Deswegen wundert es mich, dass die SPD-Fraktion die Wirtschaftsförderung für diesen Hessenfonds hergegeben hat.
Wir waren uns einig: Der Transformationsfonds ist notwendig. Zumindest mit der SPD waren wir uns einig. Aber das, was in den vergangenen Wochen veröffentlicht wurde, bleibt hinter den Erwartungen zurück. Das ist nicht das, was die hessischen Unternehmen brauchen.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tobias Eckert (SPD): Das ist das, was Sie nicht hinbekommen haben!)
Herr Präsident, werte Kollegen! Plenardebatten sind immer gut für Begegnungen von Paralleluniversen. Das haben wir gerade in der vorangegangenen Aktuellen Stunde wieder erleben dürfen. Auch hier ist es wieder einmal ein Festival des Kontrafaktischen.
Der Ministerpräsident hat sich selbst dafür gefeiert, mit diesem Hessenfonds die größte Wirtschaftsoffensive in der Geschichte des Landes Hessen angestoßen zu haben. Warum brauchen wir denn eine Wirtschaftsoffensive? Weil es so gut läuft oder weil es so verdammt schlecht läuft?
Meine Damen und Herren, wenn die Argumente versagen, kann man das auch nicht mit Moral überspielen. In der letzten Debatte wurde wieder einmal sehr viel Moralin verspritzt. Lassen Sie uns jetzt aber ein bisschen mehr in die Details gehen und mehr zur Sache sprechen.
Herr Eckert, Sie haben vorhin gesagt, man solle mit den Unternehmen reden. Das tun wir. Ich habe in den vergangenen Monaten kein Unternehmen getroffen, das gesagt hat: Wenn wir jetzt nur noch einen neuen Subventionstopf haben, dann wird alles gut. – Das habe ich nicht gehört. Vielmehr habe ich gehört, dass die Bürokratie gewissermaßen die Hand am Hals der Unternehmer ist, dass sie einfach die Schnauze voll haben, irgendwelchen Berichtspflichten nachzukommen, die völlig kontraproduktiv sind.
Und was machen Sie? Sie loben wieder ein Töpfchen aus – in Relation zur Wirtschaft Hessens ist es leider oder Gott sei Dank nicht mehr als ein Töpfchen –, um wieder in die Unternehmen hineinzuregieren.
Grundsätzlich ist es zwar richtig, dass Steuerzahlergeld nicht einfach so mit der Gießkanne verteilt werden darf. Das muss an Kriterien gebunden werden, na klar. Aber Sie wollen in die Unternehmen hineinregieren. Sie wollen sie quasi zu ihrem Glück zwingen.
Schauen wir uns die Kriterien einmal genauer an: Tarifbindung, Betriebsrat bzw. Mitbestimmungsgremien usw.
Das kann man ja gut finden, das ist kein Problem. Wenn Sie aber die Unternehmen dazu nötigen müssen, dann ist es
Denken wir doch einmal eine kurze Zeit zurück. Noch vor relativ wenigen Jahren waren wir mitten im Zeitalter des Fachkräftemangels, der mittlerweile sogar zum Arbeitskräftemangel geworden ist. Bei jeglichen Anhörungen und auch beim Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz wird das immer wieder auftauchen. Da bin ich mir absolut sicher. In Anhörungen konnte aber noch nie jemand erklären – sofern sich die Gewerkschaften überhaupt dazu herabgelassen haben, auf AfD-Fragen zu reagieren –, warum, wenn das so tolle Instrumente sind, die Unternehmen dann dazu gezwungen werden müssen. Warum achten die Mitarbeiter, deren Stellenwert im Zeitalter des Fachkräftemangels gestiegen ist, nicht aus ureigenem Interesse darauf, ob Mitbestimmungsgremien in den Unternehmen vorzufinden sind, bei denen sie sich anstellen lassen wollen? Das kann niemand erklären.
Wo genau im Wirtschaftsministerium sitzen eigentlich all die Elon Musks, die genau wissen, was die nächste große Innovation sein wird, und die wissen, wie wir innovative Ideen nach vorne bringen können? Wo denn? Der Staat kann das nicht wissen. Es ist eine Anmaßung, wenn davon die Rede ist, dass „zukunftsweisende Ideen für Technologien“ – so steht es auf der Website – „und/oder Produkt- bzw. Geschäftsinnovationen … grundsätzlich förderfähig“ sein sollen. Der Staat weiß das nicht.
Am Ende wird es darauf hinauslaufen, dass wahrscheinlich das Kriterium der Nachhaltigkeit greift, dass also PV-Anlagen und sonstiges Gedöns gefördert werden, was nun wahrlich keine Innovation ist. Das wird dann entsprechend gefördert. Das erzeugt ausschließlich Mitnahmeeffekte. Deswegen wird hier Steuerzahlergeld wieder einmal mit beiden Händen zum Fenster hinausgeschmissen.
Frau Knell hat vorhin einen schönen Satz gesagt. Die Wirtschaft trägt den Staat, aber nicht der Staat die Wirtschaft. Darüber können auch keine Floskeln hinwegtäuschen, wie dass es unbürokratisch und passgenau für die Unternehmen sein soll, wie Frau Barth das hier dargestellt hat. Nein.
Meine Damen und Herren, das wird wieder einmal ein teurer Flop für das Land Hessen. Ja, es wird Unternehmen geben, die davon profitieren. Ja, diese schmiegen sich dann an Ihre politischen Vorgaben an. Das ist aber genau das Gegenteil von sozialer Marktwirtschaft. Wir brauchen einen sauberen Ordnungsrahmen.
