Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 39, Antrag der Fraktion der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Neuplanung ehemaliger Bebauungsplan Neugraben-Fischbek 15.
[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Neuplanung ehemaliger Bebauungsplan Neugraben-Fischbek 15 (NF 15) – Drucksache 17/849 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein weiteres Mal stellt die neue Regierungskoalition unter Beweis, dass die Zeit der alten Handlungsunfähigkeit und auch wohl Handlungsunwilligkeit vorbei ist.
Vorbei ist auch die Zeit, in der an den Belangen und Wünschen der Hamburgerinnen und Hamburger vorbeigeplant wurde.
Ja, Herr Egloff, es muss heute als Glücksfall bezeichnet werden, dass die unsinnige Planung der alten Regierung für Neugraben-Fischbek nicht realisiert worden ist.
In diesem Fall sollten wir sogar dankbar dafür sein, dass es bei den bloßen Ankündigungen Ihrerseits geblieben ist und keine unumkehrbaren Maßnahmen ergriffen worden sind, denn was hätten wir jetzt mit einer noch weiteren Problemsiedlung – das wäre es nämlich geworden – anfangen sollen, bestenfalls mit Bauruinen und leerstehenden Wohnungen.
Bereits 1973 wurde Neugraben-Fischbek im Flächennutzungsplan als Siedlungsgebiet ausgewiesen. 1989 hat der damalige Senat beschlossen, das Plangebiet in das Wohnungsbauprogramm aufzunehmen und 1997 hat die Koalition aus SPD und STATT-Partei den Bebauungsplan Neugraben-Fischbek verabschiedet. Seitdem ist nichts passiert – Politik der ruhigen Hand, Gott sei Dank.
Gleichzeitig hat der Senat Millionen an Steuergeldern verschwendet. Laut Jahresbericht des Rechnungshofs 2000 betragen die bisherigen Aufwendungen 52 Millionen Mark ohne die bei der SAGA angefallenen Verwaltungskosten seit den siebziger Jahren. Hinzu kommt eine jährliche Zinsbelastung ebenfalls in Millionenhöhe. Entsprechend hat sich auch der Rechnungshof geäußert. Dem neuen Senat hat die alte Regierung noch das Ei einer möglichen Schadensersatzforderung ins Nest gelegt. Sie haben wahrlich genug Schaden in Neugraben angerichtet.
Schon damals hat die CDU aus guten und auch heute noch aktuellen Gründen den Bebauungsplan abgelehnt. Die Vorgängerregierung hat eine Reihe von Kardinalfehlern bei der Planung gemacht. Diese ursprünglichen Planungen erinnern eher an die Siedlungspolitik einer ehemaligen DDR-Regierung als an moderne Erkenntnisse, die Sie auch in Hamburg hätten gewinnen können.
Kardinalfehler eins: Es wäre eine Massensiedlung entstanden. Der alte Bebauungsplan sah 10 000 Bewohner vor. Eine unüberschaubare und nachbarschaftlich schädliche Wohnbebauung wurde geplant. Statt vernünftig zu planen, gab es fünfgeschossige, halbkilometerlange, schnurgerade Wohnquartiere in Wohnblockreihen.
Alle in Hamburg hatten dies begriffen durch Sandbek und Neuwiedenthal, die direkt daneben liegen, durch Kirchdorf-Süd, Mümmelmannsberg und Steilshoop, nur die Sozialdemokraten in der Regierung nicht.
3000 Wohnungseinheiten, überwiegend im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus, führen zwangsläufig zur Entstehung solcher Problemviertel. Der Streit zwischen den Harburger und den Hamburger Genossen hat Gott sei Dank zur Folge gehabt, dass wenigstens nur nichts passierte und nicht auch noch Mist.
Zweitens drohte eine Schlafstadt. Die ursprünglichen Planer hatten eine Integration städtischer Infrastruktur nämlich völlig vergessen. Es wäre eine reine Schlafsiedlung geworden ohne die Ansiedlung von Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen und allem, was zu einem lebendigen Stadtteil gehört.
Die Infrastruktur fehlte, die geplante Verkehrsanbindung entsprach nicht modernen Fortbewegungskriterien, öffentlicher Personennahverkehr wurde als notwendiges Übel betrachtet. Die Bebauung wäre monoton sozialistisch geworden, verschiedene Haustypen waren nicht geplant. Diejenigen jedenfalls, die aus Harburg kommen, wissen das sehr genau und haben wenigstens intern dafür gesorgt, dass dieser Bebauungsplan nicht Realität geworden ist.
So viele stadtplanerische Fehler lassen erahnen, dass auch der immerhin zaghaft unternommene Versuch der SPD, den modernen Ansprüchen zu genügen und den Bebauungsplan noch einmal zu verändern, nicht überzeugen konnte. Wegen dieser Fehlplanung genügen uns bloße Korrekturen nicht.
Es gibt das Bedürfnis nach umfassender und bürgernaher Neuplanung. Es soll ein attraktives, lebenswertes Wohngebiet entstehen, eine echte Alternative zu den bisherigen klassischen Hamburger Wohngebieten. Besonders wichtig ist es, Wohnraum für junge Familien zu schaffen, denn die wollen wir haben. Es liegt nicht in unserem Interesse, Familien durch ghettoartige Siedlungen abzuschrecken. Wir wollen sie für eine zeitgemäße Bauweise für dieses Gebiet begeistern und dazu soll unser Antrag dienen.
Wir werden weitestgehend auf mehrgeschossigen Wohnungsbau zugunsten von Einfamilien- und Reihenhäusern verzichten. Wir werden aktuelle Erkenntnisse hinsichtlich der Verkehrsvermeidung und der umweltfreundlichen Energieversorgung berücksichtigen.
Wir werden eine ausreichende Versorgung mit Wohnvoraussetzungseinrichtungen, nicht Wohnfolgeeinrichtungen, gewährleisten, denn es besteht in Hamburg genau danach Bedarf. Die Reihenfolge darf nicht sein, Wohnungen zu bauen und auf die Folgeeinrichtungen zu warten, sondern die Voraussetzungen für vernünftiges Wohnen müssen mit den Wohnungen gleichzeitig geschaffen werden.
Der Süderelberaum gewinnt durch die Universität Harburg, die Hafenerweiterung, den Binnenhafen und natürlich auch durch die EADS-Erweiterung zunehmend auch überregional an Bedeutung. Wir müssen auch wegen der Konkurrenz aus dem Umland
diesen Bedürfnissen Rechnung tragen. Wir wollen die wachsende Stadt und wir wollen dafür Wohnungen und Häuser bauen, die auch die Menschen wollen.
Wir wollen sie nämlich halten, indem wir auf ihre Wünsche eingehen, und wir wollen sie nicht mit ideologischer Besserwisserei aus der Stadt vertreiben.
Gerade im Zusammenhang mit der Airbus-Produktion werden in den nächsten Jahren viele Arbeitnehmer nach adäquatem Wohnraum suchen; den wollen wir anbieten.
Es darf nicht länger an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigeplant werden, denn gerade Familien mit Kindern suchen kleine überschaubare Nachbarschaften mit intensiven sozialen Netzen.
Sie werden sie bei uns, wenn Sie den neuen B-Plan lesen, auch wiederfinden; das ist der Unterschied zu Ihrem Plan.
Diese Punkte werden in den Planungen des Senats berücksichtigt werden und daran wird auch der Verfasser des ursprünglichen Plans, Herr Professor Spengelin, nichts ändern können. Herr Senator Mettbach, es ist mir völlig unverständlich, dass Herr Spengelin, der für den ursprünglichen Bebauungsplan verantwortlich ist, in der Jury zur Beurteilung des neuen Bebauungsplans sitzt. Ich bitte Sie sehr, darauf zu achten, dass künftig solche Böcke nicht nur nicht wieder geschossen werden, sondern schon gar nicht, wie hier, der Bock noch zum Gärtner gemacht wird. Ich glaube, das war vermeidbar.