtig diskutiert werden und dass Ideologie Wissenschaft nicht ersetzen kann. Politik kann Wissenschaft auch nicht ersetzen.

Herr Wagner, was wollten Sie eigentlich mit Ihren Worten zum Schluss zum Ausdruck bringen? Sie haben gesagt, in Frankreich sei der Staat bei Peugeot dabei. Auch die Chinesen seien dabei. Ist denn Ihre Schlussfolgerung – das würde ich Ihnen sofort zutrauen –, dass sich auch bei uns der Staat bei Automobilkonzernen engagieren muss, damit wir sozusagen die ökologische Wende demokratisiert im Unternehmen vorantreiben? Ist das Ihre Botschaft? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das klarstellen würden. Es sollte nicht die Botschaft des Hessischen Landtags im Jahr 2017 sein,

(Beifall bei der FDP)

dass in einem gemeinsamen Antrag von Sozialdemokraten, GRÜNEN und Christdemokraten gefordert wird, dass sich Hessen bei Opel engagiert. Das wäre der völlig falsche Weg, und das würde sicherlich auch nicht dazu führen, Herr Boddenberg, dass Opel bessere Autos baut, die am Markt letztlich auch Erfolg haben.

Das ist für viele Mitarbeiter einer der zentralen Aspekte. Opel hat in den letzten Jahren eine Wende hingelegt. Ich glaube, es gibt da viele Punkte, wo man sagen muss: Die haben das gut gemacht.

(Beifall bei der FDP)

Viele Mitarbeiter haben in Kauf genommen, dass sie über Tarifverträge an der schwierigen Situation beteiligt werden. Sie haben in ihre eigene Zukunft investiert. Sie sind natürlich nicht begeistert – das zeigen übrigens auch die Gespräche, die wir mit Vertretern von Opel geführt haben –, dass die Rahmenbedingungen in Deutschland nicht pro Automobilindustrie, sondern gegen die Automobilindustrie ausgerichtet werden. Herr Boddenberg, zurzeit regiert in Berlin übrigens keine rot-grüne Regierung, sondern eine schwarz-rote, und Hessen hat eine schwarz-grüne Regierung. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass wir darüber streiten, was wir hier in Hessen tun können, damit Opel bessere Rahmenbedingungen vorfindet. Wenn Ihre Antwort auf diese Debatte die Vorlage eines Klimaschutz-Aktionsplans ist, der eine grüne Handschrift trägt, dann kann ich verstehen, dass den Industriearbeitern in Hessen angst

und bange wird, wenn sie hören, was Sie hier vorhaben. Das kann ich absolut nachvollziehen.

(Beifall bei der FDP)