Protokoll der Sitzung vom 04.04.2001

(Dr. Roland Salchow CDU: Oder will die SPD roten Strom? – Gegenruf von Uwe Grund SPD: Jeden- falls keinen schwarzen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es macht mir immer wieder Freude, die Erfolge Hamburgs im Klimaschutz ansprechen zu können. Nicht nur, weil wir uns zu Recht rühmen lassen dürfen, zur Weltspitze im Klimaschutz zu gehören.

(Dr. Roland Salchow CDU: Zur Weltspitze!)

Das beweist übrigens nicht nur der zweite Platz der Umweltbehörde beim Energy Globe Award im letzten Jahr in der Kategorie „Öffentliche Investitionen in nachhaltiger Entwicklung“ und der diesjährige Gewinn des ersten Platzes der Gesamtschule Blankenese in der Kategorie „Lernen für die Zukunft“ beim gleichen Wettbewerb.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Roland Sal- chow CDU: Das ist ja schön!)

Das zeigen ebenso deutlich die großen Erfolge der letzten beiden Jahrzehnte in der Energiepolitik, die uns in dieser umfangreichen Senatsmitteilung zur „Reduzierung des Heizenergie- und Energieverbrauchs“ deutlich geschildert wurde.

Gehen wir nur zwanzig Jahre zurück und nehmen den Energieverbrauch von 1980 als Grundlage, so werden in Hamburg allein in öffentlichen Gebäuden heute jährlich 500 Millionen Kilowattstunden weniger Heizenergie, 50 Millionen Kilowattstunden weniger an Strom und darüber hinaus 700 000 Kubikmeter Wasser weniger verbraucht.

Ich will einmal versuchen, diese beeindruckenden Zahlen anschaulicher zu machen. So entsprechen zum Beispiel 550 Millionen Kilowattstunden einem CO2-Äquivalent von 38 500 Tonnen Kilowattstunden nach dem bundesdeutschen Energiemix, der sagt, 0,7 Kilogramm CO2 pro Kilowattstunde sind umgerechnet rund 1300 Lkw-Ladungen à 30 Tonnen. Hintereinandergestellt würden diese Lkws eine Schlange von mehr als 25 Kilometern ergeben.

Die jährlich eingesparte Wassermenge wiegt soviel wie zwei vollbeladene Supertanker mit einer Länge von rund 300 Metern, einer Breite von 45 Metern und einer Höhe von 25 Metern. Das klingt gigantisch und ist es in gewissem Sinne auch,

(Beifall bei der SPD)

wenn man bedenkt, daß diese Einsparungsleistung allein in den öffentlichen Gebäuden Hamburgs erbracht worden ist. In Mark und Pfennig sind das insgesamt nicht weniger als 45 Millionen DM pro Jahr, um die der Hamburger Haushalt entlastet wird.

In den letzten zehn Jahren hat Hamburg allein in Energieund Wassersparmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden rund 120 Millionen DM investiert. Auch wenn es profan klingt, aber mit so kleinen Maßnahmen wie Leuchten- und Glühlampentausch, Lichtsteuerung, Anschaffung energieeffizienter Kühlschränke und Elektrogeräte und dem FiftyFifty-Programm in Schulen, aber auch mit Maßnahmen wie der Erneuerung alter Heizkesselanlagen in solche mit moderner Brennwerttechnik und der flächendeckenden Einführung von Thermostatventilen konnten die genannten Erfolge erzielt werden. Wenn ich die Senatsmitteilung richtig gelesen habe, ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange.

In Anbetracht der veränderten Rahmenbedingungen, wie dem Wandel der Energiemärkte, eröffnen das neue Gebäudemanagement für öffentliche Gebäude und die Budgetierung und Eigenverantwortung der Dienststellen noch weitere Effizienzsteigerungen.

Hamburg stellt sich also seiner Verantwortung für den Klimaschutz, wie es im Kyoto-Protokoll für die Bundesrepublik vereinbart wurde. Um so unverständlicher erscheint mir die Verlautbarung des neuen „mächtigsten Mannes der Welt“, George Bush, der mit seiner unverantwortlichen Absage an die Rio-Vereinbarungen und die Kyoto-Protokolle den globalen Klimaschutz wieder auf den Stand der achtziger Jahre zurückwirft und eine für die ganze Erde wichtige Entwicklung ad absurdum führt.

Alle Washington-Besucher, insbesondere Regierungschefs, sollten, wie es auch der Bundeskanzler Schröder letzte Woche getan hat, die Regierung der USA auf die vereinbarten Maßnahmen zur Verringerung der atmosphä

(Senatorin Ute Pape)

rischen Treibhausgase aufmerksam machen und ohne Wenn und Aber auf ein baldiges internationales CO2-Abkommen dringen, möglichst noch zur Weltklimakonferenz im Juli in Bonn.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Womit wir nach dem kleinen globalen Ausflug wieder auf der lokalen Ebene landen können.

In der Senatsmitteilung ist ein Sachzusammenhang ganz besonders deutlich geworden, und das ist die Wirtschaftlichkeit von Energiesparmaßnahmen. Durch die Bank rechnen sich die Investitionen, das heißt, daß die zu erwartende Lebensdauer der neuen Geräte größer ist als deren Amortisationszeitraum.

Ganz spannend wird es jedoch im Bereich der Wärmesanierung von Gebäuden. Die Wärmedämmung von Gebäuden in Kombination mit optimierten Heizsystemen kann den Heizenergiebedarf selbst alter Gebäude um rund 30 Prozent senken. Das ist deshalb so spannend, weil immer noch mehr als zwei Drittel des Energiebedarfs zur Erzeugung von Raumwärme verbraucht wird.

Bezieht man also dieses Einsparpotential auf den unterschiedlich strukturierten öffentlichen Gebäudebestand in Hamburg, so ist es möglich, den durchschnittlichen Heizenergiebedarf pro Jahr und Quadratmeter von 200 Kilowattstunden auf nur noch 130 Kilowattstunden zu senken.

Das soll unter anderem durch die Fortschreibung des Mitteleinsatzes in der mittelfristigen Vorausplanung gewährleistet werden. Dafür sind im Hamburger Haushalt in den nächsten fünf Jahren jährlich mehr als 13 Millionen DM und in 2005 sogar mehr als 14 Millionen DM vorgesehen. Allein 40 Millionen DM davon sind für den erwähnten Bereich der hocheffizienten Heizkesselsanierung geplant.

Weiterhin begrüße ich es, daß der Senat sich bemüht, zusammen mit den HEW das System der Kaufratenkreditfinanzierung über das Jahr 2000 hinweg zu verlängern. Damit könnten finanzschwächere Institutionen nach wie vor die Möglichkeit erhalten, Energiesparmaßnahmen durchzuführen, ohne in größere Vorleistung treten zu müssen.

Zum Schluß muß ich noch die Initiative „Arbeit und Klimaschutz“ hervorheben, unter anderem auch deshalb, weil auch große Unternehmen der Wohnungswirtschaft Teil der hamburgischen Beteiligungsverwaltung sind. Diese Unternehmen sind vorbildlich im Bereich der Wärmesanierung vorangegangen und haben anhaltende Energiesparerfolge erzielt. Die Signalwirkung auch auf kleinere Wohnungsunternehmen und Privateigentümer ist nicht zu unterschätzen. Bereits im letzten Jahr waren es fast die Hälfte der 10 000 Wohnungen, die von privater Hand „wärmesaniert“ worden sind. Das sichert für die Zukunft Arbeitsplätze und schafft neue Ausbildungsplätze in einer zukunftsfähigen Branche.

Solche Entwicklungen nehmen wir Sozialdemokraten natürlich gerne zur Kenntnis, wie auch diese Senatsdrucksache, und wir freuen uns besonders darüber, daß wir auch in Zukunft diesen innovativen Bereich der Energiepolitik weiter fördern können. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Engels.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Vogel, über eines freut sich

auch die Opposition in diesem Hause mit Ihnen gemeinsam, nämlich über jede gesparte Kilowattstunde aufgrund entsprechender Maßnahmen.

Ihre Freude über die Erfolge des Senats war möglicherweise etwas verfrüht. Beim genaueren Studium der Drucksache zum Heizenergie- und Stromverbrauch hätten Sie erkennen können, daß sich der Senat nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Ich will das einmal begründen.

Es ist immerhin außergewöhnlich, daß sich der Senat dafür entschuldigt, weil er die Drucksache sehr spät beantwortet hat. Das sollte bereits vor ziemlich genau einem Jahr geschehen sein. Aber interessant ist die Begründung:

„Der Senat berichtet der Bürgerschaft erst zu diesem Zeitpunkt, weil die neuesten Entwicklungen zu diesem Thema in die Antwort einbezogen werden sollten.“

Auf Seite 1 der dreizehnseitigen Drucksache lese ich, daß sich die Energiewirtschaft seit den frühen fünfziger Jahren – gemeint ist das letzte Jahrhundert – geändert hätte und nunmehr zu ökologischen und ganzheitlichen Ansätzen in der heutigen Zeit gewandelt habe. Dann wird auf die Ölkrise von 1979 hingewiesen. Danach ist in dem Ersuchen gar nicht gefragt. Dann wird im nächsten Absatz darauf hingewiesen, daß man beim Einsparen von Trinkwasser seit Mitte der achtziger Jahre etwas gemacht hätte. Wo da die Aktualität ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn man tief bis ins letzte Jahrhundert hineingehen muß, hätte man auch schon vor einem Jahr antworten können. Ich fühle mich als Abgeordneter nicht ernst genommen. Vielleicht sollten die ersuchenden Fraktionen beim nächsten Mal nicht gerade den 1. April wählen, damit wir solchen Veräppelungen nicht mehr unterliegen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin dann, was die beiden Drucksachen betrifft, der Sache auf den Grund gegangen. Was will man eigentlich von seiten des Senats? Natürlich will man darstellen, wie erfolgreich man ist.

Bei der ersten Drucksache kam es also darauf an, darzustellen, wieviel man gespart hat. Wenn man beim Strom viel sparen will, muß man teuer einkaufen. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Erfolge des Senats durch das Dividieren der gesparten Kilowattstunden und D-Mark auszurechnen, um zu sehen, wieviel das im einzelnen kostet. Aus der Drucksache ergeben sich hierbei folgende Beträge: Glühlampentausch bei Bürogebäuden: 40 Pfennig pro Kilowattstunde, bei Elektro- und Gaskochgeräten – alles in öffentlichen Einrichtungen –: 33 Pfennige und bei Elektround Gas-Geschirrspülmaschinen: 39 Pfennige pro Kilowattstunde; 50 Pfennig pro Kilowattstunde sogar bei Kühlschränken. Als simpler Privatstromverbraucher habe ich einmal in den schlimmsten Zeiten – es geht hier um die letzten zehn Jahre – knapp über 30 Pfennig bezahlt. Der Senat stellt hier dar, daß er falsch gewirtschaftet hat, meine Damen und Herren, und das verkauft er, als hätte er viel gespart. Absoluter Unsinn.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben die Pfennigzahlen pro Kilowattstunde noch in Erinnerung. Die nächste Drucksache verfolgt in der Konsequenz ein ganz anderes Ziel, als den Senat zu loben, wieviel Geld er gespart hat. Aufgrund überhöhter Tarifabschlüsse sind das ein paar Mark mehr geworden. Sie verfolgt das Ziel, die Versorgung des Hamburger Rathauses mit „grünem Strom“ ad absurdum zu führen, zu widerle

(Renate Vogel SPD)

gen, abzulehnen. Wenn Sie die letzte Seite lesen, können Sie es ganz deutlich erkennen.

„Unter diesen Umständen erscheint dem Senat eine Beschaffung von grünem Strom für das Hamburger Rathaus nicht zweckmäßig.“

Das ist die Quintessenz. Um zu begründen, daß es sich nicht lohnt, muß der Senat natürlich andere Tarifabschlüsse machen, damit deutlich gemacht wird, daß sich ein solcher „grüner Strom“ nicht rentiert. Da nehme ich die Seite 3 und rechne aus, wieviel der Senat für das Hamburger Rathaus pro Kilowattstunde bezahlt. Das sind sage und schreibe 11 Pfennige.

(Dr. Monika Schaal SPD: 16 Pfennige!)

Ich lese Ihnen das vor, Frau Schaal:

„Das Hamburger Rathaus hatte im Abrechnungszeitraum 1998/99 einen Stromverbrauch von insgesamt 1,5 Millionen Kilowattstunden und hat dafür 170 000 DM bezahlt.“

Wenn Sie das dividieren – ich gebe Ihnen gerne meinen Taschenrechner –, dann kommen Sie darauf.

Das ist also ein Fünftel bis circa ein Drittel der Zahlen, die ich vorhin vorgelesen habe. Der Zweck der Übung scheint mir klar zu sein. Entweder stimmt die Zahl, oder es wird ein politischer Zweck der Übung verfolgt, Ihnen – Sie sind ja die Antragsteller gewesen, was den „grünen Strom“ betrifft – klarzumachen, daß es eine absolut blödsinnige Forderung für das Hamburger Rathaus ist, „grünen Strom“ zu verlangen.

An der Stelle möchte ich an Ihren Vorschlag anknüpfen, Herr Senator Porschke – wir hatten dazu zwei Pressemeldungen –, man müsse, insbesondere vor dem Hintergrund der HEW-Vertragserneuerung, untersuchen, ob wir in Hamburg zukünftig preiswerten und ökologisch sauber erzeugten Strom einkaufen können. Ihre Drucksache sagt eindeutig, was ich auch darauf geantwortet habe, beides zusammen geht zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht. Entweder wollen Sie billigen Strom, dann müssen Sie den auch aus allen möglichen Kraftwerken herkömmlicher Art besorgen, oder aber sie kaufen „grünen Strom“ – Ihre Drucksache sagt das ja auch eindeutig –, dann müssen Sie auch mehr bezahlen. Sie sagen für dieses Rathaus nein, weil es besser ist, einzusparen und die gesparten Mittel dafür zu verwenden, weitere stromsparende Maßnahmen einzuleiten. Ich halte diesen Weg für vernünftig, insofern sind wir da einen Schritt weitergekommen. Ich wäre dankbar gewesen, wenn Sie der Öffentlichkeit nicht suggeriert hätten, als wenn beides möglich gewesen wäre. Preisgünstig und „grün“ ist zur Zeit leider nicht möglich.