Protocol of the Session on May 8, 2002

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Noch unklarer ist leider auch der Ansatz für die ökologische Innovation. Es bleibt bei allgemeinen Beschreibungen des technischen Standards. Das bisschen Mut, das zumindest im Entwurf war, ist wieder rausgefallen, zum Beispiel die klare Ansage, dass alle Bauten nach dem Niedrigenergie- und Passivhausstandard vorgeschrieben werden sollen. Das ist ein klitzekleines Detail. Es steht nicht mehr drin. Das war mutig, aber anscheinend hat uns die Angst vor der eigenen Courage an der Stelle schon wieder verlassen.

Wir fassen das Thema mit dieser Drucksache, mit dieser Bewerbung leider nicht weiter. Es fehlt ein überzeugender Ansatz, der die städtische Nachhaltigkeit, die soziale Nachhaltigkeit aufgreift. Paris formuliert dieses explizit in seiner Bewerbung für 2008. Sie wollen positive Impulse für die Quartiere, die einerseits die Sportstätten anbieten und andererseits aber zum essentiellen Bestandteil der Pariser Innenstadt gehören. Das ist vielleicht auch nur ein Satz, aber er steht wenigstens drin. Im Hamburger Konzept kommt das nicht vor.

Natürlich haben wir Flächen mit einmaliger Freizeitqualität, die hier geschaffen werden. Wir haben stadtwirtschaftliche Aufwertungseffekte, die Grundstückspreise werden steigen, die Stadt wird attraktiver werden für Wohnen und Arbeiten. Es werden auch Arbeitsplätze entstehen, aber über die direkten Notwendigkeiten der Erschließung der Sportstätten hinaus wird weder ein verkehrspolitisches Konzept noch eine stadtentwicklungspolitische Vision entwickelt. Dieses ist ein riesiges Manko im vorgelegten Konzept.

Ich finde, es ist wie bei den Münzen. Münzen haben eine Vorder- und eine Rückseite. Die sind unterschiedlich gestaltet, haben aber beide den gleichen Wert. Für das Konzept der Olympia-Bewerbung muss genau das gelten. Egal ob von Wilhelmsburg oder der Veddel oder von der HafenCity und der Innenstadt aus gesehen, der ausgelöste Strukturwandel, der gewünschte Strukturwandel muss zum Vorteil aller Quartiere genutzt werden. Es kann nicht die weiße Fußgängerbrücke von der HafenCity zum Grasbrook geben und die vierspurige rückwärtige Erschließungsstraße auf der Wilhelmsburger Seite, die die Barriere in Richtung Innenstadt noch verstärkt, statt die Anbindung zu realisieren. Also bitte keine Sonnen- und keine Schattenseite, sondern die Olympiade in der Mitte der Stadt, aber mit gleichen positiven Auswirkungen in alle Richtungen.

(Beifall bei der GAL)

In der Verkehrspolitik – das wurde auch schon gesagt – wird die Gefahr vielleicht am deutlichsten. Nahezu alle Autobahnausbaupläne aus den Schubladen heraus sollen realisiert werden, konzentriert jetzt auf die Olympia-Notwendigkeiten, aber ohne jede neue Perspektive für mehr Mobilität für alle in dieser Stadt.

Ein anderes Beispiel ist die Verlagerung des Überseeterminals nach Georgswerder in einen Bereich, der aus Wilhelmsburger Sicht – und wenn man sich ein bisschen die Ergebnisse der Zukunftskonferenz anguckt, dann sieht

man auch die Notwendigkeit – ganz anders gestaltet werden soll. Es ist die schiere Ignoranz gegenüber den Wünschen dieses Stadtteils und zeigt meiner Meinung nach genau, wie es nicht sein soll. Vielleicht muss das noch gar nicht alles in der Drucksache stehen, aber wir müssen uns der Kernfrage dieses so genannten „reason why“ stellen, warum das NOK sich für Hamburg entscheiden soll. Ich glaube, wir müssen die Bewerbung selbstbewusst angehen. Das würde ich unterstützen, aber mit all seinen Facetten differenziert und als Vision, die tragfähig und realisierbar für diese Stadt ist.

(Beifall bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Wird in dieser Angelegenheit noch weiter das Wort gewünscht? – Herr Senator Lange wünscht das Wort und bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich auf das Bewerbungskonzept Hamburgs für die Ausrichtung der Spiele 2012 näher eingehe, möchte ich Sie auf die Ausstellung hinweisen, die seit gestern in der Handelskammer zu sehen ist. Ich kann denjenigen, die sich bisher noch nicht mit den Bildern, sondern mehr mit dem Text befasst haben, sagen, es lohnt sich, diese Ausstellung anzusehen, denn es wird auf sehr plastische Art und Weise an verschiedenen Modellen und Grafiken deutlich gemacht, wie gut diese Spiele in die Stadt passen.

Meine Damen und Herren! Das Ergebnis der fünfmonatigen Arbeit liegt Ihnen in dieser Drucksache 17/2012 vor. Ich glaube, das ist ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann, denn in dieser kurzen Zeit haben sich Wirtschaft, Sport und Politik zu einer Bewerbung für die Ausrichtung zusammengeschlossen und durch das große Engagement der Bewerbungsgesellschaft und die vorbildliche Zusammenarbeit der Behörden, des Sports und der Wirtschaft ist es gelungen, dieses beeindruckende Konzept der City-Olympics zu präsentieren. Ich möchte an der Stelle aber auch nicht die anderen Partner aus Kultur und Medien sowie den hochbesetzten Beirat vergessen.

Im Zuge der Olympia-Bewerbung werden in den kommenden Jahren durch ein abgestimmtes Verfahren zwischen den Schulen und Vereinen hochwertige Trainingsstätten geschaffen und so wird der Leistungssport schon aufgrund der jetzt angelaufenen Vorbereitungen bessere Rahmenbedingungen erhalten. Eine weitere Maßnahme zur Förderung des Sports ist die Einführung der dritten Sportstunde zu Beginn des nächsten Schuljahres.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Für die Entwicklung von Heranwachsenden ist es allemal positiv, sich sportlichen Herausforderungen zu stellen, die eigenen Kräfte zu erproben, sie systematisch zu trainieren und mit Sieg, aber auch mit Niederlage umgehen zu können. Gerade in diesem Sinne ist und bleibt Sport ein wichtiges Bildungsgut. Bei Jugendlichen ist eine sportliche Aktivität eine notwendige und auch wirkungsvolle Prävention gegen vielerlei Gefährdungen.

Meine Damen und Herren! Es ist geradezu vorbildlich, wie sich der Hamburger Sportbund und die Handelskammer in dieses Feld hineinbegeben und an Lösungen mitgearbeitet haben, die die Regierung oder das Parlament alleine nie hätten verwirklichen können. All das hat dazu geführt, dass

(Antje Möller GAL)

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im Hamburger Sport und in der ganzen Stadt eine Aufbruchstimmung zu finden ist, die es so hier in Hamburg noch nicht gegeben hat.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

An dieser Stelle möchte ich hervorheben, dass alle sportfachlichen Standortfragen als gelöst zu betrachten sind. Die zwei Leitideen, auf denen dieses Konzept beruht, möchte ich noch einmal kurz ansprechen.

Bei den City-Games finden die Endkämpfe zu 90 Prozent in Hamburg statt. Die Vergabe der Wettkämpfe ins Umland, nämlich Soft- und Baseball, das Vielseitigkeitsrennen und das Schießen, ist in enger Abstimmung mit den umliegenden Bundesländern geschehen. Weiterhin werden auch andere norddeutsche Städte in die Vorrundenspiele mit einbezogen.

Die zweite Leitidee ist die Verzahnung der Bewerbung mit der Stadtentwicklung im Rahmen des Konzepts der wachsenden Stadt. Hier sind die Beiträge in allen wichtigen Bereichen – Verkehr und Transport, Kultur, Umwelt, Beherbergung, Sicherheit, Medien, Marketing und Sponsoren, medizinische Versorgung sowie Wirtschaftlichkeit und Finanzierung – entwickelt worden, auf deren Grundlage eine überzeugende Bewerbungsbroschüre entsteht, die der Erste Bürgermeister am 15. Mai dem NOK übergeben wird.

Mit der Olympia-Bewerbung wird Hamburg wachsen. Denn mit der Planung für die HafenCity ist der Grundstein für einen neuen Stadtteil mit Wohnungen und Büros gelegt worden. Hamburg wird seine Funktion als Metropole sowohl städtebaulich als auch wirtschaftlich, sportlich und kulturell in den nächsten Jahren ausbauen können.

Allen Beteiligten sage ich im Namen des gesamten Senats herzlichen Dank für die konstruktive Zusammenarbeit. Insbesondere danke ich den Mitarbeitern der Behörde für Bau und Verkehr, allen voran dem Oberbaudirektor Professor Walter, der mit seinem unermüdlichen und von hoher Kreativität geprägten Engagement – der eine oder andere hat das erleben können – ganz wesentlich zum Gelingen beigetragen hat. Alle Behörden und Gesellschafter von „Hamburg für Olympia 2012“ ziehen an einem Strang und sind Feuer und Flamme für Hamburg 2012.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Es liegt keine weitere Wortmeldung vor.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/2012 federführend an den Jugend- und Sportausschuss und mitberatend an den Bau- und Verkehrsausschuss, den Kulturausschuss, den Umweltausschuss und den Wirtschaftsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das wurde einstimmig so beschlossen.

Ich möchte eine Korrektur mitteilen, die das Auszählen der Stimmen zur Wahl eines Mitglieds für den Ausschuss zur Wahl einer ehrenamtlichen Richterin oder eines ehrenamtlichen Richters beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht betrifft. Es sind anstatt 107 Stimmen – wie bereits verkündet wurde – 109 Stimmen abgegeben worden. Davon war eine Stimme ungültig. Somit waren 108 Stimmzettel gültig. Frau Sandra Hardenberg erhielt davon 91 Ja-Stimmen und sechs Nein-Stimmen; elf Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit ist Frau Hardenberg gewählt.

(Vizepräsident Farid Müller übernimmt den Vorsitz.)

Wir kommen nun zu Punkt 19 der Tagesordnung: Senatsantrag zur Neuregelung der bauordnungsrechtlichen Stellplatzbestimmungen.

[Senatsantrag: Neuregelung der bauordnungsrechtlichen Stellplatzbestimmungen – Drucksache 17/569 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 17/801 ein Antrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: Neuregelung der Stellplatzbestimmungen – Drucksache 17/801 –]

Beide Drucksachen möchte die GAL-Fraktion an den Bauund Verkehrsausschuss überweisen. Wer begehrt das Wort? – Herr Wohlers.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich Sie grob über den Inhalt der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Globalrichtlinie über notwendige Kfz- und Fahrradstellplätze informieren. Ich halte dies für notwendig, weil man sonst das Abkassieren von Bauherren in der Vergangenheit nicht in vollem Umfang verstehen kann.

Werden gewerbliche Gebäude errichtet, bei denen mit Besucherverkehr beziehungsweise Kundenverkehr zu rechnen ist, sind gemäß der Hamburgischen Bauordnung eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen zu errichten. Dies entspricht auch den Bauordnungen der anderen Bundesländer.

Die Anzahl der in den Landesbauordnungen den jeweiligen Nutzungen zugestandenen Stellplätze entspreche nach Aussage vieler Betroffener nicht mehr den aktuellen höheren Ansprüchen. Die benachbarten Bundesländer verstehen allerdings die den jeweiligen Nutzungen zugestandenen Stellplatzzahlen nicht als Obergrenze, sondern als Mindestanforderung. Auch hier ist ein Umdenken in Hamburg erforderlich.

Den Ländern steht es frei, für genau definierte Stadtgebiete per Satzung Bereiche auszuweisen, in denen von den nutzungsabhängigen Stellplätzen nach unten hin abgewichen werden muss. Das Hamburger Stadtgebiet wurde relativ grob in drei sogenannte Abminderungsgebiete aufgeteilt. Die Innenstadt wird durch den Verlauf des Wallrings begrenzt, die innere City wird in etwa durch den Ring 2 und nach Süden hin durch die Elbe begrenzt. Beim restlichen Stadtgebiet betrifft dies jeden Umkreis von circa 400 Metern zu S- und U-Bahn-Stationen.

Im Abminderungsgebiet I der Innenstadt durften nur 25 Prozent der notwendigen Stellplätze gebaut werden. Waren also zum Beispiel 20 Stellplätze notwendig, durften nur fünf gebaut werden. Im Bereich der Innenstadt macht eine solche Vorgabe auch Sinn, da hier der öffentliche Personennahverkehr sehr gut ausgebaut ist und zusätzlicher Verkehr vermieden werden soll.

Im Abminderungsgebiet II der inneren City durften nur 50 Prozent der notwendigen Stellplätze gebaut werden. Die bekanntermaßen unterschiedliche Struktur des Bereiches innerhalb des Rings 2 lässt schon erahnen, dass mit einer solchen willkürlichen Festlegung nur am Ziel vorbeigeschossen werden konnte.

(Senator Rudolf Lange)

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Im Abminderungsgebiet III – dem übrigen Stadtgebiet – durften nur 75 Prozent der notwendigen Stellplätze im Umkreis von 400 Metern zu Schnellbahnstationen errichtet werden. Auch hier wurde – wie im Abminderungsgebiet II – keine beziehungsweise nur eine geringe Auswirkung auf die Entlastung der Straßen vom ruhenden Verkehr sowie eine Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs festgestellt.

Aufgrund der neuen verkehrspolitischen Zielsetzung der Koalitionspartner und der gemachten Erfahrungen wurde durch den heutigen Senat mit Wirkung vom 1. Januar 2002 auf die Abminderungsgebiete II und III verzichtet.

Seit der Novellierung der Hamburgischen Bauordnung im Jahre 1995 – wie vorhin ausgeführt – war es dem Hamburger Senat erlaubt, die Herstellung von Stellplätzen nach Maßgabe seiner ideologischen Überzeugung zu untersagen, aber gleichwohl die gesetzliche Ablösesumme vom Bauherrn zu kassieren.