Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

Das Wort bekommt der Abgeordnete Polle.

Herr Roock, das war wohl nichts. Der Grindelhof paßt bei den Schlaglöchern überhaupt nicht. Der ist total erneuert worden. Es gibt dort nicht ein einziges Loch, alles funkelnagelneu. Wenn Sie denken, da gibt es immer noch Leute, die das schlecht finden, irren Sie sich. Die Handelskammer hat in einer der letzten Zeitschriften – ich formuliere jetzt aus dem Handgelenk, weil ich die nicht bei mir habe – in etwa gesagt: Mit dem Grindelhof geht es aufwärts, es gibt ermutigende Zeichen.

(Barbara Ahrons CDU: Ja, nachdem Sie alles ka- puttgemacht hatten!)

Sie können das nachlesen. Ich schicke Ihnen gern diesen Blick in die „Hamburger Wirtschaft“.

(Beifall bei der SPD)

Also, keine Löcher, wirtschaftlich geht es aufwärts. Ansonsten muß man sagen, Ihre Einzelbeispiele mögen zwar immer vor Ort höchstbetrüblich sein und den einzelnen manchmal fragen lassen, wer das koordiniert hat. Aber, vieles erschließt sich nur dann, wenn man die inneren Zusammenhänge kennt, das heißt, wenn Sie auch einmal nachfragen.

(Bernd Reinert CDU: Aber sicher!)

Sie können gern bei der KOST anrufen oder eine E-Mail schicken und fragen, warum das da so ist. Es gibt in der Regel gute Gründe. Die KOST arbeitet seit einiger Zeit – ich kann das nachvollziehen, weil ich mich dann und wann erkundigt habe – sehr gut und koordiniert die Leitungsbehörden, so daß nicht immer wieder hintereinander aufgebuddelt wird. Wir hatten eine Eingabe, und die hat in dieser Beziehung, glaube ich, viel bewirkt.

Ansonsten paßt das Thema Staus heute gar nicht zu Ihrer Großen Anfrage. Daß Sie das ständig erwähnen, muß irgend etwas mit Wahlkampf zu tun haben. Ich empfehle Ihnen, für die Zukunft die Straßen zu begucken, wo der Verkehr rollt. Das ist immer noch die Mehrheit.

(Bernd Reinert CDU: Wenn Sie mir eine nennen, ja!)

(Hans-Detlef Roock CDU)

Wenn der einzelne im Stau steht, dann mag das ärgerlich sein, es sind aber bestimmte Zeiten. Ich habe mich bei der Polizei nach einer bestimmten Ampelschaltung an einem großen Knoten erkundigt. Dort habe ich mich schlau gemacht, daß bis auf die Zehntelsekunde genau berechnet wird, wie diese Ampeln mit anderen Ampeln zusammenhängen und wie dadurch der Verkehrsfluß aufrechterhalten werden kann. Das ist für mich zum Teil betrüblich. Ich fahre dort mit dem Fahrrad und muß länger warten. Aber das ist für die 40 000 Autos, die da fahren, notwendig. Ich habe das eingesehen, nachdem ich mich schlau gemacht habe, und das empfehle ich Ihnen auch.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stelle ich fest, daß die Große Anfrage besprochen worden ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 30 auf: Drucksache 16/5998, Mitteilung des Senats zur Qualität und Qualitätssicherung in der Pflege.

[Senatsmitteilung: Qualität und Qualitätssicherung in der Pflege – Drucksache 16/5998 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Sozialausschuß überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Grund hat es.

Meine Damen und Herren! Ich möchte meine kurze Anmerkung zu dieser Senatsdrucksache mit deren Schlußsatz beginnen. Dort steht:

„Solidarität, Zuwendung, Verantwortungsgefühl in der Zivilgesellschaft lassen sich weder verordnen noch ,leistungsgerecht vergüten‘.“

Sie kann weder herbeibefohlen werden – ergänze ich –, noch kann die Leistung dafür angemessen vergütet werden. Wir sollten uns diesen Satz bei der Diskussion um das Thema Qualität in der Pflegeversicherung besonders gut einprägen, neigen wir doch alle dazu, im Sinne von Regulierung am Ende auch bei den beteiligten Betroffenen den Glauben zu erwecken, als ob Staat alles richten könne. Staat kann es ganz sicher alleine nicht richten.

Diese Erkenntnis, daß es notwendig ist, wenn wir das Leben der Pflegebedürftigen lebenswert gestalten wollen, in dieser Bürgergesellschaft Engagement für Pflegebedürftige zu mobilisieren, ist einer der entscheidenden Punkte des Senats in seinen Leitlinien zur Verbesserung der Pflegepolitik in dieser Stadt.

Der andere Leitpunkt ist, daß wir gesagt haben, wir müssen die Position der Pflegebedürftigen als Verbraucher und natürlich auch die der Angehörigen verbessern. Das ist deshalb notwendig, weil die Pflegebedürftigen selbst häufig gar nicht in der Lage sind, ihre Verbraucherrechte so wahrzunehmen, wie das eigentlich notwendig wäre.

Ohne Kontrolle durch unabhängige Sachverständige und eigene Anstrengungen der jeweiligen Einrichtungen und ihrer Verbände wird es nicht gehen. Es ist auch klar, daß alle Annahmen, die darauf hinauslaufen, der Markt würde es schon richten, nicht ausreichen, das heißt, dem Markt müßten in diesem speziellen Thema deutlich Regeln gesetzt werden.

Hamburg steht für eine innovative Pflegepolitik im Bereich der Qualitätssicherung.

Das waren die Kernsätze der Leitlinien des Senats für den Bereich der Qualitätssicherung in der Pflege. Ich wollte einige Streifzüge unternehmen, die deutlich machen, daß sich gerade in den letzten Jahren auf unterschiedlichsten Ebenen durch unterschiedlich Verantwortliche und Beteiligte eine Menge getan hat. Wir haben nicht nur das Gesetz über Qualitätssicherung. Dieses Gesetz, das noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, folgt im wesentlichen den vorher von mir genannten Leitlinien. Wir haben noch einen weiteren wichtigen Punkt: Das Gesetz über die Berufe in der Altenpflege ist endlich, nach zwanzigjährigen Bemühungen, verabschiedet worden. In Hamburg stehen 1000 Menschen in Ausbildung im Bereich der Altenpflege. Diese beachtenswerte Zahl macht deutlich, welcher beschäftigungspolitische Effekt hinter dem Beruf der Pflege steht.

Die Fachkraftquote – ein Thema, das uns in der Vergangenheit viel beschäftigt hat und viel kritisiert worden ist – wird nicht nur im Bereich der stationären Pflege – also in den Pflegeheimen – eingehalten. Auch im Bereich der ambulanten Pflege ist festzustellen, daß die Zahl der qualifizierten Kräfte deutlich zunimmt und wir auch in der ambulanten Pflege von einer hohen Pflegekompetenz sprechen können.

Dennoch – das will ich nicht verhehlen – ist das Thema ambulante Pflege unbestreitbar das Sorgenkind in dieser Debatte um das Thema Qualität in der Pflege. Wir haben verschiedene Unsicherheiten im Zusammenhang der Wirkung der gesetzlichen Bestimmungen zueinander. Die Qualitätskontrolle muß verbessert werden. Es geht auch darum, die Mitwirkungs- und Beschwerderechte der Betroffenen noch zu verbessern.

Es gibt nachweisbar sehr hohe Anstrengungen und vielfältige Bemühungen der Pflegebetriebe – also der Leistungserbringer –, aber auch von deren Verbänden, sich nicht nur zertifizieren zu lassen und Gütesiegel zu erwerben, sondern sich ausgefeilte Systeme der Qualitätssicherung – etwa nach ISO-Normen – nicht nur vorübergehend an die Brust zu heften, sondern auf Dauer durchzuführen. Der Senat hat in seinem Vergütungssystem für Leistungsanreize gesorgt, die Qualitätsmanagement verbessern helfen.

Das Thema Pflegedokumentation hat sich im Zusammenhang mit dem „Dekubitus-Thema“ als besonders wichtig erwiesen. Das ist Ihnen bekannt. Ich will auf den unveränderten Zielkonflikt eingehen, der im Zusammenhang mit der Pflegedokumentation eine Rolle spielt. Wer Dokumentation wegen Qualität verlangt, muß wissen, daß dies in der Regel bürokratische Belastungen mit sich bringt, auch vor Ort, vor allem aber bei den Pflegebetrieben und bei den Pflegeeinrichtungen.

Ein großes Problem ist unverändert das Thema Transparenz. Es ist natürlich nicht leicht, sich am Markt zu orientieren, vor allem für die Pflegebedürftigen selbst. Häufig müssen diese Entscheidungen von anderen für die Pflegebedürftigen getroffen werden. Um so wichtiger ist es, dafür zu sorgen, daß für alle Beteiligten Transparenz über Qualität in der Pflege und Leistung und natürlich auch über Preise in der Pflege ermöglicht wird. Es ist in der Verbraucher-Zentrale eine spezielle Stelle eingerichtet worden, und das Pflegetelefon von Hamburg wurde in 18 Monaten von 2000 Betroffenen intensiv genutzt. Es dient nicht nur dazu, daß den Beschwerden abgeholfen wird, sondern zugleich als Indikator dafür, welche Probleme in der Pflege vorliegen.

(Rolf Polle SPD)

Ich will nicht verhehlen, daß wir unser Augenmerk in der Diskussion immer stark auf die Pflegebetriebe und die Pflegeheime richten und dabei allzuoft vergessen, daß in Wahrheit die Mehrzahl der Pflegebedürftigen gar nicht durch professionelle Pflegedienste oder -heime betreut wird, sondern durch Angehörige. Hier bedarf es weiterer Anstrengungen. Die Angebote für Qualifizierung der Betroffenen müssen verbessert werden, die Kontrollen müssen erhöht werden. Dafür gibt es entsprechende gesetzliche Anstrengungen des Bundesgesetzgebers. Auch Pflichteinsätze von Pflegediensten sind in diesen Fällen vorgesehen. Selbsthilfegruppen-Angebote sollen gestärkt werden, und natürlich ist es notwendig, Ersatz- und Tagespflege zu organisieren.

Hamburg hat mit dem Dekubitus-Programm – der Prophylaxe in diesem Zusammenhang – und mit dem DemenzProgramm bundesweit Schrittmacherdienste geleistet im Blick darauf, daß Pflege für Betroffene nicht nur erleichtert und erträglich gemacht wird, sondern von immer höherer Qualität wird. Das Entscheidende ist dabei ganz oft, daß es immer wieder möglich ist, Pflegevoraussetzungen so zu verbessern, daß Betroffene am Ende von Pflege weniger abhängig werden als zuvor.

Es gibt auf diesem Felde sehr viel zu tun. Ich habe den Eindruck, daß alle Beteiligten – sowohl die Unternehmen, deren Verbände, der Senat, die entsprechenden Einrichtungen der Pflegekassen –, aber auch die Politik das Thema wirklich auf die Hörner genommen und nach vorne getrieben haben. Wir werden dranbleiben, meine Damen und Herren, hier in Hamburg und auch im Bundesgebiet, und wollen gewährleisten, daß wir unseren Auftrag sehr ernst nehmen, in dieser Stadt für die Pflegebedürftigen die beste Pflege zu organisieren, die es überhaupt gibt. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Schira.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nach mehr als einem Jahr hat es der Senat endlich geschafft, den von uns angeforderten Bericht zur Pflege in Hamburg dem Parlament zuzuleiten. Wir haben in der Vergangenheit in dieser Frage schon häufiger den Umgang des Senats mit dem Parlament kritisiert. In diesem Falle ist es ganz besonders ärgerlich, weil das Thema Pflege, insbesondere das Thema Altsein in Hamburg, vom Senat hätte zügiger bearbeitet werden müssen.

Nun denn, der Senat hat nach langer Zeit eine 80 Seiten starke Drucksache vorgelegt. Die Kürze der Zeit gebietet es, daß ich mich auf ein paar Punkte aus dieser Drucksache konzentriere, die wir als CDU aber für sehr wichtig halten.

Der erste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Situation der Heimaufsicht in Hamburg. Wissen Sie eigentlich, wieviel Stellen es dafür in Hamburg gibt?

(Uwe Grund SPD: Sechseinhalb!)

Richtig.

Für fast 24 000 Plätze in 300 Hamburger Pflegeheimen ganze sechseinhalb Stellen. Das ist die Hamburger Realität. Es war die sozialdemokratische Führung der Sozialbehörde, die noch vor einigen Jahren die bezirkliche Heimaufsicht gänzlich abschaffen und zentralisieren wollte. Nur

durch den Widerstand der CDU und der Öffentlichkeit, insbesondere in den Bezirken, ist dies damals verhindert worden. Sie haben es also in den letzten Jahren nicht geschafft, auf diesem Gebiet etwas zu bewegen. Das einzige, was Sie geschafft haben, ist, daß die bezirklichen Mitarbeiter sich jetzt Heimaufsichtsmanager nennen dürfen. Das ist in der Tat Ihr Verdienst, das Ihnen auch keiner schmälern will.

Damit wir uns nicht mißverstehen, diese Mitarbeiter in den bezirklichen Heimaufsichtsdienststellen leisten eine gute und engagierte Arbeit. Aber wie sollen zum Beispiel in Harburg mit einer halben Stelle 1800 Heimplätze in den Einrichtungen kontrolliert werden? Wie sollen in HamburgNord 4420 Plätze in 48 Heimen von einer Dreiviertelstelle vernünftig beraten oder kontrolliert werden. Das kann nicht klappen, und das ist auch offensichtlich.

Wir haben dies in der Vergangenheit immer wieder problematisiert und dazu auch einen Antrag eingebracht, den wir demnächst im Sozialausschuß beraten werden. Sie haben dann die Möglichkeit, endlich zur Einsicht zu kommen und sich unserer Initiative anzuschließen.

Der zweite Punkt: Ganze drei Sätze hat der Senat für die Ehrenamtlichkeit in der Hamburger Pflege übrig. Wir als Christdemokraten haben ganz konkrete, kreative Vorschläge in dieser Legislatur gemacht, wie wir Menschen motivieren können, sich mehr um unsere älteren Mitbürger zu kümmern. Unsere Vorstellung war zum Beispiel, daß sich Schulen und Schüler, die sich in der Nähe von Altenheimen befinden, in diesen verstärkt engagieren. Die rotgrüne Mehrheit in diesem Haus wollte dies nicht einmal im Ausschuß beraten und hat es hier im Parlament einfach ohne Diskussion abgelehnt.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zur Pflege in Hamburg insgesamt. Die Pflege in Hamburg als auch im Bundesgebiet wird von einigen, leider viel zu wenigen, engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit viel Liebe ausgeübt. Diese Menschen sind zutiefst betroffen, wenn einige wenige schwarze Schafe keine gute Pflege verrichten und dieses dann medial in allen Facetten in der Öffentlichkeit berichtet wird. Es ist daher sehr wichtig, die Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe zu verbessern, und dazu gehören naturgemäß angemessene Gehälter und eine moderne Ausstattung in den Einrichtungen.

Und wenn wir uns über Pflege in Hamburg unterhalten, dann müssen wir uns – das kann ich Ihnen nicht ersparen, Frau Senatorin – auch über die skandalöse Politik der Betriebskrankenkasse der Stadt Hamburg unterhalten.

(Beifall bei der CDU)