Protokoll der Sitzung vom 10.05.2001

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Trotz aller positiven Meldungen dürfen wir aber nicht vergessen, daß wir diese Einrichtungen mit einem großen Handicap in die Selbständigkeit geschickt haben. Schon 1998, während der letzten Debatte über dieses Thema, habe ich bemängelt, daß vor der Überführung in eine Stiftung die Häuser von der Stadt nicht grundinstandgesetzt wurden, wie zum Beispiel in Holland. Es war halt kein Geld da. Nun steht die Entscheidung an, diese Häuser an die HGV und die GWG, eine Tochter der HEW, zu verkaufen. Ich hoffe, daß die Kulturbehörde bei den Verkaufsverhandlungen ein großes Augenmerk auf den erforderlichen Sanierungsbedarf der Häuser richten und dies auch zu Verkaufsbedingungen machen wird.

Der Investitionsbedarf ist immens, und da ich davon ausgehe, daß die Stadt Hamburg ihre Museen nicht ruinieren will, hoffe ich inständig, daß eine hohe Investitionssumme ausgehandelt wird. Sie divergiert ja sehr, wie wir wissen. Unsere Aufgabe wird es sein, diese Verhandlungen wachsam zu verfolgen. Die Besitzüberlassungsverträge hinsichtlich der einzelnen Sammlungen scheinen befriedigt gelöst zu sein. Ansprechen möchte ich aber in jedem Fall, daß die finanzielle Belastung, zumal der kleinen Häuser, enorm ist. Nicht nur, daß sie neu entstehende Kosten, wie zum Beispiel für den kaufmännischen Geschäftsführer, den es vorher nicht gab, selbst erwirtschaften müssen, sie müssen auch alle Kostensteigerungen selbst erbringen. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, daß die Ressourcen annähernd ausgeschöpft sind und eine Erhöhung der Eintrittsgelder nicht mehr verträglich ist, ohne daß die Besucher ausbleiben. Herr Dr. Kopitzsch sagte schon, daß wir Freitag die lange Nacht haben. Das ist eine gute Geschichte, und es sind vor allen Dingen auch Eintrittspreise, die vertretbar sind. Dennoch müssen wir da aufpassen. Für den normal Sterblichen sind die Eintrittspreise schon sehr hoch geworden.

Abschließend kann man sagen, daß die Entscheidung Hamburgs, eine Museumsstrukturreform umzusetzen, richtig war und mit Sicherheit ein Vorbild für andere deutsche und internationale Städte darstellt. Aber wir dürfen

(Dr. Franklin Kopitzsch SPD)

die Museen nun bei der Bewältigung der letzten Hürden nicht ganz allein lassen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Steffen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie so häufig im Kulturbereich können wir auch am Beispiel der Verselbständigung der Museen feststellen, daß es eine breite Übereinstimmung bei den Fraktionen in diesem Parlament gibt. Was war eigentlich Ziel dieser Rechtsformveränderung? Erinnern wir uns an die Zeit, als es verhandelt wurde. Gefordert war, daß die Entwicklung zu mehr Flexibilität stattfinden mag, die Eigenverantwortung zu stärken und ebenso auch das Kostenbewußtsein und die Förderung des unternehmerischen Denkens.

Nun können wir nach zwei Jahren dieser Verselbständigung feststellen, daß das Ziel voll erreicht wurde. Die Museen haben durch zahlreiche Maßnahmen, die auch meine beiden Vorredner schon ausführlich erwähnt haben, gezeigt, daß der Publikumszuspruch noch gesteigert werden konnte, daß der Tag der Kunstmeile und die lange Nacht als zwei Beispiele dieser Flexibilität oder auch die Öffnung der Kunsthalle am 1. Mai und an allen anderen Feiertagen dazu beitragen, genau dieser Publikumsmagnet zu werden. Insgesamt konnten die Museen mehr als 100 000 Besucher zusätzlich verzeichnen.

Was das Kostenbewußtsein angeht, so konnte der Kostendeckungsgrad gesteigert werden. Auch das wurde von Herrn Professor Kopitzsch schon erwähnt. Insgesamt ist die Angebotserweiterung in den Museumsshops, die bessere Vermarktung und die Neueinrichtung von Cafés sowie auch ein verstärktes Vermietungskonzept Ausdruck dieser neuen Flexibilität und des neuen Kostenbewußtseins beziehungsweise des unternehmerischen Denkens. Darauf wollte ich eigentlich hinaus.

