Protocol of the Session on November 14, 2002

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Meine Damen und Herren, die bereits für dieses Jahr geplante Gründung der Hamburg Media School zeigt, wie ernst es dem jetzigen Senat mit der Einstellung ist, Hamburgs internationalen Ruf als Medienstandort nachhaltig zu sichern. Bereits am 12. Juni 2002 wurde der Verein zur Gründung und Förderung der HMS, Hamburg Media School e.V., unter Beteiligung von Hamburgs Großverlagen, dem NDR, Studio Hamburg, Mediaproduktionen und so weiter ins Leben gerufen. Diese Beteiligung zeigt, wie wichtig der Medienbranche diese neue Institution ist. Es ist durchaus nicht zu verkennen, dass der Vorgängersenat die Probleme der fehlenden Hochschulausbildung im Medienbereich gesehen hat, aber wie in vielen anderen Fällen nicht aus der umfangreichen Studie heraus die Umsetzung in die Realität geschafft hat. Mit der HMS erweitert Hamburg sein hervorragendes Angebot im Hochschulbereich mit den Schwerpunkten Film, Fernsehen und generelles Medienmanagement. Hamburg hat damit endlich die Chance, nicht nur Firmen aller Größe aus der Medienbranche zu halten, sondern auch neue Unternehmen und Existenzgründungen anzusiedeln. Diese Stadt kann und wird damit zu einem Mekka für den Nachwuchs aller Medienbereiche werden und diese Position auch nachhaltig verteidigen. – Danke.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dobritz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den Jahren zwischen 1997 und 2001, also in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre, hat es im gesamten Medienbereich, vor allen Dingen aber auch im Bereich der interaktiven Medien, einen unglaublichen Aufschwung gegeben, der auch zu einer großen Anzahl neuer Arbeitsplätze – in Hamburg weit mehr als 10 000 – geführt hat. Dass dies möglich war, lag vor allen Dingen daran, dass Hamburg gut gerüstet war. Hamburg verfügte über gut ausgebildetes, qualifiziertes Personal und Hamburg stellte sich auch sehr schnell darauf ein, Ausbildungsgänge zu kreieren und zu konstruieren, die dem neuen Bedarf auch entsprachen. Insofern hat Hamburg in den Jahren alles richtig gemacht, partizipiert und die wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgeschöpft.

In einem ganz speziellen Bereich aber, darüber waren wir uns in der letzten Legislaturperiode im Klaren, lief es nicht so optimal, wie wir es uns wünschten. Das ist vor allem im Bereich der gehobenen High-Level-Ausbildung gewesen, im Bereich der audiovisuellen Medien, aber auch im Bereich der interaktiven Medien. Wir haben deshalb eine entsprechende Studie beauftragt, die eine Schwachstellenanalyse durchgeführt und auch Ergebnisse vorgelegt hat. Dann kam der September 2001 und der neue Senat hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, auf der Grundlage dieser Studie und deren Erkenntnisse weiterzumachen.

Nun will ich kein Salz ins Wasser kippen, Herr Hardenberg, aber ich muss Ihnen sagen, ich bin doch etwas skep

(Senator Gunnar Uldall)

tischer. Es ist kein Zweckpessimismus mit dem tiefen Wunsch, dass der Senat nicht zum Erfolg kommen soll, denn wir Sozialdemokraten wünschen uns den Erfolg einer solchen Media School. Das wäre eine kleine Perle, wenn Sie es hinbekommen, und würde sicherlich dem Standort Hamburg sehr gut dienen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der GAL)

Ich wende mich an den Senator und ich weiß ja, es ist ein Senator federführend, der zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt gezeigt hat, dass ihm auch die Seriosität ein bisschen vor schnellen Schüssen geht. Ich hoffe, das bleibt auch in diesem Falle so.

Der Grundgedanke dieser Media School ist, dass sie durch Public-private-partnership finanziert wird. Das bedeutet, die Wirtschaft muss mit ins Boot. Nun gibt es einen Gründerverein. Für die Gründer sind 25 000 Euro pro Gründer nicht viel – das ist für Gruner+ Jahr oder für Axel Springer Portokasse. Es geht vielmehr um die Betriebskostenfinanzierung.

