Protokoll der Sitzung vom 09.12.2002

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das war aber viel Applaus!)

er will aussitzen. Wenn die Wellen der Stadt dann hochschlagen und das Misslingen immer offensichtlicher wird, meine Damen und Herren, dann meldet er sich wieder. Dann prüft er, woher der Sturm weht, hängt sein Fähnchen in den Wind und gibt sich als besonnener Übervater. Das ist längst eine alte Nummer in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Zurufe von der CDU)

So war dies beim Verfassungsschutzgesetz, so war dies bei Neuengamme und so ist es jetzt in Sachen Kampfgas.

Herr von Beust, Ihre Spekulation darauf, den Sonnyboy zu geben und die frustrierten Schill-Wähler irgendwann in die

Scheuer der CDU zu fahren, wird auf Dauer scheitern. Davon bin ich überzeugt. Sie werden das auf Dauer nicht durchstehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

In seiner Regierungserklärung hat der Bürgermeister hier an diesem Pult erklärt, er verfolge das Prinzip der Bürgernähe in dieser Stadt. Versprochen war – nachzulesen in der Koalitionsvereinbarung und in der Regierungserklärung – die Stärkung der bezirklichen Ebene, weitgehende Dezentralisierung der Aufgaben und eine bürgernahe Verwaltung. Das ist eine Lachnummer, meine Damen und Herren. Es geschieht das exakte Gegenteil.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Hochbau, Tiefbau, Grünabteilungen, Liegenschaftsämter, Rentner-, Behinderten- und Schuldnerberatung, alles wird in dieser Stadt zentralisiert.

(Frank-Michael Bauer Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist doch nicht wahr!)

Gleichzeitig werden die Bezirke geschwächt und mit der höchsten Sparquote aller Behörden belastet. Die Bezirke verarmen. Allein in Eimsbüttel wird davon gesprochen, dass möglicherweise 16 Spielplätze geschlossen werden müssen.

(Ekkehard Rumpf FDP: Da sind Sie doch! – Burk- hardt Müller-Sönksen FDP: Rotgrün hat in Eims- büttel die Mehrheit!)

Die Finanzgarotte dieses Senats erwürgt die Bezirksamtsleiter. Die werden jetzt nach dem Motto Zuckerbrot und Peitsche mit einem unsittlichen Angebot gelockt: Geld für Flächen. Meine Damen und Herren, dieses Angebot wird Ihnen noch auf die Füße fallen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Unsere Politikentwürfe stehen gegen Ihr Paradigma der Zentralisierung. Sie sind für weg von den Menschen, wir setzen auf eine Politik, die nahe den Menschen ist. Wir setzen auf eine Politik nahe an den Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Wir verstehen die Seele und Herzen dieser Stadt

(Lachen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist doch immer ein Fremdwort für Sie gewesen!)

und wir machen Politik für die ganze Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Dazu haben wir konkrete Vorschläge unterbreitet:

(Rose-Felicitas Pauly FDP: Wo sind denn Ihre Gegenvorschläge?)

Im Kita-Gesetz den Pakt für Kinder, beim Opferschutz den Vorschlag der Stiftung für Opferschutz, für den Mittelstand das Tariftreuegesetz und Vorfahrt für hamburgische Unternehmen. Wir haben den Hamburger Ordnungsdienst vorgeschlagen, die Kulturhauptstadt 2010 und das sind nur einige von vielen Beispielen. Wir sind eine konstruktive Opposition und machen Ihnen Angebote. Gehen Sie mit uns ins Gespräch und sorgen Sie dafür, dass die Lebensqualität in dieser Stadt wieder wächst.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wie eingangs schon erwähnt, bestimmt in Deutschland in hohem Maße nicht die Bildungsleistung der Kinder, son

(Uwe Grund SPD)

dern die kulturelle und soziale Herkunft der Kinder über den Bildungserfolg. Für uns ist diese Chancenungleichheit nicht hinnehmbar. Die Ganztagsschule muss von der Ausnahme zur Regel werden. Vom Bundesprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ erhält Hamburg bis 2007 Investitionsmittel in Höhe von 66,8 Millionen Euro. Diese Mittel müssen für den Ausbau von Ganztagsschulen genutzt werden. Machen Sie es.

(Beifall bei der SPD)

Gute Politik für die Menschen heißt, noch früher anzufangen. Gute Ausbildungs- und Schulungsangebote sind wichtig für Eltern von heute. Für die Eltern von morgen brauchen wir sichere Rahmenbedingungen, brauchen wir ausreichende Betreuungsangebote für unsere Kinder. Nur so können wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verwirklichen. In Hamburg – so wissen wir – gibt es zu wenig Kindertagesplätze. Nach den neuesten Untersuchungen aus dem Hause Lange fehlen rund 18 000 Betreuungsmöglichkeiten. Wenn nicht sofort gehandelt wird, droht bei Einführung des Kita-Gutscheinsystems ein wirkliches Fiasko. Wir stehen als Sozialdemokraten nach wie vor zu unserem Ziel, bis zum Jahre 2006 die Hamburger Garantie auf einen Kinderbetreuungsplatz umzusetzen. Wir arbeiten in der Frage mit Ihnen zusammen. Sie müssen das nur wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der Bund wird dieses Ausbauprogramm mitfinanzieren. Sie müssen es allerdings auch wirklich nutzen.

Wir sind überzeugt davon, dass es, um solche Investitionen, solche wichtigen Vorhaben für die Zukunft unserer Kinder zu finanzieren, der Wiedereinführung einer Vermögensteuer bedarf und einer reformierten Erbschaftsteuer.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das sieht Schröder aber anders!)

Die deutschen Nachkriegsväter und -mütter werden künftig jährlich hohe Milliardenbeträge an ihre Kinder und Enkel vererben.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das machen Sie sich zur Beute!)

Viele werden zunächst ganz ohne eigene Leistung unvergleichlich bessere Startchancen für ihr späteres Leben bekommen. Deshalb ist es auch richtig, wenn davon etwas an die Stadt zurückgegeben wird. Ich begreife dies als Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

„Deutschland ist eine Oase für Reiche“ schreibt die „Morgenpost“. Grund- und Erbschaftsteuer tragen in unserem Lande nur 2,5 Prozent zum Gesamtsteueraufkommen bei. In den USA, in Großbritannien und Japan sind das aber 11 Prozent. Wir sagen, 1 Prozent Vermögensteuer für 100 Prozent Bildungschancen für 100 Prozent der Kinder in dieser Stadt. Das ist die richtige Antwort.

(Beifall bei der SPD)

Es geht nicht um Abzocken, sondern es geht um eine zweckgebundene Steuer, eine Verantwortungssteuer, meine Damen und Herren.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das ist ein Wider- spruch in sich! Eine zweckgebundene Steuer gibt es nicht!)

Die Zukunft der jungen Generation muss gesichert werden. Wir Sozialdemokraten treten ein für eine Stadt, in der sich die Menschen wohl fühlen, eine Stadt, die sauber ist, die sicher ist, eine grüne Stadt, eine Metropole mit Zukunft. In unserem Szenario haben alle Platz. Wir grenzen nicht aus, wir integrieren. Wir machen Politik für die Menschen und nicht gegen die Menschen.

(Hanna Gienow CDU: Wir auch!)

Im Bürgerschaftswahlkampf hat die SPD vor dem gewarnt, was sich damals abzeichnete, dem möglichen Bündnis zwischen CDU und Schill. Es gab damals eine Postkarte. Das Postkartenmotiv zeigte den Bürgermeister als Handpuppe, geführt vom Innensenator. Dazu der Text: „Ole von Schill, das Theater sollte sich Hamburg ersparen“. Seit einem Jahr ist dieses Theater in unserer Stadt Wirklichkeit geworden.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Schön wieder auf- gewärmt!)

Schills Amokläufe kommen in immer kürzeren Abständen

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Laufen Sie man nicht Amok!)

und Ole von Beust, der 26-Prozent-Bürgermeister, greift nicht ein, sondern lässt sich immer wieder zum Hampelmann machen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Schließlich hängt sein eigener Posten davon ab. Wie die „taz“ heute schreibt: „Nicht auf Gedeih. Auf Verderb.“

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Was lesen Sie denn für Zeitungen?)

Der Bürgermeister hat sich – und damit die Stadt – einem politischen Hasardeur ausgeliefert. Herr Bürgermeister, zeigen Sie endlich einmal Führungsstärke. Trennen Sie sich von diesem Innensenator.