Der Bürgermeister hat gesagt, wir müssen jede Mark dreimal umdrehen. Recht hat er! Das muß sich auch einmal herumsprechen, und zwar nicht nur bei den Amtsräten, den Abteilungsleitern und den Amtsleitern, das muß sich auch bei den Senatoren herumsprechen. Und jetzt kommt Frau Nümann-Seidewinkel und lobt sich selbst und ihre Arbeit. Das ist in Ordnung, bloß es ist nicht sachgerecht.
Meine Damen und Herren, zu den Konsequenzen. Wir hatten hier schon vor längerer Zeit darüber diskutiert. Was spricht eigentlich dagegen – ich gebe es zu, das ist zunächst mehr symbolisch –, daß ausnahmsweise der Präsident des Rechnungshofs seinen Jahresbericht hier persönlich einmal vorstellt? Damit würde der Bericht ein ganz anderes Gewicht bekommen.
Zweitens: Wie bringen wir es den Leuten bei, daß sie die Steuergelder nicht verschwenden sollen? Indem sie wissen, daß ihnen etwas passiert. Das heißt, wo sind die Sanktionsmöglichkeiten? Der Bund der Steuerzahler, der heute im Hause auch anwesend ist, hat vor langer Zeit den Amtsankläger gefordert. Das wird zur Kenntnis genommen, dann werden ein paar rechtliche Bedenken geäußert, aber es passiert wieder nichts. So geht es nicht mehr weiter. Meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, Sie müssen noch einmal Ihre Rolle überdenken. Es ist nicht Ihre Aufgabe, die Versäumnisse in den Verwaltungen zu erklären, zu erläutern und schönzureden, sondern Sie sollen sie mit aufdecken.
Nicht nur die Abgeordneten der Opposition sind dazu aufgerufen, sondern das ganze Parlament soll die Verwaltung kontrollieren. Das vermisse ich bei Ihnen.
denn das ist ein offener Punkt. Wir werden auf jeden Fall an diesem Thema bleiben, denn das Geld der Steuerzahler ist viel zu wertvoll, als daß man es so behandeln kann, wie Sie das heute parlamentarisch gemacht haben.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Waldhelm, ich finde es schön, daß Ihnen mit den Abgeordneten der CDU-Fraktion nach 20 oder 30 Minuten der Rechnungshofsbericht mittlerweile so wertvoll ist, daß Sie wieder im Plenum sind. Das zeigt, wie bedeutend das Thema ist.
Der zweite Punkt. Das, was Sie hier verallgemeinernd festgestellt haben, entspricht in keiner Weise der Realität. Sie waren wahrscheinlich noch nie im Rechnungsprüfungsausschuß, sonst hätten Sie gesehen, wie dort zwischen Verwaltung und Rechnungshof, den Abgeordneten als Vertreterinnen und Vertreter der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler debattiert und der Täter-Opfer-Ausgleich durchgeführt wird.
Der dritte Punkt, den Sie genannt haben, war der Amtsankläger. Ich hatte vor gut einer Woche das Vergnügen, in der Fernsehsendung „Schalthoff live“ zu sitzen und über diesen Punkt zu debattieren. Dort habe ich als private Meinung von Herrn Meyer-Abich, dem stellvertretenden Rechnungshofspräsidenten, gehört, daß er das nicht unbedingt für ein geeignetes Mittel hält, um die Probleme, die der Rechnungshofsbericht zu Recht aufzeigt, zu lösen. Ich denke, dafür gibt es nicht die Patentrezepte, die Sie hier
versprechen. Der Rechnungshofsbericht ist ein geeignetes Instrument, um die Verwaltung immer wieder darauf hinzuweisen, daß mit Steuergeldern effizient umgegangen werden muß. Im übrigen hat sogar der Vertreter des Bundes der Steuerzahler in dieser Sendung zugeben müssen, daß in Hamburgs Verwaltung gar nicht soviel im argen liegt, wie die CDU-Opposition immer behauptet. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Waldhelm, Sie haben so engagiert davon gesprochen, wie wir uns hier mit dem Rechnungshofsbericht auseinandersetzen sollen. Ich möchte Sie wirklich als Opposition ermutigen: Wagen Sie auch einmal den Blick auf Verbesserungs- und Gestaltungsmöglichkeiten – das würde Ihnen mehr Esprit geben –, und reden Sie nicht nur von dem Bedürfnis, Sie wollten irgend etwas sanktionieren.
Der Rechnungshof macht auch nicht diesen Fehler. Der redet nicht davon und legt einen Sanktionskatalog vor, sondern der geht weiter – der ist viel ehrgeiziger als Sie –, der macht Verbesserungsvorschläge, mit denen sich die Verwaltung auseinandersetzen muß; das hat sie schon getan. Und wir müssen uns ebenfalls damit auseinandersetzen. Ich glaube auch, daß meine Fraktion bei einigen Punkten sagen wird: Das wollen wir nicht. Aber Ihr Bedürfnis, etwas zu sanktionieren, ist ein hilfloser Akt mit einer Geste von Empörung. Das ist eigentlich nicht Ihr Job. Sie sind ins Parlament gewählt worden und müssen eigentlich viel mehr tun.
Dann möchte ich noch darauf hinweisen, daß es eine falsche Analyse ist, wenn Sie von den zahlreichen Verschwendungen von Steuergeldern reden. Man muß viel genauer hingucken, warum diese Fehler in der Verwaltung passieren. Wir haben eine Verwaltung, die in den letzten Jahren zum Teil 20 Prozent ihres Verwaltungsapparats eingespart hat. Außerdem haben wir eine Dezentralisierung auf unteren Ebenen, die vielleicht nicht auf jeder Ebene so effizient ist. Da halte ich den Begriff Verschwendung, den Sie und auch Frau Ahrons häufig in den Mund nehmen, nicht für die richtige Analyse, auch für keine erwiesene Analyse und im übrigen auch nicht die vom Rechnungshof vorgestellte Analyse. Der Rechnungshof äußert sich dazu anders.
Wenn selbst vom Rechungshofspräsidenten, der diesbezüglich sicherlich keine Not hat, gesagt wird, daß das Problem nicht das quantitative Ausmaß der Dinge ist, die schiefgelaufen sind, sondern die Vielzahl der Fälle und des Aufgabenvollzugs, der Schulung und der Motivation der Mitarbeiter, dann schreit es doch gerade danach, sich mit neuen Wegen auseinanderzusetzen, sich auf Verbesserungen einzulassen und nicht mit irgendwelchen theoretischen Sanktionsforderungen das Parlament befassen zu wollen.
Nehmen Sie das ein bißchen ernster, dann sind wir uns hoffentlich irgendwann darüber einig. Sonst kann ich mit
der Kritik, die Sie den Regierungsfraktionen unterstellen, nicht soviel anfangen. Ich freue mich aber, wenn Sie mir eine gewisse Geschicklichkeit unterstellen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann lasse ich über den Überweisungsantrag an den Haushaltsausschuß abstimmen. Wer so befinden möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dies einstimmig so beschlossen.
Bevor ich nun den Tagesordnungspunkt 12 aufrufe, teile ich Ihnen mit, daß mir die Ergebnisse der Wahlen vorliegen. Bei der Wahl der Vertrauensleute und ihrer Vertreterinnen und Vertreter für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht und beim Verwaltungsgericht Hamburg haben die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten unterschiedliche Ergebnisse erzielt. Es ist allerdings festzustellen, daß alle Vorgeschlagenen gewählt worden sind. Die genauen Ergebnisse werden Ihnen zu Protokoll gegeben.
Gleiches gilt für die Wahl von Beisitzerinnen und Beisitzern und deren Stellvertreterinnen und Stellvertretern für die Landeswahlausschüsse für die Wahl zur Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen.
Bei der Wahl eines Vorsitzenden der Kommission für Bodenordnung wurden 90 Stimmzettel abgegeben. Alle waren gültig. Herr Leitender Regierungsdirektor Lindau erhielt 58 Ja-Stimmen bei 28 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen. Damit ist Herr Leitender Regierungsdirektor Lindau gewählt worden.
Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 12 auf, Drucksache 16/5472: Große Anfrage der GAL-Fraktion zum Thema Konsum von Cannabis und Straßenverkehr.
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuß und mitberatend an den Gesundheitsausschuß überweisen. Wird hierzu das Wort begehrt? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Dr. Kähler hat es.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, aber ich kenne viele Leute, die hin und wieder oder auch des öfteren Haschisch rauchen. Diese Leute sind durchweg bürgerliche Existenzen, Anwälte, Buchhändler, Politikwissenschaftler, Jüngere wie Ältere. Sie sind in keiner Weise sozial auffällig. Sie gebrauchen diese Substanz wie andere Leute mal ein Glas Wein oder ein Bier am Abend.
Meine persönliche Erfahrung deckt sich insoweit mit den Erkenntnissen aus dem Suchtbericht, in dem 1999 festgestellt wurde, daß ungefähr 2,1 Millionen Menschen in den sogenannten alten Bundesländern regelmäßige Konsumenten von Cannabisprodukten sind. Das ist eine konservative Schätzung, andere gehen von der bis zu vierfachen Anzahl aus. Diese Zahlen zeigen: Haschischkonsum, Cannabiskonsum ist normal. Und, auch das belegen mitt
lerweile medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse, es ist in seiner Wirkung ungefährlicher als Alkohol.
Diesen Erkenntnissen haben mittlerweile die Strafverfolgungsbehörden wenigstens zum Teil Rechnung getragen. Der Konsum von Cannabis ist zwar immer noch nicht legal, aber er wird längst nicht mehr so streng verfolgt wie noch vor ungefähr zehn Jahren. Das gilt zumindest für Hamburg. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1994 – also vor bald sieben Jahren – einen Prüfauftrag an die Politik formuliert, ob nicht angesichts des vergleichbar geringen Gefährdungspotentials Cannabis zu legalisieren sei. Die Politik ist in dieser Sache leider nicht vorangekommen. Zu tief sitzt offenbar die Angst, sich mit diesem Thema, das wie kaum ein anderes – leider immer noch – mit Mythen, Falschinformationen und Vorurteilen befrachtet ist, öffentlich unbeliebt zu machen.
In diese Situation des Stillstands trat vor zwei Jahren die Verabschiedung der sogenannten Fahrerlaubnisverordnung. Diese Fahrerlaubnisverordnung regelt den Umgang mit Menschen, die im Besitz eines Führerscheins sind und den Behörden in irgendeinem Zusammenhang mit Cannabis aufgefallen sind, sei es durch ein Strafverfahren, sei es, weil man sie mit einer Portion Cannabis in der Tasche angetroffen hat, oder sei es was auch immer. Das wäre vollkommen in Ordnung und überhaupt kein Grund für eine Große Anfrage, wenn das so gehandhabt würde, wie wir das alles vom Alkohol kennen. Es gibt definierte Grenzwerte, und eine Sanktion setzt dann ein, wenn Fahren unter Alkoholeinfluß auch tatsächlich nachgewiesen ist.
Auf der Grundlage dieser Fahrerlaubnisverordnung kann allerdings eine umfassende medizinische Untersuchung eines Führerscheinbesitzers schon dann angeordnet werden – und das wird in der Praxis auch regelmäßig so gemacht –, wenn er, wo auch immer, mit Haschisch oder Marihuana angetroffen wird. Es ist dann völlig egal, ob der Betroffene selbst Konsument ist oder vielleicht auch nur seine Frau oder ob er überhaupt mit dem Auto fährt. In einer solchen Situation sind die Betroffenen dann sofort einem umfangreichen Verwaltungsverfahren ausgesetzt, das ihn oder sie zwingt, Haar- und Urinproben abzugeben. Mit einer Haarprobe läßt sich auch noch monatelang zurückliegender Konsum nachweisen; deshalb wird das gemacht. Das wird dann zum Anlaß genommen, eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen, mit der geklärt werden soll, ob die Teilnahme am Straßenverkehr – Autofahren – und der Konsum von Cannabis getrennt werden kann. Völlig egal ist – und das muß man in diesem Zusammenhang wirklich beachten –, ob der Betroffene tatsächlich unter dem Einfluß von Cannabis gefahren ist oder nicht. Der bloße Besitz der Substanz oder auch nur die Kenntnis der Behörden von zum Beispiel einem Strafverfahren gegen jemanden reicht für den Entzug des Führerscheins aus. Das ist ungefähr so, als würde man Sie am Samstag nach dem Einkaufen im Auto in einer Verkehrskontrolle mit einem Kasten Bier auf dem Rücksitz antreffen und dann daraus schließen, daß Sie zum Fahren ungeeignet sind, weil schließlich dieser Kasten Bier darauf schließen läßt, daß Sie gern einmal Alkohol trinken. Da Sie außerdem ein Auto fahren, erklärt man Sie für ungeeignet.
Die Praxis der Anwendung dieser Fahrerlaubnis vor Ort kann in Hamburg durchaus als ausufernd bezeichnet werden. In der Praxis wird in aller Regel der Besitz von Cannabisprodukten mit dem Konsum gleichgesetzt und beides zusammen mit der Unfähigkeit, verantwortlich ein Auto zu lenken.
Diese Problematik wollten wir mit der Großen Anfrage näher beleuchten. Sie betrifft, ich habe es eingangs erwähnt, mitnichten nur eine kleine Gruppe mehr oder weniger sozial verwahrloster Süchtiger, sondern einen nicht geringen Anteil der Bevölkerung und vor allen Dingen einen nicht geringen Anteil unter den Jüngeren.
Die Antworten auf die Große Anfrage zeigen, daß dem Senat die Tragweite dieser Problematik nicht bewußt zu sein scheint. Die Antworten zeigen auch, daß es kaum Erhebungen über wirklich wesentliche Fragen gibt, die in diesem Zusammenhang überhaupt erst einmal geklärt sein müßten, bevor man Menschen mit einer derartig unverhältnismäßigen staatlichen Reaktion überzieht.
So ist zum Beispiel überhaupt nicht geklärt, wie häufig Unfälle passieren, weil sich jemand nach dem Genuß von Cannabisprodukten ins Auto gesetzt hat und einen Unfall gebaut hat.