Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der A380 kommt. Das ist gut so, und die meisten von uns, die CDU-Fraktion ohnehin, teilen die Freude des Bürgermeisters darüber, daß er kommt. Das ist gut für Hamburg.
Sie werden verstehen, daß ich Ihre Freude über die rotgrüne Regierung nicht ganz so teile, aber das ist naturgemäß. Es gibt Grund zur Freude, weil natürlich – der Bürgermeister hat es richtig gesagt – die Neubegründung des Produktionsstandorts einen Imagegewinn für die Stadt bringt. Das ist emotional gut, es ist in der Außenwirkung gut, und es gibt viele Gründe – Sie haben eine Reihe von Gründen genannt –, die dafür sprechen, daß es für Hamburg eine gute Entscheidung gewesen ist.
Bei aller Freude, bei allem Wohlwollen und aller Hoffnung, die sich mit dieser Entscheidung verbindet, frage ich mich, woran eigentlich diese große Fixierung lag, dieses sehr starke Zittern und Bangen der Öffentlichkeit über die Frage, ob er nun kommt oder nicht, ob das OVG grünes Licht gibt oder nicht. Es gibt zwei Möglichkeiten, diese Frage zu beantworten. Die eine Möglichkeit haben Sie gewählt, Herr Bürgermeister, indem Sie gesagt haben, das sei eine Chance, die nur alle hundert Jahre wiederkomme, und das beliebte Bild eines Quantensprungs gewählt. Die andere Erklärung wäre, daß dies in der Tat das einzige internationale Großprojekt ist, mit dem Hamburg noch renommieren kann, und das macht mich wiederum traurig.
Untersuchen wir einmal, welche Chancen es für internationale Projekte in den letzten Jahren für diese Stadt gegeben hat, wo wir leider die Chancen nicht genutzt haben. Und weil die Chancen nicht genutzt worden sind, waren wir nun geradezu gezwungen, mit dieser großen Fixierung auf dieses Projekt zu gucken.
Da mögen Sie stöhnen. Der Transrapid wäre eine riesige Chance für diese Region gewesen, die leider von Rotgrün in Berlin kaputtgemacht worden ist.
Nein. Wir hätten auch die Weihestunde des Bürgermeisters unterbrechen können, Herr Dobritz, das haben wir auch nicht getan.
Ich frage mich auch, ob nicht der Umstand, daß jetzt Investitionspläne für den Transrapid sowohl in Bayern und Nordrhein-Westfalen da sind, auch ein deutliches Zeichen dafür ist, daß die Rückendeckung des Hamburger Senats gefehlt hat. Auch das ist die Wahrheit, denn sonst würden wir heute anders dastehen.
Darüber hinaus frage ich mich, wenn schon der Transrapid nicht gekommen ist, wo denn die damals von Bürgermeister Runde versprochene – rapide, wie er sich ausdrückte – Schnellverbindung zwischen Hamburg und Berlin geblieben ist. Als es damals in Berlin hieß, der Transrapid komme nicht, hat sich Bürgermeister Runde hingestellt und gesagt, in anderthalb Jahren gebe es eine Schnellverbindung Hamburg–Berlin in 90 Minuten. Sie haben noch drei Monate Zeit, ich bin gespannt, ob die kommen wird, ich bezweifele es sehr stark. Auch das muß gesagt werden.
Ich halte es auch für einen Fehler, daß wir in der Vergangenheit die Chance nicht genutzt haben, die besten Entwicklungsmöglichkeiten neben dem Flugzeugbau auch für den Luftverkehr für diese Stadt zu wählen. Bei allem Respekt für die Investitionen in Fuhlsbüttel, bei allem Respekt für den guten Ausbau der Abfertigungshallen ist es nun einmal so, daß in spätestens zehn Jahren aufgrund der Struktur der Start- und Landebahnen die Kapazität von Fuhlsbüttel erschöpft sein wird. Und hier ist der Fehler gemacht worden, eine mutige Investitionsentscheidung in die Zukunft nicht zu treffen und durch eine langfristige Verlagerung den Luftverkehrsstandort Hamburg zu sichern; wir werden so Provinz bleiben müssen. Auch das ist ein Fehler.
Sie hören es nicht gerne, aber Sie müssen mit der Wahrheit leben. Es ist auch ein strategischer industriepolitischer Fehler gewesen,
daß in der Vergangenheit von Sozialdemokraten die hamburgischen Liegeplätze in Cuxhaven verkauft worden sind. Wäre das damals nicht geschehen, hätten wir heute nicht die für Hamburg schädliche Debatte Wilhelmshaven oder Cuxhaven, sondern könnten aufrecht als Hamburger für Cuxhaven sorgen. Auch das war ein Fehler.
Es ist auch falsch gewesen, daß wir bei der Frage, welchen Stellenwert die Messe für diese Stadt hat, nicht den Mut besessen haben, eine strategische Entscheidung zu fällen unabhängig von den begrenzten Erweiterungsmöglichkeiten am jetzigen Standort.
Dies bedeutet, daß wir in der Spitzenliga national und international nicht mitspielen können und leider Gottes hier auch im mittleren Bereich steckenbleiben. Auch das ist ein Fehler gewesen.
Viele Fehlentscheidungen der Vergangenheit und der mangelnde Mut, strategische Entscheidungen zu treffen, haben dazu geführt, daß wir in vielen Bereichen nur noch im
Mittelmaß bleiben können, weil die Erweiterungsflächen nicht mehr da sind und die Erweiterungsentscheidungen verspielt worden sind. Nun waren wir gezwungen, geradezu magisch auf diese Entscheidung zu gieren, und eine Ablehnung wäre schlichtweg eine Katastrophe für die Stadt gewesen ohne irgendwelche Auffangmöglichkeiten; auch das muß gesagt werden.
Herr Bürgermeister, ich finde es gut, daß Sie denjenigen, die vor Ort unter dieser Entscheidung leiden müssen, die Hand ausgestreckt haben. Ich bin heute mit mehreren Obstbauern und dem Bauernverband dort unterwegs gewesen.
Bei den Menschen, die dort leben, die dort arbeiten, die dort Investitionsentscheidungen getroffen haben, gibt es eine große Sorge darüber, ob die mit der Entscheidung verbundenen Erweiterungen...
Herr Dobritz pöbelt, er ist in seinem Element, das wird uns nicht stören. Er wird immer lauter, und rot ist er auch schon. Ruhig Blut, Herr Dobritz. Ich würde Herrn Dobritz raten, sich vor Ort umzugucken statt hier zu pöbeln; das wäre besser.
Die Menschen dort sind besorgt, daß eine Verkehrsentscheidung, die sowohl die A 26 beinhaltet als auch die Südtrasse bei der Ortsumgehung Finkenwerder, bedeuten könnte, daß ihre Möglichkeit, Gewerbe zu betreiben, drastisch eingeschränkt wird.
Darum wäre es sinnvoll, entweder zu sagen, wir beschleunigen den Bau der A 26 so schnell mit einer Stichstraße zum DASA-Gelände, daß wir auf eine Ortsumgehung Finkenwerder verzichten können, oder wir wählen die Bezirkstrasse in Finkenwerder, damit die Menschen, die dort Gewerbe betreiben – das sind über 150 Betriebe mit über 1000 Arbeitsplätzen –, nicht für diese Entscheidung bluten müssen. Das ist ein Akt der Gerechtigkeit, die die Menschen dort verdient haben.
Lassen Sie mich zwei Anmerkungen zu den Konsequenzen machen, die man aus dieser Hänge- und Zitterpartie nach der Verwaltungsgerichtsentscheidung ziehen sollte. Im nachhinein muß man feststellen, daß es zweifelhaft oder, klarer gesagt, ein Fehler gewesen ist, Planung, Genehmigung und Durchführung der Arbeiten in die Hand einer Behörde zu legen. Das halte ich im nachhinein für einen strategischen Fehler, weil das natürlich die Gefahr in sich birgt, daß diejenigen, die so euphorisch von Ihrer Planung begeistert sind, die notwendige interne Kritik nicht aufbringen, um die ganze Sache dauerhaft gerichtsfest zu machen. Darum muß man bei zukünftigen Entscheidungen vermeiden, Planung, Durchführung und Genehmigung in die Hand einer Behörde zu legen. Das sollte man für die Zukunft beachten, damit wir uns bei weiteren Entscheidungen Fehler ersparen können.
Wir hätten bei den Klagen der Betroffenen in Hamburg erheblich schlechtere Karten für eine positive Erweiterungs
entscheidung und für den A380 gehabt, wenn wir schon das gehabt hätten, was Rotgrün noch einführen will, die Verbandsklage. Stellen wir uns einmal vor, daß neben den Nachbarn, den Betroffenen und den Anliegern auch noch selbsternannte Apostel ein Klagerecht gehabt hätten. Das hätte die Sache noch viel weiter verzögert und erschwert.
Darum appelliere ich an Sie, auf die Idee der Verbandsklage zumindest so lange zu verzichten, wenn es denn aus koalitionspolitischen Erwägungen gar nicht anders geht, bis die Entscheidung der Bundesregierung, des Bundesparlaments getroffen wurde. Hier mit einem Hamburger Schnellschuß voranzugehen und die Verbandsklage noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden als Geschenk der SPD an die Grünen, wäre wirtschaftspolitisch ein Fehler für diese Stadt, vor dem ich dringend warne.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Beust, bei dieser Rede ist es Ihnen genauso ergangen wie in manchen Politikbereichen, da haben Sie den falschen Berater gehabt.