Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 32 und 7: Antrag der SPD-Fraktion und der GAL-Fraktion zur Sicherung des Ausbaus der S 4
sowie die Große Anfrage der GAL-Fraktion zum Thema S 4 als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs.
[Große Anfrage der Fraktion der GAL: „S 4“ als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs – Drucksache 16/5361 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute abend wurde schon vom Bürgermeister auf die ADAC-Aussage hingewiesen, daß Hamburg mit dem öffentlichen Personennahverkehr an vierter Stelle in Europa steht.
Wenn wir die Problemchen mit der S 4 nicht hätten, wären wir vielleicht an dritter Stelle in Europa. Diese kleine Einschränkung müssen wir machen.
Ich weiß nicht, ob die S 4 insgesamt soviel in Hamburg ausmacht, aber sie ist unser kleines Sorgenkind.
In meiner Vergangenheit als Bezirksabgeordneter in Wandsbek und als jahrelanger Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses habe ich mich wiederholt mit dem Thema befassen müssen und weiß schon, wovon ich rede, wenn wir von der Erweiterung der Schienenwege sprechen. Für diejenigen, die nicht aus dem Osten Hamburgs kommen und sich nicht so ganz auskennen, lassen Sie mich dieses kurz schildern.
Vom Hauptbahnhof bis zum Bahnhof Hasselbrook verkehren auf der zweigleisigen Schienenstrecke die S 4 sowie Fern- und Regionalbahnen. Ab Hammer Straße kommt dann noch die Güterbahnlinie Hamburg–Lübeck dazu. In der geballten Situation hat die S-Bahn immer Nachrang. Wenn sich irgendwo etwas verzögert, muß die S-Bahn warten. Dieses führt mitunter zu sehr starken Verspätungen, und die Strecke ist dann sehr oft zu stark belastet. Dazu kommen auf dieser stark belasteten Strecke für die
S-Bahn die einzelnen Haltepunkte, wie Wandsbek, Wandsbek-Ost, Rahlstedt, Ahrensburg und dann weiter draußen Bad Oldesloe. Die Strecke ist also sehr stark frequentiert und verträgt keine weiteren Belastungen.
Ich weiß nicht genau, wieviel Züge auf der Strecke fahren. Nach vorsichtiger Schätzung aus dem Jahre 1997 waren es 230 Züge täglich. Die Tendenz ist selbstverständlich steigend. Es sind heute wesentlich mehr. Es werden mehr Züge auf der Strecke zwischen Hamburg und Lübeck fahren durch die Kooperation mit dem baltischen Raum. Darüber haben wir in diesem Hause auch schon gesprochen. Es werden täglich etliche Containerzüge gleichzeitig hinund zurückfahren. Auch hierdurch werden diese Gleise weiter belastet. Über die Fehmarnbelt-Querung und den weiteren Schienenweg von dort aus müssen wir im Moment noch nicht sprechen, aber wir wissen, daß auch über diese Schiene sehr viel Verkehr auf uns zukommt.
Es findet zur Zeit ein geplanter, aber unregelmäßig durchgeführter 30-Minuten-Takt mit einem Einschub in der Hauptverkehrszeit statt, so daß es dann zu einem 15-Minuten-Takt kommen soll. Verspätungen und auch Ausfälle von Zügen sind an der Tagesordnung. Wir haben gestern erst, so wurde mir berichtet, einen Fall gehabt, daß Busse Ersatzverkehr für die S-Bahn leisten mußten.
Die erwähnten Verspätungen in der Antwort auf die GALAnfrage werden merkwürdigerweise auf die Hauptverkehrszeit beschränkt. Gerade morgens sollte aber eine Verspätung möglichst vermieden werden, denn die Pünktlichkeit, um in den Dienst zu fahren, sollte ganz obenan stehen. Wenn man abends ein bißchen später nach Hause kommt, kann es auch andere Gründe haben. Das habe ich nicht begriffen, weil in den Morgen- und Abendstunden auch immer Züge fahren.
Werktags nutzen zwischen Hauptbahnhof und Rahlstedt zur Zeit 16 000 bis 18 000 Fahrgäste die S4. Es ist aufgrund der Qualitätsmerkmale der S 4 zur Zeit nicht mit einer großen Steigerung zu rechnen. Aber hierbei erinnere ich an die Befragung der Fachleute zur Beratung des Verkehrsentwicklungsplanes. Dort wurde selbst von der Bahn AG beziehungsweise von der Regionalbahn zugegeben, daß die Qualität des Fahrzeugparks – nun will ich mich nicht sehr negativ ausdrücken – nicht unbedingt die beste wäre. Hier hat die Bahn einiges getan. Die sogenannten Silberlinge, also die ganz alten Fische, sind draußen, aber nach wie vor sind die alten riesigen Dieselloks noch davor, die mit Vollspeed durch eine Gegend fahren, in der es noch sehr viel Wohnbebauung gibt. Hier kann man also nicht von Modernität und moderner Entwicklung reden, auch wenn es in der Beantwortung der Anfrage so durchklingt.
Lassen Sie mich einiges zur Entwicklung des Hamburger Ostens sagen. Im gesamten Einzugsgebiet, das heißt vom Zentrum, die Strecke Rahlstedt, Ahrensburg bis Bad Oldesloe, leben circa eine halbe Million Menschen. Der Hamburger Osten hat in den letzten Jahren einen enormen Bevölkerungszuwachs gehabt. Wir haben dort drei Bundeswehrliegenschaften oder Standorte aufgegeben. Wir haben dort etliche Bebauungspläne im Wohn- und Gewerbebereich ausfüllen können, das heißt, wir haben dort im Osten Hamburgs eine sehr starke dynamische Entwicklung gehabt. Dieses zur Beschreibung des Hamburger Ostens.
Nun lassen Sie mich noch einmal auf die S4 zurückkommen. Wir wissen, daß heute und morgen keine Verbesse
rung zu erwarten ist. So schnell geht es nicht. Wir wissen auch, daß die Elektrifizierung zwischen Hamburg und Lübeck das Erstmögliche sein muß. Dieses ist absolut wichtig und notwendig, denn sonst kann der Verkehr zwischen Hamburg und Lübeck nicht das bringen, was er zumindest im Fern- und Güterverkehr bringen muß.
Aber es gibt Ideen, und diese Ideen liegen zum Beispiel morgen in einem Antrag der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Wandsbek vor. Diese Ideen lauten: Prüft doch mal, ob ihr nicht mit einer Zwei-Stromkreis-S-Bahn etwas machen könnt. Eine Zwei-Stromkreis-S-Bahn ist für die Strecke Neugraben–Buxtehude angedacht. Das funktioniert so, daß die S-Bahn mit Gleichstrom ankommt, dort umschaltet auf Wechselstrom, auf dem gleichen Gleis bleiben kann, lediglich den Strom nicht mehr von unten, sondern von oben zu sich heranholt. Solch eine S-Bahn braucht zwei unterschiedliche Motoren. Ingenieure sind dabei, so etwas zu entwickeln.
Aber hier ist eine etwas andere Situation. Wenn ich diese Bahn einsetze, dann kann sie zwar mit Strom weiterfahren, nur die Gleise sind nach wie vor belegt. Das heißt, eine elektrisch betriebene S 4 müßte genauso warten, bis Fernzüge, Regionalzüge, Güterzüge vorbei sind. Man spart hier so gut wie null. Vielleicht spart man ein bißchen an Zeit auf der Strecke zwischen Rahlstedt und Ahrensburg, weil die ein bißchen länger ist, aber im innerstädtischen Bereich wird nichts gespart. Das ist, glaube ich, ein bißchen Wunschtraum der Antragsteller, oder zumindest wollen sie am Wettrennen teilnehmen.
Eine andere Idee in diesem Antrag lassen Sie mich auch noch darlegen. Das ist die Idee der Hybridfahrzeuge. Ein Hybridfahrzeug wird zur Zeit bei der AKN entwickelt. Dieses ist ein Fahrzeug, das sowohl mit einem Strommotor als auch mit einem Dieselmotor ausgerüstet ist. Diese AKNBahn – so meinen es die Antragsteller – soll über den Hauptbahnhof weiterfahren, um dann den Weg der S 4 einzunehmen. Eine AKN also, die dann durch Hamburg nach Bad Oldesloe fahren würde. Auch dies geht nicht, weil die Gleise einfach belegt sind und es keine neuen Gleise für diese AKN gibt. Dies ist also auch Wunschdenken.
Hinzu kommt, daß die Leute im Osten Hamburgs Streit mit denen im Westen bekommen, denn die Verspätung, die man sich auf der Linie S 4 im Osten Hamburgs mit einer AKN einhandelt, führt zu Verspätungen im Fahrplan der AKN ab Eidelstedt. Es bleibt also Wunschdenken.
Was wollen wir mit dem Antrag erreichen? Wir wollen, daß bei weiterem Nachdenken, bei weiterer Planung und bei Überlegungen von Finanzgerüsten im Verkehrswesen und bei weiteren Verhandlungen, egal, ob auf Länderebene oder mit dem Bund, der mehrgleisige Ausbau der Strecke als sehr wichtig und absolut notwendig angesehen wird. Dieses ist Inhalt des Antrages. Er soll noch einmal daran erinnern, wie wichtig das ist. Wenn man den Prognosen glauben darf, dann kommt es bei der S 4 auf eigenem Gleis mit vernünftigem Fahrplan und einer dementsprechenden Anbindung an das Hamburger Zentrum mindestens zu einer Verdoppelung, wenn nicht zu einer Verdreifachung
Meine Damen und Herren! Auch wenn wir noch warten müssen und dieses ein Antrag auf Zukunft ist, alles, was hier die Zeitschiene verkürzen kann, wird von uns begrüßt und voll unterstützt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Beim Durchsuchen meiner Unterlagen zum Thema S4 bin ich darauf gestoßen, daß im Jahre 1913 zwischen der Gemeinde Tonndorf und der Lübeck-Büchener Eisenbahngesellschaft vertraglich vereinbart wurde, die niveaugleichen Bahnübergänge aufzuheben, damit der Zug schneller fahren kann. Wir werden es mit Sicherheit schaffen, daß das nicht länger als hundert Jahre nach diesem Vertrag fertig ist.
Aber das ist ja nur ein Teilproblem der S 4. Herr Baar sagte bereits, die S 4 hat von allen S-Bahnen Hamburgs den schlechtesten Standard; nirgendwo werden die Fahrgäste so schlecht behandelt. Es ist auch schon davon die Rede gewesen, daß immer mal wieder ein Zug ausfällt. Das muß gar nicht häufig sein, aber schon zwei- oder dreimal in der Woche ist es tödlich für den öffentlichen Personennahverkehr.
Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, wenn – wie in der Antwort auf unsere Anfrage dargestellt – das Fahrgastaufkommen bei der S 4 seit 1990 gleichblieb, während es beim übrigen HVV kräftig gestiegen ist. Ebenso ist aber wahr, daß die Kapazitätsmöglichkeiten angesichts der völlig veränderten Wohnstruktur in den Gebieten, durch die die S-Bahn fährt, gewaltig sind.
Daß ein möglicher Fahrgastzuwachs mit Kostensteigerungen verbunden ist, ist eine interessante Neuigkeit, die uns der Senat in der Antwort mitteilt. Spannender wäre es gewesen, zu prüfen oder darzustellen, welcher Fahrgastzuwachs mit welchen Kosten bezahlt werden muß, weil es durchaus unterschiedliche Relationen geben kann.
Damit hängt folgende Frage zusammen: Nach Auskunft des Senats haben die Aufgabenträger – die Stadt Hamburg und das Land Schleswig-Holstein – keine Kenntnis über die Kosten dieser Strecke und die Höhe des diesbezüglich gezahlten Zuschusses Hamburgs an die Bahn. Wenn das zutrifft, wäre es an der Zeit, dieses zu ermitteln. Ich kann es auch nicht glauben, denn wenn Hamburg für jeden zusätzlichen Zug, der über den Standard von 1993 hinaus nach Hamburg hinein- oder aus Hamburg herausfährt, extra bezahlen muß, wird doch wohl irgendwo eine Summe errechnet worden sein, die für die bisherigen Strecken gilt.
Der Senat behandelt die Angelegenheit im wesentlichen als eine Angelegenheit der Deutschen Bahn. Das ist zwar formal richtig, aber aus zwei Gründen nicht ausreichend.
Zum einen muß Hamburg daran interessiert sein, daß die Strecke kostengünstig betrieben wird, und deswegen auch eine mögliche Ausschreibung der Strecke vorbereiten. In Schleswig-Holstein hat man mit Ausschreibungen von
Zum anderen ist es Sache Hamburgs und nicht der Deutschen Bahn, sich darüber Gedanken zu machen, wie der öffentliche Personennahverkehr in Hamburg verbessert wird, so daß auch östlich des Hamburger Hauptbahnhofs Standards gelten, die westlich und südlich längst eingeführt worden sind.
Die Antwort auf die Frage, ob für weitere Schienen Platz ist, habe ich nicht verstanden. Nach Auskunft von SchleswigHolstein heißt es, daß für die Schienen von Ahrensburg in Richtung Hamburg nicht genügend Platz vorhanden sei. Daraus entnehme ich, daß es auf Hamburger Gebiet auf jeden Fall genügend Platz gibt. Wenn dies bedeutet, daß Schleswig-Holstein diesen Platz nicht schaffen kann, kann die zukünftige S-Bahn, die neue Schienen benötigt, nur bis Rahlstedt und nicht auf schleswig-holsteinisches Gebiet fahren. Das werden wir sehen.