Das Naturschutzgesetz, das wir hier heute beschließen können, hat auch seine zwei Jahre gebraucht, und ich finde, es sieht jetzt schon viel besser aus als im Moment noch diese Esche. Nach einer äußerst langen Entwicklungs- und Abstimmungsphase können wir diese Novellierung nun heute beschließen.
Daß wir dort hingekommen sind, ist ein wichtiger Schritt unter dem Aspekt der nachhaltigen Entwicklung und Ressourcenschonung in Hamburg. Die drei Kernbereiche der Novellierung führen zu einer deutlichen Stärkung einerseits der Verbände und einer Sicherung des Schutzes von Biotopen und erzielen andererseits eine deutliche Verbesserung der Ausgleichsregelung bei Eingriffen.
Da die Debatte heute sicherlich auch von der Kritik aus unterschiedlichen Richtungen geprägt sein wird, möchte ich vorab schon an dieser Stelle deutlich sagen, daß diese Novellierung erstens schon seit vielen Jahren überfällig war und zweitens ein gelungener Kompromiß ist. Die Zeitdauer,
die wir gebraucht haben, um bis hierher zu kommen, läßt erahnen, wie strittig die Diskussion innerhalb der behördlichen Abstimmung verlief, und dieses setzte sich natürlich in der bürgerschaftlichen Ausschußbefassung fort.
Hier wurde beispielsweise aus Sicht der Handelskammer noch einmal vorgetragen, wie wirtschaftsfeindlich diese Novellierung ist, aus Sicht der Landwirtschaftskammer, wie wenig Rücksicht auf die Landwirtschaft genommen wurde, und aus der Sicht der Naturschutzverbände, wie wenig ausreichend sie ihre Klagemöglichkeiten halten. Vor allem wurde auch Unverständnis darüber deutlich, daß die mittlere Planungsebene in Hamburg immer noch nicht eingeführt wird.
Anhand der konkreten Novellierungsschwerpunkte möchte ich noch einmal auf die unterschiedlichen Argumentationslinien eingehen, obwohl das vielleicht auch die weitere Debatte noch bestimmen wird. Bisher waren die Klagerechte der Verbände auf Naturschutzgebiete und die Nationalparks beschränkt. Die Mitwirkungsrechte waren auf die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes eingeschränkt. Allein hier findet in elf Punkten eine erhebliche Ausweitung statt.
Das Klagerecht der Verbände gilt nun unter anderem generell bei behördlichen Entscheidungen, wenn die Entscheidung dem Naturschutz widerspricht oder die Belange von Natur- und Biotopschutz tangiert werden. Uns allen sollte dabei klar sein – um noch einmal die Argumente der Handelskammer und anderer Wirtschaftsverbände aufzunehmen –, daß die gewünschten Auswirkungen dieser verstärkten Mitsprache- und Klagerechte in einem stärkeren Gewicht liegen mit dem Ziel, Planungen und Eingriffe an dieser Stelle in ihren Auswirkungen auf die Natur zu minimieren. Das Ziel ist nicht, möglichst viele Klagen führen zu können, sondern eine gesicherte Berücksichtigung der ökologischen Notwendigkeiten.
Dazu gehört im übrigen natürlich dann auch die Bereitschaft der Wirtschaft und ihrer Verbände, sich in diesen Dialog einzuklinken. Mitsprache und Klagemöglichkeiten stärken den notwendigen Ausgleich der Interessen und erhöhen damit die Planungs- und Rechtssicherheit.
In der rechtlichen Bewertung durchaus umstritten waren in der Sachverständigenanhörung die vorgesehenen Klageausnahmeregelungen für einzelne Projekte. Das wird hier sicher noch im Detail diskutiert werden. Entscheidend ist, wie ich denke, daß es sich hier nicht um Grundrechte handelt und wir uns daher auch der rechtlichen Bewertung des Senats angeschlossen haben. Um es aber deutlich zu sagen: Für die Abgeordneten ergab sich durchaus das beliebte Bild von drei Juristinnen und vier verschiedenen Meinungen.
