Protokoll der Sitzung vom 05.09.2001

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht.

Frau Goetsch, wenn Sie sagen, reden Sie einmal mit den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts, was sie darüber denken, dann sage ich, unterhalten Sie sich einmal mit den Handwerksmeistern, die tagtäglich mit den aus Hamburger Schulen kommenden Auszubildenden zu tun haben, und fragen Sie sie, welche Probleme sie mit ihnen haben.

Wir zerreden nicht die Schülerleistungen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen – das sage ich ganz ehrlich –, daß die jahrzehntelang schlechten schulpolitischen Leistungen zu diesen Konsequenzen geführt haben. Das tut Ihnen von der SPD weh, das kann ich verstehen.

Sie haben viele schöne Projekte aufgezeigt, doch die tägliche Realität in den Schulen ist anders. Fakt ist: Sie haben, anstatt den ausländischen Kindern die deutsche Sprache beizubringen, auf das falsche Pferd gesetzt und als erstes den muttersprachlichen Unterricht eingeführt.

(Erhard Pumm SPD: Dummes Zeug!)

Anstatt die Leistungen ab Klassen 3 und 4 zu messen, setzen Sie auf die Berichtszeugnisse bis Klasse 4.

Fakt ist: Sie setzen auf die sechsjährige Grundschule, anstatt die Kinder früh genug in qualifizierende Schulformen zu bringen. Und weil Sie die Haupt- und Realschulen verkommen lassen haben, schicken 45 Prozent der Eltern ihre Kinder mangels Alternative auf ein Gymnasium.

(Lachen und Zurufe bei der SPD – Dr. Andrea Hil- gers SPD: Ach so!)

(Senatorin Ute Pape)

Der mittlere Schulabschluß ist unattraktiv, weil Sie das so gewollt haben.

Sie haben die Gesamtschulen gegenüber den Realschulen über Jahre hinweg privilegiert, so daß eine völlige Verwerfung in der Schullandschaft entstanden ist.

(Beifall bei der CDU)

Besonders verwerflich ist, meine Damen und Herren von der SPD, daß 13 Prozent aller Hamburger Schüler inzwischen keinen Schulabschluß mehr erreichen. Das ist die Konsequenz Ihrer Politik.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Beuß?

Fakt ist, daß es aufgrund der Anmeldungen von 45 Prozent an den Gymnasien eine Leistungsheterogenität gibt, die nach der LAU-Untersuchung 7 dazu geführt hat, daß die leistungsstärkeren Schüler in unserem Schulsystem nicht mehr entsprechend gefördert werden.

(Beifall bei der CDU)

Fakt ist, daß Sie Bildungspläne vorgelegt haben, die unverbindlich sind und den Leistungsbegriff weitgehend ausblenden. Fakt ist: Unterrichtsausfall ist an Hamburgs Schulen alltäglich; die Richtlinie gegen den Unterrichtsausfall ist völlig unmöglich und gehört abgeschafft.

Frau Pape, Sie sagen, unter den Schulleitern würde es schwarze Schafe geben, die nicht in der Lage seien, den Unterrichtsausfall entsprechend zu organisieren. Dazu kann ich nur sagen: Diese Schulleiter werden von Ihnen zu dummen Augusten der verfehlten Schulpolitik in Hamburg gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Nach einer Umfrage ist dies das Produkt einer unfähigen, durch jahrzehntelang falsche Entscheidungen getragenen Schulpolitik. Sie haben die Schulpolitik in dieser Stadt zum Sparschwein gemacht. Die Beurteilungen der Schulleistungen sind niederschmetternd.

Gestern erzählte mir eine Mutter, die vor einem halben Jahr mit ihrer Tochter von Nürnberg zugezogen ist, daß in Hamburg in den Klassen 9/10 der Französischunterricht mit den Lehrbüchern unterrichtet wird, die in Nürnberg in der Klasse 8 benutzt wurden. Das ist ein Zeichen dafür, wie in Hamburg die Schüler bundesweit hinterhertraben.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Herr Beuß, Ihre Redezeit ist vorbei.

Kostenmäßig sind Sie vielleicht Spitze, aber der Output der Leistungen Ihrer Schulpolitik ist katastrophal und miserabel.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Frank.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Beuß, der Wahlkampf verführt Sie dazu, immer

platter zu werden. Es war unerträglich, was Sie da gesagt haben.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Das war eine Mischung aus Halbwahrheiten und Unwahrheiten. Darauf will ich im einzelnen gar nicht eingehen. Aber eines ist bei mir hängengeblieben: Sie haben pfiffige Mitarbeiter. Ich gehe einmal davon aus, daß es Hamburger Schüler sind.

(Wolfgang Beuß CDU: Schleswig-Holsteiner!)

Herr Wissenschaftler Salchow, zum Thema Gutachten: Dies war eine Untersuchung der studienberechtigten Schulabgänger des Jahres 1999, die unter anderem auch aus Hamburg kamen. Herr Salchow, lediglich eine von 67 Fragen zielte darauf ab, ob sich die Schülerinnen und Schüler von der Schule im hinreichenden Maße auf die Weiterqualifizierung vorbereitet fühlten. Fühlten, Herr Salchow.

Da mag das Ergebnis ja so sein.

(Dr. Roland Salchow CDU: Siehste, genau so ist das!)

Ich will das Ergebnis ja gar nicht bestreiten. Aber es geht nicht, dieses aufgrund einer Gefühlslage als Maßstab für Qualität darzustellen. Meine Schlußfolgerung: Die Wissenschaft ist bei Ihnen nicht gerade in guten Händen. Anders kann ich mir das nicht erklären. Denn wenn Sie sich einmal ernsthaft mit den Leistungen der Kinder und Jugendlichen in Hamburg auseinandergesetzt hätten, dann hätten Sie gemerkt, wie billig Sie hier argumentiert haben.

Es ist überhaupt kein Wunder für mich, daß Sie jetzt das Thema Qualität entdeckt haben, denn Sie wollen von den sehr guten Versorgungsstandards in Hamburg ablenken. Ihnen bleibt also nur, die Leistung unserer Kinder und Jugendlichen schlechtzureden. Mit diesem Gerede – das ist nicht das erste Mal; Sie haben es vielleicht heute noch nicht gemacht, aber Herr Beuß macht das laufend – verschlechtern Sie nicht nur die Chancen der Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt, sondern Ihre Aussagen sind auch noch falsch, unseriös und unverantwortlich. Soviel zu Ihren Ausführungen.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Sie sind auf die Versorgungsstandards in Hamburg – um dabei zu bleiben – nicht eingegangen. Hamburg ist unbestritten, was die Versorgungsstandards der Schulen angeht, die Nummer eins.

(Dr. Roland Salchow CDU: Aha!)

Seit vielen Jahren ist das Bundesland Hamburg den anderen Bundesländern davongelaufen. Das äußert sich in vielen Dingen; ich möchte Ihnen dazu einige Zahlen zur Schüler-Lehrer-Relation nennen:

In Hamburg kommen auf einen Lehrer 14,9, in BadenWürttemberg 17,2, in Bayern 17,8 und in Hessen 18,4 Schüler. Wir geben für unsere Schülerinnen und Schüler 11 700 DM, also fast 12 000 DM aus, während es bei den anderen lediglich 7000 DM, 8000 DM oder 9000 DM sind. Das sind Beispiele dafür, daß bei der Versorgung der Schulen zwischen den Bundesländern enorme Lücken klaffen.

Nein, Herr Salchow, ich habe zuwenig Zeit, falls Sie eine Frage stellen wollen.

(Dr. Roland Salchow CDU: Nein, das lohnt sich gar nicht!)

(Wolfgang Beuß CDU)

Zwischen diesen Bundesländern liegen Differenzen von Millionen DM. In der Summe sind es Milliarden DM, die Hamburg für seine Schülerinnen und Schüler mehr investiert. Auf diesem Gebiet hat der Senat enorme Leistungen vorzuweisen. Das läßt sich fortsetzen.

Die Verläßliche Halbtagsgrundschule wurde schon erwähnt. Das war eine der bedeutendsten Grundschulreformen in der Bundesrepublik Deutschland. Mit den enormen Investitionen in die Medienausstattung der Schulen, den modernen Bildungsplänen, dem Beginn der Lehrerbildung als erstem Bundesland und mit dem zukunftsorientierten Schulgesetz hat Hamburg einen gewaltigen Modernisierungsschub in Gang gesetzt, der beispiellos ist.