Diesen ordnungspolitischen Kompass hat in diesem Haus offensichtlich keiner mehr außer der AfD. – Danke sehr.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Lichert, ich weiß nicht, mit wem Sie sprechen, in welcher Welt Sie leben und was Sie gelesen haben. Sie interpretieren in einen Fonds hinein, was da alles nicht steht.
Fakt ist: In meinem Wahlkreis gibt es seit 100 Jahren Transformation und Veränderungen: von der Eisenverhüttung zur Stahlverarbeitung zur Eisenverarbeitung zu Technologiesprüngen zur Digitalisierung. Jedes Jahr gibt es Veränderungen hier in Hessen.
Wir machen uns Gedanken darüber, wie wir diese Veränderungen positiv begleiten können. Parallel dazu haben wir zurzeit eine wirtschaftliche Situation, die uns alle nicht glücklich macht.
Wir wissen also, dass Unternehmer mit Ideen, mit Vorstellungen von morgen – die Unternehmer haben entsprechende Ideen – einen Ansprechpartner brauchen, zum Ministerium kommen, zu uns kommen und sagen: Wie könnt ihr an dieser Stelle helfen? – Wir tragen Verantwortung für dieses Land, für die Unternehmen und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dieser Verantwortung kommen wir mit dem Hessenfonds gut nach.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, man darf sich eben nicht mit Allgemeinfloskeln wegducken. Wenn wir vor Ort sind, mit Unternehmerinnen und Unternehmern, aber auch mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sprechen, dann stellen wir nämlich fest: Es handelt sich um eine Veränderung, die Mühe macht, die Angst macht, die aber auch kostet. Wenn wir als Land dabei unterstützen können, dann werden wir das tun, weil wir Hessen zukunftsfest machen wollen und werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird doch nicht besser, wenn Sie immer wieder behaupten, das sei nicht inhaltsbasiert. Selbstverständlich ist es nicht in Ihrem Maße inhaltsbasiert, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Das wollen die Unternehmerinnen und Unternehmer auch gar nicht. Sie wollen keine Vorgaben des Inhalts, wie sie etwas zu machen haben, sondern sie wollen die Möglichkeit haben, frei zu agieren und die Zukunft zu gestalten. Dass wir bei dem, was wir tun, auf die Arbeitnehmerrechte achten, ist doch selbstverständlich. Das ist nämlich ein Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft, den Sie auf der rechten Seite noch nicht verstanden haben. Aber so handeln wir miteinander in Verantwortlichkeit für die Zukunft.
Herr Naas, ich freue mich immer über Sie; denn Sie sind hier im Hessischen Landtag der Einzige, der für jedes Problem eine Lösung hat. Dummerweise erkennen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land das anscheinend nicht wirklich; denn die Mehrheit sitzt in der Mitte und halb in der Mitte und hat eine Regierung des Erfolgs für die Zukunft Hessens gebildet. Ich finde, das ist gut so, und das bringt uns nach vorne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sagen ganz offen: Selbstverständlich diskutieren wir mit unserem Koalitionspartner intensiv über diese Dinge. Ich finde das gut so. Kollege Eckert hat es vorhin schön beschrieben: Auseinan
dersetzungen um Wege und Inhalte gehören dazu. – Was mich daran zurzeit begeistert, ist, dass wir über die Inhalte diskutieren und einen gemeinsamen Weg finden. Ich glaube, das macht die Stärke von Hessen aus, und daran sollten wir alle arbeiten.
Was tun wir? Wenn wir uns dieses Programm anschauen, dann stellen wir fest: Selbstverständlich wollen wir die Transformation begleiten; denn wir haben dauerhaft ein Transformationsproblem. Wir wollen aber auch Innovationen begleiten. Wenn ein Unternehmer sagt: „Ich habe eine Risikoidee, die finanziert mir keine Bank“, wenn diese Idee überzeugt und zukunftsgerichtet ist, dann es ist doch wichtig, zu fragen: Wer, wenn nicht das Land, der Staat, soll denn bereitstehen, solche innovativen Ideen zu begleiten, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, vor allem aber den Unternehmerinnen und Unternehmern die Chance zu geben, ins Risiko zu gehen und die Zukunft zu gestalten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen den Umbau der Produktion begleiten, der jetzt erforderlich ist. Das hat nicht nur etwas mit den klassischen Gestaltungsinstrumenten zu tun, sondern auch damit, dass der Umbau der Produktion schon allein durch die Veränderungen in der Technik immer schneller und immer schwieriger wird. Wir wollen die Lieferketten anpassen, wir wollen die Energiekosten in den Blick nehmen und den technologischen Wandel begleiten.
Deshalb ist der Hessenfonds eine gute Antwort auf die Zukunft – neben dem weiteren Großprojekt, dem Abbau der Bürokratie. Das sagen wir jedes Mal, wenn wir hier am Pult stehen: Die Bürokratie ist das große Problem. Wir sagen immer: Wir joggen in Honig. – Das andere ist die Frage: Wie können wir die Unternehmen auf diesem Weg begleiten? Beides, die Entbürokratisierung und die Förderung, haben wir in einer Antwort zusammengefasst. Das ist der Weg in die Zukunft – für eine gute neue Zeit.
Herr Präsident! Lieber Kollege Müller, es ist schön, dass Sie feststellen, dass ich für alles eine Lösung habe. Das ist schon einmal ein guter Anfang.