Protocol of the Session on February 21, 2002

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Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie ganz herzlich.

Vor der Sitzung der Bürgerschaft ist mir eine Erklärung der Fraktionen zugegangen, die ich gerne an dieser Stelle verlesen möchte. Sie lautet:

„Erklärung der Hamburgischen Bürgerschaft:

Um moralisch ein Zeichen zu setzen und in der festen Überzeugung, nicht nur für uns selbst, sondern für die Hamburger Bürgerinnen und Bürger zu sprechen, erklären alle Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft:

Hamburg darf keine Heimat werden für Organisationen, die Pädophilie verharmlosen. Wir treten dafür ein, alle juristischen Mittel auszuschöpfen, um eine Eintragung des Vereins Krumme 13 oder anderer Organisationen mit vergleichbaren Zielen zu verhindern.

Wir wissen, dass durch diese Erklärung keine juristische Entscheidung ersetzt werden kann.“

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 2 unserer Sitzung, zur

Fragestunde

Bevor ich den ersten Fragesteller aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fragen Nummer 1 und Nummer 4 sachlich zusammengefasst werden, das heißt, nacheinander aufgerufen werden. Der erste Fragesteller ist der Abgeordnete Herr Ehlers. Bitte, Sie haben das Wort.

Wie viele Haftbefehle gegen Drogendealer wurden seit Beginn der Amtszeit des neuen Senats insgesamt beziehungsweise pro Monat im Vergleich zum Durchschnitt in einem Monat der letzten Wahlperiode erwirkt?

Für den Senat antwortet Herr Senator Dr. Kusch.

Herr Abgeordneter! Die Frage lässt sich mit den Erkenntnissen der Justizbehörde nicht beantworten, weil die Justizbehörde keine Statistik führt, die diese Fragen beantworten ließe. Wir greifen deshalb auf uns zur Verfügung gestellte Zahlen der Hamburger Polizei zurück, die aber letztendlich Ihre Frage beantworten.

Während im Zeitraum Januar bis Oktober 2001 durchschnittlich 16 Dealer pro Monat dem Haftrichter zugeführt wurden, ist diese Zahl bereits im November und Dezember letzten Jahres gestiegen und erreichte im Januar dieses Jahres die Zahl 53. Die gerichtlich angeordneten Haftbefehle stiegen von durchschnittlich 14 in den Monaten Januar bis Oktober 2001 auf 42 erlassene Haftbefehle im Januar 2002.

Herr Abgeordneter, bitte.

Gegen wie viele der bekannten Intensivdealer konnten seit Beginn der Amtszeit des neuen Senats Haftbefehle erwirkt werden?

Herr Senator.

Zu dieser Frage liegen mir keine Informationen vor, ich kann sie Ihnen im Moment nicht beantworten. Ich gehe davon aus, dass Dealer, die verhaftet wurden beziehungsweise gegen die Haftbefehl erlassen wurde, jedenfalls zu einem ganz wesentlichen Teil unter die Kategorie der Intensivdealer fallen.

Gibt es zu diesem Fragenkomplex, zu den Fragen des Abgeordneten Herrn Ehlers weitere Zusatzfragen? – Frau Thomas, bitte.

Wie viele Drogendealer konnten seit Beginn der Amtszeit des neuen Senats insgesamt beziehungsweise pro Monat abgeschoben werden und wie viele waren es demgegenüber durchschnittlich in einem Monat der letzten Wahlperiode?

Ich schließe gleich meine zweite Frage an: Worauf führt der Senat die aktuelle Entwicklung zurück?

Für den Senat antwortet Herr Staatsrat Wellinghausen.

Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete! Seit Beginn der Amtszeit dieses Senats wurden in den Monaten November und Dezember 2001 und im Januar 2002 insgesamt knapp 700 Personen durch die Behörden in ihre Heimatländer zurückgeführt. Vergleicht man diese Zahlen der durchschnittlichen Rückführungen vor dem Antritt dieses Senats im Jahr 2001 mit 170 Rückführungen pro Monat in den ersten zehn Monaten des Jahres 2001, ergibt sich ein deutlicher Anstieg auf durchschnittlich 230 Rückführungen, das heißt, um 60 monatlich mehr. Dazu kann ich Ihnen auch noch erläutern, dass in der Zeit vom November 2001 bis Januar 2002 46 Personen darunter waren, die erheblich verdächtigt waren, Betäubungsmittelstraftaten begangen zu haben. Ich will Ihnen gern gleich noch die Zahlen der einzelnen Herkunftsländer sagen: in die Türkei 28 Personen, in das sonstige Europa elf, nach Südamerika zwei, nach Afrika fünf. Das macht insgesamt 46.

Zu Ihrer zweiten Frage: Worauf führt der Senat dies zurück? Er führt dieses zurück auf seine grundsätzliche Umsteuerung im Bereich der Behörde für Inneres und der Justizbehörde, nämlich mit Nachdruck den offenen Drogenhandel in Hamburg zu bekämpfen durch Verstärkung der personellen Ressourcen der Polizei in diesem Bereich und die konsequente Zuführung der verdächtigen Personen zur Justiz; parallel dazu erfolgt die Abarbeitung dieser Fragestellung durch die Ausländerbehörde. Wir haben also in einer konzertierten Aktion die verschiedenen Aufgabenbereiche zusammengefasst und dadurch auch für die Bevölkerung eine signifikante Änderung herbeiführen können.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Klooß.

Ich frage den Senat: Wie hat sich der Senat auf die gestiegene Zahl der Untersuchungshäftlinge vorbereitet?

Herr Senator Dr. Kusch.

Indem er beispielsweise die Möglichkeit genutzt hat, das im Bau befindliche Bauprojekt Billwerder um – in der derzeitigen Planung – knapp 200 Plätze zu erhöhen und im Übrigen auch mit anderen Bundesländern rechtzeitig in Kontakt zu treten, falls eine Hilfe von anderen Bundesländern nötig ist. Selbstverständlich beobachtet der Senat sehr aufmerksam die Notwendigkeit, ausreichend Haftplätze zur Verfügung zu stellen.

Herr Klooß, eine weitere Frage?

Das ist ja etwas für die Zukunft, aber hält es der Senat für vertretbar, zur Bewältigung des Andrangs der Untersuchungshäftlinge Einzelzellen doppelt zu belegen?

Herr Senator.

Der Senat kann nur auf die Haftplätze zurückgreifen, die in den letzten 44 Jahren geplant und gebaut waren.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und bei Ekkehard Rumpf FDP)

Das Wort hat Herr Lenders.

Ist in Zukunft mit einer weiteren positiven Entwicklung aufgrund der Absprache mit Burkina Faso, Gambia sowie der veränderten Praxis bei der Altersbestimmung der Drogendealer zu rechnen?

Herr Senator Schill.

Es konnte in der Tat nicht länger hingenommen werden, dass ein großer Teil der hier lebenden Schwarzafrikaner, die mit Drogen handeln, behaupten, sie kämen aus Burkina Faso. Das ist dem Ruf des Landes Burkina Faso abträglich. Mit diesem Argument habe ich den Botschafter von Burkina Faso überzeugen können, hier mit der Ausländerbehörde zusammenzuarbeiten. Es ist in den letzten Wochen ein Sammelinterview durchgeführt worden mit dem Ergebnis, dass davon auszugehen ist, dass mehr als 90 Prozent der Leute, die behaupten, sie kämen aus Burkina Faso, in Wirklichkeit nicht aus diesem Land sind. Es ist dementsprechend ein Negativattest ausgestellt worden mit der Folge, dass die Leute jetzt im Zusammenwirken mit den diesbezüglichen Konsulaten, woher sie vermutlich stammen, durch Ausstellung entsprechender Personalersatzpapiere zurückgeführt werden können. Das ist für die Bekämpfung des Drogenhandels eminent wichtig, weil von 2200 im Jahr 2001 bekannt gewordenen Drogendealern allein 1400 aus Schwarzafrika stammen und davon 600 angegeben haben, aus dem Land Burkina Faso zu stammen. Insgesamt behaupten 900 Personen, aus Burkina Faso zu stammen, davon 600 Leute, die hier im Jahre 2001 Drogenhandel betrieben haben. Deswegen ist es ein sehr wichtiger Schritt gewesen, um hier auch dem Drogenhandel mit den Mitteln des Ausländerrechts Einhalt zu gebieten.

