Protokoll der Sitzung vom 11.10.2000

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf: Drucksache 16/4760: Wahl einer oder eines Deputierten der Stadtentwicklungsbehörde.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Stadtentwicklungsbehörde – Drucksache 16/4760 –]

Der Stimmzettel liegt Ihnen vor. Er enthält Felder für Zustimmung, Ablehnung und Wahlenthaltung. Ungültig sind insbesondere Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten. Bitte nehmen Sie nunmehr Ihre Wahlentscheidung vor.

Ich darf die Schriftführerinnen und den Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

(Die Wahlhandlung wird vorgenommen.)

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Das Ergebnis wird ermittelt. Ich gehe von Ihrem Einverständnis aus, daß wir ohne Unterbrechung in der Tagesordnung fortfahren. Das Ergebnis wird Ihnen im Laufe der Sitzung bekanntgegeben werden.

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 43e auf:Drucksache 16/4870: Bericht des Haushaltsausschusses zur Endlinienfertigung des A3XX.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 16/4734: Hamburg als Standort für die Produktion und die Endlinienfertigung des Airbus A3XX a) Haushaltsplan 2000 Nachbewilligung in Höhe von insgesamt 40 050 000 DM Kassenmitteln sowie von Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von insgesamt 1110 000 000 DM bei verschiedenen Titeln im Kapitel 7500 – Strom- und Hafenbau –

Ergebnis siehe Seite 4036 A.

(Senatorin Karin Roth)

A C

B D

b) Ergänzung des Haushaltsplan-Entwurfs 2001 (Senatsantrag) – Drucksache 16/4870 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall.Der Abgeordnete Dobritz bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, in der Sache Ansiedlung und erfolgreiche Bewerbung des Großraumflugzeuges Airbus ist es auch einmal an der Zeit, daß nicht nur die Politiker, führende Unternehmer und Verbände sich auf die Schulter klopfen, sondern daß es an der Zeit ist, darauf hinzuweisen, daß eine der Geschäftsgrundlagen für die erfolgreiche Bewerbung das erfolgreiche Produkt selbst gewesen ist. Dieses erfolgreiche Produkt ist 25 Jahre lang in Finkenwerder entwickelt, weiterentwickelt und produziert worden, und ich finde, wir sagen einmal den Männern und Frauen von der Managementebene bis zur Werkbank herzlichen Dank für diese Leistungen in den letzten 25 Jahren.

(Beifall bei der SPD, der CDU und bei Antje Möller GAL)

Es gibt Themen, bei denen es immer ganz sinnvoll ist, auch einmal in die Geschichte zu gehen. Gestern habe ich im „Hamburger Abendblatt“ einen kleinen Beitrag gelesen:„50 Jahre Lufthansa-Technik AG“. Früher hieß es LufthansaWerft, verbunden mit Namen wie Schiller und Schmidt, also zwei führende Sozialdemokraten. Mit 154 Mitarbeitern haben die angefangen. Heute sind es 5000, ein wahnsinnig wichtiger Baustein für den weltweit bekannten Luftfahrtstandort Hamburg.

Auch bei der Dasa oder bei Airbus – ich nenne das jetzt einmal so, weil sich die Firmennamen im Ablauf von 25 Jahren gewandelt haben – lohnt sich ein Blick in die Geschichte. Herr Kruse, Sie kennen sie sehr gut.

Ich fange nicht ganz von vorne, sondern im Jahre 1976 an. Dort begann die Geschichte mit der Überschrift – ich nehme jetzt einmal das „Hamburger Abendblatt“, aber es hat auch in allen anderen Zeitungen gestanden –:

„Hamburg steigt ins Luftfahrtgeschäft ein. 62,3 Millionen DM für Blohms MBB-Anteile.“

Es waren 20,5 Prozent. Warum sage ich das? Weil wir heute eine Finanzierungsdrucksache zu beschließen haben, und da geht es um einen Betrag von 1,15 Milliarden DM. In dieser Drucksache wird deutlich, daß allein zur Deckung der zukünftigen Ausgaben 640 Millionen DM aus dem geplanten Teilverkauf der vorhandenen, im Moment noch gehaltenen Anteile angesetzt sind, plus 140 Millionen einer Sonderdividende von Daimler-Chrysler aus dem Jahre, ich glaube, 1998. Es sind schlappe 800 Millionen DM, die allein durch Vermögensmobilisierung – so nenne ich es einmal – genommen werden, um diese große Infrastrukturinvestition zu tätigen.Die „Morgenpost“ 1976 zitiere ich mit der Überschrift:

„Ein Stück von MBB gehört jetzt allen Hamburgern“.

