Protokoll der Sitzung vom 16.04.2002

(Erhard Pumm SPD: Das ist jetzt ganz anders!)

Wie Recht die Richter hatten, erfährt man bei genauer Betrachtung des Justizhaushalts, jedenfalls zum Zeitpunkt der Regierungsübernahme. Die vorherige Senatorin, Frau Dr. Peschel-Gutzeit, war ihrer Konsolidierungsverpflichtung aus dem Programm 1994 bis 2001 nicht immer vollständig nachgekommen. Das war zum Teil sicherlich auch erforderlich, um bestimmte Gerichte überhaupt noch handlungsfähig zu halten. Die Einsparverpflichtung im Personalbereich der Gerichte, Staatsanwaltschaften und des Vollzugsdienstes war der Senatorin aber durch Verträge nur prolongiert und nicht etwa erlassen oder durch andere Bereiche gedeckt worden. Dabei hätte die Senatorin durchaus einsparen können. Wenn zum Beispiel ihre teure, für 1,2 Millionen DM in Auftrag gegebene elektronische Außensicherung der Vollzugsanstalt Vierlande funktioniert hätte, hätte sie ganz erheblich Personal einsparen können.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wie wir aber seit letzter Woche wissen, sind diese 500 000 Euro oder fast 1 Million D-Mark endgültig in den Sand gesetzt, denn die Anlage wird niemals funktionieren. Zur Schadensberechnung muss man auch noch die Personalkosten, die nicht eingespart worden sind, hinzuzählen, denn diese zusätzlichen Kosten kommen noch zur nicht erbrachten Konsolidierungsverpflichtung hinzu. Das bedeutete im vergangenen Herbst, als der neue Senator die Behörde übernahm, er hätte in diesem Jahr 4,5 Millionen Euro – das heißt umgerechnet 90 Stellen – einsparen müssen. Sie müssen sich diese Zahlen einmal vorstellen. Das sind mehr, als das Finanzgericht und das Oberfinanzgericht zusammen haben. Er stand also vor dieser Aufgabe und hätte aufgrund der Altlasten von Frau Peschel-Gutzeit theoretisch einen ganzen Gerichtszweig wegsparen müssen. Das war kaum vorstellbar. Der Kollaps war also für dieses Jahr geplant. Die SPD hat nur versucht, sich durch Trickserei und ein bisschen Verschiebung über den Wahltermin zu retten, um dann in diesem Jahr endgültig den Justizhaushalt kaputtzusparen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Zu einer grundsätzlichen Änderung, die erforderlich gewesen wäre, wenn man gesagt hätte, wir wollen im Haushalt die Bereiche Justiz und Innere Sicherheit zu Lasten anderer Bereiche stärken, so wie wir es jetzt machen, war der Senat gar nicht in der Lage.

(Rolf-Dieter Klooß SPD)

(Beifall bei der CDU – Wolfhard Ploog CDU: Sehr richtig!)

Diese Politik hat wieder dazu geführt, dass Hamburg im letzten Jahr erneut Verbrechenshauptstadt geblieben ist.

(Ingo Egloff SPD: Das hat sich jetzt ja geändert!)

Eine Umverteilung der Mittel ging schon aus dem Grunde nicht, weil die Baubehörde unter Herrn Senator Wagner oder auch die Sozialbehörde aufgrund des politischen Einflusses absolute Tabubereiche waren. Man konnte gar nicht daran denken, Mittel aus dem Bereich Bau oder Verkehr abzuziehen, um den Bereich Inneres zu stärken, weil der Senator innerhalb des Senats so stark war,

(Michael Neumann SPD: Sie haben nur schwache Senatoren oder was soll das heißen?)

sodass insgesamt nur noch das Prinzip Besitzstandswahrung galt und nicht etwa politische Gestaltung. Das ist aber geändert worden, denn der neue Senat hat dem Justizbereich im Herbst in einer großen solidarischen Geste die Konsolidierungsverpflichtung erlassen.

(Petra Brinkmann SPD: Zu Lasten von wem?)

Ganz bewusst zu Lasten anderer Bereiche. Wenn man Politik gestalten will, dann muss man auch einmal Entscheidungen treffen, die für andere Bereiche unangenehm sind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Michael Neumann SPD: Das sieht man ja an den Straßen!)

Das konnte nur erreicht werden, indem die anderen Senatoren gesagt haben, wir sparen in unserem Haushalt. Senator Mettbach hat sogar gesagt, wir bringen freiwillig die doppelte Sparverpflichtung. Das können Sie sich natürlich überhaupt nicht vorstellen. Er verzichtet in seinem Ressort und will den Bereich Justiz und Innere Sicherheit stärken. Herr Senator Mettbach, vielen Dank für diese Geste.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gleichzeitig hat der Senat beschlossen, nicht nur die Altlasten zu erlassen, sondern die Staatsanwaltschaft durch 15 zusätzliche Staatsanwälte plus Servicekräfte zu stärken. Wir kommen dadurch unserem Wahlversprechen, Stärkung der Justiz, nach. Der alte Senat hatte noch geplant, im Bereich der Staatsanwaltschaften, der ohnehin stark gebeutelt ist und kaum noch lebensfähig war, weitere vier Stellen zu streichen. Es wäre also überhaupt nicht möglich gewesen, dort noch effektiv zu arbeiten.

Nun ist es aber nicht so gewesen, dass die Staatsanwälte mit 200 Leuten lautstark vor den Türen des Rechtsausschusses demonstrieren, um ihr Geld einzufordern und die Abgeordneten zu nötigen, sondern die Staatsanwälte haben das – im Gegensatz zu anderen Zuwendungsempfängern – schon jahrelang so hinnehmen müssen. Es kann allerdings auch nicht sein, dass immer diejenigen, die am lautesten schreien, hinterher das meiste Geld bekommen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Letztlich ist es also gelungen, für den Justizbereich zu erreichen, dass bei den Gerichten, bei den Staatsanwaltschaften und im allgemeinen Strafvollzug für Personal zusätzliche 6,3 Millionen Euro ausgegeben werden.

Herr Klooß, Sie haben im Januar in einer Presseerklärung gesagt, Sie seien darüber froh, dass der neue Senat nun die justizpolitischen Schwerpunkte des alten Senats fortführen würde. Das ist eine infame Behauptung. Mit ihrer Politik wäre schon in diesem Jahr der Kollaps der Justiz programmiert gewesen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sie sagen, wir setzen die gleichen Schwerpunkte fort. Das Gegenteil ist der Fall. Ich nenne einige Bereiche:

Spritzentausch im Strafvollzug. Natürlich haben wir ihn abgeschafft. Wir gehen das Problem „Drogen im Knast“ anders an. Wir streben nach einem drogenfreien Knast und sagen nicht wie Sie, dass Drogen im Knast einfach dazugehören. Wir haben ein ganz anderes Ziel.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Daraus folgt konsequenterweise, dass die Spritzen nicht von staatlicher Stelle angeboten werden, denn dieses fördert nur die Verbreitung von Drogen und gibt einen zusätzlichen Anreiz zum Einstieg in den Drogenkonsum.

Sie haben in Hamburg dafür gesorgt, dass es in unserem Strafvollzug für Strafgefangene die Möglichkeit gibt, unkontrolliert nach draußen zu telefonieren. Das ist bundesweit einmalig und natürlich praktisch, wenn man seinen Drogennachschub bestellen muss. Dieser Zustand muss geändert werden.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir haben noch in einem weiteren Bereich eine völlig andere Vorstellung als Sie. Die Unabhängigkeit der Richter wird von Ihnen immer hochgehalten,

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Grundgesetz!)

wenn es um die Strafversetzung politisch unbeliebter Konkurrenten geht. Da heißt es, das ist nicht unsere Entscheidung, das machen die Richter unter sich aus. Da wird die heilige Kuh ganz hoch gehängt. Wo es aber um den Kerngehalt der richterlichen Unabhängigkeit geht, um die Urteile, die vollkommen unabhängig gefasst werden müssen, haben Sie den Oberlehrer heraushängen lassen, die Super-Revisionsinstanz eingebaut und reihenweise Straftäter begnadigt. Faktisch führt das dazu, dass Sie die Urteile der Richter aufgehoben haben, um die überlasteten Haftanstalten zu entlasten. Das werden wir nicht machen. Bei uns wird die Gnadenpraxis geändert. Wir wollen das Problem lösen, indem wir ausreichend Haftplätze bauen, denn wer von einem Richter zu einer Haftstrafe verurteilt wird, muss die Strafe auch absitzen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Deshalb ist es logisch, dass wir in Billwerder keinen offenen Vollzug, sondern eine geschlossene Anstalt bauen und die Kapazität auch noch ausbauen. Letztlich kann man nur sagen, durch den neuen Senat wird die alte Justizpolitik überhaupt nicht fortgesetzt. Für die Hamburger Justiz und für die gerechtigkeitsempfindenden Bürger ist es ein Segen, dass wir seit dem Herbst einen neuen Senat haben, der andere Schwerpunkte gesetzt hat.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

(Carsten Lüdemann CDU)

A C

B D

Das Wort hat Herr Schaube.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Justizpolitik ist einer der zentralen Punkte dieser Regierungskoalition. Wie Sie wissen, hat der neue Senat die Gerichte, Staatsanwaltschaften und den allgemeinen Vollzugsdienst von der Sparverpflichtung ausgenommen. Auf diese Weise sichern wir immerhin 90 Stellen. Der noch vom alten Senat geplante Abbau von 70 Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst und beim Strafvollzug bis Ende 2003 konnte ebenfalls abgewendet werden. Doch wir beenden nicht nur den Kaputtsparkurs, sondern erhöhen auch den Justizhaushalt.

Es ist insbesondere das Versagen des rotgrünen Senats in der Innen- und Justizpolitik gewesen, weswegen die Menschen in dieser Stadt einen politischen Wechsel gewünscht und zum Glück auch herbeigeführt haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Die Menschen in unserer Stadt dürfen nicht länger den Eindruck haben, dass sich Verbrechen lohnen, weil Straftaten nicht verfolgt oder Verfahren eingestellt werden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Es muss mit aller Konsequenz gegen Straftäter vorgegangen und auch die Urteile müssen zeitnah gesprochen werden. Das ist zum einen entscheidend für den Rechtsfrieden und zum anderen für die Einsichtsfähigkeit in Strafe generell. Das geht nur mit einer funktionierenden Justiz.

Etwas verwundert war ich, Herr Kollege Klooß, als ich Ihre Pressemitteilung vom 17. Januar las. Wir haben eben schon einen Teil daraus gehört.

(Dr. Michael Neumann SPD: Haben Sie den glei- chen Redenschreiber?)

Nein, das brauchen wir nicht.

(Michael Neumann SPD: Nein, nein, mir fiel nur auf, dass Sie das Gleiche reden wie Ihr Vorredner!)

Ich zitiere es noch einmal, vielleicht wissen Sie es nicht, Herr Neumann: