Der Herr Senator hat gesagt, wir brauchten keine starken Sprüche, sondern starke Taten. Bisher haben wir nur starke Sprüche von ihm gehört; auch die fand ich noch nicht einmal besonders stark.
(Luisa Fiedler SPD: Warten Sie doch ab! – Dr. An- drea Hilgers SPD: Solange ist er ja noch gar nicht im Amt!)
Aber Zweifel an seiner innenpolitischen Kompetenz wußte er geschickt zu zerstreuen. Im „Hamburger Abendblatt“ von gestern kam der Hinweis, er, Scholz, sei ja schließlich stellvertretendes Mitglied im Innenausschuß des Deutschen Bundestages; mit anderen Worten: eine echte Herzensangelegenheit. Dann ist es auch konsequent, daß er seit September 1999 von 39 Sitzungen immerhin an zwei teilgenommen hat.
Die Freude über Wrocklages Rücktritt ist nicht nur in der Polizei, nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch hier im Hause offenbar ziemlich groß. Und wenn Herr Dr. Christier das Ganze als geschickten politischen Schachzug darstellt, dann müßte doch konsequenterweise die SPD unserem Antrag: „Wir begrüßen den Rücktritt“, folgen, Herr Dr. Christier. Ich erwarte diese Konsequenz nicht, das wäre ja völlig neu, aber es wäre konsequent.
Die Freude über den neuen Innensenator ist angesichts des Wahlergebnisses verhalten. Bei uns gibt es sie nicht, bei den Grünen ist sie riesig und bei der SPD, nun ja.
Es gibt aber immerhin – das ist mir wichtig – einen Personenkreis in dieser Stadt, für den die Wahl von Herrn Olaf Scholz zum Senator ohne jede Einschränkung positiv ist, das sind die Mandanten von Herrn Scholz, die ab Oktober einen Anwalt haben, der für sie jede Menge Zeit hat: kein Amt mehr im Deutschen Bundestag, kein Amt mehr im Senat, alle Kraft für die Mandanten. Darüber freuen wir uns, meine Damen und Herren.
Herr Abgeordneter, ich bitte um Verständnis. Der Senat hat, wenn er sich so meldet, daß das Präsidium das erkennen kann, auch das Recht, jederzeit zu sprechen. Ich gebe das Wort Senator Scholz.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist schon in Ordnung, wenn die Opposition in diesem Hause sagt, es gebe keine Schonfrist für einen neuen Senator so kurz vor der Wahl. Es ist auch in Ordnung, wenn sie in gewisser Weise einen bestimmten Respekt hat und auch akzeptiert, daß bestimmte Sachen auf den Weg gebracht werden können. Aber wenn man sagt, Schonfrist gebe es nicht, dann soll man es auch nicht mit dem übertreiben, was man mit einer Person an Erwartungen und Vermutungen verbindet.
Ich habe mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, daß meine gerade einjährige Amtszeit als Landesvorsitzender der Hamburger SPD auf eine mehrjährige angewachsen ist. Das ist sicherlich sehr schön für mich, aber es ist doch eine Fehleinschätzung. Es ist ebenfalls falsch, daß ich mit meinen 42 Jahren zuständig für 44 Jahre SPD-Regierung in dieser Stadt bin.
Aber es ist trotzdem eine gute Sache, wenn Sie es für möglich erachten, daß ich einiges bewegen kann, und das steht dem Innensenator als Aufgabe zu.
Bei der ganzen Diskussion ist eines wichtig: Über die Debatte zur Inneren Sicherheit, die Streit akzeptiert und verdient, sollte nicht vergessen werden, daß mehr als 9000 Menschen in dieser Stadt für die Innere Sicherheit zuständig sind, die bei der Polizei arbeiten; sie leisten dort eine ganz schwere Arbeit. Jede Debatte, die wir führen, aller Streit, den wir miteinander haben, muß so ausgehen, daß diese Arbeit gemeinsam akzeptiert, daß sie nicht schlechtgeredet wird und wir gemeinsam dafür sorgen, daß das Vertrauen, das die Polizei in dieser Stadt braucht, auch in diesem Hause existiert.
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat eine der höchsten Polizeidichten in der Bundesrepublik Deutschland. Das ist – das darf immer wieder gesagt werden – eine gemeinsame Feststellung dieses Hauses. Es ist schon gesagt worden, daß der Sicherheitsberater der CDU auch festgestellt hat, daß Hamburg eine der höchsten Polizeidichten hat und wahrscheinlich keine zusätzlichen Polizisten
braucht. Geändert worden ist allerdings – das ist in der Tat eine Entscheidung, die jetzt getroffen worden ist und sich auch mit meinem Amtsantritt verbindet –, daß es keine weiteren Kürzungen geben wird, auch nicht in diesem Jahr, so daß wir als Konsens festhalten können, daß wir eine hohe Polizeidichte haben, die ausreichend ist und effizient in der Polizeiarbeit eingesetzt werden soll. Das sollte unsere gemeinsame Grundlage für Diskussionen über die Innere Sicherheit in dieser Stadt sein.
