Protokoll der Sitzung vom 10.05.2001

Das Programmheft habe ich heute vormittag der Presse vorgestellt; Sie haben es in Händen. Mein Wunsch ist: Machen Sie sich mit Ihrer Familie und Ihren Freunden auf und erleben einmal diese wunderbare Stimmung eines Museumsfestes quer durch die Stadt. Damit aber die Kunst nicht zu kurz kommt, schließe ich mit einem Satz von Jean-Christophe Ammann, dem früheren Direktor des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt:

„Die Werke bitten inständig, wahrgenommen zu werden.“

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der GAL und der CDU)

Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal das Gewicht auf die kulturpolitische Seite und auch die Wichtigkeit dieser Entscheidung legen, die in dieser Legislaturperiode vorangetrieben wurde, da gegen Ende der Debatte auch kritische Töne kamen. Nichts gegen kritische Töne an sich, aber wir müssen eine Sache ernsthaft und eigentlich auch freudig zur Kenntnis nehmen. Wir haben in der Kulturpolitik trotz des Konsolidierungsprogramms bei den großen Institutionen, bei den Museen, bei der Verselbständigung, bei den Staatstheatern, im übrigen auch durch die Zuwendungsgarantie, kein nennenswert zwingendes Klagen gehabt wie „wir gehen kaputt“, „wir fahren unsere Leistungen zurück“, „wir kriegen nicht genug“, und das kann man, auch im Sinne der Mitarbeiter, nicht hoch genug werten. Es waren lange Prozesse notwendig, bis die Mitarbeiter einverstanden waren, aus der unmittelbaren Anstellung bei der Freien und Hansestadt in diesen Prozeß der Verselbständigung zu gehen.

Ich sehe das Ergebnis folgendermaßen: Kurze Geschichte der Verselbständigung, positive Entwicklung des künstlerischen Angebots, positive Entwicklung der Inanspruchnahme durch die Hamburger. Ich wäre viel vorsichtiger als Sie, Frau Koppke. Sie stellen das in einer zu pauschalen Weise politisch in Frage. Wir können froh sein, wenn eine Institution in eine Verselbständigung geht und diese Verselbständigung selbstbewußt und engagiert annimmt. Das verdient unsere Unterstützung und nicht eine kritische Haltung dazu, ob wir unser staatliches Gängelband nicht zu lange losgelassen haben; das möchte ich noch einmal ganz deutlich sagen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL, der SPD und der CDU)

Das war das einzige, was ich dazu noch sagen möchte, denn vieles andere ist schon bemerkt. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Dann stelle ich fest, daß die Große Anfrage 16/5659 besprochen worden ist.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 30, Drucksache 16/5925: Bericht des Jugend- und Sportausschusses zum Thema Tour de France in Hamburg.

[Bericht des Jugend- und Sportausschusses über die Drucksache 16/5050: Tour de France in Hamburg (CDU-Antrag) – Drucksache 16/5925 –]

Von wem wird das Wort gewünscht? – Herr Warnholz hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! SPD und GAL haben sich in der Sitzung des Jugend- und Sportausschusses am 24. April gegen die Bewerbung Hamburgs für die Ausrichtung der Tour de France in Hamburg entschieden.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Ja!)

Diesen Beschluß bedauere ich sehr. Die Tour de France zählt zu den bedeutendsten Sportereignissen der Welt. Mehr als eine Milliarde Menschen auf allen Kontinenten verfolgen diese Tour. Hamburg hätte die Chance verdient, sich in der Weltöffentlichkeit als eine moderne und weltoffene Metropole zu präsentieren, und Hamburg hätte auch die Chance als Ausrichter der Tour gehabt.

(Jürgen Schmidt SPD: Na, na, na!)

Alle zwei Jahre gibt die Leitung der Tour de France den Nachbarstaaten Frankreichs die Ehre, den sogenannten Prolog, den Start der Tour, auszurichten. 1995 war die irische Hauptstadt Dublin Start der Tour. Die Fahrer, die gesamten Teams, die Rennleitung, das Pressecorps und alles, was dazu gehört, wurden auf Fährschiffen und gecharterten Transportflugzeugen von Irland nach Frankreich gebracht. All dieser Aufwand wäre im Falle Hamburgs entfallen. Für den Startort Hamburg hätte die Tour einen solch großen Aufwand nicht betreiben müssen. Aus eigener Kraft wäre die Tour bereits nach drei Tagen im Norden Frankreichs. Zudem würde das Rennen durch die Niederlande und das Königreich Belgien verlaufen, was die Bewerbung Hamburgs nicht unwesentlich attraktiver hätte erscheinen lassen.

Hamburg hätte auch als Stadt ihre Chance gehabt, als Startort berücksichtigt zu werden. Die Hansestadt ist als Region der größte Handelspartner Frankreichs in Deutschland. Neben den wirtschaftlichen Beziehungen, die bereits durch eine eigene Außenhandelskammer in Hamburg zum Ausdruck kommt, beweisen auch weitere kulturelle und soziale Einrichtungen Frankreichs den besonderen Stellenwert der Hansestadt Hamburg. Auch die Kosten für die Vorbereitung und Durchführung des Starts halten sich mit 5 Millionen DM im Rahmen. Bedenkt man, daß es der Stadt Freiburg im letzten Jahr gelungen ist, durch eine sehr geschickte Vermarktung sogar einen Überschuß zu erwirtschaften, zeigt dies doch, daß sich ein Rennen durchaus von selbst trägt. Zusätzlich hätte Hamburg eine kostenlose Werbung erfahren, die in Geld gar nicht aufzuwiegen ist.

All diese Vorteile konnten die radfahrerfreundliche SPD und GAL leider nicht überzeugen.

(Jürgen Schmidt SPD: Nein, wahrlich nicht!)

Mit kaum nachvollziehbaren Argumenten hat die Koalition den Antrag leider abgelehnt,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Unsere Argumente sind immer nachvollziehbar!)

zum einen, weil bei der Tour de France nicht jedermann und auch nicht der Bundesverteidigungsminister mitfahren kann, und zum anderen, weil mit den HEW-Cyclassics und

(Senatorin Dr. Christina Weiss)

der Deutschlandrundfahrt die Hansestadt bereits über zwei gute Radrennen verfügt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Stimmt doch! – Petra Brinkmann SPD: Richtig! – Jürgen Schmidt SPD: Na, na, na!)

Deswegen braucht man doch nicht aufzuhören; aller guten Dinge sind drei.

Diese Scheinargumente sind nicht wirklich stichhaltig und werden weder von SPD noch von GAL vorgebracht, wenn es um Sportereignisse oder um die Hansestadt Hamburg geht. Niemand in diesem Hause hat bislang den Wunsch geäußert, der Deutsche Tennisbund möge auch Hamburger Tennisamateure zu den Turnieren am Rothenbaum zulassen, oder gesagt, daß Hamburg zu viele Reitsportveranstaltungen der Spitzenklasse austrägt. Auch der einmalige Event-Charakter spielt doch weniger eine Rolle, die eine Ablehnung begründen könnte; ansonsten müßten Sie sich auch gegen die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft im Volksparkstadion aussprechen.

Sie lehnen diese einmalige Chance für unsere Heimatstadt ab, weil es nicht ein Antrag der Koalition ist.

(Helga Christel Röder CDU: Jawohl!)

Allein deshalb sind SPD und GAL der Auffassung, es sich leisten zu können, auf eine solche einmalige Imageaufwertung der Hansestadt zu verzichten. Diese Liebe zur Provinzialität kann sich der Wirtschaftsstandort Hamburg nicht länger leisten.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Warum?)

Hier wird nicht nur eine Chance für die Zukunft der Stadt vertan, sondern auch ein jämmerliches Bild nach außen in die Welt getragen. Was Freiburg schafft, kriegt Hamburg nicht geregelt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Das Wort hat Herr Jürgen Schmidt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will zunächst eine Feststellung treffen. Ich finde es schon bezeichnend, was die CDU-Fraktion so zur Debatte in unserem Hause anmeldet. Es liegen, wenn Sie einmal in die Tagesordnung schauen, CDU-Anträge zur Stabilisierung in sozial benachteiligten Gebieten, zur Jugendkriminalität und ein angebliches Sofortprogramm gegen Staus vor. Aber darüber wollen die Christdemokraten kein Wort verlieren. Wahrscheinlich – den Schluß ziehe ich – haben Ihre jetzigen Recherchen bei diesen Anträgen keine lohnende Kritik ergeben.

(Beifall bei Dr. Andrea Hilgers SPD)

Wie auch immer, wichtiger ist es Ihnen, darüber zu diskutieren, wie wir Profi-Radler über die französische Grenze in die Hansestadt locken können. Ich muß schon sagen, meine Damen und Herren von der Opposition, Respekt vor Ihrer Prioritätensetzung im Wahlkampfjahr.

(Beifall bei der SPD)

Aber lassen wir uns von der vermeintlich radsportbegeisterten CDU nichts vormachen. Auch ohne Tour-deFrance-Etappe ist Hamburg jetzt bereits eine Radsporthochburg, nämlich die Nummer eins im Norden. Die besondere Anziehungskraft der Freien und Radlerstadt Hamburg können Sie in wenigen Tagen erleben, wenn am

29. Mai die Deutschlandtour für Profis, Amateure und Hobbyradler – im Schauspielhaus war im vergangenen Monat die entsprechende Präsentation – losgeht.

Die Antworten auf die von Herrn Okun gestellte Kleine Anfrage haben eines ganz deutlich gemacht: Hamburg hat erneut ein großes Sport-Event an Land gezogen, und Ihre Absicht, die Tour-de-France-Etappe gegen den Start der Deutschlandtour auszuspielen, ist gescheitert.

Ein bereits vorhandenes und ganz besonderes Bonbon ist das Hamburger Weltcup-Rennen für Profis und jedermann, der sechsten Auflage der HEW-Cyclassics am 19. August. Auf drei verschiedenen Strecken werden die Teilnehmer durch die Stadt sausen. Das Ziel für jedermann und Profis liegt mitten im Herzen der Stadt, gleich um die Ecke in der Mönckebergstraße. In diesem Jahr wird mit einem neuen Teilnehmerrekord von 12 000 Radsportlern gerechnet.

Die Begeisterung der Hamburger Bevölkerung für dieses Rennen bewegt sich in Marathondimensionen, und dies liegt sicherlich auch an der gelungenen Kombination von Hochleistungs-, Breiten- und Freizeitsport, der hier geboten wird, eine besondere Anziehungskraft des Spektakels, die die Tour de France nicht bieten kann. Diese Tour de France – es ist die 88. – startet am 7. Juli in Dünkirchen und geht fast 3500 Kilometer quer durch Frankreich, denn, wie der Name Tour de France schon sagt, ist dies eine Frankreich-Rundfahrt. Und im Gegensatz zu Ihren Ausführungen, Herr Warnholz, ist es eben nicht so, daß man ohne weiteres eine Tour in Hamburg starten lassen und durch die Niederlande und Belgien weiter nach Frankreich fortführen kann. Darauf legt Herr Leblanc, der Leiter der Tour, ganz großen Wert, und wenn überhaupt – er ist kein Freund dieser ausländischen Tourstarts –, dann nur einen Tag und nicht mehr. Also scheitert es schon deswegen.

Im übrigen haben Sie hier den Eindruck vermittelt, als wenn das Angebot der Tour de France auf dem Tisch des Hauses läge und wir bräuchten nur noch zu unterschreiben; so ist das aber gar nicht. Sie haben hier also einen Eindruck vermittelt, der mit der Realität nicht übereinstimmt.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Das habe ich nicht ge- sagt!)

Die Kosten für das Eintagesereignis Tour de France in Hamburg von vorsichtig geschätzten 5 Millionen DM stehen in keinem gesunden Verhältnis zum Imagegewinn der Stadt. Und daß dieser Aufwand in voller Höhe durch Sponsoren abgedeckt werden könnte, behauptet nicht einmal die CDU-Fraktion.

Wenn Sie also Steuergelder für dieses kommerzielle SportEvent in Anspruch nehmen wollen, dann bekennen Sie, Herr Warnholz, als Opposition doch bitte einmal Farbe und verraten uns, zu wessen Lasten Sie dies im engen Haushalt der Stadt ausgeben wollen.

Eine echte Schnapsidee scheint allerdings die Vorstellung der CDU zu sein, Eintrittsgelder in Höhe von 5 DM verlangen zu können. Wie wollen Sie denn bitte schön entlang einer 100 Kilometer langen Rennstrecke in und um Hamburg dieses bewerkstelligen? Ganz Hamburg für einen Tag als Sperrgebiet erklären? Betreten der Stadt und Verlassen der eigenen Haustür nur gegen Ticket-Kauf, oder wie soll das gehen?