Protocol of the Session on February 15, 2001

Login to download PDF

Vielleicht erinnern Sie sich nicht, daß es in Hamburg bereits einmal so ein Programm gab. Die F.D.P. hatte das in ihrer Regierungszeit durchgesetzt, und es wurde sehr bald wieder zurückgenommen, weil sich herausstellte, daß in der Tat die Unfälle an den Stellen, an denen die Ampeln abgebaut wurden, gewaltig gestiegen sind. Vielleicht wollen Sie diese Erfahrung noch einmal machen.

Zum Schluß komme ich nun noch auf die Ereignisse der letzten Tage. Wir hatten gestern und einige Tage zuvor gewaltige Staus in der Stadt, mit Problemen, die nicht zu bewältigen waren.

Nun kann man sagen, daß wir an Stelle des jetzigen Elbtunnels an der A7 noch einmal drei weitere Röhren bauen, damit wir immer, wenn eine Röhre zu ist, eine andere zur Verfügung haben. Ich glaube, daß das niemand vorschlagen wird. Dennoch ist mir nicht ganz klar, ob die Bewältigung des Chaos der letzten Tage gut stattgefunden hat. Zum Beispiel habe ich die Rundfunkdurchsage vermißt, daß wegen Verkehrsproblemen allen Menschen Hamburgs, die keine schweren Sachen zu befördern haben, empfohlen wird, auf U- und S-Bahnen umzusteigen. Ich habe die Mitteilungen an die potentiellen Passanten vermißt, daß die Buslinien teilweise eingestellt werden. Das heißt, daß wir in der Vorbereitung auf solche Situationen, die auf Dauer niemals zu verhindern sein werden, besser werden.

Es gibt zwei Dinge, die Vorrang haben müssen, nämlich einmal der öffentliche Personennahverkehr und zweitens der Wirtschaftsverkehr; das muß auch für solche Chaostage gelten. Das, was der Verkehrsentwicklungsplan im Ganzen sagt, muß auch an Krisentagen für Hamburg sichtbar sein. Ich wünsche mir, daß der Senat das in Zukunft besser schafft als gestern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Duden.

Herr Vorsitzender, liebe interessierte Öffentlichkeit! Wir haben uns das Thema heute aufgeteilt: Martin Schmidt hat heute den staatstragenden Teil

genommen, darum bleibt mir nicht mehr so viel zu sagen. Er hat ausführlich in die Philosophie des Verkehrsentwicklungsplans eingeführt.

(Vizepräsidentin Sonja Deuter übernimmt den Vor- sitz.)

Der Verkehrsentwicklungsplan ist in diesem Hause schon mehrfach und unter anderem auch in den Haushaltsberatungen, im Bau- und Verkehrsausschuß und vielen anderen Gremien beraten worden. Das Ergebnis: Es besteht ein breiter Konsens in diesem Haus und mit den meisten Verbänden dieser Stadt. Er ist eine sinnvolle Grundlage für die Hamburger Verkehrspolitik. Autoverkehr muß für alle erträglich gesteuert werden. Die Schwerpunkte will ich mir sparen; Herr Dr. Schmidt hat sie in seiner Rede schon ausführlich dargelegt.

Der Verkehrsentwicklungsplan wird – auch das ist deutlich geworden – nicht wie alle anderen erstellten Gutachten in die Schublade gelegt und vergessen, sondern es wird in den kommenden Jahren durch Berichte in der Bürgerschaft und im Verkehrsausschuß eine Erfolgskontrolle geben, so daß wir auch in der nächsten Legislaturperiode das Vergnügen haben werden – in welcher personellen Konstellation auch immer –, über Verkehrsentwicklung miteinander zu streiten, zu beraten und zu diskutieren.

Viele Projekte, die immer wieder gefordert werden – der Autobahnring um Hamburg, Brücken über Kreuzungen im Bereich der B75, die Elbtunnelröhren fünf bis sieben und andere Lieblingskinder der Verkehrspolitik –, haben wir in diesen Verkehrsentwicklungsplan nicht aufgenommen. Zum einen, weil sie sich nicht mit einem der Leitmotive des Verkehrsentwicklungsplans vereinbaren lassen – dem Vermeiden, Vermindern und Verlagern von Verkehr –, zum anderen, weil sie schlichtweg Quatsch sind – auch das muß man hier einmal deutlich sagen – oder weil von Menschen Baumaßnahmen gefordert werden, die verkennen, wie Hamburgs Stadtgrenzen wirklich verlaufen.

Wenn wir eine östliche Elbquerung brauchen – daß wir sie brauchen, dürfte in diesem Hause Konsens sein –, dann können wir diese nicht auf Hamburger Gebiet bauen, sondern müssen erst mehrere andere Bundesländer davon überzeugen. Sie wissen alle, wie schwierig das ist.

Unser Credo bleibt weiterhin eine Verkehrspolitik mit Augenmaß, die dieser Verkehrsentwicklungsplan gewährleistet.

(Bernd Reinert CDU: Aber mit sehr kurzsichtigem Augenmaß! – Gegenruf von Petra Brinkmann SPD: Dann müssen Sie eine Brille aufsetzen!)

Über die Höhe der Dioptrien können wir hinterher diskutieren; heute fehlt mir dafür die Stimme.

Was die Überweisung betrifft, so werden wir eine digitale, endlose Beratungsschleife des Verkehrsentwicklungsplans zwischen dem Ausschuß und dem Plenum auf keinen Fall mitmachen.

Dr. Schmidt hat in seiner Rede danach gefragt, wie wir mit den aktuellen Ereignissen der letzten Tage in dieser Stadt umgehen wollen. Die Staus können auch nicht durch die beste Verkehrspolitik der Welt aufgelöst werden. Das, was im Elbtunnel heute passierte, ist durch eine Verkettung unglücklicher Umstände entstanden. Das muß man in den Diskussionen immer wieder deutlich machen.

Wir sollten im Bauausschuß oder hier im Plenum einmal darüber diskutieren, unter welchen Arbeitsbedingungen

(Dr. Martin Schmidt GAL)

die Lkw-Fahrer teilweise von Termin zu Termin hetzen. Nur so kann man erklären, daß es zu solchen Unfällen kommt. Der Lastwagenfahrer hatte vergessen, daß sein Kipper noch oben war. Auch durch die hohe Geschwindigkeit, mit der die Lkw-Fahrer durch den Elbtunnel rasen, kommt es zu derartigen Unfällen. Alles andere, vielleicht der polemische Teil, könnte in der letzten Debatte des Tages angebracht werden. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält Herr Reinert.

(Dr. Rolf Lange SPD: Nicht so bissig!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe bisher relativ wenig Neues in dieser Debatte gehört. Aber in einem Punkt war ich von Herrn Dr. Schmidt arg enttäuscht.

Ich muß ehrlich zugeben, daß meine Kenntnisse in Altgriechisch den Ihren sicher nicht standhalten können. Sie haben das, was wir gestern in Hamburg erlebt haben, als „Chaos auf den Straßen“ bezeichnet. Das Wort „Chaos“ heißt meines Wissens „gähnende Leere“. Ich glaube, es war eher das Gegenteil davon.

(Beifall bei der CDU – Karl-Heinz Ehlers CDU: Tref- fer, Herr Schmidt!)

Hier stellt sich die Frage: Wenn wir die Ereignisse der letzten Tage betrachten – ich beziehe mich auf den Titel des Verkehrsentwicklungsplans... Aber bevor ich das tue, unterbreche ich, denn es möchte jemand eine Zwischenfrage stellen.

Gestatten Sie diese Zwischenfrage?

(Bernd Reinert CDU: Ja.)

Herr Abgeordneter Reinert, würden Sie die Erkenntnis von mir entgegennehmen, daß Chaos nicht die gähnende Leere, sondern die ungeordnete Masse ist?

Ich bedanke mich für die Belehrung. Ich lag also mit meiner Vermutung richtig, daß meine Griechischkenntnisse nicht ausreichen, und beschränke mich lieber auf das,

(Manfred Mahr GAL: Wovon Sie etwas verstehen!)

wovon ich üblicherweise rede. Ob ich dann etwas davon verstehe, mögen andere beurteilen.

Wenn ich mich auf den Titel „An Arbeit und Umwelt orientiert“ dieser Verkehrsentwicklungsplanung beziehe, dann stelle ich die Frage: Ist es eine an Arbeit und Umwelt orientierte Verkehrspolitik, wenn in West-Ost-Richtung ganz Hamburg stundenlang im Stau steht? Wieviel Arbeitszeit wurde im Stau vergeudet, und wie sehr wurde die Umwelt geschädigt?

(Beifall bei der CDU)

Der Stillstand durch den zweimaligen Stau dieser Woche dient dem Benzin- und dem Dieselverbrauch, aber nicht der Fortbewegung, von der die Handelsdrehscheibe abhängig ist, sondern führt nur zur Umweltbelastung.

Es zeigt sich, daß erstens ein fließender Verkehr sauberer und umweltfreundlicher ist als ein Stau und daß zweitens das Hamburger Straßennetz extrem störungsanfällig ist, weil es immer am Rand der Überlastung arbeitet und

(Beifall bei der CDU)

es keine aufnahmefähigen Ausweichstrecken gibt, wenn eine Hauptverbindung lahmgelegt ist.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Dann müssen wir die Unfälle abschaffen!)

Das heißt, wir brauchen das, was in anderen großen Städten Deutschlands und Europas Standard ist: Wir brauchen einen Autobahnring mit dynamischer Richtungswegweisung um unsere Stadt herum,

(Beifall bei der CDU)

wie dies im Raum Hannover geschieht. Aber in Hamburg findet so etwas nicht statt.

Wenn gestern die Verkehrsleitzentrale dazu aufrief, die A7 bei Neumünster zu verlassen, dann ist dies ein Beleg dafür, daß eine hamburgnahe Umfahrung fehlt. Es beweist auch – Frau Duden hat das Thema Elbquerung angesprochen –, daß wir oberhalb und unterhalb Hamburgs weitere Elbquerungen brauchen.

Noch einen Hinweis zu Einschätzungen anderer Städte zu dem Autoring. Was passiert in einer relativ unverdächtigen Stadt wie München, in der die Regierung die gleiche farbliche Zusammensetzung wie der Hamburger Senat hat? Die Verlängerung der A99 zur Komplettierung des Autobahnrings um München herum soll von der Stadt vorfinanziert werden, weil sie weiß, wie dringend erforderlich dies ist. Aber in Hamburg wird gesagt: Das brauchen und wollen wir nicht. Das ist unverantwortlich!

(Beifall bei der CDU – Barbara Duden SPD: Das ha- ben wir nie gesagt!)

Der Verkehrsentwicklungsplan will beim motorisierten Individualverkehr auf den Stand von 1990 zurück. Das ist völlig illusorisch. In diesem Fall kann ich die rotgrün zusammengesetzte Bundesregierung als unverdächtigen Kronzeugen vorweisen.