Wir brauchen im Jahr circa 4,5 Millionen Euro, um über den Zeitraum von zwei Jahren 60 Studenten auszubilden. Für die Privatwirtschaft bedeutet das für den Zeitraum von Herbst 2003 – das ist der Beginn – bis 2008 einen Betrag von 6 bis 7 Millionen Euro. Die müssen hereinkommen, denn sonst steht möglicherweise zwar theoretisch ein Konzept, das praktisch aber nicht umsetzbar ist.

Das Schlimmste, das Hamburg passieren könnte, wäre ein gravierender Imageschaden: Wenn Sie nämlich in Europa eine High-Level-Ausbildung propagieren und diese auf dem Weg bis zur Abschlussprüfung in Konkurs gehen. Deshalb meine eindeutige Bitte, Herr Senator – ich weiß, Sie stehen unter Zeitdruck, denn der Erste Bürgermeister verkündet diese Media School als Glanzlicht seiner bereits abgelaufenen und noch vor ihm liegenden Regierungszeit –: Fangen Sie bitte erst an, wenn mehr als ein Letter of Intend vorliegt, wenn es valide Absichtserklärungen der Privatwirtschaft gibt und 50 Prozent dieser zugesagten 7 Millionen Euro für diese Periode auch eingezahlt wurden. Erst dann geben Sie bitte den Startschuss. Wenn Sie es anders machen, sich unter Zeitdruck setzen lassen und das Geld nicht haben, dann laufen Sie Gefahr, dass das Ganze eine einzige Rumpfschule wird. Die Filmausbildung von Herrn Bohm, ein wenig Medienrecht, zwei, drei betriebswirtschaftliche Seminare der Universität und ein ausgeliehener Professor von Herrn Rauhe. Das kann es aber nicht sein.

Es gibt einen zweiten Punkt, den ich auch für sehr wichtig halte. Ich will nicht über den Standort reden, obwohl alles andere nur besser sein kann als Tonndorf. Nichts gegen Tonndorf, aber in diesem Fall ist jeder andere Standort besser als dieser.

Wenn am Ende herauskommt, dass diese Media School nichts weiter ist als ein Versuch der Kapazitätsauslastung eines im Moment in Schwierigkeiten befindlichen Studio Hamburg, dann ist das ein Punkt, der Sie in der Debatte möglicherweise in eine fürchterliche Schieflage bringen kann. Denn eines geht nicht: Public-private-partnership kann nicht bedeuten, die eine Hälfte ist der Steuerzahler und die andere der Gebührenzahler des Norddeutschen Rundfunks – Studio Hamburg –. Das muss verhindert werden, denn damit ist Public-private nicht gemeint gewesen.

Deshalb sage ich Ihnen deutlich: Es ist richtig, Studio Hamburg und auch gewisse Aktivitäten des NDR mit einzube

ziehen. Aber wenn diese mit einbezogen werden, dann darf die Schule diese Leistungen nicht kostenlos in Anspruch nehmen, sondern muss dafür auch bezahlen.

Unter dem Strich: Wir sind auf diesem Weg mit dabei; das wissen Sie seit langem. Meine Einbringung für die SPD in den entsprechenden Ausschüssen ist auch immer davon getragen gewesen. Aber bleiben Sie gegenüber der Bürgerschaft und der Zusage seriös, dass die Privaten 50 Prozent der Mittel finanzieren. Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen und bleiben Sie vor allen Dingen bei dem Angebot gegenüber den Studenten seriös, die nach Hamburg kommen wollen, um an der Media School zu studieren. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dobritz, Ihre Ausführungen habe ich mit Interesse gehört. Es ist gut, dass wir uns im Kern der Auseinandersetzung – die eigentlich keine ist – einig sind, dass es für die Stadt ganz wichtig ist, eine solche Medienakademie zu installieren.

Bisher ist mir die Medienpolitik zu stark durch die Wirtschaftsbrille gesehen worden. Das ist zwar sicherlich wichtig, weil die ökonomische Voraussetzung ein wesentlicher Fakt ist, um eine solche Einrichtung hier etablieren und halten zu können. Wir mussten aber immer wieder feststellen, dass Hamburg trotz des früheren so genannten Mediensenators Mirow durch relativ unfaire Abwerbungsaktionen durch Berlin und andere Städte den Kürzeren gezogen hat. Ich erinnere an Universal Music, Premiere World, MTV, SAT.1-Sportredaktion und RTL 2. Das sind Unternehmen, die in Hamburg ansässig waren und die wegen des Geldes – das in diesem Zusammenhang natürlich sehr wichtig ist – weggegangen sind.

Der Geschäftsführer von AltaVista, Mathias Schmidt, sagte vor einiger Zeit, dass es in dieser Branche schwierig sei, gute Mitarbeiter zu finden. Also würden die Unternehmen dort hingehen, wo schon welche seien.

Wir sind in Hamburg jetzt auf einem guten Weg, diese Ansage einzulösen. Wir setzen auf eine Plattform zwischen Wissenschaft und Unternehmen und nicht auf tumbe Abwerbungsversuche, wie es andere Städte in der Vergangenheit immer wieder versucht haben. Subventionierung in diesem Bereich ist nicht unser Ding, sondern wir wollen eine Medienakademie als neuen Standortfaktor dieser Stadt.

Wir haben mit dem, was wir an Persönlichkeiten, aber auch an Firmen gewonnen haben, eine exzellente Grundlage zur Realisierung der Akademie erreicht. Die Firmen sind bereit, dieses Vorhaben anzuschieben. Ich gebe Ihnen Recht, dass die zurzeit zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind. Aber ich glaube, dass man dieses als einen ersten Baustein sehen muss, denn wir fangen erst an. Es wird ein Anreiz dafür sein, dass die Menschen sagen: Hoppla, da ist etwas am Laufen, hier setzen wir uns ein und investieren auch.

Deswegen ist die Seriosität dieser Gründung wichtig. Ich bin guten Mutes, dass sich gemeinsam mit den vielen Persönlichkeiten eine gute Akademie entwickeln wird. Sie ist eine einzigartige Kombination aus Wirtschaft, der Medien

(Werner Dobritz SPD)

branche, Wissenschaft und dem Staat, der hier eine gute Grundlage für ein zukunftsweisendes Projekt vorbereitet.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP)

Gerade angesichts leerer werdender Kassen halte ich dieses System der Finanzierung für sehr vernünftig, weil sich der Staat überhebt, wenn er eine solche Akademie allein finanzieren würde. Deswegen muss die Akademie vielmehr so ausgestattet werden, dass sie in Zukunft ein Magnet für die Branche wird. Wir bieten Menschen eine qualifizierte Ausbildung. Dieses qualifizierte Personal wird dann der Schlüssel dafür sein, dass Unternehmen in Hamburg ansässig werden und versuchen, ihre Angebote in dieser Stadt zu festigen, so dass wir in diesem Bereich einen vernünftigen Mix von Unternehmen bekommen.

Es ist gut, dass wir einen Gründungsgesellschafter gefunden haben, der inzwischen unter Vertrag ist und der die vorgeschriebenen Eckpfeiler mit Leben füllen soll. Der Standort Tonndorf ist auch nicht mein Traum, Herr Dobritz; ich habe einen anderen. Ich hoffe, wir werden ihn realisieren können. Ich träume eher in Richtung eines Medien- und Kulturcampus, der zum Beispiel auf dem Gelände der ehemaligen Frauenklinik Finkenau entstehen könnte.

(Beifall bei Gerd Hardenberg Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Wenn dort Kunst und Medien zusammengeführt würden, wäre das eine wirkliche Vision. Ich freue mich darauf, dass bis zum Wintersemester 2003/2004 dieses zurzeit noch zarte Pflänzchen hoffentlich schon zu einem kleinen Bäumchen geworden ist und die Medienakademie ihren Lehrbetrieb aufnehmen kann, der dazu führen wird, dass Hamburg stufenweise eine schlagkräftige und gut positionierte Medienakademie erhalten wird.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sodann bekommt das Wort der Abgeordnete Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Beuß hat gerade schon darauf hingewiesen, dass es eine Neuentwicklung gegenüber der Drucksache gibt, die den Ausschuss und die Bürgerschaft informiert hat. Inzwischen wurde der Geschäftsführer, Herr Jan Henne De Dijin, ausgewählt. Ich wünsche ihm eine glückliche Hand und einen erfolgreichen Start. Er wird allerdings noch mit einigen Problemen zu tun haben, auf die ich hinweisen möchte.

