Protokoll der Sitzung vom 14.02.2001

eine gute Idee ist.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Und Sie wollen die Telearbeit auch noch als Frauenförderung verkaufen – na ja. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussionen in der Deputation der Justizbehörde, als es um den Justizkindergarten ging, in den die Beschäftigten der Justiz ihre Kinder unterbringen konnten. Ihre Fraktion war strikt dagegen und

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Hört, hört!)

hielt ihn für völlig überflüssig, zu teuer und so weiter. Vielleicht hat sich diese Meinung inzwischen geändert.

(Elisabeth Schilling SPD: Garantiert nicht!)

Ich schlage deshalb vor: Wenn schon Frauenförderung, dann doch eher in die Richtung.

Da ich nicht glaube, daß hier irgend jemand die Feinheiten der Justizpolitik interessieren, halte ich mich kurz.

(Barbara Duden SPD: Hier sitzen die Besten!)

Nein, nicht Justizpolitik, sondern Justizpersonalpolitik. Lassen Sie mich zwei, drei kurze Anmerkungen machen.

(Antje Blumenthal CDU: Die dort beschäftigt sind, die interessiert es!)

Wir sind nicht dort beschäftigt. Ich habe mich mit Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern unterhalten, Frau Blumenthal. Ich weiß, wie die Situation dort ist.

Sie ist in vielen Bereichen nicht einfach. Das gilt aber für viele Bereiche der Justizpersonalpolitik. Ich weiß, daß von seiten der Justizbehörde vieles unternommen wird, um diese schwierige Situation unter Kontrolle zu halten. Insofern will ich auch nicht mit den Details des Aufstiegs von A9 nach A13 und den Feinheiten einer Amtsanwältin als Volljuristin oder Rechtspflegerin langweilen. Das hat keinen Zweck.

(Antje Blumenthal CDU: Es geht von A9 nach A10!)

Das ist die eine Bemerkung, die ich mir notiert hatte. Die zweite ist: Auch wir sehen die dort möglicherweise stattfindende Verdrängung kritisch. Es ist noch nicht ganz heraus, ob es überhaupt eine sein wird. Wir werden dies beobachten und befinden uns darüber in der Diskussion.

Dies gilt aber für die Gesellschaft im allgemeinen. In vielen Bereichen der Arbeitswelt ist dadurch eine Verdrängung zu beobachten, daß besser Qualifizierte weniger Qualifizierte von bestimmten Positionen verdrängen. Das ist natürlich auch im Bereich der Justiz so. Dieses aber zum Anlaß zu nehmen, wieder zu einer Rundumschelte gegen die Justizsenatorin auszuholen, halte ich für unangebracht.

(Zuruf von der SPD: Das war schon immer!)

Ja, insofern ist es nichts Neues.

Insgesamt ist die Anfrage für die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker, die das zu lesen wissen, sehr aufschlußreich. Wichtig ist, das Problem im Hinterkopf zu behalten und in der Diskussion zu bleiben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Dr. Peschel-Gutzeit.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die hier geführte Debatte gibt – darüber bin ich froh – Gelegenheit, den Justizberuf der Rechtspflegerin und des Rechtspflegers ebenso wie die Entwicklungsperspektiven anzusprechen.

Es trifft zu, daß wir darüber in der Justiz seit geraumer Zeit intensiv und lebhaft diskutieren. Unangefochten gilt, daß Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger eigenständige sogenannte Organe der Rechtspflege sind, die die ihnen übertragenen Geschäfte eigenverantwortlich und sachlich unabhängig erledigen.

Es gibt heute praktisch keinen Rechtsbereich mehr, in dem sie nicht mitwirken. Sie tragen und prägen die Justiz insgesamt und damit auch die Hamburger Justiz ganz wesentlich.

In der ganzen Republik – und das gilt auch für Hamburg – sind sie längst zu dem geworden, was der frühere Bundesjustizminister Dr. Vogel als Reformziel vor Augen hatte. Er meinte nämlich, daß die Rechtspfleger die zweite Säule der dritten Gewalt seien.

Nun hören wir in letzter Zeit immer wieder Befürchtungen, die dynamische Weiterentwicklung dieses Justizberufes könne zu Beginn unseres Jahrtausends vor dem Aus stehen. Begründet werden diese Befürchtungen mit der Justizmodernisierung, die, wie wir wissen, seit einigen Jahren sehr erfolgreich läuft und deshalb natürlich auch fortgesetzt werden wird.

Meine Überzeugung – nicht nur meine, sondern auch das, was wir mit den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern auf entsprechenden Tagungen intensiv besprochen haben – geht in die entgegengesetzte Richtung. In vielen Justizbereichen haben wir bereits Geschäftsabläufe verbessert und Aufgaben umverteilt. Darüber ist dieses Haus immer wieder informiert worden. Ein Beispiel ist die Einführung von Einheitssachbearbeitung beziehungsweise von Serviceeinheiten, die die Geschäftsstellenaufgaben ganzheitlicher, schneller und kundenfreundlicher erledigen.

Auch die Aufgabenverteilung zwischen Richtern und Rechtspflegern, die, wie wir wissen, gesetzlich geregelt ist, gehört nach unserer Überzeugung auf den Prüfstand. Und zwar deswegen, weil wir insgesamt die justitiellen Abläufe verbessern wollen. Wenn sich Optimierungsmöglichkeiten ergeben können, sollten Verfahrensrechtspflegerinnen und -rechtspfleger mit weiteren, bisher den Richtern vorbehaltenen Aufgaben betraut werden. Nicht nur Richterinnen und Richter, sondern auch gut ausgebildete und motivierte Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger erbringen bisher Justizleistungen in einer unangefochtenen Qualität. Ich bin davon überzeugt, daß diese Justizbediensteten auch weitere Aufgaben genauso gut und vollständig erfüllen kön

A C

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nen. Dies haben wir zum Beispiel mit unseren Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern intensiv diskutiert.

Die Justizmodernisierung eröffnet diesen Bediensteten neue Entwicklungsperspektiven in der Verwaltung, besser bezeichnet als Justizmanagement. Im Rahmen der Dezentralisierung haben wir – das ist hier bekannt – viele Aufgaben aus dem Ministerium in die Dienststellen der Gerichte und Staatsanwaltschaften übertragen. Das ist auch unsere Absicht gewesen; wir sehen auch, daß das sehr gut funktioniert.

Die Budgetierung und die Einrichtung von eigenständigen IuK-Abteilungen sind nur zwei Beispiele. In diesen neuen, sehr interessanten und verantwortungsvollen neuen Aufgabenfeldern ergeben sich auch Aufgaben für unsere Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger. Diese Bediensteten haben die Gunst der Stunde erkannt, sie genutzt und die Aufgabenfelder besetzt. Aus dem Justizmanagement sind deshalb unsere Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ebenso wenig wegzudenken wie aus den klassischen Verfahrensbereichen.

Eine Zahl belegt das eindrucksvoll. Heute ist rund ein Viertel aller Beschäftigten des gehobenen Dienst in der Justiz mit Aufgaben im Justizmanagement betraut. Dabei habe ich solche Dezernatsgeschäftsstellenleiterinnen und -leiter mitgerechnet, die auch noch im Verfahren tätig sind. Ein erheblicher Teil davon nimmt Führungs- und Personalverantwortung wahr.

Nach unserer Prognose wird die Zahl dieser im Management tätigen Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger eher mehr anspruchs- und verantwortungsvolle Positionen im Justizmanagement besetzen als bisher. In solchen Positionen sehen und wünschen wir uns Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger. Wir stellen allerdings dafür auch Bedingungen.

Zum einen brauchen die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger natürlich eine gute Ausbildung, die sie – das will ich an dieser Stelle einmal sehr deutlich sagen – auf unsere Kosten bekommen. Ich will das nicht kritisieren, aber man muß sich immer vor Augen führen, daß hier hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Kosten des Steuerzahlers ausgebildet werden, im Gegensatz zu Studentinnen und Studenten, die, bis sie mit ihrem Studium fertig sind, sehr häufig für ihren Unterhalt allein aufkommen müssen. Das gilt für unsere Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger nicht.

Wir wünschen uns diese Damen und Herren in solchen weiterführenden, verantwortungsvollen Positionen, sie müssen aber ihrerseits außer als Qualifikationen auch Flexibilität, Motivation, Entwicklungspotential mitbringen. Von Stellen- und Laufbahngarantien, verehrter Herr Professor Karpen, müssen wir uns hier wie auch in der gesamten Verwaltung verabschieden. Anders läßt sich zukünftig Leistungsfähigkeit und Effizienz nicht gewährleisten. Ich habe das Anforderungsprofil umrissen; wir tun natürlich auch etwas dafür.

Die Hamburger Justiz will als Arbeitgeberin durch zielgerichtete Personalentwicklung ihren Teil dazu beitragen, daß ihr Personal diesem Profil auch entsprechen kann. Erste Schritte haben wir nicht nur diskutiert, sondern auf den Weg gebracht, und zwar auf einer der auch sonst schon erwähnten Zukunftstagungen, die wir gerade für die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ausgerichtet haben.

So haben wir seit dem 1. Oktober letzten Jahres die Rechtspflegerausbildung reformiert. Damit unsere jungen

Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger für ihre zukünftigen Aufgaben fit gemacht werden, erhalten sie zusätzlich eine Ausbildung in den Rechtsgrundlagen der Gerichtsverwaltung, Grundlagen der Gerichtsorganisation und Betriebswirtschaftslehre sowie auch für die EDV.

In Abstimmung mit den Dienststellen bilden wir weiter aus. Wir haben für die reformierte Ausbildung zum 1. Oktober letzten Jahres acht Einstellungen vorgenommen, für 2001 sind zwölf Einstellungen geplant. Es trifft zu, daß wir in Zeiten der Konsolidierung nicht alle Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger übernehmen konnten. Welche Alternative hätte denn bestanden? – Sie wären nicht ausgebildet worden! Das halten wir für falsch. Denn diese Damen und Herren haben eine so qualifizierte Ausbildung bei uns erhalten, daß sie sofort anderswo untergekommen sind. Sie werden mit Kußhand von Versicherungen, Banken, von Rechtsanwalts- und Notarbüros als Büroleiter oder für andere Tätigkeiten genommen, weil sie so qualifiziert ausgebildet sind.

Nach dem Ende der Konsolidierung im Personalbereich werden wir jetzt natürlich zu einer verläßlicheren Planung und Übernahmepraxis zurückkehren können. Mit der Neuorganisation der Staatsanwaltschaft haben wir eine deutlich größere Zahl von Amtsanwälten geschaffen. Es war in diesem Hause über Jahre gefordert worden, die Amtsanwaltschaft auszuweiten, um mit der sogenannten kleinen und mittleren Kriminalität schneller fertig zu werden. Das ist geschehen, und die so vermehrten Stellen sollen nach der Idee der Staatsanwaltschaft zur Hälfte aus dem höheren Dienst mit Volljuristen und zur Hälfte aus dem gehobenen Dienst mit Rechtspflegern besetzt werden.

Der gehobene Dienst wird in seinen angestammten Rechten und in seinen Beförderungsmöglichkeiten also keineswegs beschnitten. Im Jahre 2001 haben bereits fünf qualifizierte Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger die Amtsanwaltsausbildung aufgenommen.

Schließlich haben wir etwas geschaffen, was, wie wir annehmen, in der Bundesrepublik bisher einmalig ist. Wir haben eine Mobilitätsbörse geschaffen. Sie wird den Beschäftigten des gehobenen Dienstes ermöglichen, ihre Arbeitsplätze in der Justiz auf Zeit zu tauschen oder als Trainee Interesse und Eignung für eine Tätigkeit im Justizmanagement auszuloten. Das heißt, wir nehmen von anderer Stelle Menschen zu uns und geben unsere Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in andere Teile der Verwaltung. Solche Flexibilitäten können bilden, und sie erhöhen natürlich für unsere Bediensteten die Karrierechancen. Schließlich und endlich soll das Fortbildungsprogramm für Führungskräfte nach dem Baukastenprinzip die Führungsmanagement- und besonderen Fachkompetenzen stärken und soziale Kompetenzen aufbauen.

Insgesamt wird damit deutlich, daß wir den Rechtspflegerberuf und – was aus unserer Sicht viel entscheidender ist – die Menschen, die ihn ausüben, weiterhin für entwicklungsfähig halten. Wir glauben, daß sie in der Vergangenheit gezeigt haben, wie gut sie ausgebildet sind und wie gut sie arbeiten, daß wir ihnen jedes Entwicklungspotential zutrauen und bieten. Im Jahre 2010 und darüber hinaus wird die moderne, leistungsfähige und bürgerfreundliche Hamburger Justiz auf kompetente und engagierte Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger nicht weniger, sondern mehr denn je angewiesen sein. Wir freuen uns darüber. Wir brauchen diese wichtigen und wertvollen Bediensteten in unserem Betrieb.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

(Senatorin Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit)

Das Wort hat Herr Professor Karpen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte folgende kurze Bemerkung machen. Frau Senatorin, zu Ihren allgemeinen Lehrbuchausführungen über Bedeutung und Rolle der Rechtspfleger möchte ich mich nicht äußern. Ich möchte nur sagen, daß es eine Milchmädchenrechnung ist, zu sagen: die Juristen würden auf eigene Kosten und die Rechtspfleger auf Ihre Kosten ausgebildet.

Die neben Ihnen sitzende Wissenschaftssenatorin weiß genau, daß aus ihrem Haushalt für die Ausbildung eines Juristen präterpropter 80 000 DM bis 100 000 DM herausgehen. Frau Dr. Kähler, Durchstieg von A9 nach A13, damit wollten Sie uns nicht langweilen. Entweder sind Sie fern der Arbeitswelt, oder Sie sind eine Idealistin. Jedenfalls ist mir klar, daß der Senat erhebliche Anstrengungen macht, einen Senatsdirektor zum Staatsrat durchzustufen, und noch größere Anstrengungen unternimmt, einen Staatsrat zum Senator zu machen. Das ist exakt dasselbe Problem.