Meine Damen und Herren! Eine laienhafte Medienpolitik, wie sie jetzt angefangen wurde mit einem Antrag, einen Vorstand erst einmal zu verlängern – der wurde gar nicht gefragt, ob er vielleicht will –, eine Zwangsehrenamtsverlängerung so ganz nebenbei mal, eine solche Medienpolitik schadet dem Standort und er schadet auch uns hier in der Bürgerschaft, wenn wir unsere eigenen Wahlverfahren nicht mehr ernst nehmen. Wir werden vor diesem Hintergrund einer zweiten Lesung nicht zustimmen.
Wenn Sie nicht in der Lage sind, rechtzeitig einen ordentlichen Antrag in die Bürgerschaft einzubringen, und uns dann wegen dieser Zwei-Wochen-Frist eine Erörterung im Ausschuss verwehren, dann können Sie von uns nicht erwarten, dass wir der zweiten Lesung zustimmen. Wir werden dieser nicht zustimmen und die Zeit nutzen, all das zu verhindern, was Sie hier vorhaben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Müller, es ist schon ein wenig komisch, wenn Sie sagen, dass wir dem Ehrenamt hier einen Bärendienst erweisen wollen, wenn wir Leute jetzt wählen. Ich weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen. Wir haben Vorschläge dafür gemacht. Selbstverständlich haben wir das Verfahren bereits im letzten Jahr betrieben, um Personalvorschläge zu machen. Es ist schon ein bisschen heuchlerisch zu sagen, dass das alles parteifern ist. Ich habe Herrn Dobritz vorhin gefragt, als er Namen genannt hat, ob die nicht in der SPD gewesen sind. Darauf habe ich keine Antwort bekommen.
Aber was ich überhaupt nicht verstehe, ist, wenn wir die alte Mediengesetzgebung, die Sie hinterlassen haben, den alten Vorstand, den Sie gewählt haben, noch ein halbes Jahr verlängern, dann machen Sie auf einmal eine kleine Verfassungskrise daraus. Das ist doch lächerlich.
Aber auf jeden Fall ist es dieses halbe Jahr, das wir uns in Ruhe Zeit nehmen wollen, ein Mediengesetz, was zuletzt fast 15 Jahre gehalten hat, zu novellieren. Deshalb verstehe ich es gar nicht und will Ihnen vielleicht ein bisschen entgegenkommen. Ich habe dieses Mediengesetz 1987 – damals als persönlicher Referent von Ingo von Münch – persönlich mitbegleitet. Das heißt, wir sind jetzt, nach 15 Jahren, selbst bereit. Das war damals ein erster Wurf, als man das Mediengesetz entworfen hat. Man war sich noch gar nicht darüber im Klaren, wie es mit den Medien geht. Damals hatte man noch große Sorge, dass sich mit dem Medienmogul Kirch beispielsweise sonstige Oligopole oder Kartelle bilden. Diese Dinge haben wir hinter uns und können heute mit sehr viel mehr Freizügigkeit und Freiheit auf die Medienunternehmen, die hier in Hamburg tätig sind, zugehen.
Wir müssen sie nicht regulieren. Wir müssen – konkret gesagt – einen privaten Rundfunkanbieter nicht mit einer Stoppuhr daran messen, wie viel Wortbeitrag und wie viel Vokabeln jetzt zum Thema Anmoderation eines Musikstückes gelten oder wieweit das Wortbeitrag ist. Das geschieht hier gerade und das wollen wir in Zukunft auch verhindern.
Ihr Anwurf, wir wollten hier eine andere Parteipolitik machen, ist absurd. Das Gegenteil – und das sage ich ganz in Ruhe – ist der Fall. Wir wollen den staatlichen und vor allen Dingen den parteipolitischen Einfluss auf die Besetzung dieser Aufsichtsgremien zurückdrängen.
Ich lasse gleich eine Zwischenfrage zu. Das bisherige System der gesellschaftlich relevanten Gruppen ist nämlich prädestiniert dafür – ich denke da nur an die Gewerkschaften –, dass den Parteien nahestehende Gruppen angesprochen werden und diese Kandidaten entsenden. Seien Sie doch ehrlich. Wie machen Sie das denn? Sie tre
ten doch an diese Institutionen heran und lassen dann die Ihnen genehmen Freunde oder Parteifreunde entsprechend vorschlagen.
Das war in der Vergangenheit so. In Berlin, lieber Herr Pumm, hat die FDP-Bundestagsfraktion gerade einmal nachgefragt, wie viele Vertreter der Partei im Gewerkschaftsbund vertreten sind. Auf die Antwort bin ich sehr gespannt.
Dass nämlich Parteien die Vertreter in den Vorstand entsenden und nicht in die gesellschaftlich relevanten Gruppen...
Ja, ich habe schon gesagt, dass ich gleich eine Zwischenfrage zulasse. Wenn ich mit einem Punkt fertig bin, gerne Herr Müller.
Das ist das Ziel, nämlich Parteienvertreter gerade nicht im Vorstand der HAM zu haben. Dieses Ziel wollen Sie konterkarieren.
Auch ist die Frage – und das beschäftigt medienrechtlich schon seit langer Zeit –, inwieweit diese Vertreter der Gruppen demokratisch legitimiert sind. Ein grundsätzlich hehres Ziel ist es, ein umfassendes Abbild der in der Bevölkerung vertretenen Gruppen in dieser Aufsicht abzubilden.
Wenn man sich dort die Vertreter ansieht, erscheint es mir als sehr fraglich, inwieweit das ein repräsentatives Abbild der in der Bevölkerung vertretenen Gruppierungen darstellt. Das Ziel kann somit allein schon faktisch nicht erreicht werden. Ziel ist es jedenfalls, den parteipolitischen Einfluss auch zurückzudrängen. Das ist immer schon die Position der FDP gewesen – ich muss jetzt fast Herrn Müller zitieren, der uns da schon im vorauseilenden Gehorsam zitiert hat – und wird auch weiterhin unser Ziel, jedenfalls der FDP-Fraktion in Hamburg, bleiben. Das Theater um die ZDF-Intendanz ist ein Beispiel dafür. Das hat nichts mit normalen Vertretern zu tun, sondern das ist ein Parteitheater, was dort stattgefunden hat. Das ist schädlich und das wollen wir für Hamburg für die Zukunft gänzlich ausschließen.
Auch kann man sicherlich einen Beitrag dazu leisten, dass die Vertreter im Vorstand der HAM beispielsweise mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden sollten. Damit sind jedenfalls die aktuellen Mehrheitsverhältnisse in der Bürgerschaft nicht mehr allein entscheidend.
Auch muss der Sachverstand in den Gremien im Zuge der immer weiteren Neuerungen im Mediensektor erhöht werden. Ein Expertenmodell, das zudem verkleinert wird, bietet darauf die richtige Antwort. So sind flexible und effektive Entscheidungen möglich, die von einem Höchstmaß an Sachverstand getragen sind. Als Antwort auf die Digitalisierung und Differenzierung im Mediensektor bietet sich diese Lösung gerade an.
Ich denke, dass es gerade eine Verkleinerung und eine andere Zusammensetzung ist, die es uns – auch im Respekt vor dem Ehrenamt – jetzt nicht möglich machen lassen, pro forma unter einer falschen Geschäftsgrundlage ehrenamtlich Tätige gerade mal für sechs oder sieben, acht, neun Monate zu wählen, um sie dann gleich wieder abzulösen. Ich glaube, dass der jetzt eingeschlagene Weg der richtige ist. Ich stelle Ihnen anheim, wenn Sie der Auffassung sind, dass das rechtlich unmöglich ist – diese Auffassung haben Sie auch schon vor mehreren Wochen gehabt –, rechtliche Schritte einzuleiten.
Tun wir nicht so, als wollten wir hier etwas ganz besonders Schlimmes oder Niederträchtiges, Herr Müller, gar der Legitimität der Rundfunkaufsicht oder verfassungsrechtlich oder verfassungswidrig demokratische Prinzipien entgegenlaufen. Solche Expertengremien sind gängige Praxis und in zahlreichen anderen Bundesländern, übrigens auch sozialdemokratisch regierten Ländern, fest etabliert und auch dort als hervorragendes Modell anerkannt.
Herr Müller, ich würde jetzt eine Zwischenfrage zulassen, aber ich kann auch einen weiteren Absatz vorlesen, bis Sie da sind.
Ich finde es schade, dass Sie die Frage der Vorstandswahl hier so isoliert darstellen. Dieser heutige Antrag ist ein notwendiger Schritt für einen großen Wurf in der Medienpolitik. Er sollte untrennbar auch in diesem Kontext gesehen werden.
Herr Müller-Sönksen, stimmen Sie der Sache zu, dass Ihr Expertenrat auch von dieser Bürgerschaft gewählt wird und wo ist dann der Unterschied, ob wir Organisationen aus der Stadt wählen oder Ihre vorgeschlagenen Experten mit dem Ziel, die Parteipolitik da herauszuhalten. Das würde ich gerne einmal wissen.
Die Zwischenfrage hat sich vielleicht insofern gelohnt, als ich tatsächlich glauben muss, dass Sie den Unterschied zwischen den von Ihren pluralistisch nominierten entsendeten Mitgliedern und einem Expertengremium nicht verstehen.
Es ist ganz klar. Haben Sie noch weitere Fragen, Herr Müller? Wir sollten versuchen, gemeinsam für einen starken Medienstandort Politik zu machen. Sie schaffen es auch nicht – ich habe gar keine Sorge –, dass Sie diesen Medienstandort schlecht reden können. Wir werden dafür sorgen, dass dieses Gesetz, das wir vor 15 Jahren mit erwirkt haben, beschlossen wird. Aber nach 15 Jahren ist es veraltet, es war der erste Wurf, jetzt sind wir in der Entwicklung 15 Jahre weiter. Nordrhein-Westfalen ist uns in Konkurrenz zum Medienstandort, Bayern ist uns in Konkurrenz zum Medienstandort,
Berlin schickt sich an. Da müssen wir aufholen, da müssen wir ein modernes Mediengesetz machen. Das machen wir. Helfen Sie uns dabei, stellen Sie keine so uninformierten Zwischenfragen mehr, dann können wir auch, wenn Sie das Mediengesetz hier einbringen, eine gute gemeinsame Sache machen und mit Zweidrittelmehrheit Experten wählen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.