Zweitens – und das möchte ich hier für meine Fraktion geraderücken –: Ihre Diskussion, Argumentation für Heterogenität und mehr Binnendifferenzierung im gymnasialen Bereich hat mir doch einen starken Klang danach, durch die Hintertür so eine Art zweite, wie auch immer zu definierende Gesamtschule aufzumachen, und das wird mit uns hier nicht laufen.
Drittens: Sie haben eben die Kollegen, die aus Bayern hier nach Hamburg gekommen sind, gelobt. Ich empfehle, daß vielleicht die Schulpolitiker und Senatorin einmal nach Bay
Letzter Punkt, Frau Senatorin.Sicherlich ist es in vielen Fällen so, daß sich Grundschulkollegen getäuscht haben, was die Prognosefähigkeit mit dem Abitur angeht. Das will ich nicht in Abrede stellen. Ich glaube trotzdem – und ich bin selbst ein Produkt –, daß das Hamburger Schulsystem so flexibel und durchlässig ist, daß nicht derjenige, der in der fünften Klasse nicht auf das Gymnasium kommt, nie mehr in seinem Leben Abitur machen wird. Aber ich habe heute mit einem Kollegen gesprochen, der in einer siebten Realschulklasse arbeitet und mir von Schülern berichtet hat, die er vor vier bis sechs Wochen aus dem Gymnasium als Rückläufer bekommen hat, von denen er heute schon sagt, daß da teilweise die menschlichen Persönlichkeiten zerstört worden sind in zwei Jahren auf dem Gymnasium, weil die Kinder kein Selbstwertgefühl mehr haben, null Bock auf Schule, weil sie einfach den völlig falschen Weg gegangen sind, und das können wir als verantwortliche Politiker nicht so tatenlos hinnehmen.
Wir versündigen uns an der Perspektive dieser Schüler. Deswegen – und das hat sich in Ansätzen, glaube ich, fast überall gezeigt – müssen wir an dieses Verfahren „Übergang ins Gymnasium und Maßnahmen in der fünften, sechsten Klasse Beobachtungsstufe“ ran und uns auch nicht scheuen, im Interesse der Zukunft und der Schulentwicklung der Kinder eventuell eine Reißleine zu ziehen, um hier nicht total kaputte Schulkarrieren zu produzieren.
Herr Beuß, wenn Sie sagen, man würde ein Allgemeinplätzchen dafür verdienen, wenn man sagt, es gebe auch eine zunehmende Heterogenität in der Grundschule, dann muß ich Sie fragen: Wo leben Sie eigentlich in dieser Stadt, daß Sie das gar nicht mitbekommen, daß das so ist?
Da kann ich Ihnen nur empfehlen: Gehen Sie mal in Grundschulen und gucken Sie sich das einmal an. Ich behaupte, das hat sich sehr verändert. Das ist eben nicht mehr so wie früher, zumindest nicht in allen Stadtteilen, vielleicht in dem Stadtteil, in dem Sie leben.
Aber wir haben in den vergangenen Jahren eine Zuwanderung von 140 000 Menschen in dieser Stadt gehabt. Das sind Menschen, die verschiedener Herkunft gewesen sind und aus verschiedenen Ländern dieser Welt gekommen sind. Natürlich hat es eine zunehmende Heterogenität der Kinder gegeben, die in unsere Grundschulen gehen.Damit muß man umgehen.Hamburg hat dafür ein Konzept mit der flächendeckenden Verläßlichen Halbtagsgrundschule entwickelt, die eben mehr anbietet und dafür Sorge trägt, daß Kinder, die von unterschiedlichen Startlinien abmarschieren, eine Chance haben, an einer gleichen Ziellinie anzukommen. Das ist doch die Aufgabe dieses Projektes.
Zweiter Punkt: Herr Beuß, machen Sie sich keine Sorgen. Ich will die Gymnasien auf keinen Fall zu Gesamtschulen machen.
Ich finde, Gesamtschulen haben – wie Sie wissen – große Verdienste, große Vorzüge und auch ein breites pädagogisches Angebot. Aber wer in dieser Stadt die Gymnasien zu dieser Heterogenität der Schülerschaft geführt hat, das sind die Eltern dieser Stadt, die ihre Kinder da angemeldet haben, Herr Beuß. Das ist doch der Punkt.
Dritter Punkt: Sie sprechen von überforderten Kindern. Ich habe eingangs gesagt, daß natürlich auch die Wahlentscheidung der Eltern – so vernünftig sie als Kollektiv für das Gymnasium ist – im Einzelfall unvernünftig sein kann, wenn sie das Leistungsvermögen des einzelnen Kindes nicht in den Blick nimmt. Natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, daß solche Kinder zwei Jahre lang einen Leidensweg an einer Schule gehen, an der sie nur Mißerfolge bestätigt bekommen.Aber, Herr Beuß, Sie wissen doch ganz genau, daß die Eltern auch ein Recht haben, ihr Kind innerhalb dieser zwei Jahre an eine andere Schulform anzumelden. Insofern wollen wir mal die Sache vom Kopf auf die Füße stellen. Sicherlich muß man Eltern ermutigen, im Interesse der Kinder diesen Weg zu gehen, wenn sich zeigt, daß ihre Entscheidung an der Stelle falsch gewesen ist, um ihnen diesen Weg zu ersparen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 61 auf: Antrag der CDUFraktion zur Einrichtung von Familienlotsen, Drucksache 16/4814.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Letztes Jahr war es noch so, daß nur Fachleute davon gesprochen haben, daß es schwierig für Hamburg ist, daß immer mehr Familien aus Hamburg herausgehen. Wir hatten eine Debatte darüber, wieviel Geld das kostet, was das an sozialer Unruhe bringt. Mittlerweile haben wir aber im Bundesrat bei den Debatten über den Länderfinanzausgleich gehört und vor allen Dingen auch in der Fachpresse lesen können, wie schlimm es doch ist, daß Hamburger Familien rausgehen aus Hamburg.Es ist interessant nachzulesen, was Hamburger Senatorinnen und Senatoren dazu im Bundesrat gesagt haben. Wir haben dann gedacht, wenn das jetzt allgemein auch von der Hamburger Politik als Problem angesehen wird, dann muß doch der Senat irgend etwas tun und eine Initiative ergreifen. Aber wir haben gewartet und gewartet.Wir wollten aber nicht zu lange warten. Deswegen wollen wir dem Senat einmal ein bißchen helfen und innovativ sein.
Wir haben uns überlegt, wir fordern mal einen Wohnungslotsen. Das durften wir nicht. Eine Hamburger Wohnungs
baugenossenschaft hat der CDU geschrieben, diesen Begriff hätten sie sich schon vor einem dreiviertel Jahr belegen lassen, den dürft ihr nicht verwenden.
Da sollte irgend etwas kommen, aber gekommen ist da auch nichts, weder aus der Wohnungswirtschaft noch aus der Baubehörde. Wir haben lange überlegt, wie wir das nennen. Dann haben wir gesagt: Familienlotsen.
Hintergrund ist, meine Damen und Herren, daß wir als Stadt – wie andere Städte auch – um bestimmte Bürger kämpfen müssen. Es ist ja ehrenwert, meine Damen und Herren von der GAL, wenn ich lese, daß Sie sich mehr um Zuwanderer kümmern wollen, dort also noch Haushaltsmittel zur Verfügung stellen wollen. Hamburg braucht nicht nur eine bestimmte Klientel an Zuwanderung, sondern Hamburg braucht auch die Familie, Hamburg braucht den sozialen Stabilitätsfaktor, Hamburg braucht auch die Besserverdienenden, auch den besserverdienenden Zwei-Familien-Haushalt, und da muß man sich mal etwas einfallen lassen.
Da haben Sie sich etwas einfallen lassen? Man merkt aber nichts.Da kommt doch nichts, meine Damen und Herren. Sie sagen immer, warten Sie mal, warten Sie mal, und die Leute gehen immer wieder raus aus Hamburg, aber es passiert nichts.
Dann, meine Damen und Herren, ich finde es wirklich rührend von Ihnen, daß Sie nun bereit sind, diesen Antrag an den Bau- und Verkehrsausschuß zu überweisen, wohl wissend, daß gerade wir als CDU-Fraktion moniert haben, daß CDU-Anträge dort seit über einem Jahr liegen. Damit wollen Sie doch wieder ein Stück Initiative, ein Stück Zukunft Hamburgs im Ausschuß beerdigen, oder sagen Sie mir ganz einfach zu, daß wir das noch in dieser Legislaturperiode beraten.
Wenn heute die Erklärung kommt, jawohl, wir beraten das noch in dieser Legislaturperiode im Ausschuß und hier in der Bürgerschaft, dann bin ich zufrieden. Dann nehme ich meine Äußerung auch zurück. Ein Mietertelefon haben wir schon. Man braucht ganz einfach nur die digitale Stadtgrundkarte. Die haben wir. In der Schulbehörde haben wir die digitalisierten Daten über Klassenfrequenzen, in der Sozialbehörde haben wir die digitalisierten Daten über Kindertagesplätze und andere Dinge.Das können Sie alles mit einem äußerst geringen Aufwand, der noch nicht einmal 100 000 DM beträgt, ich glaube, sogar nur 50 000 DM, auf die digitale Stadtgrundkarte hier in Hamburg übertragen und dann über ein Telefon in der Baubehörde, Schulbehörde, beim Senatsamt oder zum Beispiel auch im Internet zur Verfügung stellen. Das kostet nicht viel, meine Damen und Herren. Man muß es nur wollen, und damit bekommen Sie Leute nach Hamburg. Dann können Sie den Leuten sagen, wo sie hinkönnen, oder fragen, wohin sie möchten. Wenn sich daran dann noch Wohnungsbaugesellschaft anhängen – vielleicht können die sogar noch ein bißchen etwas dafür bezahlen –, dann tragen sich diese 50 000 DM auch noch.
Welche Wohnungen Familien wollen, das sagen uns dann schon die Familien. Da brauchen Sie nur in die Fachzeitungen zu gucken. Dort steht heute gerade wieder, was die Familien wollen.
Sie wollen Eigentum oder eine Drei- oder Vierzimmerwohnung, das soziale Umfeld muß stimmen, der Schulweg muß stimmen. Jeder hat da unterschiedliche Bedürfnisse. Das ist heute alles nachzulesen. Genau das kann man einstellen ins Internet oder über solch ein Telefon.Das kostet nicht viel, Personal ist in der Baubehörde auch vorhanden. Davon haben wir uns gerade bei den Beratungen im Haushaltsausschuß überzeugt, daß nicht viel Personal abgebaut worden ist. Es ist machbar. Daß Sie so etwas Machbares und Effektives, wie andere Städte das machen, hier nicht gleich beschließen, finde ich außerordentlich schade für Hamburg, und es beweist Ihre nicht vorhandene Innovationsfähigkeit. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Tants, ursprünglich sind Sie davon ausgegangen, daß wir heute über die Abwandererproblematik in dieser Stadt reden wollen. Das haben Sie jedenfalls, als Sie von Bundesratsinitiativen gesprochen haben, gesagt.Dann ist natürlich dieses Telefon für 50 000 DM Kosten in Wirklichkeit auch nicht der große innovative Wurf, sondern ein parlamentarisches Windlein.Anders kann man es nicht bezeichnen.