Das Fazit: Die Gesetzesänderung an sich ist kein geeignetes Mittel. Auf das Recht des Widerspruchs muß stärker hingewiesen werden. Rechtsextremistische Inhalte können nur durch Argumente entkräftet werden, nicht durch Verbote. Nur dann können wir wirklich glaubhaft überzeugen.
Wir lehnen den Antrag so ab. Er soll heute aber nicht abgestimmt werden. Die SPD hat die Überweisung an den Ausschuß beantragt. Es ist natürlich ganz klar, warum sie das beantragt hat, weil sie ja heute nicht Farbe bekennen will, denn die GAL ist eigentlich für den Antrag und die SPD ist dagegen. Deswegen soll der Antrag erst einmal an den Innenausschuß überwiesen werden und verschwindet da im Nirwana. Bis zur Wahl wird das sowieso nichts. So haben Sie sich dann darüber gerettet, hier eine klare Position zu beziehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Klare Positionen bekämpfen wir in der Regel eigentlich nicht, Herr Lüdemann, wir bekennen sie allenfalls. Das nur am Rande bemerkt.
Ich finde, die Debatte läuft hier quer. Lassen sie uns doch noch einmal das Problem sortieren. Es ist legal, aus dem Melderegister Daten herauszugeben, die die Parteien zu Zwecken der Wahlwerbung verwenden können. Das ist das Problem. Das geschieht in sehr großem Umfang, und davon profitieren alle Parteien. Daran haben auch fast alle Parteien ein Interesse. Das hat Frau Weise gerade richtig gesagt.
Die Leute, die diese Werbung bekommen, fühlen sich davon belästigt, jedenfalls manche. Die Frage ist, was wir dagegen tun. Wir haben eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder streichen wir diese Möglichkeit, und dann streichen wir sie für alle. Dann müssen wir es aber auch begründen mit dem Argument, daß keine Partei das Recht haben soll, Wahlwerbungen auf diesem Wege zu verschicken beziehungsweise an Adressen zu kommen.
Es besteht kein vernünftiger Grund, warum irgendeine Partei das tun sollte. Deine moralische Empörung, Susanne, über die Werbung der DVU in allen Ehren, aber das geht wirklich an der Sache vorbei, weil dann genau das eintritt, was Frau Weise sagt: Warum die, das ist eine legale Partei, die sind zwar irgendwie eklig, aber das alleine ist noch kein Grund für eine Gesetzesänderung. Das profane Interesse der SPD, Frau Weise, mit dem Satz von Rosa Luxemburg „Freiheit ist immer nur die Freiheit des Andersdenkenden“ zu begründen, ist allerdings auch gruselig.
Dann sagen Sie einfach, die SPD hat ein Interesse an diesen Daten und Punkt aus, aber bemühen Sie nicht Rosa Luxemburg dafür. Das finde ich wirklich zuviel des Guten.
Das ist die Ausgangssituation. Von unserer Fraktion wurde ein Antrag gestellt, der in etwa dem entspricht, was jetzt der REGENBOGEN hier wieder aufgewärmt hat. Das war in diesem kleinen Zeitfenster – hieß es irgendwann ein
mal –, bevor es die Koalition gab. Der Antrag ging dann in den Ausschuß. Dort stellte sich heraus, daß die SPD gegen diesen Antrag ist. Die Grünen waren dafür. In dem Ausschuß wurde er versenkt, versenkt auch deshalb, weil sich von meiner Fraktion niemand mehr so richtig darum gekümmert hat. Das ist der Ausgangspunkt. Deswegen ist es vielleicht ganz gut, daß der REGENBOGEN das jetzt auf diese Art und Weise wieder belebt. Dann kann die Diskussion im Ausschuß noch einmal stattfinden, weil das sowieso nur für die kommende Wahl gilt. Für die jetzige Wahl ist das sowieso zu spät.
Das kann ich dir jetzt noch nicht sagen, wie wir dann abstimmen. Das kommt darauf an, was die Diskussion ergibt, denn es gibt doch durchaus eine Reihe von Möglichkeiten, damit umzugehen. Man müßte zum Beispiel auch erst einmal genau wissen, wie erfolgreich die Sache mit dem Widerspruch ist.
Ich tendiere aber dahin, diese ganze Sache insgesamt zu streichen, weil ich finde, daß es kein berechtigtes Interesse für Parteien gibt, auf diese Art und Weise an Adressen zu kommen. Wie wir dann abstimmen werden, das sehen wir dann. – Danke.
Frau Weise, Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Das ist der Satz, der nicht nur vom DGB, sondern auch von Ihrer Fraktion im Zusammenhang mit Demonstrationen immer ohne weiteres genannt wird – zu Recht.
Heute eine Rede zu halten, die jede Position in der Richtung legitimiert, ist fast schon skandalös, Frau Weise. Das muß ich wirklich sagen.
Ich weiß im Ernst auch nicht, was in einem Ausschuß abermals besprochen werden soll, was nicht dort, und zwar von den gleichen Menschen – es war ja diese Legislaturperiode –, nicht schon in aller Ausführlichkeit erörtert worden wäre. Ich weiß auch nicht, was man dem Datenschutzbeauftragten eigentlich noch hinzufügen soll, der in einer Pressemitteilung vom April dieses Jahres noch einmal darauf hingewiesen hat, daß diese individuelle Widerspruchsmöglichkeit natürlich auf keinen Fall ausreichen kann. Man muß sich einmal vorstellen, was das denn für ein Recht sein soll, daß meine Daten an irgendwen weitergegeben werden. Mein Recht, das Freiheitsrecht des einzelnen,
ist auch, eine Kontrolle über die Daten zu bekommen. Eigentlich müßte es, wenn überhaupt, umgekehrt sein, daß ich mich irgendwo hinwende und sage, meine Daten dürfen weitergegeben werden, und nicht umgekehrt, daß ich mich dagegen wehren muß. Jetzt könnt ihr klatschen.
Deswegen ist es auch eine ganz klare Sache. Es geht mit dem Antrag, den wir gestellt haben, darum, allen Parteien dieses Privileg wieder zu nehmen. Die Parteien brauchen dieses Privileg nicht. Wenn es uns nicht mehr gelingt, Politik ansonsten diskutierbar zu machen, dann ist es, glaube ich, sowieso zu spät. – Danke.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 16/6115 an den Innenausschuß zu? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist die Überweisung mit Mehrheit beschlossen.
Ich rufe als nächstes den Tagesordnungspunkt 27 auf, die Mitteilung des Senats zum zusammenfassenden Bericht der Aufsichtskommission gemäß Paragraph 23 Absatz 4 des Hamburgischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten über ihre Tätigkeit in den Jahren 1998 und 1999. Das ist die Drucksache 16/5929.
[Senatsmitteilung: Zusammenfassender Bericht der Aufsichtskommission gemäß § 23 Absatz 4 des Hamburgischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (HmbPsychKG) über ihre Tätigkeit in den Jahren 1998 und 1999 – Drucksache 16/5929 –]
Die GAL-Fraktion möchte diese Drucksache an den Gesundheitsausschuß überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Freudenberg, bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Bericht der Aufsichtskommission über ihre Tätigkeit in den Jahren 1998 und 1999 ist Anlaß, die Entwicklung der hamburgischen Psychiatrie in dieser Legislaturperiode zu reflektieren. Die Aufgabe der Aufsichtskommission ist es – Sie wissen das –, jährlich mindestens einmal die Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen zu überprüfen, in denen Hamburger Bürger und Bürgerinnen wegen einer psychischen Krankheit untergebracht sind. Untergebracht heißt, die Menschen, um deren Versorgungsbedingungen es hier geht, befinden sich nicht in freiwilliger psychiatrischer Behandlung, und deshalb gibt es eine besondere staatliche Verantwortung, die im PsychKG, also dem Hamburgischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten, geregelt ist. Das Gesetz sieht ausdrücklich auch vor, daß die Aufsichtskommission psychiatrische Krankenhäuser und Einrichtungen besucht, die außerhalb Hamburgs liegen, in denen psychisch kranke Hamburger untergebracht sind.
Der vorliegende Bericht der Aufsichtskommission ist sehr kritisch und hat folgende Schwerpunkte, auf die ich im einzelnen eingehen möchte: Strukturelle Veränderungen und der Bettenabbau im Klinikum Nord/Ochsenzoll, die Verlegungspraxis in außerhamburgische Einrichtungen, die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in Hamburg und die geschlossenen Stationen in den Pflegeheimen von pflegen & wohnen. Auf den letzten Punkt bin ich vorhin schon bei der Debatte über die Pflege eingegangen.
Die Aufsichtskommission äußert sich sehr besorgt über die strukturellen Veränderungen und den drastischen Betten
abbau in der psychiatrischen Abteilung des Klinikums Nord/Ochsenzoll, der mit einer ständigen Verkürzung der Verweildauer einhergeht.
Bedenklich muß in dem Bericht stimmen, daß die Aufsichtskommission ihre Fragen nicht mehr wie früher offen und vertrauensvoll mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen des Krankenhauses erörtern konnte. Dies stimmt mit den Erfahrungen der Bürgerschaft überein. Im Gesundheitsausschuß hatten wir Anfang des Jahres einen sehr unerfreulichen Briefwechsel mit dem Direktorium des Klinikums Nord/Ochsenzoll über die Frage, ob es dort gehäuft zu Fixierungen von Patienten, also sehr eingreifenden freiheitsentziehenden Maßnahmen, komme. Wir baten schließlich die Aufsichtskommission um Überprüfung der Situation, und die Kommission hat uns im Mai bestätigt, daß fixierte Patienten und Patientinnen, die einer ständigen Überwachung bedürfen, tatsächlich auf den Stationsfluren untergebracht sind.
Nach meinen Informationen ist die Situation im Aufnahmebereich des Krankenhauses unverändert angespannt. Wir werden dies weiter beobachten, und wir sind dankbar für die Intervention der Aufsichtskommission.
Wir hoffen und gehen auch davon aus, daß sich der neue Ärztliche Direktor des Krankenhauses mehr für die Belange der psychiatrischen Abteilung interessiert und engagiert als sein Vorgänger.
Mit der Frage der Verweildauer, also der notwendigen durchschnittlichen Dauer des Klinikaufenthaltes in der Psychiatrie, hat sich der Gesundheitsausschuß auch gründlich befaßt. Dabei geht es auch um die Frage der intensiveren ambulanten Versorgung der psychisch Kranken, die ja nach dem kürzeren Krankenhausaufenthalt nicht gesund entlassen werden und intensiver weiterbetreut werden müssen.
Die Bedenken der Aufsichtskommission bezüglich weiterer Verweildauerkürzungen werden von uns geteilt. Wir sind sehr froh, daß eine weitere Kürzung der Verweildauer auch von der Senatorin nicht akzeptiert und von ihr die Dezentralisierung der psychiatrischen Versorgung engagiert betrieben wird.
Im neuen Krankenhausplan für das Jahr 2005 ist vorgesehen, daß die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Rissen ausgebaut wird und damit die Versorgung des gesamten Bezirkes Altona übernommen werden kann. Das Albertinen-Krankenhaus wird eine psychiatrische Abteilung erhalten, wodurch auch die Bevölkerung von Eimsbüttel wohnortnah versorgt werden kann. Absehbar ist auch die Erweiterung der psychiatrischen Abteilung in Bergedorf, deren problematische räumliche Enge die Aufsichtskommission eindrücklich beschrieben hat.