Über diesen unfairen Wettbewerb hat die Monopolkommission in ihrem 11. Hauptgutachten 1995 berichtet:
„Öffentliche Unternehmen unterliegen praktisch keinem Konkursrisiko. Sie sind steuerlich vielfach bessergestellt und können sich oftmals deutlich günstiger refinanzieren als private Unternehmen. Wegen ihrer Nähe zum Staat und zu Behörden ist ein bevorzugter Zugang zu öffentlichen Aufträgen nicht auszuschließen.“
Was auch immer mehr um sich greift, sind die sogenannten Indoorgeschäfte. Das heißt, unter Umgehung einer Ausschreibung vergibt der kommunale Auftraggeber seinen Auftrag direkt an ein kommunales Unternehmen. In Hamburg leidet das Hamburger Handwerk ganz erheblich unter diesen Geschäftsgebaren der öffentlichen Unternehmen und dieser Senatspolitik.
Nur einige Beispiele, die der Senat in seiner Antwort bestätigt hat: So wildern TEREG und SGG im Gebäudereinigungshandwerk und bedrohen zahlreiche kleine und mittlere Handwerksunternehmen in ihrer Existenz. Gleich drei Unternehmen bieten in großem Umfang ihre Dienstleistung rund um das Kraftfahrzeug an und treten damit ganz offen in den Wettbewerb mit dem Kraftfahrzeughandwerk. Sie vermieten sogar Ersatzfahrzeuge. Immer mehr kommu
nale Unternehmen suchen sich neue Tätigkeitsfelder oder bieten ihre Überkapazitäten auf dem freien Markt an.
Aber diese öffentlichen Unternehmen stehen nicht nur in direktem Wettbewerb zu Handwerk und Mittelstand im privatwirtschaftlichen Bereich, sondern konkurrieren zusätzlich in erheblichem Umfang um die öffentlichen Aufträge der Stadt.
Zur grundlegenden ordnungs- und wettbewerbspolitischen Kritik, die ich eben vorgetragen habe, kommt ein weiterer sehr schwerwiegender Punkt hinzu. Der Senat verletzt mit seiner Beteiligungspolitik kontinuierlich die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung und mißachtet damit vorsätzlich die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Bürgerschaft. Paragraph 65 LHO regelt die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung Hamburgs. Voraussetzung nach dieser Bestimmung ist zum einen ein wichtiges staatliches Interesse und zum anderen, daß der angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise zu erreichen ist.
Daß die haushaltsrechtlichen Bestimmungen bei der STEG nicht eingehalten wurden, wurde Senat und Bürgerschaft heute durch den Jahresbericht des Rechnungshofs schwarz auf weiß vorgelegt. Anstatt im Falle der STEG endlich Konsequenzen zu ziehen, wird an einer neuen Legende zur Existenzsicherung gestrickt. Aber auch in anderen Fällen wird der Begriff „Staatliches Interesse“ auf Biegen und Brechen für die haushaltsrechtlichen Begründungen zurechtinterpretiert. Selbst bei der großzügigsten Auslegung dieses Rechtsbegriffs frage ich Sie: Wo ist das staatliche Interesse zum Beispiel bei einem stadteigenen Reisebusunternehmen wie „Jaspers“ oder „TRAVERS“ oder im Bereich der Gebäudereinigung mit TEREG und SGG? Außerdem darf nach Paragraph 65 LHO der durch eine wirtschaftliche Beteiligung angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise zu erreichen sein. Diese Bestimmung ist ein Privatisierungsappell.
Eine konsequente Aufgabenkritik und Markterkundung findet weder vor der Gründung eines öffentlichen Unternehmens statt noch eine regelmäßige Überprüfung der bestehenden Beteiligungsverhältnisse zu einem späteren Zeitpunkt.
Dabei ist hinlänglich bekannt, daß in vielen Fällen Private kostengünstiger und mit höherer Qualität arbeiten als die öffentliche Hand und ihre Unternehmen.
Welche erheblichen Potentiale durch mehr Wettbewerb und Privatisierung freigesetzt werden, haben die Bereiche Telekommunikation und Strom eindrucksvoll gezeigt, und es wäre zusätzlich ein riesiges Existenzgründungsprogramm mit vielen neuen Arbeitsplätzen.
Die CDU fordert vom Senat, sich auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren und öffentliche Unternehmen konsequent zu privatisieren. Sie fordert weiterhin, die Chancengleichheit sicherzustellen, wenn es zum Wettbewerb zwischen öffentlichen Unternehmen und der Privatwirtschaft kommt, und vor allen Dingen die Einhaltung der haushaltsrechtlichen Bedingungen zu garantieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, schon der Titel Ihrer Großen Anfrage verweist auf den eigentlichen Kern des Themas, nämlich verfolgt man bei der Lösung gesellschaftlicher Aufgaben ein ideologisches Konzept oder sucht man nach pragmatischen Lösungen.
In regelmäßigen Abständen wird von der CDU das Thema „Der Staat ist schlecht, die Privatwirtschaft ist gut“ formuliert und in verschiedenen Variationen dargeboten. Einmal wird gesagt, wir haben zu viele öffentliche Unternehmen. Dann wird uns vorgeworfen, daß sich deren Tätigkeit in den privatwirtschaftlichen Bereich ausdehnt,
daß sie zu teuer und nicht wettbewerbsfähig sind, den Mittelstand ruinieren und zusätzlich öffentliche Aufträge erhalten.
Wir wollen folgendes: Eine gesicherte Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Leistungen, die sie nicht oder nur eingeschränkt auf dem freien Markt bekommen.
Diese Leistungen der Daseinsfürsorge werden auch durch Unternehmen erbracht, die der öffentlichen Hand gehören. Das sind natürlich insbesondere bezahlbare Wohnungen für Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen. Das ist die Gewährung von Mobilität in der Stadt, die Bereitstellung eines kulturellen Angebots oder die Förderung von Arbeit für Menschen, die auf dem freien Markt keine Arbeit mehr finden.
All dies wird auch durch öffentliche Unternehmen bereitgestellt und sollte nicht durch ideologische Verbohrtheit in Frage gestellt werden.
Ich halte die Frage, ob staatliches oder privates Handeln das bessere ist, für überholt. Bürgerinnen und Bürger interessiert es nicht, aus welcher Eigentumsform sie die Leistung bekommen, sondern sie wollen Leistungen schnell, effizient und mit freundlichem Service bekommen.
Wenn wir zum Anfang der neunziger Jahre zurückblicken, müssen Sie zugeben, daß der private Markt die Lösung des Wohnungsproblems in Hamburg natürlich nicht gebracht hätte. Trotzdem bleibt es richtig, daß die alleinige Versorgung von Menschen mit Wohnraum keine rein staatliche Aufgabe ist, aber natürlich durch öffentliche Tätigkeit ergänzt werden muß.
Es ist heute mit den liberalisierten Märkten möglich, mit Leistungen Geld zu verdienen, die früher nur durch staatlichen Einsatz gewährt werden konnten. Im Bereich der Energieversorgung, der Post, der Telekommunikation, aber auch im Bereich sozialer Dienstleistung wie der Pflege, entsteht ein Nebeneinander von staatlichen und privaten
Dienstleistungen. Daraus entstehen hohe Anforderungen für Unternehmen im öffentlichen Eigentum, aber auch für die Privaten, die sich im Wettbewerb neu positionieren müssen.
Wie sich in diesem globalen Wandel Staat und öffentliche Unternehmen positionieren, kann sehr unterschiedlich sein.
Einen Hinweis, wie Hamburg seine Zukunftsaufgaben bewältigt, haben wir vor kurzem aus einem Beitrag der Bremer Universität erfahren. Dort werden in einem sogenannten Stadtstaatenprojekt die Städte Berlin, Hamburg und Bremen miteinander verglichen. Das Ergebnis ist eindeutig. Die Organisation öffentlicher Unternehmen, die Transparenz, die politische und parlamentarische Kontrolle gelten in Hamburg als vorbildlich.
Der Hamburger Weg ist pragmatisch, es hat weder überstürzte Privatisierung gegeben, um Haushaltslöcher zu stopfen, noch Verkäufe aus rein ideologischen Gründen. Hamburg schafft betriebswirtschaftlich selbständige Einheiten dort, wo es sinnvoll ist. Das kann im öffentlichen Eigentum und in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform genauso passieren wie im privaten. Für Hamburg und seine Bürgerinnen und Bürger hat sich dieser Pragmatismus ausgezahlt, und wir haben uns natürlich gefreut, daß dies auch das Ergebnis einer Vergleichsstudie ist.
Ein wichtiges Thema sprechen Sie am Rande Ihrer Großen Anfrage an. Für alle zu verfolgen war, daß es in den letzten Monaten Streit zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesregierung und den Bundesländern gegeben hat. Berührt war die Frage, in welcher Form Daseinsfürsorge für die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik gewährleistet werden kann. Auch gibt es eine Transparenzrichtlinie der Europäischen Union, die öffentliche Unternehmen verpflichtet, eine getrennte Buchführung durchzuführen: einmal für Leistungen eines allgemeinen öffentlichen Interesses und für Leistungen, die auch privatwirtschaftlich erbracht werden können.
Die Bundesrepublik Deutschland hat eine lange Tradition mit öffentlich-rechtlichen Anstalten, Unternehmen, Genossenschaften, Wohlfahrtsverbänden, die alle in einem Bereich zwischen reinem Markt und reinem Staat zentrale wichtige Leistungen für die Gesellschaft erbringen. Diese Tradition spielt für den Wohlstand unseres Landes eine entscheidende Rolle.
Es gab in der Bundesrepublik die Befürchtung, daß durch die Politik der EU-Kommission dieser Bereich rechtlich diskriminiert würde. Dagegen haben sich die Bundesländer und richtigerweise die Bundesregierung gewehrt.
Wir haben in vielen Bereichen ein Nebeneinander privatwirtschaftlicher Unternehmen, Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung und Unternehmen mit ausschließlich öffentlichem Eigentum.
Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht. Dieser Wellfaremix hat sich gelohnt und zum Teil auch den Wettbewerb befördert.
Ein gutes Beispiel sind die öffentlich-rechtlichen Banken und Sparkassen, die ins Visier der EU-Kommission gekommen sind. Die Europäische Bankenvereinigung hat sich bei der Kommission darüber beschwert, daß öffentlich-rechtliche Banken durch die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung einen Wettbewerbsvorteil hätten. Hierüber wird noch entschieden werden.
Die Position der Bundesregierung, die ich für richtig halte, weist darauf hin, daß es sich dabei nicht um unzulässige Beihilfen handelt, die einen Wettbewerbsvorteil bieten, sondern daß es natürlich zum üblichen Haftungssystem einer Anstalt öffentlichen Rechts gehört. Natürlich haftet der öffentliche Eigentümer für eine Anstalt öffentlichen Rechts, die ihm gehört. Das Gros der Sparkassen ist lokal tätig und sorgt in der Bundesrepublik für eine flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen.