Protokoll der Sitzung vom 31.03.2022

Allerdings wäre es wahrscheinlich schlecht, wenn alle solidarische Grüße übersenden und hinterher nichts kommt.

Meine Damen und Herren, die Energiepreise sind nicht einfach irgendein Marktgeschehen. Sie betreffen direkt die Existenzgrundlage vieler Menschen im Land, und sie verstärken die soziale Ungleichheit, weil sie Gering- und Normalverdienerinnen und -verdiener überproportional stark treffen.

Wir können uns darüber streiten, was die richtigen Maßnahmen sind, aber nötig sind schnell greifende Maßnahmen. Dass die Koalition hier und heute einen Antrag vor

legt mit dem Inhalt, erneuerbare Energien seien das beste Mittel gegen steigende Energiepreise, ist zwar nicht ganz falsch, aber auch nicht hinreichend. Dass Sie zur Verhinderung von Energiesperren auf das Beratungstelefon der Verbraucherzentrale verweisen, ist doch eher ein Fall angewandter Politikverweigerung. Die Landesregierung könnte mehr tun, und sie müsste auch mehr tun.

Meine Damen und Herren, herzlichen Dank für Ihre freundliche Sympathie und Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abg. Gerntke. – Als Nächster hat der Abg. Lichert von der AfD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Abgeordnete! Die Zustimmungsfähigkeit zum Antrag der LINKEN endet leider nach dem ersten Satz. Ich sage bewusst „leider“; denn grundsätzlich ist die Diagnose selbstverständlich richtig, dass insbesondere die Haushalte mit einem niedrigen bis mittleren Einkommen in Hessen hart getroffen werden. Das gilt aber nicht nur für die explodierenden Energiepreise, sondern das gilt auch für steigende Lebensmittelpreise, das gilt für die Mieten, das gilt für alle anderen Kosten.

(Beifall AfD)

Deswegen verdichtet sich diese Dramatik in einer einzigen Zahl: 8 %. Diese Steigerungsrate bei den Verbraucherpreisen gegenüber dem Vorjahr hat das Statistische Landesamt in Hessen ermittelt. Das ist eine Inflation, wie wir sie seit 40 Jahren nicht mehr gesehen haben. Dabei ist es völlig irrelevant, welche Produktgruppen konkret zu dieser Verteuerung beitragen. Heute stehen hier aber die Energiepreise im Fokus; lassen Sie uns da genauer hinschauen.

Der Antrag der LINKEN ist ein Schrei nach mehr staatlichen Eingriffen. Was auch sonst? Sie belästigen uns erneut mit dem Märchen, mehr Staat bedeute geringere Preise und einen größeren Wohlstand; denn Preissteigerungen seien ja immer das Ergebnis von unternehmerischer Gier. Wenn der Weg zum Glück in Form niedrigerer Preise tatsächlich mehr Regulierung ist und daraus ein günstigerer Preisverlauf folgt, dann lassen Sie uns einmal den Praxistest machen. Schauen wir doch einmal auf die Strom- und Gasmärkte.

(Beifall AfD)

Beide sind hochgradig regulierte Märkte, aber der Strommarkt ist mit noch höherer Regulierungsdichte beglückt als der Gasmarkt, und zwei wichtige Lieferanten schreiben gar keine Rechnungen, nämlich die Sonne und der Wind. So wird es uns doch immer wieder verkauft. Beste Voraussetzungen also, dass der Strommarkt in Deutschland eine geringere Preissteigerung aufweisen müsste als der des fossilen Fieslings Erdgas.

(Heiterkeit und Beifall AfD)

Damit kommen wir zum kontrafaktischen Titel des Antrags der Koalition: „Erneuerbare Energien sind ein wirksames Mittel gegen steigende Energiekosten“. Schauen wir einmal näher hin.

Wir dürfen uns dabei natürlich nicht von den erratischen Preisbewegungen der letzten Monate irritieren lassen, sondern wir müssen langfristige Preisvergleiche heranziehen. Ich schlage zu diesem Zweck das Jahr 2010 vor, das Jahr vor der zweiten Energiewende des Kabinetts Merkel II. Wenn man sich die Preissteigerungen zwischen 2010 und Mitte letzten Jahres, also vor den starken Steigerungen, anschaut, dann kommen wir zu ganz interessanten jährlichen Preissteigerungsraten: beim Strom 3 %, bei Erdgas 0,8 % und beim Heizöl – festhalten – minus 1,3 %. Selbst wenn wir die jüngsten, wirklich dramatischen Preisbewegungen hinzunehmen, dann ändert das nichts an dem grundsätzlichen Bild. Dann landen wir beim Strom bei 3,8 %, bei Erdgas bei 2,5 % und bei Heizöl bei gerade einmal 1 %. Meine Damen und Herren, das sind Daten des Statistischen Bundesamtes, das sind Fakten, und angeblich sind wir doch alle Freunde faktenbasierter Politik.

(Beifall AfD)

Zu diesen Fakten gehört auch: Das sind die Folgen der Energiewende und der Grund, warum Deutschland die höchsten Strompreise in der industrialisierten Welt hat. Das ist schon seit vielen Jahren so, lange vor dem Krieg. Das können Sie nicht Putin in die Schuhe schieben.

(Beifall AfD)

Das Märchen von den billigen erneuerbaren Energien ist genauso falsch wie das von nachhaltigen Preissenkungen durch Regulierungen. Sowohl die Logik als auch die empirischen Daten sagen das Gegenteil. Ich könnte wieder einmal versuchen, Ihnen das zu erklären, aber das wäre sinnlos; denn das Kernproblem dieser Debatte ist: Es interessiert Sie nicht.

(Beifall AfD)

Es interessiert Sie nicht, dass Ihre Energiewende zu noch höheren Preisen führen wird.

(Beifall AfD)

Es interessiert Sie nicht, dass der Kohleausstieg klimapolitisch sinnlos ist, weil er, global gesehen, überhaupt kein CO2 einspart, aber am Ende, mit allem Drum und Dran, 100 Milliarden € kosten wird. Es interessiert Sie auch nicht, dass Ihre kindische Kirchturmpolitik Fracking in Deutschland verbietet, Sie jetzt aber von sauteurem amerikanischen Fracking-Gas abhängig machen wird –

(Beifall AfD)

von den arabischen Schurkenstaaten einmal ganz abgesehen. Es interessiert Sie offenkundig auch nicht, dass die schleichende Deindustrialisierung Deutschlands bald in eine galoppierende übergehen wird.

(Beifall AfD)

Was können wir nun konkret tun, um das Los der Geringverdiener zu verbessern? Wenn wir ehrlich sind: auf der Landesebene nicht viel. Dass die EEG-Umlage endlich komplett abgeschafft und damit eine langjährige Forderung der AfD umgesetzt wird, ist ein erster Schritt,

(Beifall AfD)

um vor allem die unsoziale Umverteilungswirkung von unten nach oben zu beenden.

Der Don Quijote von heute kämpft aber nicht mehr gegen Windmühlen, er kämpft mit Windmühlen – aber genauso

erfolglos, und dieser Kampf wird teuer bleiben. Jetzt wird er eben aus dem Steuerzahlersäckel bezahlt.

Meine Damen und Herren, die EEG-Umlage bewegt sich seit 2014 in einer Spanne zwischen 6 und 7 Cent pro Kilowattstunde. Sie ist damit gar nicht mehr der große Preistreiber beim Strom. Es sind immer mehr die Netzentgelte; denn dort landen die Kosten für das Netzmanagement, die Stabilisierung der Netze usw., und diese Kosten werden weiterhin pro Kilowattstunde umgelegt.

(Beifall AfD)

Diese Kosten werden dann erst richtig explodieren, wenn die viel besungenen Stromautobahnen tatsächlich irgendwann einmal errichtet werden. Davon ist ja noch nicht viel zu sehen.

