Protokoll der Sitzung vom 11.07.2001

Ich möchte aber noch auf einen Punkt eingehen, der nicht zuletzt genannt werden darf. Unsere öffentlichen Unternehmen sind auch wichtige Instrumente zum Erreichen ökologischer Ziele. Die Stadtentwässerung enthält ausdrücklich Ziele des Elbe- und Alsterentlastungskonzepts, und bei der Stadtreinigung ist die umweltschonende Entsorgung von Abfällen im Zielbild verankert. Verbraucherorientierte Politik heißt auch, daß die Bürger eine Daseinsvorsorge erhalten, die ökologisch orientiert und ökologisch fortschrittlich ist und sich nicht nur im Preis niederschlägt.

Ich möchte etwas zu den Privaten sagen, weil Sie immer so schnell mit der Aussage bei der Hand sind, wenn das Private machten, werde es besser gehen. Uns liegen jetzt Daten vor. Wir haben uns anläßlich dieser Debatte noch einmal angeguckt, wie es sich denn mit den Preisen bei den Wasserwerken verhält. Das ist ja ein rentierliches öffentliches Unternehmen, das Sie auch verkaufen und damit andere schöne Dinge machen wollen. Die Wasserwerke in Hamburg haben seit Jahren einen stabilen Preis. Wenn Sie einmal in die neuen Länder nach Rostock und Potsdam gucken, so gibt es dort ein privates Unternehmen, das den Wasserpreis bestimmt, und dort hat es seit 1996 fast kontinuierlich Preiserhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger gegeben. In Potsdam hat dies im übrigen bei der letzten Erhöhung dazu geführt, daß der Kontrakt mit dem Unternehmen gekündigt wurde. Den Nachweis, daß die Hamburger Wasserwerke für die Bürgerinnen und Bürger eine vernünftige, unter ökologischen und Preisgesichtspunkten gute Politik machen, können wir erbringen, und Sie können mir nicht den Nachweis erbringen, daß sie schlechter organisiert seien.

Ich werde mich in der Debatte noch einmal zu Wort melden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Frau Uhl.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Duden, wenn Sie Ihren Koalitionspartnern demnächst wenigstens das Thema der Aktuellen Stunde im Vorfeld mitteilen würden, dann wür

den nicht zwei völlig unterschiedliche Debatten geführt werden. Vielleicht hätten Sie dann auch eine Chance, mit dem durchzukommen, was Ihnen scheinbar am Herzen liegt,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist doch Kasperkram!)

nämlich sich selbst noch einmal zu versichern, daß SAGA und GWG nicht verkauft werden sollen, was ja keine Selbstverständlichkeit mehr ist, wenn man liest, daß Herr Strieder in Berlin 72 000 Wohnungen verkaufen möchte.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Hier ist Hamburg!)

Deswegen ist man schon froh, wenn sich sozusagen noch vor der Wahl die Sozialdemokratie genötigt fühlt, das Richtige zu tun, nämlich zu sagen, wir verkaufen keine Wohnungen von SAGA und GWG.

(Dr. Holger Christier SPD: Ist doch gut!)

Das ist schön. – Nun muß ich leider sagen, daß ich auch in Frage 3 kleine eklige Haare in dieser Suppe finde.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist das dritte Thema!)

Pfui, das finde ich auch, das ist ein schönes Stichwort, danke. – Eines der Haare bezieht sich auf SAGA und GWG, denn öffentliche Unternehmen sind kein Selbstzweck. Sie haben auch versucht, das darzustellen und die besondere soziale Kompetenz dieser Unternehmen herauszuarbeiten.

Nun haben wir gerade Dramatisches in der Zeitung gelesen, daß nämlich die Flüchtlingsschiffe im Hafen dramatisch überbelegt sind. Die besondere soziale Verantwortung eines städtischen Wohnungsunternehmens besteht darin, ein Wohnungskontingent zur Verfügung zu stellen, um endlich Menschen in Wohnraum unterzubringen, die dringend Wohnraum brauchen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das wäre eine soziale Aufgabe dieses Unternehmens.

Das zweite eklige kleine Haar, das ich in Ihrer Suppe finde – Frau Duden, Sie können mich ruhig angucken, Sie müssen nicht so bemüht Ihren Blick gleiten lassen –, ist, daß dennoch Wohnungen in Hamburg verkauft werden, und zwar relativ weiträumig. Es ist mitnichten so, daß keine städtischen Wohnungen in Höchstgebotsverfahren veräußert werden, wie hier der euphemistische Titel ist, und daß man sehr wohl in größerem Umfang Spekulationen betreibt.

Wenn Sie Ihre Aussage darauf ausdehnen würden, daß alle städtischen Wohnungen auch städtisch bleiben, dann wäre das zumindest eine Aussage, die Herrn Strieder noch dreimal toppen könnte.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das dritte Haar in der Suppe ist etwas, das durchaus in der Lage ist, die beiden verschiedenen Diskussionen, die hier geführt worden sind, zusammenzuführen. Der Geschäftsführer der SpriAG – der hier auch gelegentlich rumsitzt, heute nicht – sagt zum Beispiel, daß er sich mit seinem Unternehmen nicht mehr an die Vergaberichtlinien halten möchte. Darüber ist die Handwerkskammer zu Recht erbost, daß öffentliche Unternehmen dadurch, daß sie verselbständigt werden oder in andere Rechtsformen übergehen, sich plötzlich nicht mehr an Tarife und sonstige Vergaberichtlinien der Stadt halten müssen. Das kann nicht sein, und darauf müssen auch SAGA und GWG verpflichtet werden, und zwar dauerhaft. Dann weiß man auch,

(Michael Waldhelm CDU)

A C

B D

wozu öffentliche Unternehmen wirklich notwendig sind. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Frau Senatorin Dr. Nümann-Seidewinkel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Beim Thema öffentliche Unternehmen gibt es seitens der CDU eigentlich nur Schwarzweißmalerei, nämlich: Privat gleich gut, öffentlich gleich schlecht.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das hat niemand be- hauptet!)

