Protokoll der Sitzung vom 24.05.2000

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf: Drucksache 16/4239: Antrag der GAL: Behinderte Kinder, psychisch kranke und alte Menschen als Opfer des Nationalsozialismus.

[Antrag der Fraktion der GAL: Behinderte Kinder, psychisch kranke und alte Menschen als Opfer des Nationalsozialismus – Drucksache 16/4239 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Freudenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß es uns gemeinsam gelingt, uns jetzt auf ein anderes Thema umzustellen.

Nach heutigem Kenntnisstand wurden aus Hamburg im Rahmen der Euthanasiemaßnahmen 5489 Menschen in Tötungsanstalten deportiert. Für über 90 Prozent dieser aufgrund ihrer psychischen Erkrankung oder Behinderung als von den Nationalsozialisten als lebensunwert erachteten Menschen bedeutete dies den Tod. Die meisten von ihnen, nämlich über 4000 Menschen, wurden aus Langenhorn, der Drehscheibe der Euthanasie, abtransportiert. Darüber hinaus gab es in den Jahren 1941 und 1943 direkte Transporte in Tötungsanstalten von insgesamt circa 1000 Menschen aus den Alsterdorfer Anstalten und den ehemaligen Wohlfahrtsanstalten, den heutigen Einrichtungen von pflegen & wohnen.

Die über 5000 Hamburger und Hamburgerinnen, die von den Nazis als lebensunwert angesehen und zur Euthanasie selektiert wurden, wurden nicht hier in Hamburg ermordet, sondern dazu in spezielle Tötungsanstalten deportiert. Die Ausnahme bilden 62 Kinder, die hier in Hamburg in Kinderfachabteilungen, und zwar in Langenhorn, dem heutigen Klinikum Nord Ochsenzoll, und in Rothenburgsort, wo heute das Hygiene-Institut untergebracht ist, ermordet wurden.

In Hamburg wird seit Beginn der achtziger Jahre intensiv wissenschaftlich gearbeitet zum Thema Euthanasie. Es gibt eine Vielzahl gründlicher Arbeiten darüber, Darstellungen mit ordentlichen und reichlichen Quellenangaben. Auch wenn manche Detailfragen noch erforscht werden müssen, sind die Grundzüge des hamburgischen Euthanasiegeschehens bekannt und sie sind wissenschaftlich auch nicht umstritten. Wesentliche Grundzüge sind folgende:

Erstens: Schon vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden in Hamburg im Bereich der Psychiatrie Strukturen geschaffen, die die radikale Selektion der psychisch Kranken in Behandlungsfälle einerseits und in Pflege- beziehungsweise Bewahrungsfälle andererseits bedeuteten. Die als unheilbar krank eingestuften Bewahrungsfälle wurden möglichst kostengünstig in Langenhorn und den Wohlfahrtsanstalten untergebracht.Seit 1931 erfolgte dazu noch die besonders kostengünstige Abschiebung der schwierigsten Patienten nach außerhalb.

Zweitens: Hamburg verschärfte und überbot die von der Reichsregierung für die Euthanasieaktionen vorgegebenen Selektionskriterien, indem man für die T-4-Aktionen, wie das damals hieß, nicht den reichsübergreifenden allgemeinen Meldebogen verwandte, sondern in Hamburg wurde zusätzlich als Selektionskriterium die Fähigkeit zu produktiver Arbeit eingeführt. Die Arbeitsfähigkeit blieb auch nach dem offiziellen Stopp der Euthanasieaktion, also in den Jahren der sogenannten wilden Euthanasie, der viel mehr Menschen zum Opfer fielen, in Hamburg das wichtigste Selektionskriterium.

Drittens: In Hamburg wurden in besonderem Maße alte und sieche Menschen von den Ausgrenzungsprozessen erfaßt.Viele alte Menschen wurden in Anstalten und Heime im Hamburger Umland und auch weiter weg verlegt, wo völlig unzureichende Pflege- und Ernährungsbedingungen herrschten, die eine sehr hohe Sterblichkeit bedingten. Die Umstände und der Umfang dieser Abschiebungen in den Tod, bei denen katastrophenpolitische und sozialpolitische Vorgehensweisen zusammentrafen, sind noch nicht ausreichend erforscht.

Viertens: Keiner der Hamburger Verantwortlichen wurde verurteilt. Sämtliche Verfahren im Zusammenhang mit den Euthanasiemorden wurden eingestellt. Einige der Hauptverantwortlichen blieben in Amt und Würden, zum Beispiel Georg Steigerthal, der Leiter der Wohlfahrtsanstalten – das blieb er auch nach dem Krieg –, und Dr.Kurt Struve, der bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1968 Senatsdirektor war.

All diese forschenden Arbeiten machen aber nur Sinn, wenn sie auch zur Kenntnis genommen werden! Es ist unsere Aufgabe, uns selbst mit diesen grauenhaften Verbrechen auseinanderzusetzen und mit den Bedingungen, die damals zum Verlust der ethischen Normen und zu dieser entsetzlichen, organisierten Brutalität geführt haben, und als Politiker müssen wir diese Auseinandersetzung auch fördern. Ortwin Runde hat dies 1993 im Vorwort zu dem

(Sabine Steffen GAL)

sehr gründlichen, von Klaus Böhme und Uwe Lohalm herausgegebenen Buch „Wege in den Tod – Hamburgs Anstalt Langenhorn und die Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus“ folgendermaßen ausgedrückt:

„Alle diese Publikationen haben das gemeinsame Ziel, Geschichte aufzuarbeiten, zu erinnern, wachzurütteln, betroffen zu machen und ein erneutes Aufkeimen rechtsradikaler Tendenzen zu verhindern. Wir dürfen keine Leugnungen der Geschichte zulassen.“

Ein Beispiel für die Leugnung des Euthanasiegeschehens in Hamburg ist erst drei Jahre alt. Es ist die Jubiläumsfestschrift von pflegen & wohnen aus dem Jahr 1997, die also vier Jahre nach dem erwähnten Buch über Langenhorn und zehn Jahre nach Michael Wunders kritischem Buch über die Alsterdorfer Anstalten mit dem Titel „Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr“ erschienen ist. In dieser Festschrift von pflegen & wohnen wird unter anderem die Deportation alter pflegebedürftiger Heimbewohner abgestritten. Doch diese ist gut belegt, neben dem Langenhorner Buch vor allem durch die Arbeiten von Manfred Asendorf und Dietrich Kuhlbrodt, der die Anzahl alter pflegebedürftiger Menschen, die aus den Heimen der Sozialverwaltung in den Tod geschickt wurden, auf mindestens 1500 schätzt.

Mit der Bombardierung Hamburgs Ende Juli 1943 spitzte sich die Lage behinderter und geisteskranker Menschen und anderer sogenannter Ballastexistenzen dramatisch zu. Krankenhäuser, Heime und intakte Wohnungen sollten für arbeitsfähige, also „wertvollere“ Menschen genutzt werden, und so wurden Anfang August 1943 Hunderte, meist alte und pflegebedürftige Menschen aus Hamburg deportiert. Die meisten von ihnen wurden über Langenhorn, also der Drehscheibe zur Euthanasie, direkt in Tötungsanstalten nach Hadamar, nach Wien und Meseritz-Obrawalde gebracht oder, bis dort durch Ermordung der Insassen Platz geschaffen war, zunächst in Zwischenanstalten verlegt.

Auf den Langenhorner Verlegungsbögen tauchte in der Zeit als neue Diagnose „Verwirrtheitszustand bei Bombenschaden“ auf.

Erfaßt wurden also nicht mehr nur chronisch psychisch kranke Menschen, die schon bei der T-4-Aktion als lebensunwert und zur Euthanasie bestimmt angesehen waren und auch seit 1941 systematisch ermordet wurden. Erfaßt und in den Tod geschickt wurden nun auch alte, ausgebombte Menschen, die verwirrt und hilfesuchend umherirrten und von überforderten Ärzten und Rettungsstellen nach Langenhorn eingewiesen wurden. Von der Behörde selbst wurden alte Menschen auch nicht mehr als wohnungsuchend registriert, denn der wertvolle Wohnraum sollte für wertvollere, sprich arbeitsfähige Menschen genutzt werden.

Die Fürsorgerinnen spürten sogar alte und gebrechliche Menschen in ihren Wohnungen auf, um sie weg- und damit Platz zu schaffen. Eine Fürsorgerin berichtete folgendes – ich zitiere nach Manfred Asendorf –:

„Bei den Prüfungen des Wohnpflegeamtes wurden aber in noch erhaltenen Wohnungen häufig alte Leute angetroffen, deren Aufenthalt in Hamburg nicht unbedingt nötig wäre, die sich aber niemals freiwillig von hier trennen würden. Es wird Transport in den Osten befürchtet, wovon man sich die schrecklichsten Vorstellungen macht.“

Offensichtlich hatte sich also unter den alten Menschen einiges herumgesprochen, was ihnen drohte.

Wie viele Menschen in dieser Zeit nach der Bombardierung wegen des Wohnungsmangels in irgendwelche Heime abgeschoben wurden und dort mangelversorgt ums Leben kamen, ist unbekannt.

Bezüglich der Aktenlage ist meinem Kenntnisstand nach folgendes zu tun: In der Sozial- und Gesundheitsbehörde und auch in der Justizbehörde lagern Akten zu den Euthanasievorgängen, die zwar bekannt und zum Teil bearbeitet, aber noch nicht gesichert sind und die endlich im Staatsarchiv sauber erschlossen werden müssen. Dies muß sehr sorgfältig geschehen, damit sich nicht Vorgänge von sehr ärgerlicher Aktenvernichtung wiederholen. Es ist mir unbegreiflich, daß Ende der achtziger Jahre die Personalakte von Franz Freese kassiert und vernichtet wurde, der Verwaltungsleiter von Langenhorn war und damit einer der Hauptverantwortlichen für diese Ermordungen, die er als überzeugter Nazi auch aktiv förderte.

Alle Akten aus Hamburger Alten- und ehemaligen Siechenheimen und den ehemaligen Wohlfahrtsanstalten, die Verlegungen betreffen, müssen gesichert und verzeichnet werden. Noch dringlicher scheint mir die Erfassung der Akten ehemaliger Hamburger aus den Heimen und Anstalten im Hamburger Umland. Das Schicksal der überwiegend alten Menschen, die im Zusammenhang mit der Bombardierung Hamburgs in die Umlandheime abgeschoben wurden und dort oder nach weiteren Verlegungen zu Tode kamen, ist nämlich noch weitgehend unklar.Unklar ist auch der Umfang dieser Aktionen.Dies wurde bisher nicht systematisch erforscht. Bisher wurde nicht systematisch im Hamburger Umland nach Akten in den Heimen gesucht, und wir können nur hoffen, daß diese Bestände noch vorhanden sind und pfleglich behandelt wurden.

Während die über Langenhorn erfolgten Deportationen gut aufgearbeitet sind, bestehen noch Wissenslücken über die beiden Direkttransporte 1941 und 1943 aus den Wohlfahrtsanstalten.Vor allem hierzu müßte in den Archiven der bekannten Tötungsanstalten nachgeforscht werden, also auch im polnischen Staatsarchiv, wo die Akten der in Meseritz-Obrawalde ermordeten Menschen lagern.

Genauer zu erforschen sind einige Aspekte der Hamburger Aktivitäten bei den Meldebogenaktionen. Hierzu können die neu aufgetauchten 70 000 Akten der T-4-Aktion Aufschluß geben, die jetzt im Bundesarchiv sind.

Zum besseren Verständnis der Aussonderungsprozesse müssen auch die umfangreichen Aktenbestände der Justizbehörde zu Pflegschaften, Vormundschaften, Entmündigungen und Zwangseinweisungen erschlossen werden.

Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, daß die Akten der Opfer des Nationalsozialismus gesucht und sorgfältig archiviert werden.Wir müssen die Voraussetzungen schaffen für die weitere wissenschaftliche Aufarbeitung dieses entsetzlichen Geschehens in all seinen Dimensionen. Wir müssen auch eine allgemein zugängliche Dokumentation aufbauen, die es den Angehörigen der Opfer ermöglicht, ihr Schicksal zu erfahren. Eine sorgfältige Dokumentation und die Erstellung von Spezialrepertorien ist notwendig, um ein Vergessen und Verleugnen der Geschichte zu erschweren. Daß dies nicht geschieht, sind wir den Opfern schuldig.

(Beifall im ganzen Hause)

Das Wort hat Professor Kopitzsch.

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion kann sich dem Ersuchen und auch der von Frau Dr. Freudenberg gegebenen Begründung nur anschließen. Dieses ist ein Kapitel der hamburgischen, der deutschen Geschichte, das einen immer wieder daran erinnert, warum der Artikel 1 des Grundgesetzes von der Unantastbarkeit der Würde des Menschen und der Aufgabe des Staates in diesem Zusammenhang aufgenommen wurde. Richtig und wichtig ist auch die nach wie vor noch nicht befriedigend beantwortete Frage nach den Kontinuitäten im Bereich von Wohlfahrtswesen, Sozialfürsorge und Medizin, von Weimar angefangen über die NS-Zeit bis in die Bundesrepublik. Das weiter aufzuarbeiten ist, glaube ich, eine dringliche Verpflichtung der Zeitgeschichte.

Frau Dr. Freudenberg hat erwähnt, daß es über die Alsterdorfer Anstalten 1987 ein ganz wichtiges Buch gegeben hat: „Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr“ von Michael Wunder, Ingrid Genkel und Harald Jenner, 1993 das von Klaus Böhme und Uwe Lohalm herausgegebene und von Peter von Rönn erarbeitete Buch: „Wege in den Tod“, eine Dokumentation über Langenhorn. Das sind auch bundesweit wichtige Studien gewesen in einem lange tabuisierten oder vernachlässigten Bereich.

Ich möchte auch daran erinnern – es fiel der Name unseres Historikerkollegens Manfred Asendorf –, daß die Bürgerschaft 1984 in der Festschrift „125 Jahre gewählte Bürgerschaft“ dieses Kapitel hat aufnehmen lassen. Das war, glaube ich, zum ersten Mal, daß ein deutsches Parlament diesen Aspekt aufgegriffen hat. Das war auch ein Verdienst des damaligen Präsidenten Peter Schulz.

Ganz wichtig ist der Hinweis auf die Aktensicherung. Da möchte ich ausdrücklich unterstützen, daß dies nach dem hamburgischen Archivgesetz zunächst die Aufgabe der Behörden, der staatlichen Einrichtungen, einschließlich der Landesbetriebe, der staatlichen Unternehmungen ist. Es gibt hier eine Pflicht, derartige Bestände dem Staatsarchiv anzuzeigen und sie an das Staatsarchiv abzugeben. Das Staatsarchiv kann aufgrund der von mir hier mehrfach schon dargestellten personellen Schwierigkeiten das nicht leisten, und es muß es auch nicht leisten, weil dies das Archivgesetz ganz eindeutig klärt. Es wäre vielleicht sinnvoll, wenn der Senat von Zeit zu Zeit auf geeignetem Wege über seine Mitteilungen an die Verwaltung darauf aufmerksam macht. Es darf nicht in Vergessenheit geraten, daß dies eine Verpflichtung aller staatlichen Behörden und Unternehmen ist. Ich glaube, pflegen & wohnen ist da auch zu Recht angesprochen worden mit dieser Festschrift, die so hinter den Erkenntnisstand, der damals schon vorhanden war, zurückgefallen ist.

Die Frage des Repertoriums, die in dem Ersuchen gestellt wird, scheint mir auch sinnvoll und gut begründet zu sein. Allerdings ergeben sich schon durch die Verweise auf das Hamburger Umland, aber auch Einrichtungen in anderen Bundesländern beziehungsweise in Polen, Überlegungen, die ich dem Senat sozusagen mit auf den Weg geben möchte, ob man nicht anregen kann, daß dieses auch zu einer Gemeinschaftsaufgabe der Länder wird. Ich glaube, das wäre sehr sinnvoll, wenn dieses im Zusammenwirken der federführenden staatlichen Archive der einzelnen Länder und des Bundesarchives und auch in Zusammenarbeit mit den polnischen Kolleginnen und Kollegen geschehen könnte, zumal es, wenn ich richtig orientiert bin, auch bei den großen Stiftungen Mittel für solche Archivprojekte, die übergreifend angelegt sind, gibt. Da könnte man unter Um

ständen auch Drittmittel einwerben. Aber das hindert uns nicht, mit dem zu beginnen, was in Hamburg vorhanden ist. Das Staatsarchiv hat mir noch einmal versichert, daß alles, was jetzt dort ist, auch von der Forschung genutzt werden kann, daß auch weitere Arbeiten inzwischen entstanden sind.

Ich möchte mit einem sehr wichtigen Aspekt schließen, daß wir die Namen der Menschen bewahren und, wo immer es möglich ist, auch die Geschichten, die sich damit verbinden, weil nur auf diesem Wege Erinnerung sinnvoll weitergegeben werden kann, wenn die Zeitzeugen nicht mehr da sind. Es kann auch in einer Weise geschehen, wie dies Hamburg bereits beschritten hat. Wir haben in Alsterdorf, in der Wolfgang-Borchert-Siedlung, den Irma-Sperling-Weg, wir haben die Dorothea-Kasten-Straße, die zu der Evangelischen Stiftung Alsterdorf hinführt. Wir haben auch die Namen der Kinder vom Bullenhuser Damm in unseren Stadtteilen. All das sind wichtige Beiträge, und ich glaube, dieser Weg, über die Nennung, Bewahrung der Namen und der mit ihnen verbundenen, soweit überhaupt noch zu rekonstruierenden Geschichten das Vergessen zu verhindern, ist die entscheidende und wichtige Aufgabe. – Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)

Das Wort hat Herr Schira.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Ansinnen des uns vorliegenden Antrags, die Akten über die Ermordung von behinderten Kindern, die Ermordung psychisch Kranker und Körperbehinderter und die Ermordung alter und pflegebedürftiger Hamburger durch die Nationalsozialisten zu sichern und auszuwerten – ich denke, da ist sich dieses Haus auch einig –, ist unbedingt zu unterstützen.

Wichtig ist auch, daß die wissenschaftliche Erforschung in Hamburg in den vergangenen Jahrzehnten – das haben wir in der letzten Debatte zu diesem Thema gemerkt – unterschiedlich erfolgt ist. Daß zum Beispiel nach der Bombardierung unserer Stadt im Juli 1943 alte, ausgebombte Menschen, die umherirrten, von den Rettungskräften nach Langenhorn gebracht worden sind und dann in Tötungsanstalten außerhalb Hamburgs verschleppt wurden, ist meines Wissens in Hamburg nie besonders thematisiert worden.

Im September 1941 meldete der leitende Arzt des Amtes für Wohlfahrtsanstalten, daß alle sogenannten Geisteskranken aus luftschutztechnischen Gründen aus Hamburg verlegt worden seien. Damit war für die meisten von ihnen das Todesurteil gesprochen. In der Dokumentation „Krankenschwestern vor Gericht“ heißt es, daß die damals pommersche Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde bei Meseritz zu einer Tötungsanstalt grauenhaften Ausmaßes mutierte. Aus allen Teilen Deutschlands wurden Patienten zur Tötung nach Obrawalde verschleppt. Der Leiter des Staatsarchivs, Professor Loose, hat mir gesagt, daß die meisten Akten mit den jeweiligen Opfern von Anstalt zu Anstalt gebracht worden sind; lediglich in der Anstalt Ochsenzoll verblieben größere Aktenbestände. Diese wurden vor ein paar Jahren dem Staatsarchiv angeboten und auch angenommen und archiviert.

Die Erstellung eines Spezialrepertoriums halten wir für einen guten Vorschlag. Sicherlich ist dies aufwendig, und es

A C

B D

entstehen dabei natürlich Kosten. Wenn sich aber alle bemühen, dann kann dieses Ziel erreicht werden.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)