Protokoll der Sitzung vom 15.04.2002

(Michael Neumann SPD: Mit Deckungsvorschlag!)

Sparen und Konsolidieren ist weiterhin erforderlich. Der Finanzsenator hat sein Konzept dafür vorgelegt und wir werden ihn dabei unterstützen. Allerdings muss man sinnvoll sparen, nicht wie die SPD seinerzeit, Herr Neumann, kaputt sparen.

(Michael Neumann SPD: Sie geben doch mehr aus!)

Ihr Sparkurs der Vergangenheit hat zu desolaten Zuständen bei der Justiz, in der Schule, in der Hochschule und bei der Inneren Sicherheit geführt. Wollen Sie das bestreiten? Dann versuchen Sie es.

(Krista Sager GAL: Sie sparen doch gar nicht!)

Die damalige Opposition hat dem neuen Bürgermeister Ole von Beust damals Überheblichkeit unterstellt und er würde nur politische Ablenkungsdebatten führen. Was ich heute gehört habe, Herr Grund, ist nichts anderes als eine Ablenkungsdebatte, eine Theateraufführung. Sie war nicht besonders interessant, aber Sie müssen sich für Ablenkungsdebatten auch gar nicht weiter anstrengen. Sie haben andere Genossen, die die Hauptablenkung für Sie erledigen. Herr Schröder beschäftigt Hamburger Gerichte mit seiner Haarfarbe

(Ingo Egloff SPD: Andere beschäftigen Münchner Institute!)

und Herr Müntefering zeigt in Nordrhein-Westfalen, was wirklich wichtig ist.

Abgelenkt sind wir auch durch die Vorgänge in Berlin, wo die SPD meint, in der Mitte mit der PDS koalieren zu können und eine neue rotrote Mitte gesellschaftsfähig machen zu müssen.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Wir haben hier eine Haushaltsdebatte!)

Hier in Hamburg fahren Sie die Doppelstrategie und Herr Scholz verkündet, niemals. Ich halte das für einen politischen Irrweg und einen Irrgarten, aber da müssen Sie herausfinden.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ihre Rede ist haarig!)

Meine Damen und Herren! Wo hat der alte Senat uns hingeführt, indem er bereits das Mittelmaß als großen Erfolg gewertet hat. Die Verkehrspolitik hat sich nicht an den Interessen der Wirtschaft und der Arbeitsplätze orientiert. Schikanen machten Tag für Tag Zulieferern wie Kunden das Leben schwer. Die Parkgebühren wurden erhöht, Parkplätze reduziert, Poller installiert, bis nichts mehr ging. Von der Schönfärberei der SPD vergangener Tage will ich nicht berichten. Tatsache ist: Der neue Senat hat das Problem erkannt, die Gefahr gebannt

(Barbara Duden SPD: Das sieht man an den stei- genden Unfallzahlen!)

und begonnen, die wichtigen und richtigen Maßnahmen zu einer besseren Verkehrspolitik zu ergreifen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ortwin Runde lobte damals noch die Verkehrspolitik und sagte, Hamburg sei europaweit sogar die verkehrssicherste Stadt.

Zum Thema Verkehr. Die „Welt“ berichtete schon Ende 2001, bei der Betrachtung der Zahlen der Hamburger Verkehrstoten, die bis Oktober 2001 vorlagen, liege Hamburg – ganz im Gegensatz zum bundesweiten Trend – abgeschlagen hinten.

(Michael Neumann SPD: Deswegen kontrollieren Sie nicht mehr! – Gegenruf von Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Alle Räder ste- hen still, wenn die SPD es will!)

An Seriosität leiden die Anträge, die mir heute vorliegen, soweit sie die Deckungsvorschläge betreffen. Sie haben die Deckungsvorschläge in einer Weise gemacht, dass man sagen kann, dass es sich offensichtlich um Mehrausgaben handelt. Ich möchte überhaupt nicht mehr ausgeben, wenn ich gleichzeitig von der SPD diktiert bekommen soll, nichts auszugeben, sondern noch zu sparen.

(Barbara Duden SPD: Darüber müssen Sie noch einmal nachdenken! Das haben Sie nicht begriffen!)

Wir haben dann auch andere Anträge vorliegen, zum Beispiel von der Filmakademie. Ich darf daran erinnern, dass Ortwin Runde Herrn von Beust 1999 vorwarf – ich zitiere –:

„Herr von Beust, die Weiterentwicklung bei Ihnen war, dass die Filmakademie, die sonst bei Ihnen immer ganz vorne stand, jetzt die Akademie für Multimedia geworden ist.“

Und siehe da, heute liegt uns ein Antrag vor und der SPD fällt nichts Besseres ein, als hier Trittbrettfahrer zu werden. Ihr fällt nichts Besseres ein, als heute einen Antrag zum Thema Film- und Medienakademie zu stellen, offensichtlich der Versuch, das zentrale Anliegen der Koalition – wie so manches andere – einfallslos zu kopieren.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Krista Sager GAL: Das war doch längst in Vorbereitung!)

Die Antwort, wie gegenfinanziert werden soll, bleibt sie auch hier schuldig. Die Liste ließe sich endlos fortführen. Wir wollen das heute nicht machen. Die Kritik des Rechnungshofes haben Sie bereits in der letzten Sitzung über sich ergehen lassen müssen.

Ein Wort zur sozialen Gerechtigkeit. 1999 verkündete die SPD in dieser Generaldebatte:

„Rechnen Sie aber gerade beim Thema soziale Gerechtigkeit mit unserer entschlossenen Kampfbereitschaft.“

Sie versprachen gesellschaftliche Solidarität, vor allen Dingen auch mit schwächeren Stadtteilen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Frau Antje Möller, verkündete damals, Hamburg habe die meisten Millionäre und die meisten Sozialhilfeempfänger. Eine richtige Feststellung. Nur hätte ich als Wähler mir doch gewünscht, dass daran gearbeitet wird

(Barbara Duden SPD: An den Millionären? – Antje Möller GAL: Das habe ich jetzt nicht verstanden!)

und sich dieses Verhältnis so langsam verändert. Das traurige Resultat der rotgrünen Kampfbereitschaft war es, anstatt gegenzusteuern, dass nach 44 sozialdemokratisch regierten Jahren die Kluft von Arm und Reich indes immer größer wurde. Anstelle der Versprechungen hätten wir Ta

ten sehen wollen. Sie waren es, die zugelassen haben, dass Hamburg im Jahr 2001 eine führende Position im Ranking westdeutscher Bundesländer hinsichtlich der Sozialhilfedichte einnahm. Sie haben es zugelassen, dass sich in Hamburg die Armut, Sozialhilfebedürftigkeit, von 1975 bis 1998 vervierfacht hat. Im Jahr 2001 lebte jedes fünfte Hamburger Kind von Sozialhilfe. Wo sind die versprochenen Gegenmaßnahmen denn gewesen? Wo sind sie geblieben?

(Barbara Duden SPD: Haben Sie mal etwas von Herrn Kohl und dessen Wirken gehört?)

Sie haben zugelassen, dass in Hamburg viele Familien Armut trotz Erwerbstätigkeit erleiden mussten. Im Jahr 2000 musste in 10 977 Fällen aufstockende Sozialhilfe gezahlt werden. Sie haben zugelassen, dass wir in Hamburg seit Jahren einen ausgeprägten Niedriglohnsektor haben. Im Jahr 2000 galten 300 000 Hamburger Erwerbstätige als arm beziehungsweise armutsnah. Das heißt, sie verdienten weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens. Das Risiko dieser Personen, noch weiter abzurutschen, war extrem hoch.

Auch nichts getan haben Sie dagegen, dass die Armut nicht verteilt wurde, sondern sich auch noch in den wohlhabenden Stadtteilen Nienstedten, Blankenese, Wellingsbüttel ein Durchschnittseinkommen von mehr als 300 Prozent über dem der anderen Stadtteile etablieren konnte.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Die werden jetzt enteig- net!)

Was haben Sie für die Stadtteile getan, in denen Sozialhilfe und Arbeitslosigkeit vorherrscht? Sie haben nichts getan, außer wohlfeilen Versprechungen, um sich hier ein soziales Antlitz zu geben.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Hallo, Sie regieren jetzt!)

Die Sozialwohnungen in den ärmeren Stadtteilen, wie Veddel, St. Pauli, wurden immer mehr, während die Stadtteile Nienstedten, Sasel immer wohlhabender wurden.

(Barbara Duden SPD: Sozialer Wohnungsbau in Nienstedten!)

Richtig. Das zur Sachlage.

Wenn Sie uns jetzt sozialen Kahlschlag vorwerfen, ist dies schlichtweg Unsinn, denn Sie werden sich nicht damit brüsten können, überhaupt irgendetwas in dieser Richtung für die armen Bevölkerungsschichten in unseren Stadtteilen getan zu haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Wir haben ein Konzept für die sozialschwachen Stadtteile entwickelt.

(Krista Sager GAL: Wo denn?)

Wir werden mit diesem Senat das Konzept umsetzen, um endlich auch in Wilhelmsburg zu einer Aufwertung des Stadtteils und zur Hilfe für die dort lebenden Menschen zu kommen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist aber ganz neu!)

Von Ihnen war jedenfalls nichts gekommen. Insofern muss ich mir mit einer gewissen Einschränkung die Kritik an sozialer Kälte nicht gefallen lassen, sondern gebe das zurück. Meine Damen und Herren, nichts tun ist noch keine Glanzleistung auf diesem Gebiet.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

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