Unsere Stadt hat eine gute Sicherheitslage. Es ist für das Klima einer Stadt bei allem Streit, bei aller Differenz wichtig, daß man das nicht schlechtredet, weil es natürlich wichtig ist, daß wir als Politikerinnen und Politiker Verantwortung übernehmen, die auch darin besteht, den Menschen einen richtigen Eindruck von der Wirklichkeit in unserer Stadt zu geben. Aber das heißt nicht – das werden Sie bei mir niemals erleben –, vorhandene Probleme nicht anzusprechen, nicht zu beschreiben und Dinge, die nicht gut sind, auch als nicht gut zu bezeichnen. Ich beschreibe hier vor allem das Problem der Intensivdealer, die wir insbesondere am Hauptbahnhof und an anderen Stellen haben. Mir geht es da wie wahrscheinlich jedem in unserer Stadt, mir geht es wie der CDU-Opposition, mir geht es wie dem grünen Koalitionspartner, der REGENBOGENGruppe und, nehme ich jedenfalls an, der SPD. Niemand kann verstehen, daß Menschen dort in Gewahrsam genommen werden und kurze Zeit später wieder da sind. Man kann auch nicht verstehen, daß junge Menschen, die Schutz und Fürsorge benötigen, gewissermaßen etwas anderes tun als das, was man für ihre Entwicklung wichtig fände, nämlich mit Drogen handeln. Das werden wir beenden, das ist mir eine ganz wichtige Aufgabe, die schnell aufgegriffen wird.
Ich komme auf das zurück, was ich an verschiedenen Stellen bereits gesagt habe. Ich bin damit einverstanden, wenn Sie zunächst einmal sagen, das kündigten wir hier nur an und würden gucken, ob auch Taten folgten. Es ist in Ordnung, daß Sie darauf warten. Es ist auch in Ordnung, wenn die Wählerinnen und Wähler dieser Stadt, wenn die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sagen, wir wollen sehen, ob es auch klappt. Aber ich verspreche, der Senat insgesamt und dieser Senator werden es schaffen, dieses Problem schnell und zügig zu lösen.
Meine Damen und Herren! Es gibt ein zweites Problem, das wir diskutieren müssen, die Raubtaten meistens junger Männer an jungen Männern und die damit verbundenen Straftaten. Es ist ein Phänomen, das in unserer Gesellschaft zugenommen hat, nicht nur in Hamburg, aber in Hamburg mit besonders belastenden Zahlen.
Wir sollten es uns zur Aufgabe machen, das zu ändern, denn was dort stattfindet, ist nicht nur, daß irgendwer plötzlich den Einfall hat, er könnte jemandem etwas wegnehmen, sondern das sind Formen der Brutalisierung, der Entmoralisierung von Gesellschaft, die wir gemeinsam aufgreifen müssen und wo wir mit den verschiedensten Handlungsmöglichkeiten dafür Sorge tragen müssen, daß sich das ändert.
Deshalb wird das Anti-Raub-Konzept, das bereits in den Grundzügen eingesetzt ist und wirkt, weiter ausgebaut
werden. Ich will, daß jeder, der eine solche Tat begeht, von einem Polizeibeamten besucht wird, daß mit ihm, seinen Eltern und denjenigen, die für seine Erziehung verantwortlich sind, gesprochen wird und notfalls weitere Schritte eingeleitet werden. Das Wichtigste ist, schnell zu reagieren, schnell da zu sein, schnell zu sagen, wir haben euch im Auge und werden darauf achten, wie das weiter mit euch läuft.
Meine Damen und Herren! Das Amt des Innensenators zu übernehmen, bedeutet auch, zu dem Amt zu stehen. Das hat auch etwas mit Mentalität, mit der Frage zu tun, ob man damit klarkommt, daß dies eine Behörde ist, in der es darauf ankommt, die Polizei einzusetzen und die damit verbundenen repressiven Aufgaben zu realisieren. Ich verspreche Ihnen, daß ich keinerlei Beißhemmung habe, was Kriminelle in dieser Stadt betrifft. Die Polizei wird erleben, daß der Polizeisenator das Notwendige an Durchsetzungskraft, das in dieser Stadt erforderlich ist, für die Polizei mitbringt.
Diese Stadt braucht ein liberales Klima. Zu einem liberalen Klima gehört, mit dem Thema der Liberalität positiv und offen umzugehen. Herr von Beust, es bedeutet nicht, jeden Tag eine neue Auffassung zu haben, es bedeutet auch nicht, in Wahrheit einen nicht klaren, nicht erkennbaren Kurs zu haben. Es bedeutet auch nicht, in Hintergrundgesprächen erkennen zu lassen, daß man eigentlich viel liberaler sei, als man sich in Reden darstellt, sondern es bedeutet, eine klare Position zu Liberalität und allem, was Aufgabe der Polizei in dieser Stadt ist, zu haben. Und das ist mit der Formulierung, die ich schon an anderer Stelle gewählt habe, gemeint: Diese Stadt braucht eine liberale Polizeiführung, aber sie darf nicht doof sein, sondern muß das tun, was gegenüber Verbrechern und Kriminellen erforderlich ist.
Lassen Sie mich zum Schluß etwas zum Verhältnis des Innensenators zur Polizei sagen. Es ist sehr notwendig, daß Vertrauen herrscht. Was ich zustande bringen kann, um Vertrauen in die Polizei zu investieren, werde ich während meiner Amtszeit und auch darüber hinaus sicher tun, denn es ist wichtig, daß die Polizei weiß, daß der Innensenator hinter und vor ihr steht und das Notwendige tut, was die Polizei benötigt.
Ich bin sicher, daß es jeden Tag und jede Woche gelingen wird, daß das, was die Polizei und die Innenbehörde an guter Arbeit leisten, was der neue Senator und der neue Staatsrat zusammen zustande bringen, auch erkannt wird. Ich glaube, die Menschen werden wissen, daß hier gute Arbeit gemacht wird, und das auch in ihren Entscheidungen, die bald anstehen, zum Ausdruck bringen. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um die gegenwärtige Situation in Hamburg genauer zu beschreiben, muß ich ein paar Wochen zurück