Protokoll der Sitzung vom 19.09.2002

schauen wir nicht darauf, wie viel Geld eingesetzt wird. Wir sollten nicht glauben, wenn wir mehr Geld einsetzen, dass damit auch mehr Effekt erzielt werde, sondern wir sollten uns bemühen, die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effizient einzusetzen. In diesem Sinne, Herr Egloff, werden wir neue Vorschläge unterbreiten, wie wir insgesamt zu einer Verbesserung der Existenzgründungsförderung kommen.

Ich möchte abschließend sagen, dass die Existenzgründung nicht nur unter dem Gesichtspunkt neu zu schaffender Arbeitsplätze wichtig ist, sondern dass unser ganzes Wirtschaftssystem einen großen Vorteil gegenüber anderen Volkswirtschaften hat, nämlich eine breite Schicht von Mittelständlern als selbstständige Unternehmer.

Es ist etwas anderes, ob man als Angestellter in der Geschäftsführung eines Unternehmens tätig ist oder ob jemand mit seinem eigenen Vermögen haftet, wenn die Geschäfte nicht gut laufen. Die Motivation ist in diesen Fällen viel höher. Ich brauche nicht die Fälle aufzuzeigen, in denen Manager irgendwelche unternehmerischen Entscheidungen trafen, die nicht zum Erfolg geführt haben, im Gegenteil. Sie haben eine Abfindung kassiert und sind ohne irgendeinen Schaden aus dem Unternehmen herausgegangen.

(Senator Gunnar Uldall)

(Michael Neumann SPD: Außer Senatoren!)

Es ist wichtig, dass wir einen Mittelstand haben, in dem die Geschäftsführung, die Verantwortung für das Unternehmen und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Eigentümerfunktion zusammengefasst sind. In den USA ist es beispielsweise nicht so. Dort klafft dies weit auseinander. In schweren Zeiten, die in einer Volkswirtschaft immer einmal passieren können, ist es wichtig, dass eine entsprechend gute Mittelschicht vorhanden ist, die dieses auffangen kann.

Deswegen muss unser Steuersystem so gestaltet werden, dass der Selbstständige gegenüber einer Kapitalgesellschaft, die mit angestellten Managern operiert, nicht benachteiligt wird.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir müssen sehen, dass der ganze staatliche Apparat schlanker wird; er muss entbürokratisiert werden.

(Beifall bei Burkhardt Müller-Sönksen FDP – Alexander Porschke GAL: Fangen Sie doch mal an!)

Es muss wieder möglich sein, dass die Unternehmen Gewinne erzielen, die ihnen von der Gesellschaft auch gegönnt werden müssen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Insofern ist es notwendig, dass in Deutschland wieder ein gesellschaftliches Bewusstsein gestärkt wird, das die Funktion des Unternehmers höher einschätzt, als es bisher der Fall gewesen ist.

Hamburg ist immer eine Stadt gewesen, die durch wagemutige Kaufleute und Unternehmer geprägt wurde. Schaffen wir von Seiten der Politik die Voraussetzungen, damit diese hanseatischen Eigenschaften wieder mobilisiert werden können. Das ist wichtiger als 20 Förderungsprogramme.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage – Drucksache 17/872 – besprochen worden ist.

Ich rufe Punkt 34a auf: Drucksache 17/1403: Dringlicher Senatsantrag: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes.

[Dringlicher Senatsantrag: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes – Drucksache 17/1403 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Rechtsausschuss und mitberatend an den Innenausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Das Wort hat der Abgeordnete Bauer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

„Nichts wird mehr so sein, wie es war.“

Dieser Satz ging nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in New York und Washington um die Welt. Für Deutschland und Hamburg gilt dieser Satz umso mehr, war doch in Hamburg eine der oder sogar die Keimzelle der AlKaida-Terroranschläge und der Wohn- und Studienort der Attentäter. Diese menschenverachtenden Terroranschläge haben Deutschland und auch Hamburg nachhaltig verändert.

Natürlich hat sich nicht alles verändert. Doch ist in vielen von uns mit den einstürzenden Zwillingstürmen des World Trade Centers etwas Bedeutendes zu Bruch gegangen: Der Glaube und das Vertrauen in die persönliche Sicherheit.

Die Erkenntnis, dass ein Terroranschlag, der an Unmenschlichkeit alle bisherigen terroristischen Anschläge übertroffen hat, auch bei uns möglich ist, hat viele Menschen ebenso bestürzt wie die Tatsache, dass unsere westlichen Werte wie Freiheit, Demokratie, Toleranz und Menschenrechte in den Köpfen fanatisierter Islamisten nicht nur nichts gelten, sondern sogar unbändigen Hass auslösen.

Um gegen den Terror Erfolg zu haben, muss der Kampf geheimdienstlich, das heißt verdeckt, geführt werden. Er muss dort ausgefochten werden, wo der Gegner zu finden ist: im Dunkeln. Dazu gehört auch eine bessere Ausstattung des Verfassungsschutzes, die nicht nur mehr Finanzmittel und Mitarbeiter, sondern auch erweiterte Möglichkeiten und weniger Restriktion bedeutet.

Vor diesem Hintergrund – auf der Grundlage des so genannten Sicherheitspakets II des Bundes – sind zur Bekämpfung des nationalen sowie internationalen Terrorismus die Befugnisse des Hamburger Verfassungsschutzes unter anderem bei der Überwachung von Bankgeschäften, des Postverkehrs, von Luftfahrtunternehmen sowie das Abhören und Aufzeichnen von Telefonverbindungsdaten und vieles mehr erweitert worden. Ermöglicht werden soll auch der Einsatz spezieller Geräte zur Ermittlung von Karten- und Gerätenummern sowie des Standorts von Mobiltelefonen. Die vor wenigen Tagen erfolgte Festnahme von Ramzi Binalshibh, Topterrorist und Hamburger Drahtzieher der Anschläge vom 11. September, ist erst aufgrund der Mobiltelefonüberwachung möglich gewesen.

Die erweiterten Befugnisse des Hamburger Verfassungsschutzes sollen entsprechend den Festlegungen im Terrorismusbekämpfungsgesetz zunächst auf fünf Jahre befristet werden.

Noch einige Sätze zur Rasterfahndung, die im so genannten Sicherheitspaket I ihren Nachschlag findet. Die von vielen verteufelte Rasterfahndung ist absolut notwendig, um terroristische Gewalttäter aufzuspüren, noch bevor diese einen Anschlag verübt haben.

Gerade mit der Rasterfahndung lassen sich Massendaten auf Terrorismusrelevanz rein maschinell überprüfen. Unter Datenschutzgesichtspunkten ist das ein äußerst schonender Umgang mit persönlichen Daten, denn es wird ein sehr großer Teil dieser Daten, die solche Suchkriterien nicht ausweisen, sofort maschinell ausgesondert und restlos gelöscht, ohne dass ein Polizist sie je zu Gesicht bekommt.

Je präziser die Suchmerkmale vorgegeben werden, desto kleiner ist der Kreis der Verdächtigen, der nach dem maschinellen Abgleich noch übrig bleibt. Also, meine Damen und Herren von der Opposition: Viel Lärm um nichts!

(Senator Gunnar Uldall)

A C

B D

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes liegt Ihnen vor und muss nicht noch inhaltlich auf Punkt und Komma durchgegangen werden. Die SPD hat die Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss beantragt; dem steht natürlich nichts entgegen.

Aber der Kampf gegen Terror und Gewalt muss von allen hier in der Bürgerschaft vertretenen Parteien ohne Wenn und Aber nachhaltig unterstützt und gefördert werden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Allen muss klar sein: Dem Terrorismus keine Chance! Politiker der Kaste „Ideologische Bedenkenträger“ tragen weder zur Sicherheit noch zur Terrorismusbekämpfung bei. Als Opposition haben Sie die Lizenz zum Meckern. Es wäre aber dem Ansehen Hamburgs äußerst abträglich, wenn die Bürgerschaft – gerade vor dem unsäglichen Hintergrund, dass Mitgliedern der Terrorzelle Al Kaida in Hamburg Gast- und Studienrecht gewährt wurde – nach den Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss nicht einstimmig dem ihr vorliegenden Gesetzesentwurf zustimmt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das hat Verfassungsrang, Herr Bauer!)

Dass internationale Terroristen über Jahre hinweg unentdeckt in Hamburg agieren konnten, ist nicht nur beschämend, sondern es hat auch das internationale Ansehen unserer Stadt immens beschädigt.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist richtig!)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Dagegen ist Schills Bundestagsrede wirklich Pipifax.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Lachen bei der SPD)

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist weltweit – explizit in Amerika – mit einem unauslöschlichen Makel behaftet. Dafür – das sage ich ohne Schärfe, sondern nur als Feststellung – trägt der abgewählte rotgrüne Senat die Verantwortung.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Erhard Pumm SPD: Wie bitte? – Dirk Kienscherf SPD: Sie sind auch für Herrn Schill verantwortlich!)

Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus sind alle Länder der Welt aufgerufen; also auch wir. Wer sich dem widersetzt, Terroristen Unterschlupf gewährt, sie ausbildet und mit Waffen versorgt, muss von der Völkergemeinschaft ausgeschlossen und geächtet werden. Lassen wir es nicht zu, dass der internationale Terrorismus weiterhin Zukunft hat! Wir alle sind mitverantwortlich.

Der so genannte Kalte Krieg ist Vergangenheit. Die Großmächte USA und Russland sind aufeinander zugegangen. Wer noch am Weltfrieden zündelt, ist der irakische Massenmörder am eigenen Volk, der Terrorist und Diktator Saddam Hussein.

(Beifall bei Jens Pramann Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das heißt, die weltweit neue Bedrohung ist der internationale Terrorismus. Deswegen sind auch Bundeskanzler Schröders Äußerungen schlichtweg verantwortungslos. Er fällt dem amerikanischen Bündnispartner bei dem Ver

such, gegenüber dem Irak eine Drohkulisse aufzubauen, massiv in den Rücken.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Manfred Mahr GAL: Das hat nichts mit dem Thema zu tun! Kommen Sie zur Sache!)

Der bisherige Supergau des internationalen Terrorismus ist in Amerika geschehen. Steht uns noch mehr bevor? Was in Amerika geschehen ist, hat uns auch gezeigt, wie verwundbar wir sind. Es hat unsere Hilflosigkeit gegenüber solchen mörderischen Attentaten mehr als deutlich gemacht. Es gibt Dinge, vor denen man sich nicht wirklich schützen kann. Terrorismus, gepaart mit religiösem Fanatismus, war schon immer unberechenbar.