Protokoll der Sitzung vom 12.12.2000

Der CDU-Antrag, Herr Beuß, ist ein Sammelsurium alter Hüte, bekannter Punkte, nichts Überzeugendes, bis auf einen Punkt, und der führt mich zum gestern beschlossenen Antrag „Wilhelmsburg“, zum Punkt 7: Sprachkompetenz von Kindern und Jugendlichen ausländischer Herkunft. Jenseits der Frage, wieviel muttersprachlicher Unterricht, in welcher Form und in welcher Differenzierung – nach Schulform, Alter, Herkunft, wann zugewandert oder ob hier geboren –, wieviel Deutschunterricht, welcher Ressourceneinsatz und warum die zugewiesenen Stunden

häufig nicht immer zweckgerichtet eingesetzt werden, jenseits dieser wichtigen Fragen bleibt richtig, daß die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift eine zentrale Voraussetzung für die Chancen dieser Kinder und Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt und ihrer gesellschaftlichen Integration ist.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch und Dr. Hans-Peter de Lorent, beide GAL)

Für die Förderung dieser Kinder stehen in den betreffenden Schulen schon seit Jahren rund 800, 900 Stellen zusätzlich zur Verfügung. Wenn ich im CDU-Antrag lese, Sprachüberprüfung beim Einschulungsgespräch und dann Fördermaßnahmen, damit sie zur Einschulung – das sind dann noch einmal rund vier Monate – die deutsche Sprache beherrschen, ich bitte Sie, entweder halten Sie die Eltern in dieser Stadt für dumm oder Sie haben wirklich keine Ahnung davon, wie sich eine zufriedenstellende Sprachkompetenz entwickelt. Mit Sicherheit nicht innerhalb von vier Monaten, Herr Beuß.

(Petra Brinkmann SPD: So ist es! – Dr. Holger Christier SPD: Das ist richtig!)

Sie dürfen zunächst einmal ruhig anerkennen, daß da in den letzten Jahren sehr viel geleistet worden ist. Wir sind uns darüber einig, daß Deutschförderung, ob in Schule, ob in Vorschule oder im Kindergarten, und Deutschunterricht von hoher Bedeutung sind. Weniger einig sind wir uns darin, über welchen Weg dies erfolgen soll. Aber der Punkt Deutschkompetenz wird eine zentrale Aufmerksamkeit erhalten, und das ist die Botschaft an die Wilhelmsburger in diesem Antrag.

Ein letztes Wort an Frau Pape gerichtet. Frau Senatorin Pape, Sie haben in den Monaten Ihrer bisherigen Amtszeit sehr viel und Gutes auf den Weg gebracht.

(Rolf Kruse CDU: Habe ich mir gedacht!)

Ja, selbstverständlich. Die Schulpolitik der Koalition ist bei Ihnen in sehr guten Händen. Hamburger Schulpolitik hat Qualität, und mit dieser vorzeigbaren Leistung gehen wir gestärkt in das nächste Jahr. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Roland Salchow CDU: Ist das nicht nett!)

Das Wort hat Frau Goetsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Salchow, sag mir, wo die Schwarzen sind. Wo sind sie schulpolitisch geblieben?

(Oh-Rufe bei der CDU)

Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben in diesem Feld aber auch nicht eine einzige neue Idee entwickelt.

(Wolfgang Drews CDU: Das ist doch Blödsinn!)

Wenn ich mir Ihre Anträge vom letzten Jahr und von den Jahren davor anschaue, dann reduziert sich das auf dem Niveau der Einführung von Schuluniformen und Wiedereinführung von Kopfnoten.

(Wolfgang Beuß CDU: Sie stellen überhaupt keine Anträge mehr!)

Soll es das gewesen sein? Ist Ihnen nichts mehr eingefallen? Alle anderen schulpolitischen Vorschläge haben Sie,

(Günter Frank SPD)

Herr von Beust und Herr Beuß, abgeschrieben. Sie haben gespickt, Sie haben von Grün, von Rotgrün abgeschrieben.

(Heiterkeit bei der CDU)

Wenn ich nur allein an die Ganztagsschule denke, die Sie zu Zeiten abgelehnt haben, die VHGS, die Sie abgelehnt haben, plötzlich alles abgeschrieben. Wenn Sie im realen Schulleben wären, würde man Ihnen das Heft wegen Täuschungsmanöver abnehmen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Bernd Reinert CDU: Wieso sagt Herr Frank, daß wir alles falsch machen, wenn wir alles nur abgeschrieben haben?)

Dann treten Sie, Herr von Beust, als der Retter der Armen und Entrechteten auf und fordern plötzlich Ganztagsschulen. Da müssen Sie sich mal ein bißchen differenzierter informieren, wie der Prozeß da läuft. Machen Sie das mal flächendeckend. Ich bin sehr gespannt.

(Ole von Beust CDU: Sie sind Lehrerin von Beruf, das merkt man! Mein Gott, sind Sie schlicht!)

Aber man sagt ja, beim Abschreiben lernt man. Vielleicht hilft es dann in den nächsten Jahren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Grüne Schulpolitik hat da die viel besseren, die konstruktiveren und die kreativeren Ideen. Das haben wir bewiesen, das hat Rotgrün bewiesen. Ich nenne hier vier Beispiele.

Die Schulprogramme sind abgegeben. Ein gewaltiger Prozeß, der um der Qualität wegen angestoßen werden mußte. Alle Schulen sind damit befaßt gewesen. Ein Prozeß unter Einbeziehung der Eltern und Schüler. Sicherlich hätte da die Demokratisierung noch weiter voranschreiten können, aber in der dauernden Überprüfung ist und wird weiter ein ganz wichtiger Prozeß zur Qualitätsentwicklung angestoßen.

