Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

Das Wort bekommt die Abgeordnete Hajduk.

Herr Präsident! Nach dieser ungemein sachlichen und vollkommen widerspruchsfreien Analyse des Haushaltspolitikers der Opposition

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

kommen wir jetzt einmal zu den Vorschlägen der CDU.

Die CDU verspricht dem Hamburger Volk: Wir weiten den Betriebshaushalt aus, garantiert, strukturell, mit Stellen. Wir machen das auch nach dem Motto: Meldet euch bei uns, wieviel Stellen ihr braucht.

(Dr. Michael Freytag CDU: Wir sagen auch, wie wir das finanzieren! – Wolfhard Ploog CDU: Das ist Blödsinn!)

Unbesehen schreiben wir sie in unser Programm. Das ist der erste haushaltspolitische Gag, den Sie sich leisten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dann kommen wir zu dem zweiten. Sie erzählen immer großartig, welche öffentlichen Unternehmen Sie alle in einem garantierten Zeitplan verkaufen können. Dabei lassen Sie weg, daß Sie – was Sie im Haushaltsausschuß gerne auch zugeben – die tatsächliche sehr erfolgreiche Verkaufspolitik der Finanzbehörde loben. Aber da Sie das Verkaufen mit einem Zeitplan veröffentlichen wollen, erkennt man daran auch, daß das nur ideologische Versprechungen sind, die dem Hamburger Haushalt eher geringe Einnahmen bringen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Sie können auch nicht leugnen, welche Beschäftigungswirkungen von den öffentlichen Unternehmen ausgehen. Wir lassen uns nicht sagen, daß wir uns prinzipiell verweigern, uns von öffentlichem Vermögen zu trennen. Wir machen nur eine vernünftige Politik. Sie nehmen vollmundig den Verkauf in den Mund, weil das Ihr einziger klitzekleiner Angriffspunkt ist, den Sie gegenüber der – wie Sie immer zitiert haben – soliden Finanzpolitik Hamburgs überhaupt anbringen können, aber eine sinnvolle Verkaufsstrategie haben Sie noch nicht vorgelegt.

Der nächste widerspruchsfreie Akt von Ihnen ist, unsere Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen. Ich kenne Ihre Sprüche zur Steuerpolitik, die Sie in Richtung Bund formulieren. Da ist es wirklich geradezu lächerlich, wenn man die steuerpolitischen Vorschläge der CDU sieht. Wir haben in 2001 in der Gesamtheit der Länder einen Steuereinnahmeausfall von 19 Milliarden DM zu verkraften. Ich weiß genau, was Ihre Partei will. Die will ein Vorziehen der nächsten Steuerreform, weil Sie die Einnahmeseite gar nicht interessiert, weil Sie letztendlich gar nicht eine solide Haushaltspolitik interessiert, sondern weil Sie hier wirklich Sprüche klopfen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das allertollste ist dann, daß die CDU garantiert die konservativste, aber vor allen Dingen die unmodernste Partei ist. Wenn Sie sich zur Haushaltspolitik äußern und Ihnen dazu immer nur einfällt, daß die Ausweitung der öffentlichen Unternehmen zahlenmäßig eine Anhäufung des Volkseigentums sei, dann muß man doch wirklich einmal sagen, daß das der größte Quatsch ist, den man gehört

hat. In Hamburg gibt es eine moderne Verwaltungsmodernisierung, die eine Auslagerung von vorher öffentlichen Aufgaben in eine privatrechtliche Form organisiert hat. Sie polemisieren das immer als eine Ausweitung des Volksvermögens.

(Barbara Ahrons CDU: Ist es auch!)

Das ist erstens richtig falsch. Zweitens kommen Sie dann daher und sagen, wenn man das privatisiert hat, dann unterstellen Sie auch, als könnten Sie auch die öffentliche Verantwortung für diese Aufgabenträgerschaft privatisieren, und das können Sie nicht. Auch die CDU ist in der Pflicht, den Bürgern die möglichst effizienteste und günstigste Bereitstellung von Gütern zu garantieren. Sie garantieren nur den Ausverkauf und die öffentliche Hand bis aufs Hemd auszuziehen. Das ist alles, was Sie zu bieten haben, und das ist nichts.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dann bekommt das Wort der Abgeordnete Hackbusch.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Vergiß nicht den Airbus!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mußte mich sicherheitshalber noch einmal vergewissern, was eigentlich das Thema der Aktuellen Stunde ist. Ich weiß nicht, ob es Ellerbeker Rundschlag heißt, ich glaube aber, solide Finanzpolitik war das Thema.

In der Finanzpolitik ist eines in den letzten Tagen aufgefallen. Ich möchte jetzt nicht den allgemeinen Rundumschlag CDU – SPD hier weiterführen, sondern versuchen, mir die Veränderungen der letzten Tage und Wochen anzugucken. Die SPD mit den Grünen im Schlepptau hat über Jahre gesagt, daß alle Bereiche in dieser Stadt gleichmäßig sparen müssen.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Wie lange warst du denn im Schlepptau?)

Da haben Sie bestimmte Bereiche etwas abgesenkt und gesagt, die Polizei und auch die Justiz müssen ein bißchen weniger sparen, aber alle anderen müssen kräftig sparen. Das Auffällige dabei ist, daß dieser Senat in den letzten Wochen gesagt hat, für den Bereich Polizei und für den Bereich Justiz heben wir diese Sache auf. Da wird nicht mehr gespart, und dementsprechend wird in allen anderen Bereichen gespart. Wir ahnen ungefähr, woher das kommt. Das war nicht politische Solidität oder Nachdenken oder ähnliches, sondern das war der Wahlkampf, der das getrieben hat. Hier hat Schill eine Partei und Rotgrün vor sich her getrieben, und ich halte das für eine Katastrophe.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das ist nicht nur deswegen eine Katastrophe, weil man nie jemanden damit bekämpfen kann, indem man ihm folgt und ihm Recht gibt mit seinen Analysen und dementsprechend auf ihn eingeht. Das wird sich bitter rächen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das bedeutet für alle anderen in dieser Stadt, bei denen Sie weiterhin kräftig sparen, einen Schlag ins Gesicht. Das bedeutet einen Schlag ins Gesicht für die Kultur in dieser Stadt, für die Bildung und für diejenigen, die für Soziales arbeiten. Einer Ihrer wichtigsten Verbündeten, den die Sozialdemokraten noch hatten, Jürgen Flimm, hat das sehr kräftig und deutlich ausgedrückt.

(Dr. Michael Freytag CDU)

(Dr. Martin Schmidt GAL: Ist der Experte?)

Er hat vor zwei, drei Wochen gesagt: Während die Elbe versinkt – das ist ein weiteres Thema, das ich auch noch einmal aufnehmen werde –, die Polizei triumphiert – weil Sie nämlich dort die Sparmaßnahmen nicht mehr machen –, sackt Hamburger Kultur von Nummer 1 leise, aber sicher nach unten. Das gilt leider für alle Bereiche, was Sie damit gemacht haben, und das werfe ich Ihnen vor.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das ist die eine Sache. Die zweite Sache ist, daß es richtig ist, daß die Solidität des Haushaltes gefährdet ist. Das weiß Frau Nümann-Seidewinkel sehr genau. In diesen Tagen ist es doch passiert, daß die Einnahmenseite – das ist in den Zeitungen zu lesen – kräftig einbricht, nicht nur aufgrund der neuen Gesetze, sondern auch aufgrund dessen, daß die Konjunktur kräftig zurückgeht. Das heißt, die Einnahmenseite wird nicht mehr abdecken können, was an Forderungen vorhanden ist. Wir haben schon gesagt, daß das mit dieser Veränderung nicht geht, vor allen Dingen mit der Unternehmenssteuerreform und daß die Vermögensteuer nicht wieder aufgenommen worden ist. Das wird sich jetzt bitterlich rächen. Sie werden das bis zu den Wahlen nicht mehr diskutieren, aber wir bekommen dann die Ergebnisse hart präsentiert.

Und was sind die anderen Sachen? Nachher werden wir über die Messe diskutieren. Da wollen Sie über 1 Milliarde DM ausgeben, und keiner ahnt, wie das finanziert werden soll. Wir werden in zwei Wochen über die 1,3 Milliarden DM für Airbus diskutieren. Auch das reicht nicht, es werden bestimmt 1,6 Milliarden DM; das mußte Herr Mirow schon zugeben.

(Ingrid Cords SPD: Altenwerder!)

Von Altenwerder und der Katastrophe, die Sie dort im Zusammenhang mit dem neuen Stadtteil anrichten, will ich gar nicht reden; das ist keine solide Haushaltspolitik. Sie wissen, daß ich den Bürgermeister und auch seine Finanzsenatorin gerne lobe,

(Jürgen Schmidt SPD: Wir auch!)

aber an diesem Punkt droht uns eine Katastrophe.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort erhält die Senatorin Dr. Nümann-Seidewinkel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, dafür, daß Sie mich gerne loben, machen Sie das aber verdammt selten, wenn ich das mal sagen darf.

(Uwe Grund SPD: Er ist eben sparsam!)

Ich warte noch darauf, er hat ja noch ein paar Tage Zeit.

Die CDU hat ihr Wahlprogramm veröffentlicht, und Herr von Beust hat am Montag in der „Bild“-Zeitung noch einmal seine Forderungen und Finanzierungsvorstellungen geäußert. Das ist Aufgabe der Opposition, denn sie will ja eine Alternative zur Regierung bieten.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ist sie aber nicht!)

Aber wie sieht das Ganze aus? Die CDU meint, es sei seriös, einen Forderungskatalog aufzustellen und dabei – das hat Frau Hajduk schon gesagt – für jeden etwas anzu

bieten, und zwar jedes Jahr Finanzierungen im dreistelligen Millionenbereich. Der Forderungskatalog enthält 400 zusätzliche Stellen für die Polizei, 400 zusätzliche Lehrerstellen, mehr Personal bei den Gerichten – da ist vorsichtshalber die Zahl schon nicht genannt –, mehr Geld für Privatschulen, für Eigentumsförderung, neue Museen und so weiter und so weiter. Man hat den Eindruck, die Autoren stehen unter dem ständigen Streß, jemanden vergessen zu haben, ehe es in den Druck geht.

(Beifall bei der SPD)

Das Strickmuster ist allerdings bekannt, weil es auch in den letzten Haushaltsberatungen schon so hervorgeholt wurde: Für jeden etwas und kein Konsolidierungsprogramm, wie vom Senat vorgelegt, sondern möglichst die alten Zahlen, von denen etwas gespart werden müßte, summieren. Wenn man das zusammenrechnet, sind das jedes Jahr 150 bis 200 Millionen DM, denn es handelt sich weitgehend um Stellen und neue, dauerhafte Personalkosten.

Zwischenfazit: Das Wahlprogramm der CDU bedeutet vor allem, erst einmal mehr Geld auszugeben, und zwar tüchtig, es bedeutet aber auch, mit diesem Programm, Herr von Beust, den Betriebshaushalt sehr schnell wieder kräftig in die roten Zahlen zu bringen.