Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

(Julia Koppke REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Außerdem liegt ein Antrag der CDU-Fraktion vor, den Senatsantrag federführend an den Rechtsausschuß und mitberatend an den Gleichstellungsausschuß zu überweisen.

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat in den letzten Tagen schon die ersten Einladungen zur Eintragungsfeier in Hamburg bekommen. Das Senatsamt für die Gleichstellung meldete uns, daß sehr viele Paare anrufen, die danach fragen, wann und wie dieses neue Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft treten soll.

Meiner Meinung nach sind dies deutlich Anzeichen dafür, daß schon jetzt ein sehr großes Interesse in dieser Stadt an diesem Bundesgesetz besteht. Wir haben in der Koalition beschlossen, das uns Mögliche zum pünktlichen Inkrafttreten zu tun, und haben das Ausführungsgesetz aus dem Rechtsausschuß wieder herausgenommen, damit wir es pünktlich verabschieden können, so daß es am 1. August in Kraft treten kann.

Wir halten dieses Vorgehen auch für angemessen, da das Ausführungsgesetz im wesentlichen mit dem Hamburger Ehegesetz identisch ist, das wir vor zwei Jahren schon besprochen haben. Es beschäftigt sich im wesentlichen nicht mit dem Verwaltungsakt der Eintragung beim Standesamt, sondern mit der Entscheidung, daß es beim Standesamt eingetragen wird.

Wir denken daher, daß in diesem Parlament eine Debatte über ein schon vor zwei Jahren besprochenes Gesetz ausreicht, um deutlich zu machen, worum es hier geht. Ich will kurz auflisten, was das Bundesgesetz, das wir heute hier indirekt mitbesprechen, beinhaltet. Es soll in jedem Fall am 1. August in Kraft treten, so daß es auch für die Menschen in dieser Stadt real wird.

Es gehören dazu: Die behördliche Eintragung – das haben wir besprochen – als solche, das das Ausführungsgesetz regelt, das Namensrecht, das analog zum Eherecht geregelt ist, das gesetzliche Erbrecht, das kleine Sorgerecht, das für vorhandene Kinder in Partnerschaften für den Partner, der dazukommt, und die täglichen Dinge regelt, die Herstellung von Verwandtschaftsverhältnissen. Der eigentliche Kern des neuen Familieninstitutes ist, daß es wie bei Eheleuten Schwager und Schwägerin geben wird.

Zentral und wichtig für die Lebensgemeinschaften sind auch das Zeugnisverweigerungsrecht und die Auskunftsrechte. Das Auskunftsrecht im Krankenhaus, das im Hamburger Landesrecht besteht, haben wir schon vor einem Jahr beschlossen. Der Bundesgesetzgeber nimmt sich jetzt alle Bundesgesetze vor und gleicht sie an.

Ein weiterer Punkt, der für viele Menschen von Belang ist, ist das Mietrecht. Auch hier ist eine Angleichung erfolgt. Es gibt im Falle des Todes des Partners nunmehr ein Eintrittsrecht in die gemeinsame Wohnung. Hier erfolgte eine Angleichung an nichteheliche Lebensgemeinschaften und Eheleute. Das haben Sie vielleicht schon im Zusammenhang mit der Reform der Mietrechtsnovelle in den Medien gelesen.

Es gibt im Falle der Arbeitslosigkeit Sozialleistungen, aber auch Bundeserziehungsgeld für vorhandene Kinder. Das halten wir für angemessen, weil wir die Familie dort sehen, wo Kinder sind.

Ein wichtiger Punkt, der das Lebenspartnerschaftsgesetz charakterisiert, ist die beitragsfreie Familienversicherung in

der Kranken- und der Pflegeversicherung. Auch hier wurde die Regelung genau so wie bei Eheleuten vorgenommen. Sie tritt nur ein, wenn der Partner kein eigenes Einkommen hat.

Wir haben Ihnen heute noch einen weiteren Ergänzungsantrag vorgelegt, der das Hamburger Landesrecht betrifft. Es ist doch klar, daß das Bundesgesetz natürlich nur Bundesgesetze, jedoch keine Landesgesetze und -verordnungen regelt. Aus diesem Grunde will die Koalition keine Zweiteilung entstehen lassen, daß auf der einen Seite das Bundesgesetz die Regelungen und Gesetze angleicht, sondern sie will, daß das Landesrecht Anwendung finden soll. Der Senat sollte schnellstmöglich die Verordnungen ändern und uns die entsprechenden Gesetze vorlegen.

Das ist das Gesetz, das zum 1. August in Kraft treten soll. Es ist aber nur die Hälfte. Das eigentliche, im letzten Jahr beschlossene Ergänzungsgesetz ist und bleibt im Bundesrat blockiert. Die Koalition bedauert dies zutiefst, daß die Union nicht einmal dazu bereit war, über Kompromisse und darüber zu reden, was es eigentlich bedeutet, wenn nur eine Hälfte dieses Gesetzes in Kraft tritt.

Denn eines ist klar: Hier geht es nicht so sehr um die Interessen der Länder, denn sie wären eindeutig dadurch betroffen, daß zum Beispiel zu den Rechten, die ich eben aufgeführt habe, auch die Pflichten – das entlastet beispielsweise auch die Länderkassen – im Falle der Sozialbedürftigkeit hinzukommen würden. Es geht offensichtlich um ganz andere Dinge, nämlich um die ideologischen Vorbehalte, und darum, in jedem Fall zu versuchen, wenn schon nicht ganz, aber zumindest zur Hälfte zu verhindern.

Wir werden trotzdem weiter für Mehrheiten im Bundesrat werben. Inzwischen hat sich Berlin mit weiteren vier Stimmen als weiteres Bundesland angeschlossen. Ich bin guter Hoffnung, daß sich Bremen und auch ein anderes Bundesland endlich der Einsicht hingibt, daß die Trennung dieser beiden Gesetze nicht nur der Sache, sondern auch den Menschen in diesem Lande nicht dient. Diese Trennung würden sie auch nicht mehr verstehen.

Zum Schluß muß man für Hamburg folgendes sagen: Wir kommen mit diesem Lebenspartnerschaftsgesetz von der Symbolik der „Hamburger Ehe“ – der eigentlichen Eintragung beim Standesamt – zu den bürgerlichen Rechten der Menschen in dieser Stadt. Der Anfang ist gemacht. Der durch den Bundesrat blockierte Rest – inklusive Pflichten – wird noch folgen. Das ist aus meiner Sicht auch gut so. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kretschmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist eigentlich überflüssig.

(Karen Koop CDU: Richtig!)

Alles, was in diesem Gesetz geregelt ist, ist im Ergänzungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz längst enthalten, aber es konnte nicht verabschiedet werden. Die CDU-/CSU-regierten Länder haben das Ergänzungsgesetz systematisch im Bundesrat blockiert. An der Arbeitsgruppe haben ihre Vertreter kein Interesse gehabt, zu den angesetzten Sitzungen sind sie nicht erschienen.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Hört, hört!)

(Vizepräsident Berndt Röder)

A C

B D

Die CDU-/CSU-Regierungen von Bayern, Thüringen, Sachsen, Baden-Württemberg und vom Saarland haben sich verweigert.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Unerhört! – Volker Okun CDU: Was wollen Sie damit eigentlich sa- gen?)

Wir debattieren das Ausführungsgesetz, weil die CDU/CSU versucht, mit immer den gleichen, aber immer noch falschen, zum Teil unerträglichen Argumenten das Lebenspartnerschaftsgesetz zu blockieren. Dazu gehört auch der Gang vor das Verfassungsgericht in Karlsruhe.

Aber gemäß Artikel 83 Grundgesetz ist es Aufgabe der Länder, die jeweiligen Ausführungsgesetze über die zuständige Behörde, die Eintragungsmodalitäten und die Gebührensätze zu erlassen. Dies treibt blöde Blüten.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Skurril, meinen Sie!)

Gegner der Lebenspartnerschaft versuchen mit allen Mitteln, die Eintragung zu verhindern oder es den Lesben und Schwulen so schwer wie möglich zu machen. Beispielsweise wird die Eintragung für bekanntermaßen weniger Rechte bei Herrn Müller im Saarland 150 Prozent mehr kosten als vergleichbare Eheschließungen. Herr Koch wird in Hessen von einen deutschen Partner 146,48 DM verlangen, von einem ausländischen Partner sogar zusätzliche 48,90 DM. Das kann doch nicht wahr sein.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Der war immer schon geschäftstüchtig!)

Die Ausführungsgesetze von Koch und Müller überlassen es den Gemeindevorständen, die zuständigen Behörden festzulegen. Diese können das Standesamt oder eine andere Stelle nennen. Das heißt, daß Schwule und Lesben auch auf Grünflächen, Umwelt- oder Friedhofämter verwiesen werden können. Die Beteiligung von Zeugen, ein Lebenspartnerschaftsbuch oder die Möglichkeit, eine Eintragungsbehörde unabhängig vom Wohnsitz zu wählen, sind nicht vorgesehen. Anders, billiger und vor allem besser – das hat Farid Müller schon gesagt – ist es in Hamburg geregelt.

Die Ministerpräsidenten Stoiber, Teufel, Biedenkopf und Vogel haben ausdrücklich erklärt, daß sie keine Ausführungsgesetze auf den Weg bringen wollen, sondern darauf hoffen, daß das Lebenspartnerschaftsgesetz über das Bundesverfassungsgericht zu stoppen ist. Das ist eine Schweinerei sondergleichen.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Kretschmann, ich rufe Sie hiermit zur Ordnung.

Das ist eine Schweinigelei sondergleichen.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich rufe Sie das zweite Mal zur Ordnung und weise darauf hin, daß Ihnen mit dem dritten Ordnungsruf das Wort entzogen wird.

Daß sie morgens noch in den Spiegel schauen können! Man sollte ihnen das C im

Namen aberkennen. Denn es ist weder christlich, noch ist es Nächstenliebe, sondern es ist schamlos.

Das Hamburger Ausführungsgesetz ist unter anderem mit den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein abgestimmt. So wird in diesen Ausführungsgesetzen ebenfalls das Standesamt als Eintragungsbehörde benannt. Auch Bremen überträgt die Zuständigkeiten dem Standesamt. Das Ausführungsgesetz soll in Hamburg am 1. August 2001 in Kraft treten, also zeitgleich mit dem Bundesgesetz.

Das Parlament wäre gut beraten, nicht bereits jetzt das Hamburgische Partnerschaftsgesetz außer Kraft zu setzen. Hier müssen wir wirklich den Spruch des Gerichtes in Karlsruhe abwarten. Wir sollten kein Gesetz beerdigen, wenn die Nachfolge am Faden des Verfassungsgerichtes hängt. Auch wenn ich zutiefst davon überzeugt bin, daß das Bundesgesetz verfassungskonform ist,

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Das entscheidet Karls- ruhe!)

so kann es doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Gesetz noch über die Hürde des Verfassungsgerichts springen muß. Wenn sich das Verfassungsgericht in Karlsruhe mehr Zeit für eine Entscheidung durch Aussetzung des Gesetzes verschaffen sollte, dann haben wir immer noch unsere Hamburger Ehe. Das ist für Hamburg immer noch sehr gut.

Denn geben die Verfassungsrichter dem bayerischen Antrag statt, ist die bundesweite Lebenspartnerschaft vermutlich auf Jahre blockiert, weil dann zunächst die Normenkontrollklage verhandelt wird. Das ist ein Szenario, das ich mir nicht vorstellen möchte.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Und demnächst ist die CDU wieder an der Regierung!)

Davon träumen Sie vielleicht.

Mit einem Bundesergänzungsgesetz wäre das hamburgische Ausführungsgesetz überflüssig. Zur Zeit dokumentiert es vor allem eines: Die Weigerung der Ministerpräsidenten Stoiber, Teufel, Biedenkopf und Vogel zeigt, daß sie die Veränderungen der Gesellschaft gar nicht mehr wahrnehmen.