Protokoll der Sitzung vom 05.09.2001

(Glocke)

Herr Professor Salchow, Sie müssen zum Ende kommen, Ihre Redezeit ist zu Ende. Sie können sich ein zweites Mal melden.

Ich komme zum Schluß. – Aber die Rahmenbedingungen und die Ausstattungen, die die herrschende Partei für Schule und Hochschule gegeben hat, lassen einen besseren Erfolg im Bildungswesen nicht zu. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Dr. Brüning.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Salchow, ich kann auch einige Studien zitieren und gehe gleich noch auf Ihre Rede ein.

Sie haben die Frage gestellt, ob Hamburgs Jugend fit für die Zukunft sei. Ich möchte Ihnen darauf antworten: Jawohl, Hamburgs Jugend ist das, und ich werde Ihnen dafür jetzt eine Begründung liefern.

Mehrere Studien bestätigen, vor allem das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, daß Hamburg seine Schulen am besten ausstattet. Für Hamburgs Schülerinnen und Schüler stehen mehr Lehrkräfte zur Verfügung als in anderen Bundesländern.

(Rolf Harlinghausen CDU: Masse ist nicht Klasse!)

So kommt beispielsweise in den Grundschulen durchschnittlich auf 16 Kinder eine Lehrkraft, in Bayern – das wird von Ihnen immer zitiert – sind es 21 und in Hessen sogar 22. Zu Beginn dieses Schuljahres haben wir zusätzlich zu unserem Bedarf 100 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt. Das ist aus meiner Sicht eine Investition in die Zukunft.

(Beifall bei der SPD)

In Hamburg wird auch eine Menge in Sachen Berufsvorbereitung – darum geht es ja auch in Ihrer Anmeldung – für junge Menschen getan. Es gibt unter anderem das Projekt „Neue Chancen für Hauptschüler“, ein bundesweit einmaliges Projekt, das seit einem Jahr läuft. Durch die Kooperation zwischen Schulen, dem Arbeitsamt und Hamburger Unternehmen werden junge Menschen in zahlreichen Gesprächen hinsichtlich beruflicher Perspektiven beraten. Unter Berücksichtigung ihrer individuellen Stärken und Schwächen soll es gelingen, einen geeigneten Arbeitsoder Ausbildungsplatz für sie zu finden. Das Ziel besteht darin, 50 Prozent der Schulabgänger in eine betriebliche Ausbildung zu vermitteln. 30 Schulen haben bereits seit einem Jahr damit begonnen, und weitere 30 wollen sich diesem Projekt anschließen. Ähnliche Kooperationsprojekte gibt es an den Gymnasien und Gesamtschulen, wir haben ja die Große Anfrage der SPD zur Schulentwicklung an den Gymnasien debattiert. Auch da gibt es ein Netzwerk Schule und Industrie.

Jetzt komme ich, Herr Salchow, zur Frage des Abiturs. Mir ist die Studie des Hochschul-Informations-Systems noch nicht zugänglich. Offensichtlich haben Sie sie schon; ich habe darum gebeten und habe sie noch nicht.

(Wolfgang Beuß CDU: Internet!)

Im Internet steht sie nicht, da habe ich heute vormittag nachgeschaut. – Es kommt natürlich, das wissen Sie als Wissenschaftler ganz genau, darauf an, welche Fragen man jungen Leuten stellt. Ich habe meinen Sohn gefragt, der vor einem Jahr Abitur gemacht hat, ob er sich gut auf dieses Studium vorbereitet fühle. Da hat er gesagt: Wie soll ich das wissen, ich weiß doch noch gar nicht, was mich erwartet. Insofern möchte ich erst die Frage sehen, die den jungen Leuten gestellt wurde, um dann zu beurteilen, warum sie so geantwortet haben.

Was das Hamburger Abitur anbelangt, Herr Salchow, stellen Sie den Hamburger Lehrerinnen und Lehrern ein sehr, sehr schlechtes Zeugnis aus,

(Dr. Roland Salchow CDU: Nicht den Lehrern, Ihnen!)

denn Hamburgs Abitur entspricht dem KMK-Standard. Sie wissen doch, daß überprüft wird, welche Aufgaben eingereicht werden. Dies wird von Fachreferenten kontrolliert, es gibt sogenannte Dunkelmänner, die die Aufgaben prüfen, und die Prüfungskommissionen werden zwischen den Schulen ausgetauscht. Also kommen Sie doch nicht mit solchen Platitüden, daß das Abitur nichts wert wäre. Wir müssen den KMK-Standard erfüllen, und das tun wir auch. Ich würde sehr vorsichtig sein, Lehrpläne zu vergleichen, da die Lerninhalte von Bundesland zu Bundesland sehr stark differieren.

Mein Fazit: Sie müßten schon Beispiele bringen, wenn Sie behaupten, die Qualität des Abiturs stimme nicht, aber die haben Sie nicht gebracht. Und ich möchte erst einmal sehen, wie die Frage in dieser Studie formuliert wurde. Es könnte vielleicht sehr schwierig sein für junge Leute, ad hoc zu beantworten, ob sie sich gut auf etwas vorbereitet fühlen, das sie noch gar nicht kennen.

Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweisen – ich habe nur einige Punkte genannt –, daß Hamburg, was beispielsweise die Integration von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern betrifft, bundesweit vorbildlich ist. Was den Englisch-Unterricht in der Grundschule anbelangt, hat Hamburg flächendeckend ab Klasse 3 diesen Unterricht eingeführt. Wir hatten hier eine lange Debatte zum Netzwerk Begabtenförderung, das es seit 1999 gibt und das bundesweit einmalig ist. Die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind und andere Verbände haben Hamburgs Vorgehen gelobt. Ich weiß gar nicht, was Sie haben. Aus meiner Sicht ist Hamburgs Jugend fit für die Zukunft, und wir werden das nach dem 23. September natürlich fortführen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Goetsch.

(Wolfgang Beuß CDU: Jetzt wird es unangenehm!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Salchow wird jetzt wieder als Schulpolitiker hierher zitiert. Fit fürs Leben? Wenn Sie sich die Studien von LAU, TIMSS und PISA angeschaut hätten und sich mit Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts unterhalten hätten, dann würden die Ihnen sagen, daß keine Ranking-Liste aufgestellt wird. Die werden Ihnen vieles erzählen können, aber sie werden nicht sagen, das Land hat nur gute oder nur schlechte Schulen; Sie sollten also einmal mit den Kollegen im Max-Planck-Institut sprechen.

(Dr. Roland Salchow CDU)

Ich bin aber schon ziemlich sauer, wenn Sie sich hier hinstellen und die Leistungen der Lehrerinnen und der Schülerinnen schlechtreden und zerreden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das ist eine Mißachtung der Arbeit, die an unseren Schulen geleistet wird. Außerdem zerreden Sie die Errungenschaften, die de facto da sind, die auch die LAU-Untersuchung gezeigt hat, die Errungenschaften der Förderung von leistungsschwächeren Schülern. Sie zerreden die großen Erfolge im Kontext mit Integration in Hamburg, die in anderen Bundesländern gerne nachgemacht wurden, und Sie zerreden, wie Frau Brüning schon gesagt hat, die Umsetzung, den Erfolg der Verläßlichen Halbtagsgrundschule.

Sie setzen statt auf Qualität, Herr Salchow, auf Aufbewahrung und Beaufsichtigung, wenn es nach Ihnen ginge, wahrscheinlich auch noch mit 630-DM-Kräften. Wenn Sie über Ganztagsschulen reden, geht es um Aufbewahrung, aber nicht um Konzepte.

Die Klage von Wirtschaftsfunktionären aus den Betrieben über schlechte Leistungen, selbst von den Professoren der Universitäten, sind so alt wie die Abschlüsse selbst; ich habe das nie anders gehört.

(Dr. Roland Salchow CDU: In Hamburg ist das so!)

Es gibt natürlich Probleme, Herr Mehlfeldt, die will doch gar keiner leugnen. Aber wenn Sie sich einmal die Vergleichszahlen angucken, dann haben wir in der ganzen Republik in den Metropolen durchschnittlich 10 Prozent bis 12 Prozent Schülerinnen, die ohne Hauptschulabschluß abgehen. Das ist aber kein hamburgspezifisches Problem, sondern ein Metropolenproblem, und daran müssen und werden wir arbeiten und haben im Gegensatz zu Ihnen schon Konzepte vorgeschlagen und begonnen umzusetzen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Und was sagt die CDU, wenn Sie sich mal ihr ZehnPunkte-Programm angucken? Wir stärken die Hauptschule, schicken ein paar Sozialpädagogen hinein, und die werden es schon richten. Das ist kein Konzept, ein Konzept ist zum Beispiel eine Kooperation zwischen Schule und Betrieb, das wir im Richard-Linde-Weg umsetzen, also Lernen in Schule und Betrieb. Das sind Erfolge, die man sogar messen kann. Nach einem Jahr haben schon fast alle Kids einen Ausbildungsplatz. Sie verbringen schon in der Sekundarstufe I eine gewisse Zeit im Betrieb, um zum Beispiel auch die Sekundärtugenden besser zu erlernen. Wir haben ein Programm zum Thema Übergangsschule/Beruf entwickelt; das sollten Sie sich vielleicht einmal angucken.

Eines ist total vergessen worden, die Hamburger Schülerinnen im Bundeswettbewerb zu vergleichen. Da sollten Sie einmal ins Internet gucken und sehen, wie die Hamburger dastehen. Ich kann nur vor der hessischen Perspektive warnen, die auf sie zukommen würde, würden wir die CDU wählen und Schulpolitik verändern lassen. Ich kann wunderbar zitieren, was die CDU gemacht hat.

(Zuruf von der CDU: Viel!)

Sie hat das Wahlrecht der Eltern eingeschränkt, sie hat die Anzahl der Stunden „Deutsch als Zweitsprache“ für Migrantenkinder abgebaut, sie hat die pädagogischen Leiter der Gesamtschulen abgeschafft, und sie hat die Referendarstundenverpflichtung auf zwölf Stunden erhöht. Viel Spaß in Hamburg, darauf freuen wir uns schon.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ihr Zehn-Punkte-Plan kann nicht überzeugen, die Umfragezahlen sinken. Wir werden weiter unsere solide Schulpolitik und unsere Konzepte betreiben, und ich warne davor, wenn Ihre Schulpolitik Schule machen sollte.

Dann möchte ich noch die große Empfehlung aussprechen, sich einmal die Leistungen – Herr Beuß, weil Sie so schmunzeln – „fit fürs Leben“ anzuschauen. Es gibt im Internet im Bildungsserver der BSJB eine ganze Latte von Projekten und Innovationen in Schulen. Wenn Sie die einmal anklicken, dann werden Sie sehen, daß es die Kooperation Wirtschaft und Schule schon längst gibt, die Kooperation im Kontext mit Stadtteilschulen, die Kooperation Eine-Welt-Projekte. Es haben sich inzwischen viele Profile herausgebildet, die nachgemacht werden und begeisternd sind.

(Glocke)

Frau Goetsch, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Hamburgs Schülerinnen und Schüler leisten gute Arbeit.

(Glocke)

Sie müssen jetzt Schluß machen.

Ich mache jetzt Schluß.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Jobs.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Schönen guten Tag! „Hamburgs Jugend – fit fürs Leben?“ – welch ein hochtrabender Titel. Das weckt natürlich Erwartungen. Ich hatte die Erwartung gehabt, daß sich die CDU ausnahmsweise einmal ganzheitlich mit der Situation junger Menschen in Hamburg befaßt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Kann sie doch nicht!)