Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

Sie haben ferner behauptet, daß Frau Roths Aussage, sie habe durch die Pressemitteilung am 7. Juni dieses Jahres von den Einnahmen des Vereins durch Brötchendienst erfahren, auch falsch sei, weil sie es hätte früher wissen müssen.

Auf Ihrer Pressekonferenz haben Sie einen Satz zitiert, der heute schon einmal genannt wurde: Bei einer Vernehmung im Arbeitsamt am 10. April 2000 habe eine Frau folgendes gesagt:

„Sie gab an,“

ich zitiere einmal den Kontext –

„in dieser Zeit Vorbereitungen für Demonstrationen in einem Umfang von ungefähr einer Woche im Monat durchgeführt zu haben, wozu die Anfertigung von Transparenten sowie diverse Plakate gehörten. Auch die Materialbeschaffung wurde während der regulären Arbeitszeit durchgeführt. Zudem hätte sie“

diese Person –

„Einladungen von Politikern und deren gastronomische Verpflegung bei Treffen organisiert.“

Wenn ein normaler Mensch diesen Satz liest, wird er nicht vermuten, daß die Organisierung der gastronomischen Verpflegung darin bestand, daß diese Person die Brötchen selbst geschmiert hat, sondern normalerweise würde man vermuten, die geht über die Straße und kauft beim nächsten Brötchenbäcker die Brötchen ein.

(Zuruf von Barbara Ahrons CDU)

Nein, nein, jetzt rufen Sie man nicht dazwischen.

Jeder von Ihnen hätte den Text so gelesen, denn die Einladung von Politikern ist auch nicht etwas, was Geld bringt, und die gastronomische Verpflegung auch nicht.

(Jörn Frommann CDU: Das ist doch Tüdelkram!)

Soweit zur Sache.

Diesen Satz haben Sie so interpretiert, als hätte diese Person den Brötchendienst organisiert und daraus Einnahmen erzielt. Weder das Arbeitsamt noch die Bediensteten der Behörde, die dabei waren, haben bei dieser Vernehmung die Vermutung gehabt, es handele sich um einen Geschäftsbetrieb Gastronomie. Es ist auch nicht wahrscheinlich.

(Barbara Ahrons CDU: Jetzt muß nur noch kom- men, Sie brauchen denen das Geld nicht zu ent- ziehen!)

Jetzt kommt nur folgendes. Wer einen solchen Satz aus einer Vernehmung als Beweis für eine Lüge der Senatorin zitiert, der verdirbt wirklich die Sitten und muß sich dafür entschuldigen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr von Beust, Sie haben eben folgendes gesagt: Mit Duldung der Behörde seien die ABM-Kräfte für den Zweck eingesetzt, zu dem Sie eben diesen schönen Brief noch einmal vorgelesen haben. Auch das ist die reine Unwahrheit. Denn die Senatorin hat bereits vor zwei Wochen gesagt, daß es im November 1999 gegenüber der Behörde einen Hinweis darauf gab, daß dieser Verein zweckwidrige Dinge macht. Daraufhin hat die Behörde sofort ein Verfahren eingeleitet – und dies ging gemeinsam mit dem Arbeitsamt –, das zu dieser Vernehmung führte, aus der Sie zitiert haben, und daraus wurde dem Verein Geld abgezogen. Der Verein hat dann Einspruch eingelegt, und deswegen dauerte das Verfahren etwas länger, aber daß die ABM-Kräfte mit Duldung der Behörde zweckwidrig eingesetzt wurden, das ist schlicht und einfach beweisbar falsch. Sie versuchen hier also erneut, Herr von Beust, mit nachweisbar falschen Behauptungen die Unwahrheit zu verbreiten, die Sie selbst dauernd als Lüge bezeichnen.

(Horst Schmidt SPD: Sehr richtig!)

Soweit diese Geschichte. Nun kommt die Frage, was an dem Widerspruch des Briefes von Herrn Pumm, den Sie alle kennen, und der Aussage der Senatorin ist. Auch dazu hat die Senatorin vor zwei Wochen hinreichend geantwortet.

(Rolf Harlinghausen CDU: Sie glauben alles, was die Senatorin sagt!)

Ja, passen Sie auf, Sie können ja mal zuhören.

In der Antwort hieß es: Der Brief vom 13. Juni bestätigt die Erkenntnisse der BAGS in vollem Umfang, nämlich daß der Verein Einnahmen aus dem Brötchenverkauf als Spenden buchte, was dazu führte, daß die Behördenprüfer bei ihren Prüfungen nicht erkennen konnten, daß die Einnahmen

(Dr. Martin Schmidt GAL)

im Zusammenhang mit verkauften Brötchenplatten standen,

(Holger Kahlbohm SPD: Für die CDU zu schwierig!)

und diese mithin auch nicht von der BAGS Forderungen abzogen. Sie können sich ja einmal selbst an die Prüferstelle setzen. Dann werden Sie sehen, was los ist. Es wird bei einer solchen Prüfung nämlich nicht das gesamte Vereinsleben überprüft,

(Anja Hajduk GAL: Darf er auch nicht!)

sondern es wird die Zuwendung geprüft. Wenn sich unter den Zuwendungsabrechnungen diese Einnahmen nicht finden lassen, dann sind sie nur dann zu finden, wenn man einen Verdacht hat, daß da etwas falsch sei. Und diesen Verdacht hatte die Behörde erst nach dem 7. Juni, nachdem es in Hamburg öffentlich wurde.

Auch hier ist die Sache völlig eindeutig, das heißt, die Behörde hat in den drei Punkten, die relevant waren, nämlich erstens der Aufruf zu einer Demonstration, zweitens die zweckwidrige Beschäftigung von Mitarbeitern, drittens die zweckwidrige Einnahmenerzielung durch Brötchen, jeweils sofort gehandelt und alle richtigen und notwendigen Maßnahmen durchgeführt.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Michael Freytag CDU: Dann ist ja alles in Ordnung! Alles prima!)

In der Tat. Ich bin hoch zufrieden, daß wir eine Behörde haben, die das genauso gemacht hat.

Nun hat Herr von Beust in seiner Pressekonferenz einen weiteren Punkt gesagt, bei dem ich finde, daß er es mit der Wahrheit ernster nehmen sollte. Herr von Beust hat es in seiner Pressekonferenz noch einmal für nötig gehalten, Frau Roth wegen der Vorfälle am AK Ochsenzoll zu kritisieren und wegen des von ihr angeblich gesagten Satzes: „Ich kann mir nicht jede Vergewaltigung in Hamburg melden lassen.“

(Antje Blumenthal CDU: Nicht angeblich! Das hat sie gesagt!)

Deswegen werde ich Ihnen jetzt einmal in meiner neuen Funktion als Medienwissenschaftler darstellen, was da wirklich los war und wie wir der Wahrheit in diesem Punkt die Ehre geben sollten.

Ich beginne mit dem 23. Mai. Am 22. Mai war eine Pressekonferenz,

(Dr. Michael Freytag CDU: Dieses oder letztes Jahr?)

auf der Frau Roth zu den Vorfällen im AK Ochsenzoll vieles gefragt wurde. Am nächsten Tag konnte man in Hamburg in den Zeitungen mehrere verschiedene Versionen eines Satzes lesen, den sie da gesagt haben soll. In der „Welt“ stand, sie habe auf Fragen geantwortet: „Dann müßte ich über alle Vergewaltigungen in Hamburg informiert werden.“ Im „Hamburger Abendblatt“ stand, sie könne als Senatorin nicht über jede Vergewaltigung in Hamburg Bescheid wissen. In der „Morgenpost“ stand: „Dann müßte ich ja über alle Vergewaltigungen auf allen Klinikgeländen unterrichtet werden.“ In der „Bild“-Zeitung stand: „Ich kann mir nicht jede Vergewaltigung in Hamburg melden lassen.“

(Wolfgang Beuß CDU: Alles zusammen erschreckt!)

Die Meldung der „Bild-Zeitung“ war meinungsbildend, denn in den nächsten Tagen wurden alle Leute mit diesem Satz konfrontiert und haben dazu Stellung genommen. Es war „erschreckend“ oder „katastrophal“, wie es auch immer hieß.

(Wolfgang Beuß CDU: Sie reden das nicht schöner! – Jürgen Klimke CDU: Also, sie hat das am Ende gar nicht gesagt!)

Am Freitag, dem 25....

(Zuruf von Hartmut Engels CDU – Gegenrufe von der GAL und der SPD – Uwe Grund SPD: Hören Sie doch erst einmal zu, Blödmann!)

Sie sollten zuhören, es ist vielleicht etwas ernster für die Wahrheit.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas mehr Ruhe im Raum.

Passen Sie mal besser auf, damit Sie wissen, was hier in Hamburg gespielt wird.

Am Freitag, dem 25. Mai, um 18 Uhr war Frau Roth beim Sender Hamburg 1 und konnte dort sehen und hören, was auf der Pressekonferenz wirklich stattgefunden hatte. Der Sender Hamburg 1 hat dann also drei Tage danach eine Pressemeldung herausgegeben, in der es hieß, „die Interpretation meiner Aussage ist aus dem Zusammenhang konstruiert. Das Zitat, was zitiert wird, ist so von mir nicht gesagt worden.“

Der Versuch dieser Richtigstellung war umsonst. Am nächsten Tag meldete die „Morgenpost“, daß Frau Roth bedauert habe, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden sei, bei Vergewaltigungen würde es sich ihrer Meinung nach um Bagatellfälle handeln, aber dann im TV-Sender Hamburg 1 machte Frau Roth gleich einen halben Rückzieher. Ihre Worte seien aus dem Zusammenhang gerissen, wollte sie nach einer Videoanalyse glauben machen. Von da an war der Satz in der Fassung von „Bild“Zeitung in Deutschland gültig. Er erschien so in der „Süddeutschen Zeitung“ und im „Spiegel“.

Jetzt erzähle ich Ihnen einmal, was los war. Ich habe mir nämlich – im Gegensatz zu vielen anderen – die Mühe gemacht, mir die Videoaufnahme anzusehen. Dann sage ich Ihnen folgendes: Frau Roth hat auf eine Frage von Herrn Schirg von der Zeitung „Die Welt“ geantwortet – die Frage konnte ich nicht verstehen, weil das weiter weg vom Mikrofon war –: „Herr Schirg, man muß zunächst erst einmal das erfahren. Das ist das erste. Das zweite“ – dann wird Frau Roth von Herr Schirg unterbrochen, aber dann sagt sie erneut –: „Aber zunächst ist erst einmal die Frage.“ Dann wird sie wieder unterbrochen, und dann sagt sie: „Da müßte ich über alle Vergewaltigungen in Hamburg informiert werden. Das ist doch erst einmal nicht Ihre Frage. Die Geschichte ist doch die, daß ich nicht informiert...“

(Zurufe von der CDU und Unruhe im Hause – Glocke)