Protokoll der Sitzung vom 30.05.2001

daß die Kriminalstatistik in dem Bereich nach oben schnellt,

(Erhard Pumm SPD: Ja, nach oben. So ist es!)

weil sich Jugendliche dann ermutigt fühlen, Anzeigen zu erstatten. Da ist mir die Kriminalstatistik wurscht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ein zweiter Akzent wird der Bereich der offenen Drogenszene sein, der Bereich der jugendlichen Intensivdealer. Es ist in der Tat schwer nachvollziehbar, daß solche Jugendlichen aufgegriffen, irgendwohin verbracht werden und schnellstens wieder zurückkommen. Diese jugendlichen Intensivdealer müssen richtig identifiziert werden, und es muß geprüft werden, was man im Einzelfall machen kann, um sie so lange wie möglich aus der Szene herauszuhalten. Ich warne davor zu glauben, man könne das so erledigen, daß das Problem nicht mehr da ist.

(Carsten Lüdemann CDU: Die Erkenntnis kommt sehr spät!)

Allen, die über die Drogenszene Bescheid wissen, ist bekannt, solange eine solche Nachfrage da ist, wird das Angebot auf irgendwelche Weise hergestellt werden. Deswegen gilt es aber nichtsdestoweniger in diesen Fällen, intensiv in Zusammenarbeit von Innenbehörde, Justizbehörde und Jugendbehörde eine zielgerichtete Nachverfolgung der Einzelfälle vorzunehmen.

Dazu werden wir auch das Gesetz zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ändern und die Möglichkeiten der Ingewahrsamnahme stärken, indem wir der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit geben, in die nächste Instanz zu gehen.

Die Bekämpfung der häuslichen Gewalt ist ein dritter Schwerpunkt. Wir haben uns heute über Vergewaltigung unterhalten. Nun darf man nicht übersehen, daß die meiste Gewalt in den Familien stattfindet – so traurig dies ist, dies ist die Wahrheit –, und es sind vor allem Frauen betroffen. Die CDU verniedlicht dieses Thema. Vor kurzem erst haben wir das in der Bürgerschaft miterleben müssen. Auch das werden sich die Hamburger Frauen merken müssen, Herr von Beust.

Wir wollen diese Frauen nicht alleine lassen und sie nicht auf den Weg der Privatklage verweisen. Wir wissen alle, wozu das führt: Dann wird die Privatklage nicht erhoben, nachdem man wieder miteinander gesprochen und sich halb versöhnt hat – bis zur nächsten Gewalttat. Dieses soll konsequent öffentlich verfolgt werden. Das bedeutet eine zusätzliche Aufgabe für die Polizei, und dafür sind auch Teile dieser 61 Stellen da. Auch hier gilt es wieder, daß das auf die Statistik Einfluß hat. Das können wir auch vergleichen, wenn wir die Städte und Länder nehmen, die das Verfahren nicht umgestellt haben. Bei denen ist die Zahl der Vorfälle halb so groß. Aber auch hier kann uns eine schlechte Statistik nicht davon abhalten, daß wir handeln.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir werden in diesem Zusammenhang eine weitere Verbesserung vornehmen, nämlich eine Änderung des SOG, die es möglich macht, den gewalttätigen Ehepartner – in aller Regel ist es der Mann – durch die Polizei aus der Wohnung zu weisen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Im Bereich der Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr ist in den letzten Jahren schon sehr viel geschehen. Es sind

große Erfolge erreicht worden. Leider ist das nicht in eine Veränderung des subjektiven Sicherheitsempfindens umgesetzt worden. Ich weiß, bad news sind die schönsten news, und wenn sie personenbezogen und politikerbezogen sind, werden sie immer schöner. Wenn uns allen das Thema Innere Sicherheit in unserem Gemeinwesen am Herzen liegt, dann ist mein Appell an die Presse, einen Beitrag zur Verbesserung der subjektiven Sicherheit zu leisten, indem sie entsprechend darüber berichtet, wo sich wirklich etwas verbessert hat.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Man kann das auch bildhaft umsetzen, da eine Hundertschaft des Bundesgrenzschutzes ständig auf der S-Bahn diese Aufgaben wahrnimmt

(Bernd Reinert CDU: Ständig! Bis wann?)

und damit der S-Bahn-Bereich mit dem U-Bahn-Bereich gleichzieht. Wir haben ein Konzept, wie Sie sehen können, wir haben klare Ziele, die wir verfolgen, während ich bei Ihnen, lieber Herr von Beust, einen Schlingerkurs der Beliebigkeit sehe. Herr Kusch ist eingestiegen mit der Feststellung:

„Hamburg hat eine der größten Polizeidichten.“

Auf die Frage einer entsprechenden Zeitung – es soll hier ja keine Reklame gemacht werden –

„Die Auflösung der offenen Szene wird, wenn überhaupt, nur mit hohem Personalaufwand möglich sein. Wie viele Beamte sind zusätzlich nötig?“

sagt er:

„Vielleicht gar keine. Hamburg hat eine der größten Polizeidichten. Aus der Opposition heraus kann ich kaum den zusätzlichen Bedarf beurteilen.“

Diese sehr offene und ehrliche Aussage könnte ihn als guten Berater qualifizieren.

