(Ah- und Oh-Rufe bei der SPD und der GAL – Pe- tra Brinkmann SPD: Bei Ihnen ist aber ein langer Nebel angesagt!)
So wie Sie eben mit Empörung reagiert haben, haben auch diese Eltern mit Empörung reagiert. Ich bin schon der Meinung, daß man gerade die Eltern von behinderten Kindern sehr ernst nehmen muß.
Was hier passiert ist, ist keine gute Grundlage, liebe Kolleginnen von der SPD und der GAL, für eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Schulen.
Die Sensibilität fehlte, mit der man darangegangen war zu versuchen, gegenseitig Verständnis zwischen den Kollegien und der Elternschaft der Schwerhörigenschule und
Es ist nicht meine Interpretation, sondern ich rate Ihnen, sich vielleicht einmal mit den Leuten zu unterhalten. Dann nehmen Sie die Ängste wahr, die da sind.
Und jetzt kommt man mit dem Argument, okay, wir legen das zusammen und bilden mehrere Abteilungen. Dann haben wir eine Abteilung für Frühförderung, eine für Gehörlose und eine für Schwerhörige; doch dieses Abteilungsdenken hinkt, meine Damen und Herren. Ich habe schon gesagt, daß wir im positiven Sinne ein großes Problem damit haben, daß wir immer weniger gehörlose Kinder haben. Das bedeutet automatisch, daß man sich keine Klassenverbände mehr für ein, zwei oder drei gehörlose Kinder leisten kann. Das bedeutet automatisch, wenn diese Abteilungskonstruktion so kommt wie geplant, daß diese Kinder dann mit den schwerhörigen Kindern zusammen unterrichtet werden müssen. Und da setzen die Ängste der Eltern der Schwerhörigenschule ein, die dann sagen, dann kommen die Gebärden, überlagern den lautsprachlichen Ansatz, und das ist genau das, was sie nicht wollen. Das muß man einfach so akzeptieren.
Die Integration in die Schwerhörigenklassen ist oft viel schwieriger als die Integration in eine Regelklasse;darüber sollte man sich vielleicht auch Gedanken machen. Die angedachte Lösung ist nach meiner Ansicht nicht zu Ende gedacht.
Welche Alternativen hat die Behörde eigentlich angesichts dieser Problematik geprüft? Da gibt es einmal die Überlegungen der Zusammenlegung mit der Heinrich-WolgastSchule in St. Georg. Dieser Stadtteil hat sowieso schulstrukturtechnisch große Probleme.Weil ich selbst Betroffener bin, werde ich dazu nicht sprechen, sondern das wird meine Kollegin Frau Buitrón gleich tun. Es wird davon geredet, möglicherweise ein norddeutsches Gehörlosenzentrum zu institutionalisieren. Man könnte darüber nachdenken, eine Integration in Regelklassen mit Dolmetschern durchzuführen. Oder man könnte sich auch einmal im Ausland orientieren, zum Beispiel an den Units in England oder in Österreich, wo sehr erfolgreich Kombiklassen betrieben werden.
Mein Fazit zu dem, was bisher gelaufen ist: Es war ein unausgegorener Schnellschuß. Das haben auch Herr Kahrs und seine Kollegen von der SPD, Kreis Mitte, erkannt. Die SPD befindet sich hier in einem seltsamen Spagat.Vor Ort reden Sie so, und die Schulpolitiker hier, wenn es denn Schulpolitiker sind, reden dann so. Was soll denn nun gelten?
Dann wird die Wissenschaft zitiert. Am Fachbereich Sonderpädagogik hat es dazu ein umfangreiches Papier gegeben. Aus diesem Papier geht unter anderem hervor, daß angeblich in der Schwerhörigenschule eine Menge Schüler mit Gebärden unterrichtet werden. Dieses stimmt so nicht, sagt die Schwerhörigenschule. Deswegen ist dieses Argument nicht stichhaltig, und ich finde es befremdend, daß man mit solchen Argumenten kommt, die nicht der Realität entsprechen.
Gestatten Sie mir zum Schluß noch einen formalen Gesichtspunkt. Wir haben ein Schulgesetz. In diesem Schulgesetz ist in Paragraph 19 Absatz 2 ganz klar geregelt:
„Sonderschulen sind in ihrer pädagogischen Arbeit auf unterschiedliche Schwerpunkte im Förderbedarf ihrer Schülerinnen und Schüler ausgerichtet. Den Förderungsschwerpunkten entsprechend gibt es die Schule für Blinde und Sehbehinderte, die Schule für Gehörlose, die Schule für Schwerhörige...“
Und so weiter und so fort. Ich finde es schon recht merkwürdig, wenn die Exekutive durch die Deputation am 14. Juni beschließt, diese Schulen in einer neuen Schulform zusammenzulegen, die dieses Schulgesetz überhaupt nicht vorsieht.Was gilt denn jetzt? So dürfen wir auch als Parlament nicht mit uns umspringen lassen.
Hier wird einfach exekutiert, ohne daß eine fällige Gesetzesänderung erfolgt. Die Mehrheit dazu hätten die Regierungsfraktionen, aber trotzdem haben Sie keinen entsprechenden Gesetzesantrag eingebracht. Es wird möglicherweise die Gerichte schon interessieren, wie hier insgesamt verfahren worden ist.
An diesem Punkt wird symptomatisch deutlich, wie diese ganze Sache mit heißer Nadel genäht worden ist; sie taugt im Endeffekt nichts. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Den Stein der Weisen habe ich auch noch nicht gefunden.
Sie glauben, ihn vermeintlich gefunden zu haben, und haben ihn mit Ihrer Mehrheit durchgedrückt. Ich finde das äußerst unglücklich, und deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht; er sieht ein Moratorium, eine Aussetzung des Beschlusses für ein Jahr vor. Es müssen Alternativen erarbeitet werden, es muß klar und deutlich auf den Tisch gelegt werden, welche anderen Möglichkeiten es noch zu dem gibt, was der Senat uns hier vorgelegt hat. Dann muß eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Prüfung der Alternativen getroffen werden. Ganz, ganz wichtig ist, daß die Eltern und Kollegen aus der Schwerhörigenschule und der Gehörlosenschule mit in diese Entscheidung einbezogen werden und nicht über ihren Kopf hinweg, sondern mit ihnen zusammen entschieden wird. Deswegen bitte ich noch einmal nachdrücklich, unseren Antrag zu unterstützen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Beuß, Sie haben von einem Grabenkrieg gesprochen, der nach einigen Jahren wieder aufgebrochen ist. Tragen Sie nicht auch daran ein Stück Verantwortung mit dem, was Sie heute gesagt haben?
Ich finde, daß es wichtig ist, daß endlich Ruhe und Sachlichkeit in die Diskussion um die organisatorische Zusammenlegung der Gehörlosen- und der Schwerhörigenschule kommt.
Die heftige und zum Teil polemische Auseinandersetzung um die Zusammenlegung wird meiner Meinung nach vor allen Dingen den Kindern und der Sache nicht gerecht.
Was ist denn überhaupt der Anlaß? Die beiden Schulen für Hörgeschädigte in Hamburg schrumpfen. Aufgrund der Entwicklungen in der medizinischen Diagnostik von Hörschädigungen bei kleinen Kindern, der technischen Weiterentwicklung von Hörgeräten, der Versorgung von Kindern mit Implantaten sowie der intensiven Frühförderung von hörgeschädigten Kindern gibt es immer weniger Kinder, die die Gehörlosenschule besuchen.
Sie können statt dessen die Schule für Schwerhörige besuchen. Schwerhörige Kinder wiederum können – diese Entwicklung finde ich besonders erfreulich – aufgrund des technischen Fortschritts sowie der Entwicklungen in der Frühförderung nun die I-Klassen der Grundschule besuchen. Lassen Sie uns doch bitte festhalten, daß dies eine gute Entwicklung ist.
Nun aber noch einmal zu dem Streit um die Zusammenlegung der beiden Schulen für Hörgeschädigte. Wir, die SPD-Fraktion, haben volles Verständnis für die Sorgen der Eltern, deren Kinder hörgeschädigt sind.Sie wollen, daß ihr Kind in der gut hörenden Gesellschaft seinen Weg machen kann, indem es lernt, wenn irgend möglich, hörend und sprechend zu kommunizieren. Dafür wollen die Eltern die beste Förderung für ihr Kind, und die wird ihr Kind auch weiterhin bekommen. Da können die Eltern sicher sein.
Was die Diskussion so schwierig macht, ist die Tatsache, daß zwei Ideologien aufeinanderstoßen, die seit vielen Jahren einen Ausschließlichkeitsanspruch für sich reklamieren. Es stehen sich gegenüber die Verfechter der reinen Lautsprache, die den Hörgeschädigten, die noch über ein Resthörvermögen verfügen, die Möglichkeit eröffnen soll, sich über gesprochene Sprache zu artikulieren, und die Befürworter der Gebärdensprache, die den Gehörlosen überhaupt erst eine Kommunikation ermöglicht.
Die große Angst der Eltern der Schwerhörigenschule besteht darin, daß ihre Kinder, die hauptsächlich lautsprachlich unterrichtet werden, durch eine Zusammenführung mit der Gehörlosenschule zu sehr in Kontakt mit der Gebärdensprache kommen. Sie befürchten, daß ihre Kinder dadurch das Erlernen und Benutzen der Lautsprache vernachlässigen und später in der gut hörenden Gesellschaft isoliert sein werden. Diese Ängste nehmen wir sehr ernst. Aber ich möchte an dieser Stelle versuchen, die Befürchtungen zu zerstreuen. Was hat die Schuldeputation am 14.Juni über die Zusammenlegung der beiden Schulen beschlossen? Die Zusammenlegung ist keine methodische, sondern eine rein organisatorische Maßnahme. Sie fördert die Durchlässigkeit im Bereich hochgradiger Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit. Die Schulen bleiben räumlich getrennt. Jede Schule bleibt an ihrem Standort bestehen. Die Abteilungen bleiben weiterhin geteilt. Kein Kind wird gezwungen, zum Beispiel die Gebärdensprache lernen zu müssen. Es ist und bleibt das Ziel, für jedes Kind die optimale Fördermöglichkeit zu ermitteln und zu ermöglichen.
Die organisatorische Zusammenlegung bedeutet keine Sparmaßnahme.Das eingesparte Geld bleibt in der Schule und wird für Verbesserungen im Unterrichtsangebot und für eine bessere Nutzung der vorhandenen Ressourcen verwendet.
Der Antrag der CDU hilft in der Diskussion nicht weiter. Er berücksichtigt zum Beispiel nicht die Entwicklung, die sich
seit längerem in der Bundesrepublik abzeichnet. Die Kultusministerkonferenz hat schon vor mehreren Jahren empfohlen, die Beschulung von Gehörlosen und Schwerhörigen nicht mehr zu trennen. Inzwischen sind verschiedene Bundesländer der Empfehlung gefolgt, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen hat einen Zeitplan für die Aufhebung der Trennung aufgestellt.
In Hamburg haben sich die Schüler, die Eltern, die Lehrerkammer und der Kreiselternrat mehrheitlich für die Zusammenlegung ausgesprochen. Dagegen war nur die Schulkonferenz beziehungsweise der Elternrat der Schwerhörigenschule. Über eine Zusammenlegung mit der HeinrichWolgast-Schule möchte ich mich eigentlich nicht weiter äußern.
Ich bin zwar bekannt als eine vehemente Unterstützerin für Integration, aber für eine Fifty-fifty-Integration fehlt das Konzept. Das könnte aber langfristig erarbeitet werden.
Der Deutsche Fachverband für Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik befürwortet in seiner Stellungnahme eine kooperative Beschulung Hörgeschädigter.