Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben nach dem gestrigen Planfeststellungsverfahren und deren Verkündigung natürlich einen neuen Antrag formuliert, mit dem wir darauf eingehen und den Senat unter Punkt 1 auffordern, daß eine sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses nicht durchgeführt wird.
Ich denke, daß die Zeit dafür gekommen ist, in der Bürgerschaft über die Frage der DASA-Erweiterung umfangreich, deutlich und klar und mit allen Informationen zu diskutieren. Nach den jetzigen Beschlüssen und allem, was bisher bekanntgeworden ist, ist es absolut notwendig, daß die Bürgerschaft ihre politische Verantwortung dafür übernimmt. Herr Hajen und Frau Möller wissen von der Veranstaltung in Neuenfelde, wie wichtig es ist, daß die Politik dort die Verantwortung trägt und alle Fragen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind, bekannt sein müssen und politisch entschieden werden muß, was die Stadt dort machen will, und politisch auch über die verschiedenen Widersprüchlichkeiten, die diesbezüglich vorliegen, entschieden werden muß.
In der Zwischenzeit gab es zusätzlich noch die Entscheidung von Brüssel, daß man das dort als FFH-Richtlinie akzeptieren kann. Ich selber bedauere diese Entscheidung. Ich will jetzt gar nicht genauer auf das eingehen, was wir naturschutzrechtlich schon häufiger diskutiert haben.Jeder Sachkundige – und deswegen bedauere ich das vor allen Dingen, weil das die europäische Idee des Umweltrechtes in Frage stellt –, der sich das Gelände ansieht und überlegt, wie es naturschutzrechtlich zu behandeln ist, und jeder Sachkundige, der seine lokale Brille abnimmt und seine lokalen Vorstellungen und Präferenzen beiseite legt, die ich durchaus verstehe, wird sagen müssen, daß es eine falsche Entscheidung gewesen ist.
Das EU-Recht und das Umweltrecht – Herr Pumm, das betrifft auch das Sozialrecht – werden an solchen Punkten ausgehebelt. Alle Chancen, die wir im Zusammenhang mit Europa haben, einvernehmlich Standards zu sichern, werden durch solche falschen Entscheidungen ausgehebelt und nicht mehr möglich gemacht.Das ist das, was dabei so gefährlich ist.
Eine wichtige Grundlage dieser Entscheidung war die Frage der Arbeitsplätze, die als Argument angeführt wurde. Die Zahl der Arbeitsplätze im Zusammenhang mit der
DASA ist eines der erstaunlichsten Momente. Ich will versuchen, die verschiedenen Momente aufzuzählen.
Erstens: Die DASA selber sagt, sie schätzt, daß für dieses beziehungsweise nächstes Jahr circa 200 bis 300 Arbeitsplätze mehr entstehen werden. Unter der Hand wird gesagt, man könne sich vorstellen, daß der A3XX mit Toulouse und Hamburg zusammen insgesamt 1000 Arbeitsplätze mehr schaffe. Die Wirtschaftsbehörde spricht von 4000 zusätzlichen Arbeitsplätzen.Wir wissen gar nicht, woher diese Zahl eigentlich genommen wird.
Herr Hajen hat uns auf der Veranstaltung in Neuenfelde erzählt, daß 2000 Arbeitsplätze zusätzlich durch die DASA kommen – vielleicht in Finkenwerder –, daß aber durch Nachfrageeffekte und den damit verbundenen Umsatz noch weitere 2000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Das wären dann zusammen 4000 Arbeitsplätze. Das bedeutet, daß wir jeden Arbeitsplatz doppelt zählen, weil nach dieser Logik jeder Arbeitsplatz immer zwei schafft. Das ist natürlich verlogen, denn dann müßte man alles verdoppeln, weil jede Arbeitslosigkeit dann auch doppelt zu zählen wäre.
Ich befürchte, daß wir in dieser Angelegenheit den berühmten sozialdemokratischen Altenwerder-Effekt bekommen. Die Sozialdemokraten haben dort 4000 Arbeitsplätze versprochen. Jetzt werden dort höchstens 300 Arbeitsplätze entstehen, und die werden wahrscheinlich nicht neu entstehen, sondern nur dadurch, daß Leute von der HHLA umgesetzt werden. Das halte ich für falsch. Ich nenne das sozialdemokratischen Tüterkraam.
Richtig verlogen wird diese Angelegenheit, wenn wir in der Entscheidung der EU lesen, daß 4000 Arbeitsplätze im Werk und wahrscheinlich 8000 Arbeitsplätze in der gesamten Region entstehen werden. Das ist nie eine Diskussion in dieser Stadt gewesen. Das hat keiner behauptet, daß das so ist. Ich möchte wissen, wer diese Zahlen, die anscheinend die Grundlage für die Entscheidung von Brüssel gewesen sind, dort hingegeben und zu verantworten hat. Das ist verlogen.
Zweitens: Eine zweite wichtige Angelegenheit – darin wird Herr Ehlers mich in gewisser Weise unterstützen – ist die Frage der Landebahn.Nach den Anforderungen der Airbus Industries braucht Hamburg für die Bewerbung um den A3XX mit Auslieferungszentrum eine Landebahnlänge von 3065 Metern.
Nur in dem Augenblick, wo man auf das Auslieferungszentrum für den A3XX verzichten würde, käme man mit der gegenwärtig beantragten Länge von 2684 Metern zurecht. Natürlich hat die Wirtschaftsbehörde im Planfeststellungsverfahren neben allen anderen Dingen auch ein Ausstellungszentrum mit beantragt, aber ohne die verlängerte Landebahn. Das heißt, hier wurde bewußt eine bestimmte Darstellung und Landebahnverlängerung nicht dargestellt und auch nicht diskutiert.Was ist eigentlich an dieser Frage so bedeutend, daß die Wirtschaftsbehörde nicht mit allen Informationen herauskommt und ehrlich darüber diskutiert?
Diese Landebahnverlängerung bedeutet in der konkreten Auswirkung für die Dörfer im Alten Land, daß zumindest ein Teil von Neuenfelde nicht mehr bewohnt werden kann. Wir
wissen nicht genau, wie groß dieser Teil ist. Auf jeden Fall sind einige Häuser betroffen. Auf jeden Fall wird die Kirche davon betroffen sein.Das ist deswegen so dramatisch, weil das Dorf Neuenfelde ebenfalls von der A 26 betroffen sein wird, die in der Nähe dieses Dorfes geplant wird, und durch die Ortsumgehung Finkenwerder, die nach meinen Informationen wahrscheinlich auf dem Gelände von Neuenfelde und Francop gebaut wird.Zusätzlich ist eine Verbindung der A26 quer durch Neuenfelde zwischen Sietas und DASA geplant.Das bedeutet, daß Neuenfelde das gleiche Schicksal erleiden soll wie Altenwerder.Was sich dort abzeichnet, haben dieses Parlament und jeder Parlamentarier zu verantworten, und er muß dazu Stellung nehmen, was er zu der Zukunft von Neuenfelde sagt.
Drittens: Eine weitere Frage ist, warum eigentlich keine Kosten-Nutzen-Analyse vom Senat und der Bürgerschaft durchgeführt worden ist. Das ist in der Landeshaushaltsordnung vorgeschrieben, und eigentlich ist es auch die Vernunft, die danach schreit. Wir wissen nur aus der Zeitung, wieviel Geld diese DASA-Erweiterung kostet. Sind es 1,7 Milliarden DM oder 2,8 Milliarden DM? Ich weiß auch nicht genau, wie das zu finanzieren ist.
Es sind gerade die Sozialdemokraten, die viele Sparmaßnahmen in dieser Stadt durchführen und immer sagen, es ginge gar nicht anders, als zu sparen. Sie erhöhen die HVV-Preise, die Preise für Bäderland und geben den Schulen weniger Geld. Andererseits verhalten sie sich aber im Zusammenhang mit den 1,7 Milliarden Mark lasch.
Sie haben sich bisher nicht dazu geäußert, wie dieses Geld aufgebracht werden soll. Die Bürgerschaft ist noch nicht einmal darüber informiert, wieviel Geld das kostet, und das alles mit fadenscheinigen Begründungen. Die Begründung ist, daß die anderen Bewerber nicht wissen sollen, wie das eigentlich wirkt, und dementsprechend die Zahlen auch hier nicht bekannt sein sollen. Die Sache mit den Kontrahenten ist seit mindestens einem halben Jahr durch, seit mindestens einem halben Jahr ist die Entscheidung soweit klar. Hamburg und Toulouse werden das bekommen. Dementsprechend halte ich es für notwendig, daß die Zahlen jetzt auf den Tisch kommen. Es gibt keine Begründung mehr dafür, das nicht zu machen.
Zu den verschiedenen Äußerungen ist mir bei der CDU aufgefallen, daß Herr Ehlers immer wunderbare Reden hält. Sie gefallen mir nicht, aber er hält sie laut und stark. In den Veranstaltungen vor Ort wird uns von Herrn Fischer gesagt, Herr Ehlers würde nicht die Meinung der CDU darstellen, denn die sei eine ganz andere. Für die CDU wäre es nicht vorstellbar, daß die Landebahn über 2684 Meter hinaus verlängert werden könnte. Ich denke, die CDU sollte das aufklären.
Auch die GAL muß eine Entscheidung treffen. Die Zeiten sind vorbei, in denen man sagen konnte, daß es ein virtuelles Projekt ist. Es ist ein reales Projekt geworden,
Herr Porschke hat diesbezüglich seine ökologischen Löffel schon abgegeben.Wir erwarten, daß Frau Möller in der Beziehung vielleicht etwas tougher ist. Sie hat in Neuenfelde gesagt, daß sie sich eine Verlängerung der Landebahn über 2684 Meter hinaus nicht vorstellen könne. Ich hoffe, daß sie das hier auch noch einmal deutlich macht.
Sie könne sich auch nicht vorstellen, daß das Mühlenberger Loch zugeschüttet werden könnte, wenn die Endmontage nicht in Hamburg sei und dies auch im Koalitionsvertrag enthalten sei, den ich selber mit ausgehandelt habe.
Im Koalitionsvertrag steht eindeutig, daß es nur dann eine Zuschüttung des Mühlenberger Loches gibt, wenn die Endmontage in Hamburg ist.Endmontage ist eine deutliche Definition, davon kann es nicht zwei oder drei geben.Das wäre reiner Subventionswettlauf. Wenn Hamburg nicht die alleinige Endmontage hat, darf dieses Mühlenberger Loch nicht zugeschüttet werden. Ich denke, daß die GAL das deutlich dazu sagen sollte. Auch die SPD sollte klar zum Ausdruck bringen, wie sie sich das vorstellt, und dabei nicht mit der Arroganz der Macht auftreten. Sie sollte uns deutlich sagen, wie sie sich die Zukunft des Alten Landes vorstellt und ob sie solch ein Desaster wie in Altenwerder auch dort einrichten will. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hackbusch, die SPD hat es in dieser Frage an Klarheit nicht fehlen lassen, nur unsere Antwort gefällt Ihnen nicht; das ist zweierlei.
Für uns ist klar, daß wir in Hamburg zusätzliche hochwertige Arbeitsplätze in der Industrie schaffen wollen, und dazu ist der Produktionsstandort A3XX eine Riesenchance. Ferner ist für uns klar, daß wir hier einen konkreten Fall haben, bei dem die ökologischen Interessen und auch die Interessen der betreffenden Bewohner in Neuenfelde im Konflikt zu dieser Entscheidung stehen. Für uns ist es eine politische Abwägung, in dem Punkt stimme ich Ihnen vollkommen zu; jetzt hat Politik das Wort. Politik muß entscheiden, und Politik wird auch entscheiden.
Für uns ist deshalb außerordentlich erfreulich, daß mit der Entscheidung in Brüssel, bei der es genau um diese Abwägung zwischen ökologischen Interessen und Arbeitsplatzinteressen sowie einer Wettbewerbspolitik im globalen Maßstab zum Konkurrenten Boeing geht, für den Airbus mit europäischem Produktionsstandort klar gesagt wurde, daß das öffentliche Interesse zu bejahen und ein ökologischer Ausgleich möglich ist. Das sind die rechtlichen Voraussetzungen. Deswegen sind wir erleichtert, daß diese Entscheidung in Brüssel gefallen ist.
Ferner bin ich froh, daß das Planfeststellungsverfahren nicht im Sinne der REGENBOGEN-Gruppe eingestellt, sondern beendet worden ist.
Ich würde mich sehr freuen, Herr Hackbusch, wenn Sie diesen Appell, die Angelegenheit politisch abzuwägen, auch hinsichtlich der Bewohner mit tragen würden. Natürlich ist es legitim, daß die Neuenfelder den Rechtsweg beschreiten.Aber ich habe auch die Erwartung, daß sie ihr Interesse gegen das Arbeitsplatzinteresse abwägen.
Damit komme ich zu Ihrer Frage, um wie viele Arbeitsplätze es geht. Nach deutschem Recht kann nur das beantragt werden, was konkret geplant ist. Die Basis ist, daß wir die Endlinienfertigung des A3XX nach Hamburg haben wollen. Da aber weder der Senat noch die Bürgerschaft Flugzeugbauer sind, ist man auf die Planungen des Unternehmens und das, was dort an zusätzlichen Arbeitsplätzen für die Endlinienfertigung erwartet wird, angewiesen.Die Aussage war 2000 Arbeitsplätze bei Airbus. Es ist eine polemische Verdrehung des Interviews von Herrn Humbert, wenn Sie sagen, daß er für die nächsten Jahre von 300 Arbeitsplätzen spricht. Lesen Sie sich das Interview bitte einmal durch. Darin spricht er über die bestehenden Flugzeugproduktionen und den Erfolg, der dazu führen wird, daß im Unternehmen 300 zusätzliche Arbeitsplätze hinzukommen werden. Dabei gab es keinen Bezug zum A3XX.
Wir alle wissen nicht, Herr Hackbusch, ob wir die Endlinienfertigung bekommen oder nicht. Darum wird jetzt gerungen, und darüber wird im wesentlichen das Unternehmen entscheiden.Soweit ich die französische Politik kenne – und ich hoffe, auch ein bißchen die deutsche Politik –, wird es nicht nur eine betriebliche Entscheidung sein, sondern dabei werden sich noch viele Personen in die Augen sehen. Erst wenn bekannt ist, wie die Produktionsanteile verteilt sind, wird man wissen, was auf Hamburg zukommt.
Der Koalitionsvertrag ist eindeutig.Darin heißt es:Wenn die Endlinienfertigung nicht kommt, muß man erneut darüber reden. Die politische Aussage lautet, daß wir hier einen Produktionsstandort und zusätzliche Arbeitsplätze haben wollen, und das, was Sie einfordern, die Abwägung von Kosten und Nutzen, die nach dem Haushaltsrecht vorzunehmen, ist dann erforderlich, wenn für die Erschließung der Infrastruktur etwas haushaltsrelevant wird. Sie können gewiß sein, daß weltweit kein Vorgang so stark beobachtet wird wie die nicht subventionierten laufenden Produktionen bei der Deutschen Airbus. Darüber gibt es mit den Vereinigten Staaten auch Vereinbarungen, worin klar gesagt wird, daß es Subventionen nur als Vorfinanzierung der Entwicklungskosten gibt. Allerdings: Die Deutsche Airbus will eine Produktionshalle nicht auf einer Wasserfläche bauen, sondern es muß schon ein festes Gelände sein, und daraus resultiert der ökologische Konflikt. Darüber haben wir hier im Parlament zu bescheiden.
Herr Hackbusch, es ist die Grundlage der Ökonomie:Wenn 2000 Menschen Einkommen beziehen, was bei dem Gehaltsniveau der Deutschen Airbus auf rund 200 Millionen DM zusätzliches Einkommen in der Region zu schätzen ist, und der Staat davon – großzügig gerechnet – 35 Prozent einnimmt, ein Teil durch den Länderfinanzausgleich an andere Länder fließt, ein weiterer Teil in Hamburg bleibt – die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß der Staat einen Teil seiner Steuereinnahmen schnell wieder ausgeben wird – und 15 Prozent gespart werden, dann werden immer noch 100 Millionen DM zusätzlich ausgegeben. Die Leute essen eine Pizza, bauen sich ein Häuschen oder ähnliches, und das sind die Multiplikatoreffekte, die die Ausgaben nach sich ziehen. 100 Millionen DM zusätzliche Nachfrage bedeuten rund 1000 Arbeitsplätze in der Region; es sei denn, Sie sagen, daß die Leute, die dieses Geld kriegen, alle in Florida leben.
Wenn wir die Endlinienfertigung bekommen, wären das noch einmal für die Region rund 250 Millionen DM zusätzliche Nachfragen aus der Produktion.Das bedeutet weitere 1500 oder 1600 Arbeitsplätze. Das sind – zugegeben – geschätzte Zahlen, denn es hängt von der Lieferstruktur ab.