Das hat Herr Waldhelm gerade überzeugend vorgetragen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Zeigen Sie, wo er das gesagt hat! – Karl-Heinz Warnholz CDU: Polemik!)

Die CDU lebt von der Behauptung, privat gleich gut, öffentlich gleich schlecht. Von daher ist es konsequent, wenn sie möglichst schnell ohne Rücksicht auf Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger, für den Haushalt und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer alles verkaufen will. Das Ergebnis einer solchen Politik der Kahlschlagprivatisierung sind: Steigende Preise, sinkende Versorgungssicherheit und schlechte Qualität. Alles zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der SPD)

Dann zählt nur noch das Renditeinteresse derjenigen, die das Geschäft übernommen haben.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das ist Schwarzweiß!)

Umweltschutz, Arbeitsplätze, Standortinteressen spielen dann keine Rolle mehr, von sozialer Verantwortung und kulturellen Aspekten ganz zu schweigen. Im Gegensatz dazu, Herr Kruse, handelt der Senat konsequent, pragmatisch und erfolgreich.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Bernd Reinert CDU: Reden Sie mal über Hamburg!)

Wir gestalten unsere schöne Stadt. Auch im Bereich der öffentlichen Unternehmen. Die Geschichte der öffentlichen Unternehmen, Herr Reinert, ist eine Erfolgsstory, und ich bin sehr stolz, daß der Senat mit dem Ersten Bürgermeister Ortwin Runde an der Spitze dieses alles erreicht hat. Ich kann Ihnen passend zur Urlaubszeit eine höchst spannende Lektüre empfehlen, nämlich den vierten Beteiligungsbericht; lesen Sie diesen doch einmal im Urlaub.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dort können Sie die Erfolgsstory im einzelnen nachlesen und sie überprüfen, Herr Reinert, und dann werden Sie anschließend ganz still sein.

Unternehmen der Privatwirtschaft gelten dann als am Markt erfolgreich, wenn sie zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen kostengünstig produzieren und in großer Menge absetzen können. Maßstab für das Unternehmen ist dabei in erster Linie der realisierte Gewinn, für die Anteilseigner der Shareholder value. Öffentliche Unternehmen sind dann erfolgreich, wenn sie ihre Produkte versorgungssicher und flächendeckend in guter Qualität kostengünstig an die Verbraucher abgeben können; Maßstab ist also die Erfüllung inhaltlicher Anforderungen. Dies macht

den entscheidenden Strukturunterschied zur Privatwirtschaft aus. Private Unternehmenstätigkeit ist grundsätzlich renditeorientiert. Produkte bei Privaten sind Mittel zum Zweck, bei öffentlichen Unternehmen steht grundsätzlich das Produkt im Vordergrund: Öffentliche Unternehmen sind Instrumente zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.

(Rolf Kruse CDU: Wenn das so wäre, wäre das gut!)

Es stimmt übrigens nicht, daß private Unternehmen per se immer wirtschaftlicher arbeiten als öffentliche Betriebe; darauf hat Frau Duden schon hingewiesen. Wenn Sie in England einmal das Nahverkehrssystem benutzen, dann haben Sie wirklich das Gefühl – im Gegensatz zum hervorragenden öffentlichen Personennahverkehr in Hamburg –, ein Jahrhundert zurückversetzt zu sein.

Hamburgische öffentliche Unternehmen haben ihre wirtschaftliche Leistungskraft unter Beweis gestellt, und das möchte ich an einzelnen Beispielen noch einmal aufführen. Die Wohnungsbauunternehmen GWG und SAGA sichern zum Beispiel unabhängig von Schwankungen auf dem Wohnungsmarkt eine ausreichende und bezahlbare Wohnraumversorgung insbesondere für einkommensschwache und sozial benachteiligte Menschen. Die Hamburger Hochbahn hat ihr Defizit heute spürbar reduziert. Der Kostendeckungsgrad ist mit 82,3 Prozent im Bundesvergleich Spitze. Wer hätte gedacht, daß es einen solchen Kostendeckungsgrad bei einer solchen Qualität geben würde, wenn man sich die Zahlen von vor zehn oder fünfzehn Jahren anschaut.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Hamburger Wasserwerke halten den Arbeitspreis für Wasser seit fünf Jahren stabil, und der Wasserverbrauch konnte trotzdem weiter gesenkt werden.

Zur Hamburger Stadtentwässerung nur der Hinweis, daß die Sielbenutzungsgebühr seit 1998 stabil ist.

Zur Stadtreinigung: Die Behältergebühren für die Entsorgung des Hausmülls wurden zum 1. Januar 2001 um 2,1 Prozent gesenkt. Bei der Gehwegreinigung sind die Gebühren zum 1. Januar 2001 stabil geblieben.

Zum Hamburger Flughafen: Er ist der älteste bestehende deutsche Flughafen und einer der ertragsstärksten. Mit der Teilprivatisierung ist eine strategische Allianz für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung des Flughafens und seiner Positionierung im internationalen Wettbewerb geschaffen worden.