Zu den geerbten Baustellen gehören die seit Jahren unbefriedigende Lösung der Zentralbibliothek der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, die seit 1984 nicht saniert wurde, die Hamburger Symphoniker mit ihrem seit zwölf Jahren eingefrorenen Etat, die jahrzehntelang starre institutionelle Förderung einiger weniger Privattheater, wodurch die staatliche Förderung den kleinen und jungen Privattheatern verwehrt wurde, und die geplante Abwanderung der weltweit begehrten Gundlach-Fotosammlung, die aber im August dieses Jahres endlich in Hamburg eine Heimat bekommen wird.
Weiter mussten die Verträge des Generalmusikdirektors und des Ballettintendanten an der Hamburgischen Staatsoper neu verhandelt, die Stadtteilkultur aus dem Dornröschenschlaf geweckt und für die Museen Pläne zur Verbesserung der finanziellen Lage erarbeitet werden. Alles war wichtig, möglichst gleichrangig und ganz schnell zu tun. Die Kultursenatorin hat dies nach kurzer Einarbeitungszeit geschafft. Kommen wir – um beim Karneval zu bleiben – zur Pinkepinke.
Stichwort: Kulturhaushalt. Frau Horáková hat durchgesetzt, dass er nicht abgesenkt wurde, sondern im Gegenteil, er wurde um sage und schreibe 3,6 Prozent erhöht.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Dr. Holger Christier SPD: Kommen Sie nicht mit den 3,6 Prozent, diese alte Lüge! – Ingo Egloff SPD: Es ist doch nur umge- schichtet worden!)
Schauen wir uns einmal die Kulturhaushalte in anderen Städten an. In Köln sank sein Anteil am Gesamthaushalt in den letzten zehn Jahren um nahezu ein Viertel, in München wurde er in 2003 um 3,6 Millionen Euro gekürzt und in Berlin hat der Kultursenator mit dem neuen Opernstrukturkonzept bewirkt, den Etat um 30 Millionen Euro zu kürzen. Senatorin Horáková hat durchgesetzt, dass die Tarifsteigerungen aufgefangen werden. Das ist in Deutschland gegenwärtig nahezu einzigartig.
Zum Vergleich: In Weimar werden die Tarifsteigerungen bis 2008 eingefroren, in Berlin sogar die Haustarifverträge für die drei Staatsopern von 2004 bis 2008 eingefroren und der Opernetat um 20 Millionen Euro gekürzt,
(Rolf Harlinghausen CDU: Wer regiert denn da? – Rolf Kruse CDU: Das ist sozialdemokratische Kul- turpolitik!)
220 Stellen abgebaut, 18 Musiker, sieben Choristen sowie 40 Tänzer entlassen. So sieht das derzeitige Klima der bundesdeutschen Kulturpolitik aus. Was sind diese bundesweiten drastischen Kürzungen im Vergleich mit dem Kasperletheater und den stillosen Scheinprotesten Einzelner unserer Hamburger Opposition?
(Rolf Kruse CDU: Was war das für ein Ausdruck? – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Was für ein Ausdruck?)
Nun zu den Forderungen des Generalmusikdirektors. Er hat zweifellos Großartiges geleistet. Natürlich ist es schade, dass er Hamburg nach Auslaufen seines Vertrages 2005 verlassen wird. Aber dass dieses in fast erpresserischer Manier erfolgt – wenn ihr nicht zahlt, dann gehe ich –, ist nicht gerade die feine Art und schon gar nicht das Verschulden der gegenwärtigen Hamburger Kulturpolitik. Kein seriöser Politiker kann heute schon sagen, welche Gelder im Haushalt 2005 zur Verfügung stehen. Dafür ist nicht der derzeitige Senat der Freien und Hansestadt Hamburg zuständig, sondern die rotgrüne Misswirtschaft in Berlin.
Zum Schluss möchte ich trotz der kulturellen Altlast, die sie in Hamburg hinterlassen hat, die neue Kulturministerin Christina Weiss loben.
(Barbara Duden SPD: Das war nichts mit Altlast! – Ingo Egloff SPD: Das sind Legenden, die Sie hier aufbauen!)
Sie ist lernfähig und hat in Berlin Erkenntnisse gewonnen, die Hamburg vor Jahren schon gut getan hätten. Ich zitiere aus einem Interview:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Maier, Sie haben Ihrem Debattenbeitrag den Titel gegeben: „Die Stadt stöhnt, die Republik lacht.“
Ich nehme nicht an, dass Sie mit dem Stöhnen das beiläufige Geräusch bei einem bestimmten zwischenmenschlichen Vorgang – die Kopulation – gemeint haben, der in diesem Zusammenhang schon einmal mit dem Theater in Verbindung gebracht wurde. Wenn Sie sich versehentlich dieses Vokabulars bemächtigt haben, dann würde ich kontern: Die Stadt stöhnt, die Regierung lacht.
Ich will nicht auf das Niveau einer aus Zeitungsschnipseln zusammengesetzten Büttenrede absinken, das haben schon andere gemacht.
Sie müssen aufpassen, dass es am Ende nicht heißt: Die Opposition stöhnt und die Regierung lacht, weil Sie inhaltlich nicht mehr als dieses Stöhnen geboten haben.
Sie haben sich billig auf eine Stimmung aufgeschwungen, um der Kultursenatorin zu schaden. Denn sachlich hält Ihre Kritik keiner näheren Betrachtung stand. Für Sie geht es einfach nur darum, ein Senatorenmobbing zu veranstalten.
Herr Ehlers hat Ihnen schon gesagt, wie viel Erfolg Sie in der Vergangenheit damit hatten. Nachdem Sie sich erst an Herrn Rehaag, an Herrn Schill und dann an Herrn Lange die Zähne ausgebissen haben, haben Sie keine Scham, den jahrelang gepflegten Konsens in der Kulturpolitik aufzukündigen.
Sie behaupten sogar, die Senatorin hätte diesen Konsens aufgekündigt. Wer kann ihn denn eigentlich aufkündigen?
In der vergangenen Legislaturperiode hatten Sie durch Rolf Mares die Unterstützung der CDU. Da gab es nichts aufzukündigen, denn das hätte nur er beziehungsweise die Opposition gekonnt. Aber kaum sind Politiker wie die Herren Maier und Christier in die zweite Reihe zurückgetreten, glaubt man, sich auf Kosten der Kultur profilieren zu müssen.
Sie haben den Konsens aufgekündigt, denn nur Sie konnten es. Das Bittere daran ist, dass es dafür keine sachliche Grundlage gibt.
Beispiel Metzmacher. Die Senatorin kann heute keine finanziellen Zusagen über 2005 hinaus machen. Hätte Sie es gemacht, würden Sie sagen: Moment mal, in 2005 wollen wir doch schon lange wieder regieren. Wir lassen uns doch nicht zweieinhalb Jahre vorher auf das festlegen, was wir später zu bezahlen haben.
Beispiel Metzmacher-Nachfolge. Nennen wir jetzt Namen, werfen Sie uns vor, sie zu verbrennen. Wenn wir es nicht tun, fangen Sie an, von Justus Franz zu erzählen.
Beispiel Musikhalle. Planen wir eine weitere Musikhalle – den Aqua-Dome –, sagen Sie, wir sollen uns um die alte kümmern. Tun wir es nicht, fordern sie eine weitere, weil die alte Musikhalle ihre Macken hat.
Stichwort Kinderkulturbeilage. Legen wir diese dem „Hamburger Abendblatt“ bei, sagen Sie, dass diese Beilegung eine Protegierung des ehemaligen Arbeitgebers der Kultursenatorin sei. Legen wir sie der „Hamburger Morgenpost“ bei, dann fragen Sie: Warum legen Sie diese nicht der größten Zeitung in Hamburg bei?
Beispiel Gestaltung des Spielbudenplatzes durch Jeff Koons: Wollen wir einen internationalen Topkünstler im
Herzen von St. Pauli zeigen, sagen Sie, das sei zu teuer. Würden wir dies nicht tun, sagen Sie, die Stadt leiste sich keine Spitzenkunst.