Zusätzlich wird vonseiten dieser Bevölkerungsgruppe immer wieder behauptet, dass sie jung sind – beispielsweise

15 Jahre –, trotz grauer Haare. Hier haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass die Mitarbeiter der Ausländerbehörde, wenn sie hier aufgrund einer entsprechenden Erfahrung zu dem Ergebnis kommen, dass jemand schon 20 oder 21 Jahre alt ist, aber angibt, er sei 15, er altersfiktiv festgesetzt wird, in diesem Falle auf 18. So können sich daran auch entsprechende ausländerrechtliche Maßnahmen anknüpfen, aber auch zum Beispiel die Frage, ob jemand nach Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht geahndet werden kann. Das sind also wichtige ausländerrechtliche Instrumentarien, um insbesondere auch der Drogendealerei wirksam entgegenzuwirken. Es hat unter anderem dazu beigetragen, dass wir mittlerweile insgesamt dreimal so viele Verhaftungen haben wie noch im Vorjahreszeitraum.

Frau Möller, Sie haben das Wort.

Ich möchte auf die Botschaftsanhörungen zurückkommen, die auch in der letzten Legislatur durchgeführt worden sind. Dort ist man immer wieder auf das Problem gestoßen, dass...

Frau Möller, Sie müssen unmittelbar zu einer Frage kommen.

Das war nur eine Einleitung. Dann stelle ich jetzt ganz klar die Frage: Wie löst der Senat den Konflikt, der entsteht, wenn Aussage gegen Aussage steht, wenn beispielsweise eine Person die Nationalität angibt, aber von den Botschaftsangehörigen wird sie verneint. Wie findet man dann den Staat, in den diese Person zurückgeschickt werden kann, und wie kommt man an Papiere für diese Person?

Herr Senator, bitte.

Ich muss zur Richtigstellung sagen, dass meines Wissens ein Interview mit Vertretern des Staates Burkina Faso noch nicht stattgefunden hat. Das war erstmalig so in den letzten zwei Wochen, wo das durchgeführt worden ist. Hier sind eine Anzahl von Experten aus Burkina Faso auf Vermittlung des Botschafters aus Burkina Faso angereist und haben diese Interviews mit viel kriminalistischem Sachverstand und entsprechender Routine gewissenhaft durchgeführt. Wenn die zu der Schlussfolgerung gekommen sind, dass diese Personen nicht aus Burkina Faso stammen, dann gehen wir davon aus, dass diese Schlussfolgerung zutreffend ist. Die Kriminalisten aus Burkina Faso waren darüber hinaus zumeist sogar in der Lage zu sagen, woher die betreffenden Personen vermutlich stammen, sodass es der Ausländerbehörde nun umso leichter fällt, mit den Personen zum Beispiel zum Konsulat von Gambia zu gehen und dort nachzufragen, ob sie daher kommen, um sich dort entsprechende Reisebescheinigungen ausstellen zu lassen. Die Fragen, mit Hilfe derer nachgeforscht wird, sind so, wie ich das übersehen kann, gestellt, dass sie meistens zu einem zutreffenden Ergebnis kommen, was die Diagnose anbelangt.

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