Jetzt möchte ich mich noch einmal dem Antrag der Gruppe REGENBOGEN zuwenden. Da habe ich ebenso wie Frau Franken geforscht, was es denn schon an vergleichbaren Anträgen gab, und mir ist ein SPD-Antrag vom 8. Juni 1999 aufgefallen, der sagt: Sozialhilfe trotz Erwerbstätigkeit. Genau diese Dinge, die Sie im ersten Spiegelstrich in Ihrem Petitum wünschen, sind in diesem SPD-Antrag abgefragt. Insofern ist Ihr Antrag damit überflüssig geworden.
Zum zweiten Spiegelstrich Ihres Petitums hat sich Frau Franken geäußert. Ich habe dem eigentlich nur noch hinzuzufügen, daß es ja wohl ein dolles Ding wäre, wenn sich das Parlament hier die Handlungsfähigkeit von den freien Wohlfahrtsverbänden aus der Hand nehmen lassen würde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erfreulich ist, daß man immer wieder bei jeder Sitzung der Bürgerschaft etwas lernen kann. So habe ich auch heute bei den Vorrednern gelernt, daß fehlende Kreativität für politische Initiativen und politisches Handeln immer etwas auch mit den schlechten Berichten und fehlenden Angaben zu tun hat, so daß dies oftmals schon als Entschuldigung ausreicht.
Nichtsdestotrotz sind detaillierte Datenerhebungen und Berichterstattungen zur Prävention, Umsetzung und Steuerung effizienter wirkungsvoller Politik wichtige, unverzichtbare und ergänzende Begleitinstrumente. So ist auch das Anliegen einer erweiterten Sozialberichterstattung, insbesondere den Komplex der verdeckten Armut sowie mögliche Wechselbeziehungen, die sich aus einer zunehmenden Zahl ungesicherter und geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse ergeben können, transparenter zu machen,
sicherlich sinnvoll. Aber Datenerhebungen und die Beschreibungen von Problemstellungen und Zusammenhängen sind das eine. Das andere ist sicherlich das, was wir täglich in unserem Lebensumfeld wahrnehmen, und beides gemeinsam bildet die Einheit und die Grundlage des politisch notwendigen Handelns.
Betroffenheitsdebatten, in denen Sie auch heute die Problemstellungen beklagen, und die Forderung einer erweiterten Berichterstattung reichen alleine nicht aus. Parlamentsinitiativen, politisches Handeln sowie zeitnahe Entscheidungen sind gefragt und notwendig. Das aber geht weder mit diesem Senat, den ihn tragenden Koalitionsfraktionen, noch mit der derzeitigen Bundesregierung. Sie haben in diesem Plenum Arm in Arm, Schulter an Schulter bei jeder Debatte zum Sozialbericht Betroffenheitstränen vergossen und die damalige Bundesregierung in die politische Verantwortung genommen. Auch heute hat uns Frau Mandel dies in ihrem wohlgeübten Parlamentsritual wieder lebendig vorgeführt.
Wenig gefragt haben Sie sich aber auch, was Sie selbst in und aus Ihrer Regierungsverantwortung heraus schon längst hätten ändern können, um einer wachsenden und verdeckten Armut in Hamburg wirkungsvoll und präventiv mit entsprechenden Initiativen zu begegnen. Da ist es einfach zu wenig, sich hinzustellen und mit dem Ausdruck der eigenen Hilflosigkeit erweiterte Analysen und Berichterstattungen zu fordern, aber Senats- sowie Parlamentsinitiativen in der Sache, die etwas bewegen, verkümmern zu lassen. Dennoch sind erweiterte Untersuchungskomplexe wichtige unverzichtbare Ergänzungen, und darum wollen wir auch in diesem Falle nicht darauf verzichten.
Wichtig ist aber auch das, was wir täglich in unserem Lebensumfeld und im Dialog mit Nachbarn, Kollegen, Initiativen, Verbänden und Organisationen wahrnehmen, denn darin liegen die wesentlichen Impulse unseres politischen Handelns und nicht erst in Berichten.Darum lassen Sie uns diese Impulse des Dialogs im Einklang mit den Ergebnissen der Sozialforschung aufgreifen und im gemeinsamen Handeln dafür sorgen, zu einem Mehr an sozialer Gerechtigkeit zu kommen und im Rahmen der Prävention mit gezielten Maßnahmen insbesondere der verdeckten Armut wirkungsvoll zu begegnen. – Schönen Dank.
Unser Pressesprecher hat mir gesagt, daß wir auch gelegentlich einmal etwas loben sollen. Dann tue ich das hiermit, denn ich finde es lobenswert, daß das Thema Verdeckte Armut Bestandteil der Sozialberichterstattung werden soll. Das ist lobenswert, keine Frage, aber eine Armutsberichterstattung ist natürlich kein Selbstzweck, sondern...
Das hast du dir gedacht, Martin Schmidt. Ihr verhaltet euch leider immer so, als wäre das Papier sozusagen der Selbstzweck; das ist es nicht.
Deswegen ist es höchstens Grundlage für eine Diskussion – das zum einen.Zum anderen befinden wir uns in einer Situation, in der große Worte wie zum Beispiel „Loslösung und Zugangssteuerung in die Sozialhilfe“ mittlerweile schon zu Synonymen verkommen, um Menschen ihre Sozialhilfeleistungen vorzuenthalten, also zu ihrer Armut beizutragen, und die Behörde forciert genau diese Situation. Deswegen möchten wir die Ressourcen der Behörde, die Frau Franken auch genannt hat, nutzen, möchten aber, daß die Federführung für diesen Bericht bei den Wohlfahrtsverbänden, den Organisationen und den Selbsthilfeinitiativen liegt, da diese unmittelbar Erfahrungen haben und auch wahrscheinlich weniger Interesse daran, Armut verdeckt zu lassen.
Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt, und ein kluges Verhalten von Ihnen wäre es, diesem zuzustimmen. – Danke.
Weitere Wortmeldungen vermag ich nicht zu erkennen. Dann lasse ich über den Antrag, Drucksache 16/4536, abstimmen. Wer möchte denselben annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Zusatzantrag abgelehnt.
Ich stelle dann den GAL- und SPD-Antrag 16/4471 zur Abstimmung. Wer möchte demselben seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser Antrag angenommen.
Ich komme zum Tagesordnungspunkt 70, Drucksache 16/4478: Antrag der Gruppe REGENBOGEN zur Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs.
[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Geplante Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs – Drucksache 16/4478 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag, den wir gestellt haben, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und sollte auch unterstützt werden.
Es geht darum, daß eine Zuschüttung des Mühlenberger Lochs nur dann in Gang gesetzt werden darf, wenn es auch politisch gewichtet und juristisch bis zum Ende geprüft ist. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und von daher brauche ich zu diesem Antrag gar nicht mehr so viel zu sagen.
Interessanter sind natürlich die Diskussionen darüber, was über die Zukunft des A3XX beschlossen worden ist, was mit dem DASA-Werk oder jetzt EADS-Werk in Finkenwerder geschehen wird und dort beschlossen worden ist.Nach diesen euphorischen Gefühlen, die eine ganze Zeitlang durch Hamburg schwappten, ist es jetzt möglich, sich einmal realistisch und ernsthaft die dort beschlossenen verschiedenen Punkte anzusehen.
Im Planfeststellungsverfahren sind 2000 Arbeitsplätze im Werk angedeutet worden, aber nicht wirklich versprochen worden. Es wären in dem Augenblick 2000 Arbeitsplätze möglich, wo die Produktion nach Finkenwerder kommt, die im Planfeststellungsverfahren auch geprüft und gefordert worden ist.Es umfaßte die Montage des A3XX, es umfaßte
den Innenausbau und die Auslieferungshalle. Durch den Beschluß vom 23. Juni kommt der wesentliche arbeitsintensive Teil und auch der flächenfressende Teil des Ganzen gar nicht mehr nach Hamburg.Die Endmontage findet nicht in Finkenwerder statt. Von daher sind die dort geplanten Hallen jedenfalls laut Kurzbeschreibung des Gesamtgutachtens der Wirtschaftsbehörde auf diesem Gelände nicht mehr nötig, und auch der wesentliche Arbeitsplatzeffekt ist nicht mehr vorhanden, da die Montage des Flugzeugs das Entscheidende im Zusammenhang mit den Arbeitsplätzen ist. Die gegenwärtige Situation ist so, daß praktisch die fertigen Flugzeuge von Toulouse nach Hamburg kommen. Das sind schon fertige Flugzeuge, die können schon fliegen.Da wird nur noch der Endinnenausbau vorgenommen, keine großartige Elektronik mehr, es werden nur noch Küchen, Toiletten und ähnliches eingebaut, aber ansonsten nichts, und es wird noch lackiert.
Das ist die Sache mit den Arbeitsplatzeffekten. Von daher gibt es nicht die Arbeitsplatzeffekte, die im Planfeststellungsverfahren noch vorgesehen waren. Der Beschluß hat endgültig deutlich gemacht, daß dies wie eine Seifenblase geplatzt ist.
Das zweite wichtige Thema ist die Frage, was noch nach Hamburg kommt. Da ist groß gefeiert worden, daß ein Auslieferungszentrum und ein Teil der Auslieferung nach Hamburg komme, und zwar durchgängig von allen Typen.Diese Auslieferungssituation bedeutet, daß die fertigen Flugzeuge mit fertiger Lackierung und fertigem Innenausbau mit den Lasten und den letzten Testflügen nach Hamburg kommen, und da wird deutlich, daß die gegenwärtig vorhandene Start- und Landebahn nicht mehr ausreicht. Im Planfeststellungsbeschluß wird festgestellt, daß Tests auf Wunsch des Kunden mit gegebenenfalls voller Beladung nicht möglich sind. Wenn die Auslieferung von Hamburg aus stattfinden soll, werden diese Tests mit voller Beladung natürlich notwendig sein.
Weiter kommt das Planfeststellungsverfahren in diesem Punkt zu einem sehr fragwürdigen Schluß. Ich will einmal zitieren:
„Für die Planfeststellungsbehörde ist es jedenfalls ausreichend, daß der A3XX unter bestimmten Voraussetzungen auch in Hamburg starten kann.“
Herr Mirow wird diesen Satz sehr genau gelesen haben.Ich werde ihn mal so interpretieren, daß deutlich wird, was damit ausgedrückt wird.
Das heißt, die Flugzeuge können nicht mehr in Finkenwerder landen, weil man für die Landung eine längere Landebahn braucht. Ein Auslieferungszentrum ohne Landebahn ist eigentlich nicht vorstellbar. Und „unter bestimmten Voraussetzungen“ bedeutet, daß man bestimmte Windverhältnisse braucht. Man kann sich nicht vorstellen, daß sich ein solches Werk damit zufriedengeben wird, Teile der Auslieferung in Hamburg zu machen, wenn man immer bestimmte Winde abwarten muß, um wirklich starten zu können.