Protokoll der Sitzung vom 05.09.2001

(Beifall bei der CDU)

Ihr Bürgermeister hat eine rührende Geschichte erzählt. Es sei plötzlich über ihn gekommen, daß da vielleicht doch irgend etwas faul im Staate Dänemark sei. Er stand mit drei Jugendlichen, die sich getraut hatten, auf den Bürgermeister zuzugehen, während einer Schülerband-Veranstaltung in der „Fabrik“ zusammen. Von diesen drei jungen Menschen hat er erfahren – so hat er es der Presse dargestellt –, daß es große Probleme gibt. Danach ist er wahrscheinlich in seinen Dienstwagen gestiegen und kam ins Grübeln. Das war für ihn der Grund zu sagen: Da ist irgend etwas nicht in Ordnung, ich lege noch einmal 20 Mille drauf. Das ist eine tolle, eine ehrenvolle Sache. Liest dieser Mensch eigentlich keine Zeitung? Wußte er vorher nicht, was los ist?

(Beifall bei der CDU)

Nebenbei gesagt: Bei einem Bürgermeister, der aufgrund eines Gesprächs mit drei Jugendlichen in der „Fabrik“ solche Entscheidungen trifft, kann einem angst und bange werden, auf welcher Grundlage er in dieser Stadt Politik macht.

(Beifall bei der CDU)

Die 20 Millionen DM, die jetzt fließen, sind okay. Das sage ich ganz offen und ehrlich, denn sie sind gut für die Schulen in freier Trägerschaft.

Aber die Generalkritik an dem Gesetz, an dem Sie kein Jota verändert haben, erhalten wir aufrecht.

Das Gesetz führt dazu, daß die privaten Schulen gegenüber den staatlichen Schulen ungerecht behandelt werden. Sie bekommen nach seriösen Berechnungen von Wirtschaftsinstituten nur einen sechsundvierzigprozentigen Anteil von dem, was ein staatlicher Schüler kostet. Das ist ein Bruch der Verfassung. Freie und gemeinnützige Schulen sollen nämlich den staatlichen Schulen gleichgestellt werden.

(Beifall bei der CDU)

Den größten Faktor, nämlich die Personalkosten, berücksichtigen Sie nicht. Damit treiben Sie die Schulen in freier Trägerschaft mittelfristig in die Enge. Das geht zu Lasten der pädagogischen Vielfalt und der Innovation an diesen Schulen.

Ihre Gesetzes- und Finanzierungspolitik bedeutet mittelfristig den Tod auf Raten von vielen Schulen in freier Trägerschaft; letztlich wollen Sie das auch.

(Dr. Holger Christier SPD: Blödsinn!)

Gleichzeitig kürzen Sie den dreiprozentigen Beamtenzuschlag, der einmal die Grundlage dafür gewesen ist, daß zum Beispiel in den fünfziger Jahren die Wichern-Schule in Horn überhaupt ihre Zulassung bekommen hat. Das ist den Schulen und deren Trägern, die nicht damit rechnen konnten, daß mittelfristig Veränderungen eintreten würden, nicht zumutbar. Dieses Gesetz ist zutiefst ungerecht. Es behindert die Chancengleichheit.

Deshalb muß dieses Gesetz ausgesetzt und überarbeitet werden. Wir brauchen eine Begegnung der Ungleichbehandlung, mehr Gerechtigkeit bei der Förderung der pädagogischen Vielfalt, eine Erhebung der tatsächlichen staatlichen Schülerkosten und eine entsprechende Anpassung der Zuschüsse, die bis zu 80 Prozent der Vollkosten betragen müssen.

Solange Sie das nicht machen, werden Sie den Schulen in freier Trägerschaft mehr als schaden. Welches Politikver

ständnis haben Sie eigentlich, wenn unter dem Strich herauskommt: Wir beschließen das Gesetz jetzt, und anschließend treten wir mit den Trägern über die Kosten in Gespräche. Das ist widersinnig!

In der über die 20 Millionen DM mit den freien Trägern geschlossenen Vereinbarung steht als letzter Satz:

„Die Vertreter der obengenannten Schulträger anerkennen die Bereitschaft des Senats, auch in den Schulen freier Trägerschaft verbesserte Lernbedingungen zu schaffen. Von ihrer Seite aus werden sie sich in diesem Sinne in der Öffentlichkeit äußern.“

Das ist mehr als ein Maulkorb, der hier verteilt wurde. Es spricht für sich, wie Sie auf den letzten Metern mit den Schulen umgehen und wie Sie sie in den Schwitzkasten nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Frank.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Beuß, Sie haben an der Entwicklung ein wenig vorbeigeredet und wieder mit falschen Zahlen jongliert. Und nach einem Jahr haben Sie sich überlegt, daß man vielleicht als Opposition einmal etwas formulieren sollte. Sie haben zu einem Zeitpunkt einen Antrag vorgelegt, der sehr merkwürdig ist.

Daß Sie, Herr Beuß, dieses Thema für Wahlkampfzwecke einsetzen, ist zwar nicht unbedingt seriös, aber für mich nachvollziehbar.

(Zurufe von der CDU)

Ich bin mir aber sicher – das weiß man aus vielen Gesprächen mit den Eltern –, daß in der Elternschaft und in den Schulen in freier Trägerschaft zwei Dinge erkannt worden sind:

Erstens sind Sie, Herr Beuß, ein Trittbrettfahrer. Sie haben mich kritisiert, daß ich die Beschlußfassung im Schulausschuß zweimal verschoben habe.

(Wolfhard Ploog SPD: Zu Recht hat er das getan!)

Sie wollten also offenbar einen schnellen Parlamentsbeschluß. Bis zum Mai dieses Jahres haben Sie für das Privatschulgesetz gar nichts getan, aber auch gar nichts, und haben sich dann auf das Trittbrett der Elternschaft gestellt.

Zweitens ist in der Elternschaft und in den Schulen deutlich geworden – Ihnen hoffentlich auch –, warum Ihnen sehr viel Mißtrauen entgegengebracht wird, denn Sie formulieren – finanziell gesehen – unseriöse Wahlversprechungen.

(Wolfgang Beuß CDU: Das können Sie doch gar nicht beurteilen!)

Das geht mittlerweile in die Milliarden, die die CDU nicht bezahlen und auch nichts dazu sagen kann, wo diese herkommen sollen.

Sie sollen wissen, meine Damen und Herren von der Opposition, daß die Elternschaft und die Schulen in freier Trägerschaft das durchschauen. Freuen Sie sich also nicht zu früh.

Wie Sie wissen, ist in den letzten Monaten eine sehr kontroverse Debatte darüber geführt worden, in welchem Umfang die Schulen in freier Trägerschaft Anspruch auf Förderung durch die Stadt haben. Den Anlaß für diese Dis

(Wolfgang Beuß CDU)

kussion hat die Novellierung des Privatschulgesetzes gegeben, die wegen eines Gerichtsurteils notwendig wurde.

Wir haben sehr wohl verstanden, daß es den Trägern nicht nur um diese Novellierung ging, sondern daß sie diese auch zum Ausgangspunkt einer erneuten und grundsätzlichen Diskussion über die Höhe der Privatschulförderung machen wollten und auch gemacht haben. Das ist legitim. Wenn man in der Auseinandersetzung mit der Politik auch noch Erfolge oder Teilerfolge erringt, dann ist das ein Zeichen von Stärke unseres Gemeinwesens und darf nicht als Schwäche der Politik ausgelegt werden.

Die Beratungen im Schulausschuß und die vielen Gespräche, die mit den Koalitionsfraktionen geführt worden sind, sind auf der Basis bisheriger Haushaltsbeschlüsse im Rahmen der Haushaltskonsolidierung, die schwierig, aber notwendig war, geführt worden. Wir haben uns bei diesen Diskussionen also am Haushalt orientiert. Das hat die Diskussionen mit den Privatschulträgern natürlich nicht einfach gestaltet.

Meine Fraktion, meine Damen und Herren, und ich denken, daß die GAL-Fraktion dieselbe Feststellungen trifft, meine Fraktion, meine Damen und Herren, dankt dem Ersten Bürgermeister Runde ausdrücklich dafür, daß er in dieser schwierigen Situation das Gespräch mit den Schulträgern gesucht und sich mit ihnen auf ein 20-Millionen-DM-Investitionsprogramm verständig hat.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Hartmut Engels CDU: Gehen Sie doch mal auf die 20 Millionen ein, damit Sie mal was Neues sagen!)

Ich möchte mich auch als Vorsitzender des Schulausschusses dafür ebenfalls recht herzlich bedanken.

Wir sind auch Herrn Weihbischof Dr. Jaschke, Probst Bollmann und Herrn Farr dafür dankbar, in welch positiver Weise sie zu der mit ihnen getroffenen Vereinbarung Stellung genommen haben. Damit ist ein wesentlicher Kritikpunkt in der Diskussion vom Bürgermeister aufgenommen worden, nämlich die Forderung nach einer stärkeren Finanzierung der Informations- und Kommunikations-Infrastruktur, also der Ausstattung, aber auch der sozialen Infrastruktur, wie die Schaffung von Pausenhallen, Sporthallen und anderem.

Mit den schon beschlossenen 2 Millionen DM beläuft sich die Summe damit auf 22 Millionen DM, die den Schülerinnen und Schülern der Schulen in freier Trägerschaft zugute kommen. Das Geld ist also von der Verwendungsseite her sehr gut angelegt.

In der getroffenen Vereinbarung gibt es zu dem zentralen Anliegen der Schulen in freier Trägerschaft, nämlich zur Frage einer dauerhaften Verbesserung der Privatschulförderung, noch unterschiedliche Sichtweisen. Der Senat – das kann man in dieser Vereinbarung nachlesen – hält die bestehende Finanzregelung für ausreichend, die Schulen in freier Trägerschaft aber nicht.

Es liegt im Interesse dieser Stadt, daß eine gemeinsame Arbeitsgruppe – so wie vereinbart – die Grundlagen der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft unter Einbeziehung der investiven Maßnahmen und auch der etwas verworrenen Zuwendungssituation in den anderen Bundesländern einer grundsätzlichen Überprüfung unterziehen will, um dann zum Schuljahr 2004/2005 eine abgestimmte und von allen getragene Finanzierungsgrundlage zu vereinbaren.

Es liegt auch im Interesse der Stadt, daß diese Arbeitsgruppe zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt. Ich bin mir sicher, daß dies gelingen wird.

Die Schulen in freier Trägerschaft leisten einen wichtigen Beitrag zur Ergänzung des öffentlichen Schulangebots in Hamburg. Vor diesem Hintergrund haben der Erste Bürgermeister und die Schulträger eine wichtige Vereinbarung getroffen. Sie wird von uns voll und ganz getragen, denn sie ist gut für die Stadt. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Goetsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Beuß, ich glaube, Sie ärgern sich ziemlich die Krätze, weil Sie nicht mehr so viel Angriffsfläche haben, weil hier wirklich etwas passierte, was einfach großartig ist.