All das sind jedenfalls Kosten, um den Flatterstrom im Netz überhaupt beherrschbar zu machen. Der eine oder andere mag die Formulierung „Flatterstrom“ ein bisschen despektierlich finden, aber, meine Damen und Herren, dann muss ich Sie daran erinnern, dass eine Verdoppelung der Windgeschwindigkeit eine Verachtfachung der Einspeiseleistung bedeutet. Was für eine Herausforderung das bei 30.000 Windrädern in Deutschland bedeutet, können Ihnen die Netzbetreiber sehr genau erklären. Die Kosten sehen wir auch.

(Beifall AfD)

Aber ich überlasse es jetzt Ihrer Fantasie, sich vorzustellen, wie das erst aussehen wird, wenn die grünen Träume von Hunderttausenden Windrädern tatsächlich umgesetzt werden.

Für die sozial Schwachen muss jetzt vor allem auf der Bundesebene gehandelt werden. Die indirekten Steuern und vor allen Dingen die Energiesteuern müssen auf die EU-Mindestsätze gesenkt werden. Warum gehen wir nicht auch bei der Stromsteuer auf den EU-Mindestsatz von 0,05 Cent? Das wäre doch geradezu ein Turbo für die viel besungene Sektorkopplung und die Umstellung auf strombasierte Technologien. Die nationale CO2-Abgabe muss ausgesetzt werden; denn die Energiekosten stecken doch in jedem Produkt und in jeder Dienstleistung. Das heißt, das wäre ein direkter Beitrag zur Dämpfung des allgemeinen Preisanstiegs.

Wenn Sie schon nicht auf uns hören wollen, hören Sie doch bitte auf die Vereinigung hessischer Unternehmerverbände. Die hat nämlich in einer Pressemitteilung vom 11. März 2022 genau diese Punkte gefordert.

(Beifall AfD)

Noch weiter geht der Verband der Chemischen Industrie – ich darf zitieren –:

Die Bundesregierung sollte kurzfristig sämtliche nationalen Belastungen auf Energie aussetzen.

Hört, hört. Aber, meine Damen und Herren, der wichtigste Grund für all diese Maßnahmen ist gar nicht der Blick auf die Preise an der Zapfsäule. Nein, es ist die Steuerquote.

(Beifall AfD)

Nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums betrug diese in den Jahren 2018 und 2019 24 %. Das ist der höchste Stand in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Was bekommen wir dafür? – Zerbröselnde Infrastruktur, eine marode Bundeswehr, mangelnde Bildungsinvestitio

nen, chronischen Personalmangel in Schlüsselbereichen und – auch das war heute bereits ein Thema – eine rechtswidrige, zu niedrige Besoldung von Landesbeamten. Das sind die rauchenden Colts und die Beweise für das verantwortungslose Ausgabenverhalten, das jeder Bürger zu spüren bekommt.

(Beifall AfD)

Der Status quo ist wahrlich schon schlimm genug. Aber, meine Damen und Herren, das ist erst der Anfang. Die massive Inflation ist da, und sie wird bleiben; denn die Zweitrundeneffekte kommen erst noch. Wenn Sie einmal hören wollen, was da in welcher Größenordnung auf uns zukommt: Die Erzeugerpreise sind im Februar dieses Jahres um 25,9 % gestiegen, die Importpreise um 26,3 %. Wenn wir auch noch eine Lohn-Preis-Spirale erleben – Herr Gerntke hat hier gerade die Werbetrommel für zweistellige Lohnerhöhungen gerührt –, wird es richtig finster. In Zeiten, in denen – angeblich – ein großer Fachkräftemangel herrscht, ist das gar nicht so unwahrscheinlich.

Der zweite wichtige Punkt, warum es mit der Inflation weitergeht: Die EZB verrät ihr Mandat und verfolgt politische Ziele, für die sie gar nicht zuständig ist.

(Beifall AfD)