Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

(Dr. Michael Freytag CDU: Welche Stadtbahn ha- ben Sie finanziert? Sie haben doch gar keine! Wo ist denn die Stadtbahn?)

Sie sind nicht in der Lage, die HafenCity anzubinden, die Sie weiterentwickeln wollen. Eine Anbindung durch Busse, das wissen Sie selber, funktioniert nicht, das ist viel zu popelig. Eine U-Bahn, das wissen Sie auch, ist nicht bezahlbar. Dadurch, dass Sie für diese Anbindung kein Verkehrskonzept haben, gefährden Sie auch die Olympia-Bewerbung. Das sollten Sie auch wissen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Dass Sie eine moderne Stadtentwicklung gefährden, zeigt sich ganz besonders beim Grindelhof. Sie haben uns heute erzählt, Sie wollen, dass die Bürger wieder in der Stadt wohnen, sich in Hamburg wohl fühlen, hier leben und hier ihre Steuern zahlen.

(Anja Hajduk GAL: Viel Spaß!)

Im Grindelhof ist im Sommer geradezu little Italy entstanden. Alle finden das wunderbar.

(Dr. Michael Freytag CDU: Die ganzen Auspendler sind wiedergekommen!)

Der ADAC und die Handelskammer sind mit ihrer Kritik schon mächtig zurückgerudert. Und was machen Sie jetzt? Sie machen alles wieder kaputt oder wollen es zumindest kaputtmachen. Selbst die Handelskammer hat inzwischen kapiert, dass die Wirtschaft zur Wirtschaft gehört und dass eine Kneipe auch ein Wirtschaftsunternehmen ist. Aber Sie kapieren das nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Herr von Beust, Sie haben heute etwas Wichtiges gesagt: Örtliche Fragen sollen abschließend auf örtlicher Ebene entschieden werden. Dann machen Sie im Grindelhof und auch in der Stresemannstraße Ernst damit. Lassen Sie das örtlich entscheiden und respektieren Sie das Bürgerbegehren und die Meinung der Bevölkerung.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Sie machen es aber nicht nur verkehrspolitisch falsch. Es ist auch ein falsches Signal für die soziale Lage in der Stadt und für den Umgang der Menschen miteinander. Sie haben keine Chance ausgelassen, um Raser und Rücksichtslose in dieser Stadt zu ermutigen. Sie haben ihnen quasi rechtsfreie Räume versprochen.

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Die Herrenmenschen sind die Radfahrer! – Karl-Heinz Ehlers CDU: Das ist wirklich unglaub- lich, was Sie machen!)

Ja, Herr Ehlers, das ist auch vor dem Hintergrund der Geschichte der Verkehrsberuhigung in der Stresemannstraße unglaublich.

Die Stresemannstraße hat eine Geschichte, die Sie kennen. Wenn eine Koalition, die besonders für Sicherheit antritt, die Sicherheitsinteressen der schwachen Verkehrsteilnehmer so mit Füßen tritt, wie Sie das tun, ist das unglaublich.

(Krista Sager GAL)

A C

B D

(Beifall bei der GAL)

Was haben Sie eigentlich für ein Menschenbild, wenn Sie ständig die einen Verkehrsteilnehmer gegen die anderen ausspielen, wenn Sie sagen, hier sind die Autofahrer und die müssen sich sozusagen gegen alle anderen und den Rest der Welt ihrer Haut erwehren?

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das machen Sie seit vier Jahren!)

Derjenige, der mit dem Auto zur Arbeit fährt, möchte am gleichen Tag, dass seine Kinder mit dem Fahrrad sicher zur Schule kommen, und möglicherweise am Wochenende mit seiner Frau mit dem Rad zum Markt fahren können. Der Mensch ist eben nicht nur Autofahrer, sondern er hat Mobilitätsinteressen und das sind nicht nur Autointeressen.

(Beifall bei der GAL – Dr. Michael Freytag CDU: Das macht doch nichts!)

Herr von Beust, in dieser Frage nehme ich Sie beim Wort. Sie haben gesagt, die Grenzen müssten dort gezogen werden, wo jemand sein eigenes Glück verfolgt zu Lasten und auf Kosten anderer. Das ist aber genau die Grenze, die Sie jetzt in der Stresemannstraße niederreißen wollen. Das kann nicht sein.

(Beifall bei der GAL)

Noch ein Wort zur Finanzpolitik.

(Dr. Michael Freytag CDU: Da kennen Sie sich ja aus!)

Herr von Beust, was Sie heute als Kriterien für Ihre Finanzpolitik genannt haben, ist vernünftig. Ich bin nur sehr gespannt, ob Sie das umsetzen werden. Wir haben nicht nur die Situation, dass die Steuermindereinnahmen auch auf Hamburg zukommen, sondern auch, dass Hamburg mit Sicherheit sehr viel mehr in den Länderfinanzausgleich einzahlen muss, weil es Hamburg im Vergleich zu den anderen Ländern noch relativ gut geht. Hier ist wirklich äußerste Seriosität gefragt. Sie können hier erzählen, was sie wollen. Herr Freytag weiß in Wirklichkeit, dass für den Betriebshaushalt 2002 längst Sorge getragen worden ist. Sie wissen aber auch, dass in den letzten vier Jahren eine gewaltige Konsolidierungsleistung erbracht worden ist.

(Rolf Kruse CDU: Das haben Sie sich eingeredet!)

Wenn Sie das schaffen, genau die gleiche Leistung zu erbringen, nämlich bei den Ausgaben 2 Milliarden DM zu konsolidieren bei einem Etat, der jedes Jahr etwa ein Nullwachstum hat, dann wäre ich mit Ihnen in der Finanzpolitik zufrieden.

Jetzt erleben wir aber jeden zweiten Tag, dass jeder Ihrer Senatoren in den Zeitungen verkündet, er wolle für alles Mögliche mehr Geld bekommen. Und Sie schweigen dazu. Ich bin gespannt, wie Sie diese Gruppe in den Griff bekommen werden.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Bei den Haushaltsbera- tungen!)

Ja, vielleicht; vielleicht aber auch nicht.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Warten Sie es doch mal ab!)

Ja, Herr Schulz, es bleibt aber doch folgendes: Sie werden in jedem Fall einen Fehler machen. Entweder versprechen Sie den Leuten jetzt etwas, was Sie dann nicht halten können, erwecken jetzt Erwartungen, die Sie ent

täuschen müssen, oder Sie fahren den Haushalt gegen die Wand.

Die beiden Alternativen haben Sie doch nur. Das Erste ist Mist, weil es die Politikverdrossenheit fördert, und das Zweite ist auch Mist, weil es die Zukunft der Stadt gefährdet.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir wollen hier keine Opposition um jeden Preis, wir werden aber eine energische Opposition machen, die auch den Finger in die Wunde legt.

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Welch eine Diktion!)

In einer Hinsicht können Sie sich aber auf unsere hundertprozentige Unterstützung verlassen,

(Dr. Michael Freytag CDU: Gott sei Dank!)

wenn Sie die gröbsten Fehler, die Sie im Koalitionsvertrag niedergeschrieben haben, korrigieren, wie die Ortsumgehung Finkenwerder, die Schulgrenzen aufzuheben, Neuengamme nicht zu verlagern und den Grindelhof erneut zur Raserfläche zu machen. Dann werden wir bei der Korrektur Ihrer Fehler mitmachen. Fangen Sie heute schon einmal mit Neuengamme an, es ist wirklich Zeit dafür.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Müller-Sönksen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In meiner ersten Rede von dieser Stelle möchte ich mein Bekenntnis als Bürgerschaftsabgeordneter ablegen. Als Bürger Müller-Sönksen stehe und verstehe ich mich hier als Vertreter aller der Bürger, die in dieser schönen Stadt die Freiheit und ihr Leben in Freiheit gestalten wollen.

Nach acht langen Jahren sind die Liberalen wieder im Parlament vertreten und an der Regierung beteiligt.

(Ingo Egloff SPD: Das ist gut so!)

Das ist gut für Bürger, für Hamburg und die Freiheit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und vereinzelt bei der CDU)

Als Liberale grüßen wir den Senat. Wir sind froh über den Wechsel und wünschen Ihnen, Herr Bürgermeister von Beust, Herr Bildungssenator Lange, und auch Ihnen, Herr Innensenator Schill, sowie dem gesamten bürgerlichen Senat allzeit eine gute Hand, um den Wechsel zu gestalten. Bei dieser schwierigen Aufgabe wird Sie die FDPFraktion mit Nachdruck unterstützen und garantieren, dass Hamburg eine weltoffene und liberale Stadt bleibt.