Das sind Äußerungen aus der Presse der letzten Monate. Es sind Richter, die sich nicht anonym, sondern offen in der Presse geäußert haben. Das sind Punkte, die nicht aufgegriffen wurden, das ist bekannt. Da kann man nicht sagen, daß unter der Hand mit Schmutz geworfen wird. Doch der Senat hat nicht reagiert, er hat weiter konsolidiert.
Ich erinnere auch an die Fragestunde vor einigen Tagen in diesem Hause. Der Staatsrat hat sich zu den warnenden Äußerungen eines frisch pensionierten Strafrichters dahin gehend geäußert, daß das persönliche Frustration sei, und er hat damit die Äußerung disqualifiziert.
Ich nenne einige Beispiele: Die Situation der Schreibdienste wurde auch sogar von Ihrer Seite bestätigt. Es ist seit Jahren bekannt, daß sie in einigen Bereichen derartig überlastet sind, daß gar nichts mehr geht. Im Familiengericht Altona werden Akten monatelang gar nicht bearbeitet; da wartet man als Anwalt sechs bis sieben Monate, um überhaupt eine Antwort zu bekommen; das kann es nicht sein.
Zweitens: Die Polizei hat endlich die geforderte DNA-Kartei aufgebaut, doch die Gerichte schaffen es nicht, die notwendigen Beschlüsse zu fassen. Mit welcher Folge? 200 mögliche Sexualstraftäter und Mörder, deren Wohnort
nicht bekannt ist, können zur Zeit nicht zur Fahndung ausgeschrieben werden, weil die gerichtlichen Beschlüsse nicht erfolgen können. Das ist der Skandal.
So müssen die Tatbeteiligten eines „Hells Angels“-Verfahrens möglicherweise aus der U-Haft entlassen werden; das droht.
Die gleiche Kammer behandelt aber auch den Strahlenskandal um Professor Hübener. Wie sollen die Richter mit diesen ganzen Verfahren zu Rande kommen? Erklären Sie uns das, dann würden wir auch eine Lösung finden. Wir wissen aber im Moment auch nicht mehr, als weitere Stellen zu fordern.
Zum Thema der Deals, Frau Senatorin. Daß sie üblich und auch vom BGH anerkannt sind, ist überhaupt keine Frage. Das Hauptproblem liegt aber doch darin, daß Deals in Großverfahren inzwischen grundsätzlich eingegangen werden und nicht mehr nur im Ausnahmefall. Gegen den Ausnahmefall ist nichts zu sagen, aber es kann doch nicht wahr sein, daß ein Strafverteidiger grundsätzlich Deals aushandelt. Wo bleibt da bitte die Rechtsprechung und die Gerechtigkeit? Das lehnen wir als pauschale Maßnahme ab.
Insoweit verwundert auch nicht, daß die Erledigungszahlen in der Statistik gar nicht so schlecht aussehen. Diese Deals wurden gerade gemacht, um solche langen Verfahren abzukürzen.
Die Zahlen, die Sie vorlegen, sind nämlich geschönte Zahlen. Die CDU ist seit Jahren immer für die Konsolidierung des Haushalts.
Doch! Aber Sie haben eine Sache übersehen: Justiz läßt sich nicht ökonomisieren. Die Justiz ist kein Wirtschaftsbetrieb, der Klagen und Strafprozesse steuern kann. Wo ein Kläger ist, muß leider auch ein Richter sein. Da können wir nicht steuern, das ist nun leider einmal so.
Ich komme zum Ende. Die Modernisierung der Justiz wurde in den letzten Jahren immer hoch gelobt, und es wurde erklärt, daß aufgrund dessen nicht genutzte Kapazitäten vorhanden seien. Diese hat es aber nie gegeben. Wir haben festgestellt, daß es keine gibt, und deshalb: Hören Sie auf mit dem Sparen in diesem Bereich.
Meine Damen und Herren, Herr von Beust hat seinen Vortrag hier mit den Worten eingeleitet: Die Justiz ist am Ende. Ich setze einmal ein anderes Zitat dagegen, und dann können Sie raten, von wem es stammt. Es lautet:
„In Hamburg ist der Rechtsstaat nicht am Ende. Diesen Eindruck solle niemand zu vermitteln versuchen, weil jede Übertreibung der Sache schadet.“
Von wem stammt dieser Satz? Nicht von einem sozialdemokratischen Justizpolitiker, sondern von Herrn Uwe Bahnsen, dem der Nähe zum Senat und der SPD unverdächtigen Rathauskorrespondenten der „Welt“. Herr Bahnsen hat recht.
Frau Spethmann, Sie haben der SPD und auch den Grünen ein gestörtes Verhältnis zur Justiz vorgeworfen. Ich werfe Ihnen vor, ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit bei der Justiz zu haben.
Was ich Ihnen aber übelnehmen muß und was Sie auch nicht so stehenlassen können, ist, daß Sie hier den Eindruck vermitteln, die Hamburger Justiz mache schlechte Urteile und faule Kompromisse wider besseres Wissen.
Sie haben es anders ausgedrückt, aber so kommt es an. Das können wir nicht hinnehmen. Jeder Deal, auch wenn Sie ihn noch so kritisieren, hält dem Anspruch statt, rechtsstaatlich zu sein, sonst würde ihn ein Hamburger Richter nicht machen.
Als ich als Referendar meine Landgerichtsstation beendet hatte, bin ich zu dem damaligen Senatspräsidenten Fürstenhagen gekommen, der sich jeden Referendar vorgenommen hat. Er sagte mir: „Es gibt da so ein Wort aus Fritz Reuters ,Ut mine Stromtiet‘, das lautet:
Meine Damen und Herren, über die Marscherleichterungen, die Vergünstigungen, die die Justiz im Vergleich zu den anderen Ressorts gehabt hat und weiterhin bekommen wird, hat die Senatorin bereits berichtet. Was weiter erwähnenswert ist, sind die Rahmenbedingungen, unter denen die Justiz arbeitet. Die Richter allein können nicht Recht sprechen, ohne daß ihnen zugearbeitet wird. Sie müssen in Räumen sitzen, in denen sie sich wohl fühlen, sie müssen eine Geschäftsstelle haben, in der gearbeitet wird, und sie müssen Kommunikation haben. Hier ist intensiv gearbeitet und verbessert worden unter Einsatz von Haushaltsmitteln, und es hat sich gelohnt. Ich glaube, die Erledigungszahlen, die wir dargestellt bekommen haben, haben auch etwas mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu tun. Wir arbeiten weiter daran.