Und der legendäre Rudolf Stobbe schreibt dazu in seinem Kommentar:

„Bei MBB geht künftig nichts mehr ohne Hamburg. Das ist wichtig, weil ganz offenbar wichtige Produktionsentscheidungen bevorstehen. Angesichts der auf vollen Touren laufenden Produktion könnte MBB eine Trumpfkarte für Hamburgs Zukunft sein.“

Seine Aussage ist voll in Erfüllung gegangen.

Meine Damen und Herren! Im Jahre 1976 waren alle entschlossen, dies zu machen, jedenfalls in Hamburg. Nur die CDU war unentschlossen. Die „Harburger Anzeigen und Nachrichten“ berichten von „Echternach ist unentschlossen“.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das war eigentlich keine Tugend, die ihn sonst ausgezeichnet hat!)

Und der CDU-Bürgermeisterkandidat – es war Erik Blumenfeld – sagte in der „Welt“ über den Aktienkauf folgendes. Er wird gefragt: „Wie bewerten Sie den für das Blohm-Paket gezahlten Preis?“ Blumenfeld: „Das war ein Höchstkurs.“ Doch da der Hamburger Senat im Bezahlen von Höchstkursen Erfahrung hat, kann dieser Höchstpreis Kenner nicht überraschen. Keiner der anderen Interessenten, einschließlich des Freistaates Bayern, war bereit, ähnlich tief in die Tasche zu greifen. Wir können heute sagen: Ein Glück, denn aus 62 Millionen DM Kaufsumme einen solchen Unternehmenssteigerungswert zu realisieren, hat möglicherweise damals nicht jeder erkannt, aber das Endergebnis ist ausdrücklich positiv.

(Beifall bei der SPD)

Der Mittelpunkt der Drucksache, die Ihnen vorliegt, das Herzstück der heutigen Entscheidung, ist die Finanzierung. Ich will insoweit noch einmal auf sie eingehen.Fast 800 Millionen DM aus Vermögensmobilisierung und Dividende. Darüber hinaus muß die Wirtschaftsbehörde zur Deckung aus ihrem Investitionshaushalt selbst 100 Millionen DM durch Umschichtung auf den Markt werfen, und „nur“ 250 Millionen DM kommen aus der Reserve der mittelfristigen Finanzplanung. Vier Jahre werden genommen und zur Deckung herangezogen.

Ich sage das aus zwei Gründen, nämlich weil damit deutlich wird, daß kein Politikbereich in dieser Stadt durch diese investive Maßnahme zusätzlich belastet wird.Auch die permanente Behauptung unseres, ich sage mal „Tarzan der kleinen Leute“, Herrn Hackbusch, es würden darunter selbst die Sozialhilfeempfänger leiden, stellt sich als völliger Unsinn heraus.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Martin Schmidt GAL)

Meine Damen und Herren! Der Senat hat in seiner Drucksache die Herangehensweise geschildert. Er hat ein sehr steuerschonendes Modell für den Hamburger Haushalt gewählt.Er setzt sehr viel externen Sachverstand ein.Was ich sehr gut finde, ist, daß er alle handelnden Personen in den Gesellschaften honoriert, und zwar nach dem Motto: Wer dafür mit sorgt, daß die Kostenobergrenzen eingehalten werden, der bekommt anschließend für seine Leistungen einen kleinen Bonus. Vor dem Hintergrund dessen, was sich um das Volksparkstadion abgespielt hat, ist das eine sehr professionelle Herangehensweise.

(Beifall bei der SPD – Ingrid Cords SPD: Das ist wirklich genial!)

Mir liegt daran, weil über die Ökologiebilanz immer im Zusammenhang mit dem – das gebe ich zu – schweren ökologischen Eingriff in die Natur diskutiert wird und keiner darüber diskutiert, was eigentlich auf der Habenseite der ökologischen Bilanz steht. Nun muß man zunächst einmal klar sagen:Mit diesem ökologischen Eingriff gibt es ökologische Ausgleichsmaßnahmen auf einem ganz hohen Niveau. Dieses ist vergleichbar bei Investitionen in den letzten 20 Jahren in dem Umfang nicht erfolgt. Der Senat versucht aktiv, diesen ökologischen Ausgleich zeitnah zu realisieren.

(Vizepräsident Berndt Röder)

Ich finde, dieses muß auch einmal deutlich gesagt werden. Aber – und darauf kommt es mir besonders an – es ist unstrittig, daß das Verkehrsaufkommen auch die nächsten 25 Jahre zunehmen wird. Selbst wenn wir alle intelligenten Vorschläge von Herrn Schmidt aufgreifen,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: So viele sind das ja nicht!)

die ich nahtlos unterstütze, werden wir nur in begrenztem Umfang den Verkehr von der Straße auf die Schiene bekommen.Das heißt, wir werden weiterhin gezwungen sein, die Straßen, das Wasser und auch die Luft zu nutzen. Hier wird nun ein Produkt produziert, das in der Lage ist, bei gleichen Flugstrecken mehr Passagiere zu befördern, ein Flugzeug, das erheblich weniger Triebwerklärm produziert und bei dem die Abgabe und der Kerosinverbrauch drastisch sinkt. Obwohl die Passagierzahl, die transportiert wird, um 30 bis 40 Prozent höher liegt, reduziert sich der Schadstoffausstoß und Kerosinverbrauch im Vergleich zu anderen Flugzeugen um 20 Prozent.Ich sage das nur, damit einmal deutlich wird, daß hier etwas produziert wird, was sich über die Zeitachse in der Umweltbilanz ausdrücklich positiv auswirkt.

Wir nehmen einmal den Technologiesprung, der sich mit dieser Produktion ergibt. Es werden hier die modernsten Werkstoffe herangezogen und kommen zur Anwendung. Diese modernen Werkstoffe führen zu einem verringerten Gewicht im Gegensatz zu vergleichbaren Flugzeugen, zu einer höheren Belastbarkeit und geringeren Produktionskosten. Was spielt sich hier real und nicht virtuell ab? Es spielt sich das ab, was Professor Ulrich von Weizsäcker einmal den Faktor 4 genannt hat. Das heißt, die Geschäftsgrundlage für das Produzieren in diesem Jahrhundert. Mit weniger Ressourcen, sinkenden Stückkosten eine höhere Produktivität zu realisieren, das ist nicht virtuell, das findet hier real statt.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt, der berücksichtigt werden muß, ist, was diese Ansiedlung und Produktionsaufnahme eigentlich auch anderen Politikbereichen bietet. Ich greife einen heraus, den ich ein Stück mit beackere, die Stadtteilentwicklungspolitik.Wir wissen, daß Wirtschaft auch Strukturen in Stadtteilen mit schafft. Wir wissen das aus dem Medienbereich besonders stark. Ottensen, ich nehme jetzt aber einmal Bahrenfeld, weil das sozusagen das jüngste plastische Beispiel ist.So kommt es auch hier darauf an, daß wir nicht nur die 2000 Arbeitsplätze in Finkenwerder realisieren, sondern daß wir uns auch aktiv bemühen müssen, daß die Zulieferer hier in Hamburg produzieren.

(Beifall bei der SPD – Ingrid Cords SPD: Richtig!)

Zum Beispiel eine Herausnahme des Reiherstiegsgebietes aus dem Hafenentwicklungsplan für entsprechende Gewerbeansiedlungen wäre ein unglaublicher Erfolg für den Stadtteil Wilhelmsburg. Wilhelmsburg würde unglaublich davon profitieren und auf dem Achsenstück zwischen dem Harburger Binnenhafen, der HafenCity und dem nördlichen Elbufer mit zu den Gewinnern dieser Entscheidung gehören. Wilhelmsburg lebt, Wilhelmsburg hat Zukunft.

(Beifall bei Ingrid Cords SPD – Heike Sudmann RE- GENBOGEN – für eine neue Linke: Und Neuen- felde?)

Darauf komme ich.

Meine Damen und Herren! Der Zusammenhang: Zusätzliche Arbeitsplätze, positive Umweltbilanz beim Verkehr, die ich Ihnen dargestellt habe, Stadtteilentwicklung in be

stimmten Bereichen, Technologie, Wohnen, Qualifizierungsoffensive, hier durch die TU Harburg, die Fachhochschule, das Arbeitsamt und die Stadt, zusätzliche neue Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Das und nur das in diesem gesamten Zusammenhang ist der eigentliche Mehrwert und das auf einer Zeitachse von 25 Jahren. In diesem Zusammenhang, Frau Sudmann, bitte ich um Verständnis und werbe ich bei den Bürgern von Blankenese und rund um Finkenwerder. Bei dieser Bilanz ist die Bürgerschaft gehalten, so wie der Senat verlangt, zu entscheiden.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Sie vergleichen Blankenese mit einem Obst- anbaugebiet!)

Diese Bilanz ist überwiegend positiv. Ich habe alle Politikbereiche dargestellt, und da werbe ich einfach bei den Bürgern in Blankenese und rund um Finkenwerder, daß sie dieses akzeptieren.