Herr von Beust, Sie haben im Zusammenhang mit Kultur von Glanz, von Originalität, von Strahlkraft gesprochen. Sie mögen das Debakel, das Sie im Kulturbereich angerichtet haben, für ausgesprochen originell halten, aber dass Sie damit Strahlkraft über Hamburg gebracht haben, das können auch Sie nicht glauben. Das ist wirklich eine bundesweite Posse gewesen, die Hamburg nachhaltig beschädigt hat. Sie haben offensichtlich im Wahlkampf der Kulturszene Versprechungen gemacht, dass es in Hamburg eine Kultursenatorin geben wird, um diese Kulturszene zu begöschen. Aber Sie haben offensichtlich dieses Versprechen selber überhaupt nicht ernst genommen. Sonst hätten Sie sich rechtzeitig diskret nach einer passenden Besetzung umgeschaut. Dass Sie das nicht gemacht haben, zeigt, dass Sie ein völlig gestörtes Verhältnis dazu haben, welche gesellschaftspolitische und auch stadtpolitische Bedeutung der Kulturbereich für Hamburg hat.
Der Kulturbereich ist für Hamburg stadtpolitisch und gesellschaftlich gerade in diesen Zeiten von besonders großer Bedeutung. Sie haben hier für ein öffentliches Debakel gesorgt.
Durch dieses öffentliche Debakel haben Sie jetzt eine Situation herbeigeführt, wo selbst seriöse und gute Kandidatinnen es inzwischen sehr, sehr schwer haben, sich zur Verfügung zu stellen.
Aber viel schlimmer ist das, was Sie sich im Zusammenhang mit Neuengamme geleistet haben. Herr von Beust, dass Sie heute die Chance nicht genutzt haben, diesen eklatanten Fehler wirklich vom Tisch zu nehmen, ist wirklich unverzeihlich. Sie haben hier mit Ihrer Koalition eine Fehlentscheidung getroffen, die Verlagerung nicht durchführen zu wollen, sie in Frage zu stellen. Das hat den Ruf Hamburgs wirklich international beschädigt und das wissen Sie auch.
Sie haben heute gesagt, es soll eine rasche, vernünftige Lösung geben. Herr von Beust, von rasch können Sie doch hier im Ernst nicht mehr sprechen. Dieses elende Gezappel währt doch jetzt schon viel zu lange, und Sie hätten heute wirklich die Chance gehabt, Ihre Fehlentscheidung vom Tisch zu nehmen.
(Dr. Michael Freytag CDU: Sie haben mitgezappelt! Sie sind Oberzapplerin! Sie hätten es längst ma- chen können!)
Dass der Verlagerungsbeschluss nach dem Krieg zu lange gedauert hat, ist vollkommen richtig. Die CDU hat aber dem Verlagerungsbeschluss zugestimmt. Sie waren aber nicht die treibende Kraft, Herr Freytag, ihn herbeizuführen. Wir haben in diesen Jahren jetzt dafür gesorgt, dass die Verlagerung eingeleitet worden ist. Der Neubau, der Ersatzbau, ist angefangen. Es gibt ein Konzept für die Gedenkstätte und die Finanzierung steht.
Jetzt wollen Sie das Rad zurückdrehen, obwohl Sie dieser Verlagerung in der Bürgerschaft zugestimmt haben. Das ist ein Unding.
Herr von Beust, wenn Sie jetzt den Opferorganisationen und den Überlebenden Verhandlungen anbieten, dann wissen Sie nicht, was Sie tun, und vor allen Dingen auch nicht, was Sie diesen Menschen antun. Die überlebenden Opfer sind jetzt alle um die 80 Jahre alt. Sie haben ihr ganzes Leben darum gekämpft, dass diese Verlagerung stattfindet und es zu einer würdigen Nutzung des Geländes kommt. Sie haben dieses Lebensziel endlich erreicht, und jetzt sagen Sie, das wollen Sie verhandeln. Herr von Beust, da gibt es nichts zu verhandeln, sondern diese Entscheidung, die Sie getroffen haben, müssen Sie endlich zurücknehmen.
In Wirklichkeit ist Ihr Verhalten völlig unverständlich, weil Sie den Fehler bereits seit langem erkannt haben. Ihr Bildungssenator, Herr Lange, hat das Richtige gemacht, wenn er sagt, der Fehler wird revidiert werden.
In dem Moment pfeifen Sie ihn auch noch zurück. Das Einzige, was Sie hätten machen können, wäre, das Heft des Handelns selber in die Hand zu nehmen.
Spätestens am 9. November, dem Tag der Reichspogromnacht, hätten Sie die Gelegenheit dazu, das auch zu einem richtigen Zeitpunkt zu tun. Sie haben Herrn Lange zurückgepfiffen und das Ganze wieder auf die lange Schiene geschoben. Das ist wirklich nicht hinnehmbar.
Wie wollen Sie am kommenden Sonntag den Überlebenden vor die Augen treten? Sie wissen, dass am kommenden Sonntag die Überlebenden, die Vertreter der Amicale Internationale, nach Neuengamme kommen. Oder wollen Sie das etwa an Herrn Schill delegieren?
Sie tun sich keinen Gefallen damit, wenn Sie dieses Hin und Her bis zum 21. November durchziehen. Der jetzt kommende Sonntag ist die letzte Chance für Sie, das Ganze mit Anstand zu beenden.
Aber wir erleben ein derart elendes Hin und Her nicht nur im Zusammenhang mit Neuengamme, sondern das ist überhaupt das Prägende dieser Regierung. Sie haben heute, Herr von Beust, davon gesprochen, dass der Bürger sich auf die Stadt verlassen können muss. Sie haben von Verlässlichkeit in der Politik gesprochen.
Das Einzige, was an Ihrer Politik im Moment verlässlich ist, ist, dass jeden Tag ein anderer Senator erklärt, irgendein Punkt im Koalitionsvertrag sei in Wirklichkeit nicht so gemeint.
Jeden Tag erzählt uns ein anderer Senator, dass das, was Sie aufgeschrieben haben, schon heute nicht mehr gelten soll: Das Hin und Her bei Neuengamme,
das Hü und Hott bei der Ortsumgehung Finkenwerder, das Auf oder Zu beim Grindelhof – man weiß es nicht so genau. Schulgebietsgrenzen auflösen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Genau das Gleiche gilt beim Naturschutzgesetz und beim Verbandsklagerecht. Auch da hört man plötzlich, man wolle das vielleicht doch nicht abschaffen. Die Bürgerinnen und Bürger wissen noch nicht einmal, wo es hingehen soll. Sie wissen aber auch nicht, ob der Senator jetzt für den Senat spricht oder nur für sich als Privatperson.
Das erweckt den Eindruck, dass dieses Kabinett ein Tollhaus ist und dass Sie als Bürgermeister das dulden und noch nicht einmal in der Lage sind, da Ordnung hineinzubringen.
Herr Freytag, bei Ihnen hat man gemerkt, dass Sie den Weg in die Regierung noch gar nicht so recht gefunden haben. Sie haben offensichtlich am meisten Spaß dabei, immer noch Oppositionsreden zu halten, allerdings im Moment in die falsche Richtung.
Wenn Sie nicht wissen, wohin Sie mit Ihrer Politik wollen, dann kann ich auch verstehen, dass Sie lieber Oppositionsreden halten. Vor dem Hintergrund verwundert es mich auch nicht, dass Sie zahlreiche Vorhaben der rotgrünen Koalitionsregierung im Koalitionsvertrag jetzt so verkaufen, als wenn Sie die neu erfunden hätten, weil Sie bei
Herr Schill weiß wenigstens, dass er für zwei Dinge angetreten ist, nämlich für blaue Polizisten und für eine besonders dreiste Variante von Filz, die wir in dieser Stadt in den letzten Jahren nicht erlebt haben.
Dass hier Leute hereinschwirren, ein Abgeordnetenmandat in Anspruch nehmen, dann in die Präsidialabteilung einer Behörde gehen, dort einen Job annehmen und dann ihr Mandat nicht abgeben, ist in Hamburg in den letzten Jahren nicht ein einziges Mal passiert.
Herr Frühauf, Sie haben offensichtlich nicht die geringste Ahnung, was Sie dort im Moment anrichten. Dieses Parlament hat am 12. Juli mit den Stimmen der CDU ein Wahlgesetz verabschiedet, das eine Selbstverpflichtung der Abgeordneten ist.
In diesem Wahlgesetz ist ausdrücklich festgehalten, dass ein Mandat nicht zu vereinbaren ist mit einer Position als Leiter einer Präsidialabteilung, als Berater und persönlicher Referent eines Senators oder als Presse- und Öffentlichkeitssprecher. Dieses Wahlgesetz tritt nur deswegen in dieser Periode nicht in Kraft, weil man natürlich keinen Einfluss auf Kandidatenlisten nehmen kann, die damals schon bestanden haben. Aber auch Sie, Herr Freytag, und auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben es am 12. Juli für nicht denkbar gehalten, dass jemand ins Parlament kommt und so dreist ist, in Kenntnis dieses bestehenden Wahlgesetzes zu sagen, das Gesetz gilt erst in der nächsten Legislatur, jetzt machen wir genau das, was in diesem Wahlgesetz für nicht übereinstimmbar festgehalten ist.