Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Ute Pape, Senatorin 3858 C

Besprechung erfolgt 3859 D

Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL:

Hilfe für rheumakranke Kinder – Drs 16/4467 – 3859 D

Petra Brinkmann SPD 3859 D

Vera Jürs CDU 3860 D

Peter Zamory GAL 3861 A

Beschluß 3861 B

Antrag der Fraktion der CDU:

Sanierung von Straßenschäden – Drs 16/4452 – 3861 B

Bernd Reinert CDU 3861 B, 3863 C

Rolf Polle SPD 3861 D

Dr. Martin Schmidt GAL 3863 A

Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke 3863 C

Beschluß 3863 D

Beginn: 15.00 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In der Nacht auf den vergangenen Freitag ist der Ehrenbürger der Freien und Hansestadt Hamburg, der frühere Präsident der Bürgerschaft, Herbert Dau, im Alter von 88 Jahren verstorben. Herbert Dau war ein Mann der ersten Stunde in der Nachkriegsgeschichte unserer Stadt, eine herausragende Persönlichkeit der hamburgischen Politik, Abgeordneter der Bürgerschaft von 1946 bis 1978, davon 18 Jahre Präsident des Parlaments.

Der Blick zurück auf die Nachkriegsgeschichte und auf diesen Nachkriegsparlamentarier bringt uns in Erinnerung, mit welcher Kraft und mit welchem Mut Bürgerschaft, Senat und die Gemeinschaft der Bürgerinnen und Bürger den schwierigen und letztlich außerordentlich erfolgreichen Weg aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs zurückgelegt haben. Sie haben eine moderne zukunftsgerichtete Stadt aufgebaut, die für die Menschen wieder zur wirklichen Heimat werden konnte.

Herbert Dau wurde am 8. Dezember 1911 als siebter Sohn eines Hafenarbeiters auf der Veddel geboren. Er stammt aus typisch hamburgischem Arbeitermilieu. In jungen Jahren engagierte er sich in der Arbeitersport- und in der sozialistischen Jugendbewegung.Er hat es 1930 bis zum Abitur gebracht, was für einen Jungen seiner Herkunft mehr als ungewöhnlich war. Das Studium der Mathematik und Volkswirtschaft mußte er 1934 auf Druck der Nazis abbrechen, wegen – so hieß es – Vorbereitung zum Hochverrat.

1931 war er der Sozialdemokratischen Partei beigetreten. Dies geschah aus der Überzeugung und persönlichen Erfahrung heraus, so sagte es Herbert Dau selbst einmal, daß man etwas tun müsse für die Menschen, die schlechter weggekommen sind.

Herbert Dau wurde 1936 Angestellter bei der Volksfürsorge Deutsche Lebensversicherung AG, später Prokurist bei der Hamburg-Mannheimer. Als außerordentlich begabter Versicherungsmathematiker machte er Karriere in der deutschen Versicherungswirtschaft und wurde Vorstandsvorsitzender 1950 bis 1967 beim Deutschen Ring sowie bis 1975 in gleicher Position bei der Hamburg-Mannheimer.

Herbert Dau trat als aktiver Sozialdemokrat der Nazidiktatur entgegen.Er hat als solcher für seine Überzeugung Opfer und Gefahren für Leib und Leben auf sich genommen. Er war auch aktiver Gewerkschafter. 1945 war er Mitbegründer der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft.

1946 wurde er für die SPD Abgeordneter in der ersten demokratisch gewählten Bürgerschaft. Er hat in seiner politischen Überzeugung nie geschwankt, aber er war auch nie dogmatisch. Für die Hamburgische Bürgerschaft war diese Haltung letztlich ein Gewinn und ein fruchtbringendes Element der Meinungsbildung.

Am 29. März 1960 wurde Herbert Dau als Nachfolger Adolph Schönfelders zum Präsidenten der Bürgerschaft gewählt. 18 Jahre lang hat er dieses Amt unangefochten ausgeübt. Herbert Dau war kein bequemer Präsident. Er hat es sich und gelegentlich auch anderen nicht immer leichtgemacht. Trotzdem und vielleicht auch gerade deswegen hat die Bürgerschaft ihrem Präsidenten Herbert Dau über die Jahrzehnte bis heute großen Respekt entgegen

gebracht und Anerkennung vor seinem Lebensweg und für sein Lebenswerk bekundet, auch wenn ihm diese Ehrungen eher suspekt blieben.

Herbert Dau war kein Mann der großen Geste und des politischen Pathos. In seiner hochgewachsenen Statur und mit seiner puritanischen und bescheidenen Art wirkte er unnachahmlich norddeutsch. Er hatte eine hohe Vorstellung von der Würde der Abgeordneten und war ein vehementer Verfechter des hamburgischen Feierabendparlaments, dies aus einer tiefen inneren Überzeugung von der Notwendigkeit, daß sich die Vertreterinnen und Vertreter des Volks ehrenamtlich aus der Gesellschaft rekrutieren und für die Gesellschaft engagieren sollten, ohne von ihrem Mandat politisch oder wirtschaftlich abhängig zu sein.

