Protokoll der Sitzung vom 25.04.2001

Sollte die rotgrüne Bundesregierung das Kindergeld erhöhen, so wird in Hamburg nur der Senat, Frau Dr. Hilgers, einen Nutzen haben.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Warten Sie eine Sekunde. Es ist zuviel Unruhe im Raum, weil zu viele Gespräche stattfinden. Ich bitte Sie um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner. Sie haben das Wort, Herr Harlinghausen.

In Hamburg werden die Eltern für die Betreuung ihrer Kinder bestraft. Kinderreiche Familien werden von der Wohnungsbaukreditanstalt bei der Schaffung von Eigentum mit der Eigenheimzulage unterstützt. Für die SPD und GAL gilt die Eigenheimzulage als Einkommen und wird angerechnet. Daher steht Familien nur noch ein Teil für den eigentlichen Förderzweck zur Verfügung, der andere Teil geht zurück in eine andere Tasche des Senats. Mein Kollege Henning Tants wird einen Antrag einbringen, um dieses künftig abzustellen.

Auf die Frage, wie hoch die Summe der Elternbeiträge im ersten und zweiten Halbjahr 2000 je Betreuungsumfang und Trägergruppe war, antwortete der Senat – ich zitiere –:

„Für das Jahr 2000 können keine Gesamtwerte angegeben werden, weil die Abrechnung des zweiten Halbjahres noch nicht abgeschlossen ist.“

Wieso beantwortet der Senat zumindest nicht die erste Frage nach der Summe aufgrund der Neuberechnung der Elternbeiträge des ersten Halbjahres? Damals behauptete der Senat, mit Mehreinnahmen in Höhe von circa 300 000 DM rechnen zu können. Er hatte laut Pressemitteilung vom 24. September 1999 auch kein Interesse daran, Mehreinnahmen zu erzielen. Die Senatorin verkündete dann aber Mehreinnahmen von 16 Millionen DM.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Prognose!)

Wir sind seit 1998 dem von uns allen getragenen Ziel der Optimierung der Kinderbetreuung kaum nähergekommen.

(Dr. Holger Christier SPD: Ihre Fraktionsführung möchte, daß Sie aufhören! Wir möchten das auch!)

Eine große Chance ist durch die rotgrüne Familienpolitik vertan worden. Wir werden auch in den nächsten Monaten außer Absichtserklärungen und Wahlversprechen kaum etwas hören, so daß die einzige Chance für die Betroffenen die neue, andere Regierung Ende dieses Jahres ist. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Böwer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Habe ich das gerade richtig gesehen? Herrn Harlinghausen ist von der eigenen Fraktion die rote Karte gezeigt worden! Das ist schon toll!

(Beifall bei der SPD)

Wenn man über die beliebte Internetsuchmaschine Google Ihre Homepage aufsucht,

(Rolf Harlinghausen CDU: Sie können noch nicht einmal Inhalte und Zeit unterscheiden!)

dann wird man mit den wunderbaren Worten begrüßt:

„Willkommen in der virtuellen Welt der CDU.“

Besser hätte ich das nicht sagen können. Mir würde noch etwas zu einem beschränkten, 35 Worte umfassenden Politvokabular einfallen, mit dem man versucht, etwas Komplexes zu erläutern.

Wenn wir über Kinderbetreuung sprechen – insbesondere über die aus Sicht der CDU –, dann lohnt es sich, einen Blick in die Länder zu werfen, in denen die CDU oder die CSU die Regierungsverantwortung tragen.

(Helga Christel Röder CDU: Es ist nichts zu verste- hen hier! Langsamer!)

Ich wiederhole langsam: Wenn man wissen möchte, wie Kinderbetreuung in CDU- oder CSU-regierten Ländern stattfindet, dann sollte man einmal dort hinschauen, wo diese Regierungsmehrheiten vorhanden sind.

Wenn man beispielsweise in Bayern, Hessen oder BadenWürttemberg einen Krippenplatz für ein zweijähriges Kind sucht, dann muß man viel Glück haben, Herr Harlinghausen, denn die Versorgungsquote liegt dort unter 2 Prozent. Das ist eine neue Form der Süddeutschen Klassenlotterie.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

(Rolf Harlinghausen CDU)

Wer glaubt, bei der Hortversorgung auf bessere Zahlen und Daten zu stoßen, wird auch enttäuscht. Hessen bietet für seine Schüler Hortplätze von 4,7 Prozent an, nicht mehr.

(Holger Kahlboom SPD: Hört mal zu, dann könnt ihr etwas lernen!)

Herr Harlinghausen, ich nenne Ihnen die Hamburger Zahlen: Hier werden fünfmal mehr Hortplätze und neunmal mehr Krippenplätze als in den von mir genannten Ländern Bayern, Hessen und Baden-Württemberg angeboten.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn Sie glauben, diese Aussage sei eine plumpe Wahlpropaganda, so stimmt das nicht. Es sind amtliche Zahlen aus der Übersicht der Landesjugendämter, zu der auch die vorgenannten Länder ihre Zahlen liefern.

Von der CDU ist in den letzten Wochen und Monaten vor allem nach den Karlsruher Richtersprüchen zur Pflegeversicherung und zum Familienlastenausgleich viel über Familienpolitik geredet worden: Stoiber bietet 1000 DM als Babyprämie für die ersten drei Jahre an, Angela Merkel legt noch einmal 200 DM oben drauf und verspricht – hören Sie bitte zu, Herr Harlinghausen – bei gleichzeitiger Standardabsenkung einen Ausbau von Kita-Plätzen.

Wenn man sich unter www.CDU.de einklickt, dann findet man dort im Zusammenhang mit dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz den bemerkenswerten Satz:

„Die Senkung überzogener Standards ist eine wichtige Aufgabe.“

Herr Harlinghausen, das ist keine Familienpolitik, sondern eine Katastrophe.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie müssen uns erklären, was Sie von der real existierenden CDU-Wirklichkeit auf Hamburg übertragen wollen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Die SPD-Wirklichkeit ist auch nicht besser!)

Zu Herrn Stoiber. Mit einem kurzem, dreijährigen Familiencash ist keiner Familie gedient. Familien brauchen Sicherheit und Verbindlichkeit, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen. Ein Paar, das heute überlegt, eine Familie zu gründen oder ein weiteres Kind zu bekommen, läßt sich mitnichten von einer Babyprämie überzeugen, sondern nur von einer verläßlichen und qualitativ hochwertigen Kindertagesbetreuung.

(Karen Koop CDU: Und einer kostenlosen!)

Das haben wir in Hamburg schon erkannt, bevor Karlsruhe zu mehr Familienfreundlichkeit gemahnt hat. Dafür stehen seit den letzten zehn Jahren 20 000 zusätzliche Kindergartenplätze und die Verläßliche Halbtagsschule in Hamburg. Sie ist ein Exportschlager aus Hamburg, sie kommt nicht aus Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dafür steht auch die im Bundesvergleich trendsettende Entwicklung und Überlegung im Zusammenhang mit der Kita-Card, mit dem klaren Ziel – hören Sie zu, Herr Harlinghausen –, bis 2005 für alle Kinder, deren Eltern arbeiten und die einen besonderen pädagogischen Bedarf haben, eine passende Kinderbetreuung guter Qualität anzubieten.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Wo liest du das ab? Aus dem SPD-Wahlpro- gramm?)

Ja, ich lese das auch vom SPD-Wahlprogramm ab. Das ist ein Grund, die SPD zu wählen.

(Beifall bei der SPD)

Damit stehen wir wirklich vor der epochalen...

(Zuruf von Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Sudmann, wenn du deine Redezeit einteilst, kannst du alles gleich von hier oben sagen.