Nicht zuletzt hat sicherlich dazu beigetragen, daß neben den künstlerischen Direktoren auch noch die kaufmännischen Direktoren dazugekommen sind. Daß diese Kooperation beider eine gute Sache war, denke ich, ist der Ausdruck und das Ergebnis, das in der Anfrage von Dr. Kopitzsch zum Ausdruck kommt. Ich meine – und da will ich nicht all das wiederholen, was Frau Vahlefeld und Herr Dr. Kopitzsch hier schon ausgeführt haben –, insgesamt ist die Verselbständigung der Museen eine rechte Erfolgsstory, auf die wir stolz sein können.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der CDU)

Das Wort hat Frau Koppke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte nie etwas gegen die Verselbständigung der Museen, auch heute nicht. Aber wenn man diesen Prozeß als Jahrhundertwerk feiern will, wie die SPD das tut, auch in ihrer Anfrage, müßte sich das natürlich auch irgendwo niederschlagen. Aber wo zeigt sich denn dieses Jahrhundertwerk? Liest man die Anfrage genau, dann muß man feststellen, daß sich insgesamt ziemlich wenig verändert hat. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich das gut oder schlecht finden soll, weil das natürlich auch bedeutet, daß viele bestehende Befürchtungen glücklicherweise nicht eingetreten sind. Zum Beispiel ist kein inhaltlicher Einfluß von Mäzenen oder

Sponsoren festzustellen, aber wesentliche Verbesserungen sind eben auch nur wenige eingetreten. Einzig – das muß man zugestehen – neue Einnahmequellen wurden zum Teil erschlossen, und der Kostendeckungsgrad hat sich erhöht.

Was sich aber alles nicht verbessert hat, ist zum Beispiel, daß es kaum neue Veranstaltungskonzepte gibt, bis auf hauptsächlich jenes, was auf unseren Tischen ist, daß sich die Bewerbersituation auf die Direktorenstellen nicht wesentlich verändert hat und daß die Kooperation mit den Privaten sich nicht wesentlich verbessert hat. Eine Verbesserung wird lediglich – Zitat – „erwartet“. Auch die Kostentransparenz hat sich nicht erhöht. Sie ist lediglich – wiederum Zitat – „gewährleistet“.

Dagegen fallen zwei Aspekte dann auch deutlich negativ ins Auge, und zwar erstens die Eintrittspreise. Da möchte ich Frau Vahlefeld ausdrücklich unterstützen. Noch im August 1999 hatten die sieben kaufmännischen Direktoren in der „Morgenpost“ einhellig getönt, ja beteuert, daß eine Erhöhung der Eintrittspreise auf keinen Fall stattfinden wird. Was stellen wir fest? Zwei Museen haben ihre Eintrittspreise inzwischen erhöht, und bei allen sieben ist die Ermäßigung für Rentner und Rentnerinnen entfallen.

Zweiter negativer Punkt sind die Zahlen von Museumsbesucherinnen und -besuchern. Da muß man sagen, daß die SPD in dieser Großen Anfrage sehr geschickt gefragt hat. Da ist nämlich lediglich ein Vergleich der Besucherzahlen zwischen 1999 und 2000 abgefragt, der dann auch positiv ausfällt. Leider ist die CDU auch darauf reingefallen, denn viel interessanter und auch wesentlicher ist natürlich, wie sich die Besucherzahlen im Vergleich zur Zeit vor der Verselbständigung der Museen entwickelt haben, also vor dem 1. Januar 1999. Und da zeigt sich erschreckend deutlich, daß mit der Einführung der Verselbständigung der Museen die Besucherzahlen sanken, die bis dahin kontinuierlich gestiegen waren, drastisch in den Keller, nämlich von insgesamt 1,68 Millionen Besuchern 1998 auf 1,11 Millionen Besucher 1999. Mit anderen Worten: Mit der Verselbständigung der Museen sind die Besucherzahlen um 34 Prozent gesunken. Mit der Steigerung im Jahr 2000 im Verhältnis zu 1999 sind wir jetzt wieder auf einem Stand von 1996, und der liegt noch immer um 28 Prozent unterhalb dem von 1998.

Die Verselbständigung der Hamburger Museen führte also zu einem ganz heftigen Rückgang der Besucherzahlen, und ich finde das ziemlich bestürzend.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Sehr interessant fand ich auch die Antwort auf die Frage zur Steuerungsmöglichkeit der Politik bei den jetzt selbständigen Museen. Die lautet nämlich, daß der Senatorin, die den Vorsitz in den Aufsichtsräten der Museen hat, die Wirtschaftspläne, Quartalsberichte und Jahresabschlüsse vorgelegt werden, und sie erhält – Zitat –:

„einen umfassenden Einblick in die Arbeit der Museen..., kann zwischen den einzelnen Museen vergleichen und die Zusammenarbeit der Häuser fördern.“

Ich finde es natürlich sehr schön, daß der Senatorin Pläne vorgelegt werden, sie Einblick in die Museumsarbeit erhält, sie auch vergleichen kann und den Zusammenhalt fördern kann. Das ist sehr lyrisch, aber mit Steuerung hat das leider wenig zu tun. Wo bleibt da eigentlich das Parlament?

Insgesamt kann aus unserer Sicht die Große Anfrage in ihren Ergebnissen nicht so positiv bewertet werden wie für

(Rena Vahlefeld CDU)

den Rest des Hauses, weil gerade die Teilhabe der Hamburgerinnen am kulturellen Leben in puncto Eintrittspreise und Besucherzahlen ausnehmend schlecht abschneidet.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat jetzt Senatorin Dr. Weiss.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg hat viele kulturelle Exportartikel. Kulturprojekte aus der Hansestadt genießen national wie international hohes Ansehen. Hamburg hat aber seit zwei Jahren auch einen kulturpolitischen Exportartikel, nämlich die rechtliche Verselbständigung der Hamburger Museen.

Delegationen vieler Städte, Mitglieder von Kulturausschüssen und Vertreter von Länderministerien waren inzwischen in Hamburg, um sich bei den Museumsstiftungen und bei der Kulturbehörde über die Verselbständigung zu informieren. Mitarbeiter der Kulturbehörde und Vorstandsmitglieder der Museumsstiftungen waren vielfach eingeladen zu Informations- und Diskussionsveranstaltungen im In- und Ausland. Ganz bewußt hat der Deutsche Museumsbund zu seiner Jahrestagung mit dem Thema „Museen – Portale zur Welt“ in der nächsten Woche ins Museum der Arbeit nach Hamburg eingeladen. Die Tendenz, das Interesse an der Verselbständigung hält an. Jetzt liegen mit der Drucksache Erfahrungen aus den ersten zwei Jahren vor, und dies, meine Damen und Herren, ist ja noch ein relativ kurzer Beobachtungszeitraum. Dennoch können wir feststellen, daß die Verselbständigung der Museen ein Erfolg ist. Erfolg in den Produktstrukturen, in der Verwaltungsstruktur, der wirtschaftlichen Lage auf dem Fels der Public-Private-Partnership und natürlich beim Service.

Ein paar Beispiele. Beispiel: Kaufmännisches Rechnungswesen. Mit der rechtlichen Verselbständigung und der damit verbundenen Einstellung der kaufmännischen Geschäftsführer und der Geschäftsführerin hat sich das Kostenbewußtsein in den Museen deutlich verändert und erhöht. Mit dem kaufmännischen Rechnungswesen verfügen die Vorstände über ein geeignetes Instrumentarium, und ich könnte sagen, endlich über ein geeignetes Instrumentarium, das Kostentransparenz, Kontrolle und systembezogene Planungssicherheit gewährleistet.

Die Bildung von Kostenarten und Kostenstellen für die einzelnen Bereiche in den Museen und die Übertragung von Kostenstellenverantwortung auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dazu geführt, daß das Verständnis für Planungsprozesse und das Kostenbewußtsein bei allen Beschäftigten gewachsen ist. Im Jahr 2000 – und das ist gar nicht wegzudiskutieren – hat sich der Kostendeckungsgrad der Museen insgesamt gegenüber dem Vorjahr von 26 Prozent auf 32 Prozent erhöht.

Beispiel: Besucherzahlen. Besucherzahlen, meine Damen und Herren, sind, waren und bleiben immer abhängig von Sonderausstellungen, von Neueröffnungen von Häusern, von geschlossenen Abteilungen, wie viele Monate im Museum für Hamburgische Geschichte wegen der Neugestaltung der Abteilung Schließungszeiten hinzunehmen waren. Besucherzahlen sind also nie eine wirklich ideale Meßlatte. Trotzdem haben sich im Jahr 2000 gegenüber dem Vorjahr 100 000 Besucherinnen und Besucher mehr in den Hamburger Museen aufgehalten. Das ist eine Stei

gerung von 9 Prozent. Im Jahr 1998 waren es im übrigen 1,3 Millionen Besucher, nicht 1,6 Millionen.

Beispiel: Leistungsspektrum. Durch Angebotserweiterung in den Museumsshops – Herr Professor Kopitzsch hat darauf hingewiesen –, durch Neueinrichtung von Cafés, aber vor allem auch durch ein verstärktes und anders gestaltetes Vermietungsgeschäft haben alle Museen gezielte Maßnahmen zur Ertragssteigerung ergriffen und eingeleitet. Der Phantasie im Erfinden neuer Arten von Veranstaltungen und Präsentationsformen ist keine Grenze gesetzt, und ich denke, die Nacht der Museen ist ein sehr wichtiges Beispiel dafür, was man alles noch erfinden kann, um ein Museum aktiv, attraktiv zu machen.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Beispiel: Kooperation und Public-Private-Partnership. Die Hamburger Museen haben sich seit jeher ganz außerordentlich erfolgreich um Sponsoren und Mäzene bemüht. Auch ich möchte nicht versäumen, die Namen Schümann und Beurmann hier noch einmal auszusprechen. Die Verselbständigung kann das nicht von einem Tag auf den anderen grundsätzlich verändern, aber sie läßt erwarten, daß sich diese Zusammenarbeit sehr viel leichter noch weiter verbessern läßt. Ein ausgeprägtes eigenes Profil bedeutet zugleich eine größere Nähe und Attraktivität für Stifter und Mäzene, die ihren Beitrag direkt, für sie transparent, ihrem Museum zukommen lassen können, ohne den Umweg über eine Spende an die Freie und Hansestadt Hamburg zu nehmen.

Auch dies will ich hier betonen: Eine inhaltliche Einflußnahme durch Mäzene oder Sponsoren hat es hierbei nicht gegeben.

Als abschließendes Beispiel Service und Werbung: Die Museen sind weiterhin bestrebt, ihren Besucherservice gezielt und stetig zu verbessern. Hinzu kommen werbliche Maßnahmen, zum Beispiel bei der Kulturbörse in der Handelskammer, bei der Imagekampagne Museumswelt Hamburg, beim Tag der Kunstmeile oder jetzt bei der langen Nacht der Museen. Voraussetzung bei der weiteren Optimierung der Arbeit ist, daß das Gleichgewicht zwischen den traditionellen Museumsaufgaben Sammeln, Bewahren, Erschließen und Vermitteln gewahrt wird.

Meine Damen und Herren! Die Museen gehen gestärkt in die Zukunft, und ich freue mich, daß wir mit Frau Professor Jaacks zudem vor wenigen Wochen die erste Museumsdirektorin gewinnen konnten.

(Beifall im ganzen Hause)

In zehn Tagen wird dann die erste lange Nacht der Hamburger Museen stattfinden. Ich will ein paar präzisierende Angaben dazu nachliefern. 26 Einrichtungen, vom Altonaer Museum bis zum Wasserforum, präsentieren sich mit individuellen und sehr engagierten Programmen. Sie präsentieren sich der Öffentlichkeit sozusagen von 18 Uhr bis 18 Uhr, von Samstag 18 Uhr bis weit nach Mitternacht. Die Karte, die für die Nacht berechtigt, gilt auch am darauffolgenden Sonntag, der ja zugleich der Museumstag ist. Man kann die Häuser, verbunden durch fünf Buslinien, die in zehnminütigem Abstand, solange es nötig ist, ihre Strecke befahren, besuchen. Das Ganze kostet kaum mehr als den Preis einer Kinokarte; für 20 DM können Sie die ganze Nacht von Museum zu Museum pilgern.

(Abgeordnete Eleonore Rudolph – als Vertreterin der Sitzungspräsidentin – übernimmt den Vorsitz.)

(Julia Koppke REGENBOGEN – für eine neue Linke)

A C

B D

Sie können die Ausstellungen besuchen, Sie können Führungen wahrnehmen, Sie können sich an Kulinarischem erfreuen, Sie können Partys feiern.

Das Programmheft habe ich heute vormittag der Presse vorgestellt; Sie haben es in Händen. Mein Wunsch ist: Machen Sie sich mit Ihrer Familie und Ihren Freunden auf und erleben einmal diese wunderbare Stimmung eines Museumsfestes quer durch die Stadt. Damit aber die Kunst nicht zu kurz kommt, schließe ich mit einem Satz von Jean-Christophe Ammann, dem früheren Direktor des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt: