Protokoll der Sitzung vom 11.12.2000

Im Unterschied zu Ihnen, Herr von Beust, beginnen wir nicht erst in der Schule damit, sondern wir wollen bereits im Kindergarten und in der Vorschule damit beginnen.

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Und was ist mit dem muttersprachlichen Unterricht?)

Es steht auch in unserem Antrag ganz deutlich:

„Die bereits bestehenden Konzepte sind in Zusammenarbeit... weiterzuentwickeln und gegebenenfalls auch auf die Bereiche Vorschule und Kindertagesbetreuung auszuweiten.“

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das sollten Sie sich angucken, davon können Sie lernen.

Natürlich, Herr Beuß, muttersprachlicher Unterricht. Ich glaube, Sie haben nicht die richtigen Vorstellungen, was das eigentlich heißt.

(Wolfgang Beuß CDU: Ich rede vom muttersprach- lichen Unterricht!)

Wir haben in diesem Bereich über 900 Lehrerstellen in dieser Stadt, die zusätzlich Deutsch unterrichten und versuchen, den Kindern, die als Erstsprache eine andere Sprache haben, Deutsch beizubringen. Daß die Ergebnisse nicht immer so sind, wie man sich das vielleicht wünschen könnte, oder daß das sehr schwierig ist, zeigt, daß man an diesen Konzepten weiterarbeiten muß, daß man sie weiterentwickeln muß, denn noch gibt es in dieser Republik dafür keinen Königsweg und nicht das Konzept, das man einfach umsetzen kann. Aber über Schwierigkeiten so zu reden, wie Sie das hier gemacht haben, ist einfach verkehrt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ich kann nur zusammenfassend sagen, Herr von Beust – aber nun ist er schon draußen, es interessiert ihn offensichtlich doch nicht so sehr –:

(Tanja Bestmann SPD: Pfui!)

Bleiben Sie bei Ihrer Leistungsgesellschaft. Da liegen Sie richtig, bei den Armen und Schwachen und den Kleinen nimmt Sie sowieso keiner ernst. Da traut man den Worthülsen sowieso nicht. Bleiben Sie dort, wo Sie immer gewesen sind.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Brinkmann, daß Herr von Beust heute bei der Leistungselite gewesen sein sollte, das erschließt sich mir nach dieser Debatte nun überhaupt nicht. Da tun Sie ihm viel zu Gutes an.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Eingangs möchte ich noch einmal erwähnen, daß im letzten Jahr in der Presse viel Kritisches über die Bedeutung der Landesparlamente geschrieben worden ist – auch die Hamburger Bürgerschaft war namentlich betroffen –, über die fehlende Bedeutung des Parlaments und das fehlende Selbstbewußtsein der Parlamentarier gegenüber dem Senat. Es ist nicht ganz leicht nach den Reden, die ich heute von der Opposition, insbesondere von der CDU, zum Haushalt gehört habe, gegen dieses Herunterziehen des Niveaus anzuargumentieren. Es ist schwer, nach diesem Theater eine selbstbewußte parlamentarische Debatte zu bringen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich finde, es reicht nicht, wenn ein Oppositionsführer völlig ohne Konzept Einzelprobleme in der Stadt als Analyse und Bewertungsgrundlage für die Regierungsarbeit nimmt. Er zeichnet sich aus als jemand, der nur in Einzelfällen denken kann. Komplex mal einen Wurf zu machen, wie die Regierung oder auch der Haushalt der Stadt zu beurteilen ist, darauf wird sich überhaupt nicht eingelassen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dietrich Ellger SPD: Sehr richtig!)

Das Problem, das wir dann haben, ist, daß neben der chronischen mangelnden Präsenz der Opposition im Parlament der Bürgermeister froh sein kann, daß der „Focus“ etwas schreibt, damit man überhaupt einen Gegenpart hat, mit dem man sich bei seinem Regierungsprogramm illustrieren kann, weil von Ihnen nichts gekommen ist.

(Dr. Michael Freytag CDU: Als Gegenpart hat er den „Focus“ aber nicht zitiert, sondern als Unter- stützung!)

Na ja, damit kann man sich dann auch noch kritisch auseinandersetzen – das tun wir jedenfalls –, weil man gar keinen Grund hat, einfach zufrieden zu sein, aber das bietet überhaupt einmal Stoff, über die Sache zu reden, Herr Dr. Freytag. Aber ich kann Ihnen verraten, daß ich die von Ihnen geprägten Anträge auch noch zum Gegenstand meiner Rede machen will, weil die sich tatsächlich mit dem Thema auseinandersetzen, und das ist auch gut so. Aber wir sitzen hier schon drei Stunden ohne besondere inhaltliche konzeptionelle alternative Vorschläge.

(Heino Vahldieck CDU: Dafür sind Sie ja jetzt da!)

Na ja, meine Rolle ist da beschränkt,

(Heino Vahldieck CDU: Nicht nur die Rolle!)

weil ich Sie immer ein bißchen enttäuschen werde, weil ich diese Regierung mit unterstütze. Aber ich kenne Ihre klagenden Laute, daß Sie sich wundern, daß die Grünen jetzt nicht mehr gegen die Regierung schießen. Das ist aber eine Sache, worüber Sie einmal länger nachdenken dürfen, daß das auch normal ist. Aber daß Sie das beklagen, das weiß ich.

Ich möchte am Anfang auf das eingehen, was wir uns vor drei Jahren hinsichtlich der Haushaltslage der Stadt zum Ziel gesetzt haben. Einig waren sich die Koalitionspartner wahrscheinlich mit der Opposition, daß sich Hamburg in einer außerordentlich schwierigen Haushaltslage befindet. Das wurde dann auch als erster Satz zum Thema Haushalt in der Koalitionsvereinbarung dokumentiert.

Was wir erreicht haben, ist, daß der Betriebshaushalt in 1999 ausgeglichen wurde und daß wir abwarten müssen, ob er in 2000 ausgeglichen sein wird und daß wir eine Rücklage für den Haushalt 2001 brauchen, die wir allerdings haben. Insofern haben wir einen Umschwung in der Haushaltskrise erreicht. Das ist auch von Ihrer Seite goutiert, aber nicht weiter kommentiert und bislang auch noch nicht mit weitreichenden Vorschlägen versehen worden. Aber ich hatte bei der Rede von Herrn Dr.Salchow den Eindruck, daß er die Wichtigkeit und den Gewinn dieser Politik dann doch zu schätzen weiß.

Wir haben uns ein neues Etappenziel gesetzt. Der Senat hat in seinem Haushaltsplan – und das war auch Gegenstand der Beratungen im Haushaltsausschuß – ein neues Ziel formuliert, was da heißt die Halbierung der Neuverschuldung bis 2004. Ich glaube, das ist ein richtiges Ziel, denn wenn man sich anschaut, wie der Schuldenstand der

(Petra Brinkmann SPD)

Stadt ist, dann hilft es nicht, diesen nur zu beklagen und diese Zahlen aufzuzählen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Da haben wir ja Vor- schläge gemacht!)

Dann hilft auch nicht der Blick zurück, daß es vor 23 Jahren anders war, sondern da nützt der Blick nach vorn, und der Blick nach vorn hat ein sehr ehrgeiziges Programm für die Hamburger Verhältnisse definiert. Die Verringerung der Neuverschuldung auf die Hälfte ist sicherlich nicht das Ende der haushaltspolitischen Vernunft, aber es ist ein realistischer und wichtiger Schritt dorthin.

Das Argument der CDU, das häufig zur Haushaltssituation der Stadt gemacht wird, ist, daß es sich um hausgemachte Finanzprobleme handelt.Das ist eine Sache, die ich eigentlich am schwierigsten finde. Vorhin hat hier jemand – ich glaube, das war Herr Dr. Christier – zu einem gewissen Hamburger Lokalpatriotismus aufgerufen. Da, finde ich, nimmt die CDU eine problematische Rolle ein. Wenn Sie davon sprechen, daß Hamburg nur hausgemachte Haushaltsprobleme hat, dann habe ich mittlerweile wirklich den Eindruck, daß Sie überhaupt nicht mitbekommen haben, was sich in den letzten Jahren in den Haushalten der Großstädte und vor allem der Stadtstaaten getan hat. Es gibt dort ein Wegbrechen der Einkommensteuerbasis.Das liegt auch daran, daß Bevölkerung und Gewerbe ins Umland ziehen und daß es eine Verdreifachung der Kosten im sozialen Bereich gegeben hat.Insofern steht Hamburg mit anderen Großstädten und vor allen Dingen den anderen Stadtstaaten in einer sehr schwierigen Situation.Wenn die CDU jetzt immer behauptet, das seien hausgemachte Probleme, dann erkennt sie gar nicht und hat keine richtige Analyse über die Schwierigkeit, die Großstädte und Metropolen zum Beispiel in Deutschland haben, sie sind Stichwortgeber für die Länder im Länderfinanzausgleichstreit, die meinen, wir könnten nicht mit Geld umgehen und wir bräuchten weniger.

(Dr. Michael Freytag CDU: Dafür gibt es eine Lö- sung!)

Was wäre dafür eine Lösung, wenn wir noch mehr zahlen müßten im Länderfinanzausgleich?

(Dr. Michael Freytag CDU: Im nächsten September machen wir das anders!)

Herr Dr. Freytag, Sie müssen Ihre Kritik nur ein bißchen auf eine realistische Basis setzen. Sie kommen mit dem Vergleich von Flächenländern, um unsere Finanzierungsdefizitquote zu beurteilen. Ich finde, Sie haben recht, wir können alle Zahlen lesen. Aber wenn Sie behaupten, es seien hausgemachte Probleme, dann erkennen Sie die Probleme und auch die Interessen Hamburgs nicht an.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Richtig naiv und problematisch wird es dann, wenn Sie sagen, Hamburg und vor allen Dingen dieser Senat hätten eigentlich gar nichts getan.

Sie informieren die Öffentlichkeit – das finde ich auch gut – mit den Zahlen der zugewachsenen Steuereinnahmen der letzten vier Jahre. Gemäß der Mitteilung der CDU in ihrer Pressekonferenz ist daran zu erkennen, daß die Steuereinnahmen von 11,8 Milliarden DM auf 14,6 Milliarden DM im Jahr 2000 gestiegen sind. Das ist eine gute Botschaft;

(Zuruf von Dr. Michael Freytag CDU)

dann ist darin ein Druckfehler, ich nehme an, daß Sie das nicht absichtlich machen, und habe es auch nicht anders

im Kopf. Im übrigen sind es die verbleibenden Steuereinnahmen, die 13,6 Milliarden DM betragen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

Des weiteren haben Sie aufgeführt, daß sich die bereinigten Gesamtausgaben des Senats nur um 61 Millionen DM verringert haben. Das soll uns jetzt vermutlich sagen, daß wir nicht richtig konsolidiert hätten und die Steuereinnahmen daneben ganz toll gewachsen seien. Daran soll man vermutlich sehen, daß wir, wenn man die CDU gewählt hätte, eine noch stärkere Haushaltskonsolidierung bekommen hätten.

Wenn von einem 18-Milliarden-Haushalt 1,5 Prozent ungefähr 280 Millionen DM ausmachen und man ganz konservativ davon ausgeht, daß die Preissteigerungsrate 1,5 Prozent beträgt, müssen Sie bei dem, was Sie hier aufstellen, einmal daran denken, daß die Konsolidierungsleistung dieses Senats auch immer die Preissteigerungsrate auffangen mußte und damit real und substantiell weniger Geld zur Verfügung stand. Diese Art der Berechnung stellen Sie jedoch nicht an. Sie führen die Leute in die Irre und suggerieren ihnen, daß ein für alle wahrnehmbares anstrengendes Sparprogramm anscheinend keines gewesen ist. Das zeichnet Sie nicht als eine Fraktion aus, die eine solide Einschätzung für Konsolidierungsprogramme vornehmen könnte.