Im Vorstand des Vereins, in dem die Unternehmen zusammengeschlossen sind, sitzt Frau Ploog als Sprecherin des Vereins. Frau Ploog ist gleichzeitig beim NDR beschäftigt und verhandelt zum Beispiel in derselben Funktion mit der Stadt Hamburg über die Mittelausstattung der Filmförderung.

Wenn gesagt wurde, dass darauf zu achten sei, dass die Privaten tatsächlich einzahlen, wird umgekehrt mit Argusaugen darauf geachtet werden, ob die prekäre Finanzierung der Filmförderung dauerhaft gesichert bleibt oder ob es damit ein Problem geben wird. Das hängt wie kommunizierende Röhren miteinander zusammen. Ich verweise darauf: Wenn es in dem einen Fall schief geht, wird es auch in dem anderen Fall Schwierigkeiten geben.

Der zweite Punkt – die Finkenau wurde hier schon genannt – ist nicht nur die Frage des Standortes, sondern natürlich auch die der daran interessierten Hochschulen. Im Moment läuft eine Hochschulstrukturkommission durch die Stadt, die sich Fusionsüberlegungen macht. Jede dieser Hochschulen, die in diese Fusionsüberlegungen mit einbezogen worden ist, versucht, ihre Position zu verbessern. Gleichzeitig gründen wir aber eine neue, halböffentliche Hochschule.

Natürlich wird es einen lebhaften Streit der bestehenden Hochschulen über die Frage geben, wer dazu die günstigsten Beziehungen hat. Ich hoffe zumindest, dass es einerseits gelingt, diesen Streit zu lösen. Vor allem hoffe ich aber auch, dass nicht die Situation eintritt, dass, wenn sich die Privaten aus der Finanzierung zurückziehen sollten, wir aus dieser Not eine neue, im Wesentlichen staatlich geförderte Hochschule bekommen und wir dann neue Fusionskommissionen durch die Stadt schicken, damit der Overhead nicht so sehr auswächst.

Wir versuchen, diese Hochschule – die Media School – einzurichten, weil Hamburg als Standort im Bereich der Filmund Fernsehproduktion ein besonderes Problem hat. Wir sind Stadtstaat und haben die Fernsehsender nicht deswegen verloren, weil wir sie nicht in Hamburg haben wollten, sondern weil hier die Lizenzierung keine große Bedeutung hat. Hamburg hat nur 1,7 Millionen Einwohner, die wachsende Stadt wird daran nichts Nennenswertes ändern. Die Musik spielt in den Flächenländern.

(Wolfgang Beuß CDU: Eine Geldfrage!)

Es ist nicht nur eine Geldfrage, sondern es ist einfach die Frage, wo die großen Sender ein großes Publikum finden können.

Wo die großen Sender, die Käufer der Produktionen hingehen, da gehen auch die Produktionsfirmen hin. Dort siedelt sich auch das Personal an. Darum hat es Hamburg gegen München, Berlin – das ist zwar auch ein Stadtstaat, aber es ist die Hauptstadt – und auch gegen NordrheinWestfalen so schwer, wo es den großen Westdeutschen Rundfunk gibt. Der Westdeutsche Rundfunk ist der Sender für das Land Nordrhein-Westfalen, während der NDR alle norddeutschen Länder und nicht nur Hamburg allein abdeckt. Darum machen wir den Versuch, zumindest auf dem Feld des hier ausgebildeten qualifizierten Personals eine Qualität zu schaffen, die diesen Standort stärkt, um die Schwäche, die Hamburg aus strukturellen Gründen hat – was die Frage der Senderstandorte angeht –, ein bisschen auszugleichen.