Protokoll der Sitzung vom 19.02.2003

Mit dem Antrag aus der Drucksache 17/2207 wird aber auch nicht in das parallel laufende Wahlverfahren der von der Bürgerschaft zu wählenden Personen eingegriffen. Denn die bis heute vorliegenden Wahlvorschläge werden durch eine Verlängerung der Amtszeit des amtierenden Vorstandes nicht etwa ungültig – das aber klang aus Ihren Worten heraus –, sondern es wird lediglich der Zeitpunkt der Wahl in der Bürgerschaft von spätestens April dieses Jahres auf spätestens Dezember dieses Jahres zeitlich verschoben, nichts weiter passiert.

Sollte wider Erwarten bis Dezember kein neues Mediengesetz und damit auch keine neue Vorstandsstruktur vorliegen, müsste die Bürgerschaft den nächsten HAM-Vorstand entsprechend den bis heute vorliegenden gültigen Vorschlägen wählen. Es wäre also gar nicht möglich, neue Vorschläge einzureichen oder zu verlangen. Eine Manipulation, wie von Ihnen unterstellt, der vorliegenden Vorschläge ist rechtlich gar nicht möglich. Diese Sorge, die von Ihnen so dramatisch vorgestellt wurde, ist rechtlich vollkommen unbegründet.

(Werner Dobritz SPD: Das werden wir ja sehen!)

Das, Herr Dobritz, sollten Sie von Ihren Anwälten noch einmal prüfen lassen.

Ich wiederhole es deswegen noch einmal: Der Verlängerungsantrag stellt keinen unzulässigen Eingriff in das Wahlverfahren dar, sondern ist vielmehr die logische Konsequenz der in Vorbereitung befindlichen Gesetzesnovellierung. Angesichts dieser glasklaren Sachlage, meine Damen und Herren, denke ich, dass sich zumindest ein Teil der Opposition diesen sachlichen Gründen nicht wird entziehen können und sei es nur aus Gründen der praktischen Vernunft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat jetzt Herr Hardenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Herr Rusche hat sehr viel dazu gesagt, aber

(Dietrich Rusche CDU)

ein paar Sachen werde ich doch wiederholen, damit sie auch Herrn Dobritz ganz klar werden.

Mit dem vorliegenden Antrag bereitet der Senat die Umsetzung eines weiteren Punktes des Koalitionsvertrages vor, nämlich die Neufassung des Hamburgischen Mediengesetzes. Dies ist insofern erforderlich – wie selbst von Anbietern gefordert –, die hoheitliche Aufsicht auf das Wesentliche zurückzuführen und damit Bürokratie abzubauen. Der Medienstandort Hamburg wird durch die Gesetzesänderung gestärkt.

Welche Situation haben wir jetzt?

Erstens: Der Senat wird den Gesetzentwurf in den nächsten Monaten in die Bürgerschaft einbringen. Bei dieser Novellierung wird auch der Vorstand der Hamburger Medienanstalt ein Thema sein, denn andere Ziele erfordern auch andere Entscheidungsgremien.

Zweitens: Die Vorbereitung zur Neuwahl des HAM-Vorstandes wurde nach geltendem Recht fristgerecht begonnen. Da haben Sie Recht gehabt, Herr Dobritz.

Die Liste mit den Bewerbungen für die von der Bürgerschaft zu wählenden Mitglieder wurde aufgestellt und hat bis zur Novellierung Bestand. Es ist also kein Eingriff in ein laufendes Wahlverfahren, wenn die Amtszeit des amtierenden Vorstands per Gesetz verlängert wird. Wenn nun beispielsweise – aus welchem Grund auch immer – das Gesetz nicht novelliert würde, dann blieben auch die Bewerbungen für den Vorstand weiter bestehen.

Drittens: Alle reden von kostenbewusstem Handeln in der Verwaltung. Wir tun es auch, denn wir vermeiden zwei Vorstandswahlen in einem Jahr und legen die Neuwahl zwischen zwei Amtsperioden. Es ist wieder ein Beispiel für verantwortungsbewusste und vorausschauende Politik, wenn nicht sehenden Auges ein Vorstand gewählt wird, der sich nur wenige Monate nach Aufnahme der Arbeit mit einer neuen gesetzlichen Grundlage auseinander setzen müsste.

Fazit: Die Koalition trägt mit diesem Antrag dazu bei, dass das Regierungsprogramm ohne überflüssigen Verwaltungsaufwand umgesetzt werden kann. Alle Befürchtungen, hier würde eine juristisch unhaltbare Situation entstehen, sind Unsinn. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, über die Aufgaben und die Organisationsstruktur der HAM diskutieren wollen, mögen Sie es tun, sobald der Gesetzentwurf der Bürgerschaft vorliegt. Vorher ist alles nur Theater, Donner und Panikmache. – Danke.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat jetzt Herr Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die GAL-Fraktion sieht in dem Vorhaben der Regierungsfraktionen eine starke Erschütterung in das Vertrauen der Hamburger Medienpolitik, wie wir es in den letzten Jahren nicht mehr erlebt haben.

Das ewige Hin und Her, vor vier Wochen erreichte uns Ihr Antrag, wir glaubten kaum den Zeilen, die wir lesen mussten, dass Sie in ein laufendes Wahlverfahren eingreifen wollen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Ich bin bestürzt!)

Nach zwei Wochen ziehen Sie den Antrag wieder zurück. Dann bekommen wir einen neuen Antrag, der uns mit demselben politischen Ziel heute vorliegt. Das zeigt, dass Ihr Vorhaben aus der Hüfte geschossen und mit heißer Nadel genäht ist, und zwar auf Kosten des Medienstandortes, der hier so gerne von der Union hochgehalten wird.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Reden Sie das doch nicht schlecht!)

Sie behaupten, wir hätten hier einen Stillstand. Den Stillstand haben wir seit dem Regierungswechsel, Herr Rusche, und zwar – das kann ich Ihnen ganz genau sagen – hat die Handelskammer vor zwei Wochen ein Papier vorgelegt, das eine schallende Ohrfeige für den Senat ist. Sie hat sehr viele Vorschläge gemacht, was hier endlich passieren müsste. Nichts davon ist passiert und das in einer Situation, wo es der Medienwirtschaft momentan tatsächlich ziemlich schlecht geht.

Meine Damen und Herren! Die FDP fabuliert hier, sie sei schon immer dafür gewesen, Parteipolitik aus der Medienpolitik herauszuhalten, so ist es Ihren Pressemitteilungen zu entnehmen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Dann brauche ich ja meine Rede gar nicht mehr zu halten! und Bei- fall)

Im gleichen Satz kritisieren Sie und bezeichnen Sie die jetzigen Bewerber als SPD- und GAL-nahestehend. Ich kann Ihnen nur sagen: Was für einen Unsinn verbreiten Sie eigentlich?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es ist auch eine Frechheit gegenüber diesen Organisationen, sie in irgendwelche Richtungen zu rücken. Diese Organisationen sind keine parteipolitischen Organisationen und das wissen Sie auch ganz genau.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Genau wie die Gewerkschaften!)

Wenn Sie der Meinung sind, Sie hätten es versäumt, aus Ihrer Sicht wichtige Organisationen auf dieses Wahlverfahren anzusprechen,

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Haben wir gar nicht!)

dann ist das Ihr Problem und nicht ein Grund, dieses Wahlverfahren in der jetzigen Form zu stoppen.

Meine Damen und Herren! Parteipolitik sollte aus diesem Verfahren herausgenommen werden und genau das passiert jetzt.

(Rolf Gerhard Rusche CDU: Dann haben Sie nicht zugehört!)

Selbst die HAM hat in ihrer Pressemitteilung gesagt, Medienpolitik in dieser Stadt darf nicht zum Spielball der Parteien werden. Genau das haben Sie jetzt vor.

Wenn Herr Rusche sagt, die Wahl sei ja nur verschoben, am Ende des Jahres solle sie stattfinden, dann frage ich mich, warum denn nicht jetzt. Wenn es dieselben Bewerber sind, warum sollen sie denn jetzt nicht in Amt und Würden kommen, so wie das die Bürgerschaft beantragt und veröffentlicht hat? Das ist doch absurd. Wenn aber, wie Herr Müller-Sönksen sagt und Sie ja angedeutet haben, es müsste ein anderer Vorstand kommen, ein Expertengremium,

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Genau!)

(Gerd Hardenberg Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

wie das in einigen Bundesländern der Fall ist, dann sind die bisherigen Wahlvorschläge doch obsolet. Da müssen Sie sich in der Koalition einmal entscheiden, was Sie eigentlich wollen, und streuen Sie nicht der Öffentlichkeit Sand in die Augen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir haben eben über die Autorität des HAM-Vorstandes gesprochen. Er selbst zieht sie nach dem jetzigen Vorgehen in Zweifel. Was bedeutet das für unseren Medienstandort, wenn ein Vorstand bis Ende des Jahres in dieser Stadt amtieren soll, dessen rechtliche Fragwürdigkeit in der Öffentlichkeit diskutiert wird?

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das tun nur Sie, kein anderer!)

Das bedeutet doch, dass wichtige Entscheidungen möglicherweise aufgeschoben werden müssen, damit es nicht zu weiteren rechtlichen Verfahren bei der Lizenzvergabe kommt. Das ist doch das, womit wir uns hier konfrontiert sehen, meine Damen und Herren. Wo bleibt da der Medienstandort? Das sollten Sie sich fragen. Ich finde, Ihre ganzen Äußerungen in diese Richtung sind fadenscheinig. Sie kaschieren, dass Sie es versäumt haben, sich rechtzeitig Gedanken über die Hamburger Medienpolitik zu machen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Bisher haben wir nur nebulöse Wörter gehört, zum Beispiel, dass durch die Entbürokratisierung die HAM auf das notwendige Maß zurückgeführt werden muss. Das sind erst einmal schöne Schlagwörter, konkret sind Sie nicht geworden. Wir verweigern uns doch nicht der Debatte eines neuen Mediengesetzes. Im Gegenteil, wir hätten es schon gerne, wenn Sie es hier so lautstark ankündigen. Sie wissen es offenbar selbst noch nicht so ganz genau und müssen auch noch die Experten des Senats für ein Gesetz bemühen, das Sie offensichtlich selbst hier einbringen wollen.

Meine Damen und Herren! So kann man Medienpolitik in Hamburg nicht machen. Sie zerstören das Vertrauen in die Institution und – viel schlimmer noch – die existierenden Medienunternehmen werden deswegen möglicherweise Investitionen zurückstellen.

Meine Damen und Herren! Eine laienhafte Medienpolitik, wie sie jetzt angefangen wurde mit einem Antrag, einen Vorstand erst einmal zu verlängern – der wurde gar nicht gefragt, ob er vielleicht will –, eine Zwangsehrenamtsverlängerung so ganz nebenbei mal, eine solche Medienpolitik schadet dem Standort und er schadet auch uns hier in der Bürgerschaft, wenn wir unsere eigenen Wahlverfahren nicht mehr ernst nehmen. Wir werden vor diesem Hintergrund einer zweiten Lesung nicht zustimmen.