Ich will ganz bewußt noch einmal die VHGS erwähnen, weil sie unter Rotgrün flächendeckend eingeführt wurde. Das ist wirklich auf hohem Standard passiert. Alles andere ist dazu bereits gesagt.

Weiterhin hat Hamburg als erstes Bundesland die Reform der Lehrerbildung auf den Weg gebracht. Beachtliche Empfehlungen hat die Kommission vorgelegt und wichtige prioritäre Querschnittsaufgaben, die in allen drei Ausbildungsphasen umgesetzt werden müssen. Das ist der Umgang gerade mit sozialer und kultureller Heterogenität. Das ist der Umgang mit neuen Medien, und zwar nicht nur Medienkompetenzführerscheine, sondern gerade das Lernen mit neuen Medien wird ganz neue Lernorganisationen erfordern und die Schulentwicklung als eigenes Thema.

Ich bin darauf gespannt, wenn uns Anfang nächsten Jahres die zuständigen Behörde das Umsetzungskonzept vorstellen. Die GAL-Fraktion drückt deshalb auch öffentlich auf die Tube, weil wir noch in dieser Legislaturperiode mit der Revision beginnen wollen.

Hamburg hat als erstes Bundesland die Neuordnung der Lehrerarbeitszeit zum Thema gemacht. Auf unsere Initiative ist durch die Bürgerschaft eine Kommission eingesetzt worden, und auf unsere GAL-Initiative ist ein Antrag zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission einstimmig beschlossen worden. Das, meine Damen und Herren von der CDU, ist der richtige Weg, und das sind die besseren Ideen. Wir tun noch mehr: Wir packen auch heiße Eisen an und ziehen dann die Konsequenzen.

Es reicht nicht, nur nach der Verkürzung der Schulzeit zu schreien; über die wird inzwischen gesellschaftlich breit diskutiert. Es geht auch darum, was und wie die jungen Erwachsenen in der Oberstufe eigentlich lernen sollen. Deshalb haben wir die gymnasiale Oberstufe in unserer Großen Anfrage zum Thema gemacht. Der Antrag der Gruppe REGENBOGEN ist zu dem Punkt übrigens grottenschlecht und unqualifiziert,

(Zurufe von REGENBOGEN – für eine neue Linke)

weil er überhaupt nicht erkennt, daß mit geringeren Frequenzen das Grundproblem der zu kleinen Oberstufen nicht zu lösen ist. Damit erfolgen doch nur Korrekturen, die nichts mit dem Gesamtproblem der Qualität der gymnasialen Oberstufe zu tun haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Hier sind die Oberstufen aller Systeme – die der Gesamtschulen und der Gymnasien – gefragt. Es kann nur eine Lösung zur Profilierung und Zusammenlegung beziehungsweise zur Integration mehrerer Oberstufen geben. Alles andere ist entweder Lobbyistentum oder spricht nicht für die Qualität der Anträge.

Wenn wir an eine Verkürzung der Schulzeit und Veränderung der Oberstufe denken, müssen wir gerade hier weiterdenken, weil es auch um eine Kooperation mit der Hochschule geht. Gerade für diejenigen, die studieren wollen, kann eine Verkürzung sinnvoll sein, um für diese jungen Erwachsenen eine Propädeutikphase oder Kooperationen mit beruflichen Schulen einzurichten, für diejenigen, die nach dem Abitur eine Ausbildung machen wollen.

Für die Grünen liegt – wie allgemein bekannt – die Zukunft der Schule in der autonomen Schule, denn das ist die bessere Idee. Unter Rotgrün sind gerade in diese Richtung viele Schritte gemacht worden. Wir sind davon weggekommen, daß jede Steckdose und jeder Bleistift beim Bezirksamt beantragt werden muß, sondern gerade die kleinen und großen äußeren Bauunterhaltungen werden jetzt in die Schulen gegeben.

Inzwischen gibt es ebenfalls eine Sponsoring-Richtlinie. Das Schulprogramm gehört dazu, die flexiblen Stundentafeln, die Vergleichsarbeiten wegen der Standardsicherung auch, die sogenannten schulscharfen Einstellungen – über deren Bedeutung hatten wir, Herr Beuß, schon einige Male diskutiert, was diese überhaupt bedeuten –, Kompetenz plus – früher Geld statt Stellen – und vieles mehr. Das soll uns erst einmal ein anderes Bundesland nachmachen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Beuß, Sie können anscheinend keine Anträge lesen und müssen wohl unsere Haushaltsanträge zur Bildung überlesen haben. Gerade unser Haushaltsantrag zur Weiterentwicklung der beruflichen Schulen zeigt deutlich,

(Wolfgang Beuß CDU: Zu allgemeinbildenden Schulen, habe ich gesagt!)

was Bildung insgesamt bedeutet. Sie fängt nicht bei der Allgemeinbildung an, sondern bei der Vorschule, geht weiter zur Hochschule oder bis zu den beruflichen Schulen.

(Wolfgang Beuß CDU: Sie müssen mal zuhören, Frau Goetsch! Gehen Sie mal zum Ohrenarzt!)

Ich brauche Sie darüber wohl nicht zu belehren.

Erfreulicherweise – das paßt genau – werden die UMTSGelder des Bundes für die beruflichen Schulen eingesetzt;

(Christa Goetsch GAL)