Herbert Dau lebte seine Überzeugung vor.Er war geradezu besessen von der Idee einer sparsamen Amtsführung. Er war erfolgreicher Unternehmer und Sozialdemokrat, Kaufmann und ehrenamtlicher Präsident. Dieser nüchterne Mann war Parlamentarier aus Leidenschaft, weil er Demokrat aus Leidenschaft war.Den politischen Meinungskampf hat er immer bejaht. Dem Abgeordneten und dem Präsidenten war Suppe ohne Salz ein Greuel. Die freie, wenn auch scharfe Rede und Gegenrede im Parlament zur Selbstverständlichkeit zu machen, war eines seiner Ziele. Daß er es nicht immer erreicht hat, war sein Kummer, der ihm in den letzten Jahren die Freude am Amt auch getrübt hat.

In die Amtszeit des Präsidenten Herbert Dau fällt die Verfassungsreform von 1971, die mit der Trennung von Senatorenamt und Parlamentsmandat außerordentlich einschneidend wirkte. Herbert Dau hat an dieser Reform wesentlichen Anteil gehabt. Ein Amt im Senat hat er nie ausgeübt, was nicht unwesentlich zu seiner Unabhängigkeit und fraktionsübergreifenden Wertschätzung als Parlamentspräsident beitrug.

Herbert Dau hat 1978 nicht wieder für ein Mandat kandidiert, weil er Platz machen wollte für Jüngere. Noch im selben Jahr würdigte ihn die Freie und Hansestadt mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde.Nach dieser höchsten Auszeichnung seiner Vaterstadt hat sich Herbert Dau aber noch nicht zur Ruhe gesetzt. Fortan wirkte er 20 Jahre lang als Richter am Hamburgischen Verfassungsgericht, ehrenamtlich versteht sich. Es war Realitätssinn und Bodenständigkeit, die aus Herbert Dau einen vorbildlichen Parlamentarier, einen fairen Präsidenten, einen gerechten Verfassungsrichter gemacht haben.

Unser Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und all den Freunden, die diesen echten Hamburger mochten und schätzten. Die Freie und Hansestadt Hamburg verliert einen ihrer großen Söhne. Wir, die Abgeordneten der Bürgerschaft, stehen mit unserer Arbeit auf seinen Schultern. Wir sind Herbert Dau dankbar und verneigen uns mit Respekt und Anerkennung vor seinem Lebenswerk.

Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg wird Herbert Dau ein ehrendes Andenken bewahren.

Meine Damen und Herren! Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren! Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat wurde die Tagesordnung um die Punkte 34a sowie 50a bis 50c ergänzt. Es handelt sich um einen Bericht des Innenausschusses und drei Berichte des Haushaltsausschusses.

Meine Damen und Herren! Unser Kollege Rüdiger Schulz hat heute Geburtstag. An ihn gehen die Glückwünsche im Namen des ganzen Hauses.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen dann zur

Aktuellen Stunde

Dazu sind drei Themen angemeldet, und zwar von der SPD-Fraktion

Steuerreform – CDU blockiert den Aufschwung

von der CDU-Fraktion

Erneut Haftentlassungen wegen unzureichender Gerichtsausstattung?

sowie von der GAL-Fraktion

Lebenspartnerschaftsgesetz: Wer hat die Definitionsmacht über Ehe und Familie?

Zunächst rufe ich das von der SPD-Fraktion angemeldete Thema auf. Das Wort hat Herr Zuckerer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am Freitag wird im Deutschen Bundesrat über die Steuerreform entschieden werden. Das Ergebnis wird weitreichende Auswirkungen für die Bundesländer und insbesondere auch für Hamburg haben.

Wir diskutieren über die Steuerreform der rotgrünen Koalition im Bund seit circa einem Jahr, aber in Wahrheit diskutieren wir seit zehn Jahren über eine Steuerreform in unserem Land. Eine Steuerreform ist seit langem notwendig für Wachstum und Beschäftigung und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Der hamburgische Senat wird deshalb der Steuerreform im Bundesrat zustimmen. Er hat dazu die Unterstützung der SPD-Fraktion. Er hat sie deshalb, weil diese Reform für den Aufschwung, für die Arbeitsplätze und für das Wachstum unseres Landes notwendig ist.

Dagegen steht die Front der CDU-regierten Länder. Und man darf die Frage stellen, wofür diese Front steht: für die Unternehmer, die Arbeitnehmer oder wen auch immer. Für die Unternehmer offensichtlich nicht, für die Arbeitnehmer offensichtlich auch nicht, wofür also dann?