Zum Schluß. Was ist notwendig? Das habe ich eben schon aufgeführt: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Veränderung der Familienstrukturen. Veränderungen der Lebenslagen von Familien verlangen auch eine andere Infrastruktur. Wir sind dabei, dies zu entwickeln, und wir haben schon wesentliche Schritte bewältigt. Man kann nicht nur sagen, Sie arbeiten seit vier Jahren daran, wieso ist noch nichts geschehen. Wesentliche Punkte sind bewältigt, Herr Harlinghausen. Einseitige Patentlösungen, wie wir sie von Ihrer Partei hören, führen in die Irre. Herr Böwer hat das mit dem Punkt Ganztagsschulenausbau schon angedeutet. Natürlich ist das, was man als Gesamtkonzept sehen muß, was Jugendhilfe und Kinderbetreuung insgesamt betrifft, ganz entscheidend. Man darf diesen Aspekt nicht isoliert betrachten. In dem Moment, wo wir einen Ausbau von Ganztagsschulen haben, in dem Moment – dieses Ziel haben wir uns für die nächste Legislaturperiode gesetzt –, wo es um eine intensivere, anders strukturierte Zusammenarbeit zwischen Institution von Jugendhilfe und Schule geht, wird es Rückwirkungen auf die Kinderbetreuung haben. Das wird auch das Kinderbetreuungssystem verändern müssen. Wir haben damit die Voraussetzungen geschaffen, daß wir zeitnah und flexibel darauf reagieren können. Das bisher Vorgelegte zeigt, daß wir auf dem richtigen Weg sind.
Ich brauche keinen Koffer, sondern ich werde Ihnen vorstellen, woher das Geld kommt. Herr Harlinghausen sagte, es wäre unseriös. Ich halte es lieber mit Frau Steffen und nenne einige Tatsachen.
Wenn Sie mitgerechnet haben, werden Sie festgestellt haben, daß wir mit unserem Antrag auf ungefähr 1,365 Milliarden DM im Jahr kommen, die wir für die Kindertagesbetreuung brauchen. Das ist Fakt. Jetzt komme ich zu dem Koffer. Dieser Koffer muß nicht von mir allein, sondern muß vom Bund gefüllt werden. Das EU-Netzwerk Kinderbetreuung, das ich vorhin schon einmal angesprochen habe, hat in einem Aktionsprogramm, das in 2003 vollendet werden soll, für alle Mitgliedstaaten beschlossen, daß sie jeweils 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Kindertagesbetreuung – das hat Herr Böwer richtig gesehen – der Null- bis Fünfjährigen zur Verfügung stellen sollen. Sehe ich mir das Bruttoinlandsprodukt von Hamburg an, dann stelle ich fest, daß Hamburg für die Kindertagesbetreuung jährlich 1,4 Milliarden DM zur Verfügung stellen muß. Ich bin dann großzügig und sage, ich bin im ersten Schritt damit zufrieden, wenn wir das für alle Kinder von null bis zwölf Jahren nehmen. Das heißt also, der Koffer, der nicht gefüllt ist, liegt in Ihrer Verantwortung, auch von SPD und GAL auf Hamburger und auch auf Bundesebene. Wenn Frau Steffen sagt, auf Bundesebene haben Rot und Grün einen fairen Familienlastenausgleich hergestellt, dann habe ich das Gefühl, daß sie wirklich die klassische Familie meint, die mit den Doppelverdienerinnen. Gucken Sie sich die Kritik der Alleinerziehendenverbände an, die sagen, wir müssen über die neuen Steuern und die neuen Regelungen wesentlich mehr Geld abgeben als vorher.
Fazit ist – Sie können das hin- und herrechnen mit den Steuergeschichten und den anderen Sachen –, Sie werden nie eine gerechte Lösung dafür finden, daß alle Eltern für ihre Kinder den gleichen Zugang zur Kindertagesbetreuung haben. Deswegen ist es noch ein Argument mehr, zu sagen, die Kindertagesbetreuung soll kostenlos sein. Ich habe Ihnen schon genügend andere renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler genannt, die das unterstützen. Sie wollen das nicht akzeptieren. Aber sagen Sie bitte schön, warum hat der Bund die Verpflichtung nicht erfüllt? Warum ist Hamburg nicht bereit, auch das als wichtige Infrastrukturmaßnahme und als wichtige Kostenausgabe zu sehen? Damit komme ich zu Herrn Böwer, der von nachhaltigen Finanzen spricht und der es nachhaltig findet, wenn wir 1,3 Milliarden DM für die EADS ausgeben. Herr Böwer, wir können uns darüber streiten.
Ich nehme ein anderes Beispiel: die Straßenbahn. Sie würden doch auch sagen, das ist ein nachhaltiges Projekt, und sie finden es toll, wenn Menschen, die heute Kinder sind, auch noch in 20 oder 30 Jahren damit fahren können. Warum soll die Generation, die in 20 oder 30 Jahren in Hamburg lebt, die Straßenbahn nicht auch bezahlen? Sie nutzt sie ja auch. Warum sehen Sie aber bei der Bildung diesen Punkt nicht. Bei der Bildung sagen Sie, das gilt natürlich nur für heute. Die Menschen, die in 20 Jahren leben, sollen nicht die heutige Bildung bezahlen. Das ist Quatsch. Bildung ist in Ihren Augen doch auch ein nachhaltiges Produkt. Deswegen muß für Bildung jetzt Geld ausgegeben werden. Man kann dann die Verschuldungs
debatte noch einmal neu führen, wieweit es sinnvoll oder nicht sinnvoll ist, die öffentlichen Ausgaben zu steigern.
alle sind begeistert und finden das System von Kita-Card gut. Sollte man vielleicht vergessen haben, daß der Senat im November mit der damals relativ neuen Senatorin die Notbremse gezogen hat, weil der Protest gegen die Umsetzung der Kita-Card so groß wurde? Nichts war gut. Im Gegenteil. Alles ist schlecht gelaufen. Deswegen mußten sie das Ganze anhalten und noch um ein Jahr verschieben. Das ist Fakt und nicht das, was Sie beschrieben haben.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Harlinghausen, Ihre Partei tritt möglicherweise nach dem 23. September an, in dieser Stadt die Verantwortung zu übernehmen.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Dr. Roland Sal- chow CDU: So ist es! – Rolf Harlinghausen CDU: Genau!)
Dann müssen Sie sich aber gefallen lassen, daß Sie hier mit 23 aneinander gepaarten Sprechblasen nicht auskommen.
Sie haben die Aussage in dem Punkt verweigert, wohin eigentlich in Hamburg Familien- und Kinderpolitik gehen soll. Das einzige, worauf Sie sich eingelassen haben, war zu sagen, da muß man vielleicht einen Kassensturz machen und alle Leute zusammenholen. Der einzige Punkt, an dem Sie konkret geworden sind, war im Bereich des Elternbeitrags. Dann sind Sie wieder schwammig geworden und haben gesagt, „das muß im Vergleich sein mit denen der Großstädte“.
Meinen Sie Frankfurt, wo ein einkommensunabhängiges Kinderbeitragssystem gilt, wo durchschnittlich 300 DM bezahlt werden müssen, unabhängig davon, wieviel Geld man nach Hause bringt? Meinen Sie Bayern, wo der durchschnittliche Beitrag – etwa im Bereich der Krippe – bei etwa 600 DM liegt und der Staat sich weigert, Eltern überhaupt einen Zuschuß zu zahlen, so daß man dort auf 2200 DM Krippenbeitrag kommt? Herr Harlinghausen, ich weiß nicht, ob Sie vielleicht im Senat von Ole von Beust neben Schill den Jugendsenator machen – ich weiß nicht, was schlimmer ist –, aber Sie haben zum Beispiel völlig die Aussage verweigert, ob Sie ausbauen oder wie Sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen wollen. Auch in diesem Bereich findet sich in Ihrem Wahlprogramm nichts, nur reine Sprechblasen. Daran müssen Sie sich messen lassen.
Herr Böwer! Was werden Sie als Oppositionspolitiker im nächsten Jahr zur Kindertagesbetreuung fordern?
Genau das gleiche, was wir jetzt fordern, denn wir sind von unserem Konzept überzeugt. Wir sagen an dieser Stelle, wir werden eine Hamburger Garantie für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aussprechen und auch realisieren, genauso wie wir die Verläßliche Halbtagsgrundschule in Hamburg versprochen und durchgeführt haben.
Genauso wie wir gesagt haben, Hamburg wird eines der ersten Bundesländer sein, das den Rechtsanspruch auf eine vierstündige Kindergartenbetreuung im Zusammenhang mit dem Rechtsanspruch, den es bundesweit gibt, umgesetzt hat.
Genauso wie wir gesagt haben, wir halten die Qualitätsstandards im Bereich der Kindertagesbetreuung. Damit liegen wir im Bundesvergleich an der Spitze. Was wir nicht versprechen, was Sie dann tun, Frau Sudmann, ist, zu sagen, wir erhöhen das.
Herr Harlinghausen, wenn Sie in dieser Stadt in einem zentralen Bereich Verantwortung übernehmen wollen, dann müssen Sie Klartext reden. Ich weiß, das fällt in Ihrer Fraktion schwer, und ich weiß auch, daß Ihr Kandidat an dieser Stelle möglicherweise einige Schwächen hat. Aber das können Sie uns ja gleich erklären. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Böwer, so viele Worte für so wenig Inhalt. Das kenne ich von Ihnen.
Ich möchte Ihnen nur ein paar Fakten sagen. Ich habe das Gefühl, Sie wollen gar keine Fakten hören, aber erst fordern Sie sie.
Wenn Sie zu dem Kostenniveau, das Eltern aufzubringen haben, so vollmundig Vergleichszahlen liefern, dann sollten Sie dort ehrlich sein. Sie wissen ganz genau, daß in Frankfurt, in Stuttgart, in Leipzig und in München – Sie haben Einzelbeispiele herausgepickt – das Kostenniveau zwei- bis dreimal niedriger ist als in Hamburg. Sie bringen immer Ihren Stormarn-Vergleich. Da haben Sie wahrscheinlich einmal einen Zahlendreher gesehen, den Sie immer wiederholen, weil der Ihnen so gefallen hat.
Aus Ihren Worten spricht die Angst vor dem 23. September. Das sehen wir natürlich mit Genugtuung. Wir werden die gesamte Kinder- und Jugendpolitik auf den Prüfstand stellen.
Das kommt mir so vor wie in der Grundschule. Da schreien die Kinder auch auf, wenn ihnen etwas gefällt, und hören dann nicht mehr weiter zu.