(Manfred Mahr GAL: Einer der wenigen richtigen!)

Inzwischen haben Sie aber einmal 400 und dann wieder auch 100 Polizisten gefordert – je nach Laune und Stimmung. Stimmungsmache mag Aufgabe der Opposition sein. Unsere Aufgabe ist es aber, in der Wirklichkeit etwas für die Sicherheit in der Stadt zu tun. Mit der Berufung von Olaf Scholz als Innensenator, der durchsetzungskräftig, kommunikationsfähig und konzeptionell stark ist,

(Ole von Beust CDU: Der Kanzler mag ihn!)

und mit der Einsetzung von Dirk Reimers als Staatsrat der Innenbehörde

(Ole von Beust CDU: Umgekehrt wäre es besser gewesen!)

werden wir in den kommenden Monaten eine wesentliche Verbesserung, auch was die Kommunikation angeht, erreichen können. – Schönen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Forst.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren!

(Dr. Holger Christier SPD: In welcher Partei sind Sie denn gelandet?)

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde)

A C

B D

Die Frage will ich Ihnen gern beantworten. Ich komme von der STATT Partei. Wir sind wieder da, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. Aber nehmen Sie das zur Kenntnis, und am 24. September werden sicherlich noch mehrere Kollegen von mir im Parlament sein.

(Barbara Duden SPD: Aber Sie sind nicht dabei!)

Aber lassen Sie mich zum Antrag sprechen. Auch die STATT Partei begrüßt den Rücktritt von Hartmuth Wrocklage, der mit seinem Rücktritt wahrscheinlich dem heutigen Abstimmungsergebnis des ursprünglichen CDU-Antrags zuvorgekommen ist.

Pleiten, Pech und Pannen haben das politische Amt des Innensenators begleitet. Niemand anders als Sie, Herr Bürgermeister, der die politische Verantwortung für die Amtsführung Ihrer Senatoren hat, hat diesem glücklosen Wirken zugesehen und erst unter dem wachsenden Druck und mit zunehmender Angst um den Wahltermin im September die notwendigen Rücktrittsgespräche geführt.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Das Wort hat der Abgeordnete Forst.

(Antje Möller GAL: Aber er ist nicht zu verstehen!)

Mit der Ernennung Ihres Hamburger Parteivorsitzenden zum Innensenator, der noch vor wenigen Wochen vehement darum bemüht war, das Thema Innere Sicherheit aus dem Wahlkampf herauszuhalten, haben Sie den personalpolitischen Offenbarungseid hier und heute geleistet. Sie haben deutlich gezeigt, daß die Hamburger Sozialdemokratie personell ausgeblutet und verbraucht ist.

(Barbara Duden SPD: Das ist die falsche Rede! – Gegenruf von Tanja Bestmann SPD: Das ist der falsche Abgeordnete!)

So dürfen wir natürlich gespannt sein, wann Sie uns nunmehr Frau Angelika Mertens in der Nachfolge von Frau Roth präsentieren.

Die Rücktritte von Frau Fischer-Menzel, von Frau Raab und nunmehr auch der Rücktritt von Herrn Wrocklage pflastern den Weg Ihrer Amtszeit, Herr Bürgermeister. Der fehlende Mut, sich zur rechten Zeit von Ihren Risiko-Senatoren, Frau Peschel-Gutzeit, Herrn Wagner und Frau Roth, zu trennen, läßt uns alle spüren, wie sehr sich die Hamburger Sozialdemokratie in den mehr als vierzigjährigen Zeiten ihrer Regierung personalpolitisch wie auch inhaltlich aufgezehrt und verschlissen hat.

Darum braucht Hamburg mehr denn je eine politische Erneuerung und den Wechsel. Mit Spannung und Wachsamkeit werden wir in den nächsten Wochen und Monaten das von Ihnen, Herr Senator, und auch von Ihnen, Herr Bürgermeister, angekündigte Sofortprogramm der Inneren Sicherheit beobachten und natürlich auch mit unserer Pflicht kritisch begleiten. Erfolge leben nicht von Ankündigungen und Annoncen, sondern von politischer Verantwortung und Taten. Das politische Erbe des ausgeschiedenen Innensenators wiegt schwer. Die Vertrauensverluste unserer Bürger und Bürgerinnen in die Innere Sicherheit sind unübersehbar. Als Beiwerk hat uns die glücklose Amtszeit Ihres Vorgängers auch noch schillernde Persönlichkeiten der Zeitgeschichte hinterlassen.

(Barbara Duden SPD: Schill! – Günter Frank SPD: Ja, Herr Schill!)