Anders sieht es mit der politischen Bewertung dieser Ausnahme aus. Auch hier wurde je nach politischer Farbe unterschiedlich gewichtet. Für die GAL-Abgeordneten – und nur für die spreche ich hier, alle anderen werden für sich sprechen – ist die politische Abwägung, die hier getroffen wurde, tragbar und vor allem kein Grund zur generellen Abwertung der Novellierung. Der CDU gebe ich schon einmal mit auf den Weg, daß sie vielleicht vorab die Frage in ihrem Beitrag klären kann, wo eigentlich für sie der Unterschied in den ökologischen Auswirkungen liegt, wenn ein Eingriff in eine private und eine öffentliche Hochwasserschutzanlage durchgeführt würde. Die eine soll nach ihrem Antrag privilegiert sein und die andere nicht.
Im übrigen möchte ich mich zu den Änderungsanträgen hier nicht weiter äußern; wir haben es im Ausschuß aus
führlich debattiert und dort bereits deutlich gemacht, daß wir Ihren Änderungsantrag ablehnen werden.
Gerade bei der Neuformulierung der Eingriffs- und Ausgleichsregelungen wird auch die wesentlich verbesserte Gewichtung des Gesetzes deutlich. Detailliert ist nun zu belegen, welche Auswirkungen ein Eingriff haben wird, welche Maßnahmen zur Vermeidung vorgesehen sind und wie die Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung des Ausgleichs und Ersatzes aussehen.
Diese Regelung war längst überfällig und wird hoffentlich dazu führen, daß sich einerseits die Liste der nicht ausgeglichenen Eingriffe nicht noch weiter verlängert und andererseits die ökologische Gleichwertigkeit zwischen Ausgleich und Eingriff gewährleistet werden kann. Neu eingeführt wird im übrigen hierbei dann auch die Ausgleichspflicht von Eingriffen in Gewässer im Hafen. Der Besonderheit der Biotope in den nicht genutzten Hafenbecken wird damit endgültig und endlich Rechnung getragen.
Insgesamt ist der Biotopschutz umfangreich in die Novellierung aufgenommen worden. Über die Notwendigkeit, zum Schutz der einzelnen Art hinweg auch ihre jeweiligen Lebensräume zu schützen, gibt es inzwischen europaweit keine strittigen Diskussionen mehr. Im Anhang der Novellierung werden die geschützten Lebensräume detailliert aufgeführt. Wer immer sich das Vergnügen macht, diesen Anhang zu lesen, wird feststellen – ich glaube nicht, daß es Ihnen allen bekannt war –, daß es eine derartige Vielfalt von Biotopen in Hamburg gibt und auch zukünftig geben wird.
Ebenso wie der neu eingeführte ehrenamtliche Naturschutzdienst werden sich alle Veränderungen in der Umsetzung bewähren müssen. Ich gehe davon aus, daß wir in vielen weiteren Gesprächen, Debatten oder Ausschußsitzungen zum Beispiel die Auswirkungen des ausgeweiteten Biotopschutzes auf die landwirtschaftliche Nutzung in Gewässerrandbereichen – das war einer der Kernstreitpunkte in unserer Sachverständigenanhörung – oder den finanziellen Aufwand, der einem Investor zusätzlich entsteht, wenn er die Auswirkungen seines Eingriffs sehr detailliert bewerten lassen und auch ausgleichen muß, erfahren werden.
Das Gesetz wird sich bewähren müssen. Es bietet aber eine solide Grundlage für eine zukunftsfähige Politik zum Schutze der Naturräume in der Großstadt Hamburg.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war ein ziemlich langer Weg, bis wir endlich diesen Kompromiß für die Novellierung des Hamburgischen Naturschutzgesetzes gefunden haben. Es hat sich aber gelohnt, diesen langen Weg zu gehen, weil wir tatsächlich substantielle Verbesserungen zum Schutz der Natur herausgearbeitet haben, wie Frau Möller schon erwähnt hat. Dabei denke ich an die Ausweitung der Verbandsklage, an die Abschwächung beziehungsweise sogar die Öffnung der Hafenprivilegierung, die konsequente Umsetzung der Regelungen des europäischen Naturschutzrechts sowie die des Bundes in Landesrecht und nicht zuletzt den verbesserten Biotopschutz von Mooren, Dünen und Tümpeln.
Es gab auf diesem langen Weg aber auch unschöne Strecken. Hier möchte ich noch einmal an die Illoyalität
eines Behördenmitarbeiters oder einer Mitarbeiterin erinnern, der oder die vertrauliche erste Gesetzentwürfe an die Naturschutzverbände lanciert hatte.
Gleich darauf unternahm dann die REGENBOGENGruppe den eher lächerlichen Versuch, mit einer kläglichen Abschrift des Papiers in die scheinbar offene Flanke des Senats hineinzupieksen. Im nachhinein kann ich nur sagen: Schade um die vergeudete Zeit. Heute haben wir aber die Gelegenheit, den aus dieser Abschrift resultierenden Antrag 16/3314 der Gruppe REGENBOGEN endgültig abzulehnen.
Doch nun wieder zu den erfreulichen Dingen. Mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf haben wir für die Zukunft einen ganzen Instrumentenkasten in die Hand bekommen, mit dem wir den Schutz der Natur effektiver sichern können; Frau Möller hat die einzelnen Bestandteile bereits genauestens beschrieben. Genau dieses war im Koalitionsvertrag 1997 zum Naturschutz angestrebt worden. Daß dieser Teil der Koalitionsvereinbarungen jetzt eingelöst werden kann, freut mich als langjährige Umweltpolitikerin natürlich ganz besonders. Nicht nur, weil ich seit Jahren für eine partielle Stärkung der klageberechtigten Naturschutzverbände war und bin, sondern auch, weil jetzt endlich Klarheit darüber besteht, welche Regelungen und Normen aus dem EU- und Bundesrecht wie und in welcher Weise in unser neues Landesrecht einzubeziehen sind.
Da herrschte auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Umweltausschuß im Februar vor der ausgedehnten Sachverständigenanhörung zur Gesetzesnovelle noch ein ziemlich großer Informationsbedarf. In der gesamten Diskussion um die Novellierung des Naturschutzgesetzes ging es auch um das Einbeziehen der bereits gefaßten Vorgaben aus anderen Programmen oder Gesetzen, zum Beispiel „Natura 2000“, FFH Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, Vogelschutzrichtlinie sowie Ramsar-Konvention, die die Argumentationsketten der Sachverständigen, vor allem der juristischen, naturgemäß auch belasteten. Aber die Spezialisten führten uns in dieser Anhörung bei der Zuordnung der einschlägigen Richtlinien mit sicherer Hand durch das undurchdringlich scheinende Gestrüpp aus Länder-, Bundes- und europäischen Naturschutzgesetzen.
Wenn mir jemand noch vor fünf Jahren gesagt hätte, Hamburg mache für den Naturschutz Abstriche bei seinen Hafenprivilegien, dann hätte ich gesagt, Hanseaten seien eigentlich sehr vorsichtig mit Utopien. Heute können wir eine erste partielle Öffnung des Hafenprivilegs beschließen. Die Wasserflächen im Hafengebiet werden in Zukunft einer Ausgleichspflicht unterliegen, und dadurch werden nicht nur Zuschüttungen von Hafenbecken erschwert, es wird umgekehrt auch die Pflicht erhoben, adäquate Flächen, das heißt Still- und Flachwasserzonen, neu zu schaffen.
Das ist ein respektabler Erfolg für den Naturschutz in Hamburg, und deshalb kann ich Sie nur auffordern, der Ausschußempfehlung zu folgen und das Gesetz aus der Drucksache 16/5116 anzunehmen. Nehmen Sie die Drucksache 16/3363 zur Kenntnis und lehnen Sie die Anträge von CDU und REGENBOGEN ab, wie es auch schon im Ausschuß geschehen ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen haben es demonstriert: Das Gesetz besteht im wesentlichen aus recht langweiligen technokratischen Anpassungen an europäisches Recht,
an die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, an das Bundesrecht und natürlich auch an die Rechtsprechung seit 1981.
Sie haben deutlich gemacht, daß es insgesamt kein großer Wurf ist. Allerdings sind zwei spannende Punkte enthalten, das Verbandsklagerecht, das hier deutlich erweitert wird, und die Begriffsbestimmung und Regelung von Eingriffen; auf die werde ich besonders eingehen.
Sie haben bedauert, daß der Entwurf aus der Behörde an die Öffentlichkeit gelangt ist. Eines habe ich allerdings während der ganzen Diskussion sehr bedauert, und das wird auch dadurch demonstriert, daß heute überhaupt kein Umweltverband auf den Tribünen sitzt. Sie haben dieses Gesetz faktisch nur hinter verschlossenen Türen in Form von Kabinettspolitik, in Form von Mauschelei besprochen.
Es fehlte eine offene Diskussion, es fehlte Transparenz, es fehlte eine Teilhabe der nicht nur an Umwelt interessierten, sondern der an Umwelt zu interessierenden Mitbürger. Dieses Gesetz ist hinter dem Rücken der Öffentlichkeit behandelt worden, und Sie, Frau Vogel, haben eben auch noch beklagt, daß da etwas herausgekommen ist, das eher dem Umweltschutzgedanken geschadet als genützt hat.
Was ist denn daran absurd? Sie wissen das ganz genau, Frau Möller. Darf ich Ihnen noch einmal deutlich sagen, daß Sie damals die REGENBOGEN-Gruppe angegriffen haben, als Sie das Gesetz vorgebracht haben. Sie hätten das lieber verdeckt halten sollen, weil es Ihrem Anliegen mehr schadet. Sie haben von vornherein eine Kabinettspolitik betrieben. Wo sind denn die Ideale Ihrer Oppositionsjahre, wo Sie immer auf Demokratisierung, auf Teilhabe, auf Transparenz gepocht haben?
Auch die Art und Weise, wie uns das Gesetz als Abgeordnete übermittelt worden ist, war eigentlich eine Zumutung. Es wurde erst einmal in den letzten Parlamentsferien gemacht, dann mit einer neuen Numerierung versehen; die alten Paragraphen standen dahinter. Das ging hin und her, anstatt diesem Parlament eine anständige Synopse vorzulegen. Es mußte ein Verwirrspiel gemacht werden, das wirklich nicht mehr schön war. Ich kann das nicht akzeptieren und nehme als Beispiel, auch wenn der Inhalt mir nicht gefällt, die Art und Weise, wie seinerzeit das neue Schulgesetz mit den an Bildungspolitik Interessierten diskutiert wurde. Das wäre von der Form her ein Vorbild gewesen, und daran haben Sie sich überhaupt nicht gehalten.
Aber nun zu den Inhalten und nicht zu der Form, in der das Gesetz hier behandelt worden ist. Sie haben selbst geschildert, wie lange dieser quälende Prozeß hinter verschlossenen Türen bei Ihnen gedauert hat. Die meisten Regelungen hätten wir gleich am Anfang der Legislaturperiode haben können. Jetzt kommen Sie wenige Wochen oder Monate vor dem Ende der Legislaturperiode mit der
Verabschiedung dieses Gesetzes, wohl weil Sie ein wenig Angst haben, daß es möglicherweise nach dem 23. September nicht mehr geht; aber das ist ein ganz anderer Punkt.
Seit dem 2. Februar liegt der Entwurf eines neuen Bundesnaturschutzgesetzes vor. Die Ressorts haben der Versendung bereits zugestimmt, und höchstwahrscheinlich wird das neue Bundesnaturschutzgesetz Anfang beziehungsweise im Laufe des nächsten Jahres geändert. Die Bundesvorgabe heißt faktisch – ich nenne einmal drei Punkte – in bezug auf das europäische Verbundnetz, daß 10 Prozent der Fläche der Länder dafür hergegeben oder aufgebracht werden sollen. Das Verhältnis Naturschutzrecht/Landwirtschaft insbesondere bei Nutzungsregelungen, die verbindliche Einführung der flächendeckenden Landschaftsplanung und weitere vier Punkte, die alle in diesem Gesetz nicht reguliert worden sind. Und wir müssen dieses Gesetz wahrscheinlich nächstes Jahr noch einmal novellieren.
Insofern ist der von Ihnen gewählte Zeitpunkt und das lange Zuwarten Ihrerseits nun wirklich der Sache nicht dienlich gewesen, und dieses Gesetz ist unsinnig vor dem Hintergrund der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes.